OGH 12Os38/93

OGH12Os38/9318.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden, sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin, in der beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 6 a Vr 13256/92 anhängigen Strafsache gegen Ivan V***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Ivan V***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 16.Februar 1993, AZ 26 Bs 47/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Ivan V***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Der am 19.Mai 1963 geborene Ivan V***** befindet sich seit 6.Oktober 1992 in Haft (Untersuchungshaft ab 9.Oktober 1992). Vom 4.Februar 1993 bis 6.Februar 1993 verbüßte er eine Zwischenhaftstrafe für eine Verwaltungsbehörde (S 117/II).

Gegen ihn liegt eine rechtswirksame Anklage der Staatsanwaltschaft Wien vom 26.Oktober 1992 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG vor. Darin wird ihm zur Last gelegt, er habe am 1.Oktober 1992 in Wien dem abgesondert verfolgten Valentin M***** rund 1 kg Kokain verkauft und dadurch den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt.

Die bereits begonnene Hauptverhandlung wurde am 9.März 1993 auf unbestimmte Zeit vertagt.

Am 3.Februar 1993 hatte die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien den Fortbestand der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit a StPO beschlossen (ON 33). Mit dem angefochtenen Beschluß, der dem Verteidiger am 24.Februar 1993 zugestellt wurde, gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Angeklagten gegen diesen Beschluß nicht Folge. Es erachtete die von der Ratskammer herangezogenen Haftgründe für gegeben.

Rechtliche Beurteilung

In seiner fristgerecht erhobenen, unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Grundrechtsbeschwerde bestreitet der Angeklagte vor allem das Vorliegen eines Haftgrundes. Außerdem reklamiert er eine Unverhältnismäßigkeit der Haftdauer. Sinngemäß kann dem Vorbringen aber auch entnommen werden, daß der Beschwerdeführer den dringenden Tatverdacht bestreitet.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

In Ansehung des dringenden Tatverdachtes genügt der Hinweis, daß der Angeklagte durch die Angaben des abgesondert verfolgten Valentin M***** vor der Polizei im Sinne des Anklagevorwurfes eindeutig belastet wird (S 99 ff/I), wobei hervorzuheben ist, daß auch der Angeklagte selbst in zwei Telefonaten mit Valentin M*****, die letzterer nach seiner Verhaftung im Zuge der Polizeiermittlungen mit ihm führte und die von einem Dolmetscher übersetzt wurden (S 389 ff/I), sinngemäß den Suchtgifthandel bestätigte. Das gegenständliche Kokain konnte im übrigen von der Polizei anläßlich einer im Beisein des Valentin M***** vorgenommenen Weitergabe sichergestellt werden. Die chemische Untersuchung ergab eine Gesamtmenge von ca. 696,3 g Reinsubstanz (S 491/I, 31/II).

Entgegen der Beschwerdeauffassung spricht damit - vorbehaltlich der abschließenden Beweiswürdigung durch das Schöffengericht - eine höhergradige Wahrscheinlichkeit für die Täterschaft des Angeklagten, wobei die ermittelte Reinsubstanz an Kokain über den Anklagevorwurf hinaus sogar die Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG indiziert.

Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO wurde vom Oberlandesgericht ebenfalls zutreffend angenommen.

Stellt nämlich schon die Quantität des nach der Verdachtslage vom Angeklagten in Verkehr gesetzten Suchtgiftes, die nahezu das Doppelte der übergroßen Menge nach § 12 Abs 2 Z 3 SGG erreichte, eine bestimmte Tatsache dar, welche die Annahme nahelegt, es handle sich beim Angeklagten um einen berufsmäßigen (und damit wiederholungsgeneigten) Suchtgiftdealer, wird dies dadurch erhärtet, daß er nach der Darstellung Valentin M*****s (S 99/I) bereits Monate vor der tatsächlichen Übergabe aus eigenem die Beschaffung von Kokain in großer Menge - es war von 4 - 5 kg pro Monat die Rede - angeboten hat und er sich auch nach der gegenständlichen Lieferung telefonisch zur Beschaffung von weiteren großen Kokainmengen bereit erklärte.

All dies läßt - der Beschwerde zuwider - ersichtlich die Gefahr als gegeben erscheinen, der Angeklagte würde im Falle seiner Enthaftung noch vor rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens wiederum in gleichartiger Weise delinquieren, also eine strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen.

Im Hinblick auf das Vorliegen dieses Haftgrundes erübrigt es sich, bei der Prüfung der Frage nach einer Grundrechtsverletzung auch noch auf den weiteren Haftgrund der Fluchtgefahr einzugehen.

Die Beschwerde geht schließlich auch fehl, wenn sie die Unangemessenheit der Haftdauer einwendet. Denn trotz der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten läßt eine Verurteilung wegen des vorgeworfenen gewichtigen Suchtgiftdeliktes, das nach § 12 Abs 3 SGG sogar mit einer Freiheitsstrafe von 1 - 15 Jahren bedroht ist, eine Strafe erwarten, zu der die Dauer der Untersuchungshaft (bis zum Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung etwas mehr als vier Monate) nicht offenbar unangemessen erscheint.

Da sohin durch den angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien das Grundrecht des Ivan V***** auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde (§ 2 Abs 1 iVm § 7 GRBG), war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Demzufolge hatte gemäß § 8 GRBG ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.

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