OGH 12Os122/92

OGH12Os122/9218.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Enrico W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs.1 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Enrico W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16.Juli 1992, GZ 8 Vr 514/92-58, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, des Angeklagten Enrico W***** und des Verteidigers Dr.Stenitzer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die gemäß § 12 Abs. 5 SGG über den Angeklagten verhängte Geldstrafe auf 250.000 (zweihundertfünfzigtausend) Schilling, die für den Fall der Uneinbringlichkeit festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 (fünf) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Enrico W***** wurde vom Landesgericht für Strafsachen Graz des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (Punkt I./1. des Schuldspruchs), des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 SGG (I./2.), sowie der Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG (III.) und nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG (IV.) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldsprüchen nach dem Suchtgiftgesetz - nur diese werden vom Angeklagten bekämpft - zufolge hat er, verkürzt wiedergegeben, Suchtgift in einer großen Menge, und zwar im Oktober 1991 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Franz R***** 300 Gramm Kokain aus den Niederlanden über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich aus- bzw eingeführt (I./1.) und am 9.Feber 1992 in Graz insgesamt 250 Gramm Kokain in Verkehr zu setzen getrachtet (I./2.), sowie außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider zwischen 1990 und Februar 1992 in Graz, Wundschuh, Trabunt, Salzburg, Jugoslawien und den Niederlanden jeweils geringe Mengen Kokain sowie einen Joint zum Eigenkonsum erworben und besessen (III./1.) und zwischen 1991 und 1992 teils entgeltlich, teils unentgeltlich jeweils in geringen Mengen Kokain zum Aufschnupfen in "Szenelokalen" an teilweise bekannte, nämlich an Kurt und Franz G*****, Oliver H*****, Marlies S*****, Reinhard A***** und Konrad K*****, teilweise unbekannte Abnehmer überlassen (III./2.).

Die von ihm dagegen erhobene, auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 (sachlich 9 lit a) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), der Angeklagte sei zu Punkt III. des Urteilstenors "gemäß den §§ 12 und 14 a SGG bestraft" worden, ist aktenwidrig (S 509/I). Ebenso ist das Beschwerdevorbringen, die diesen Schuldspruch betreffenden Urteilsfeststellungen seien unbegründet, unzutreffend.

Der Schuldspruch zu Punkt III. des Urteilsspruches erfolgte wegen Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG. Ihm liegt einerseits der Erwerb und Besitz von Kokain, das der Angeklagte schon vor seiner Fahrt nach Rotterdam im Oktober 1991 erlangt hatte (S 515; 494, 497/I) zugrunde (III./1.), andererseits betrifft er das Überlassen jeweils kleinerer Mengen von Suchtgift aus der aus den Niederlanden eingeführten Menge an die im Urteil näher bezeichneten Personen (S 517; 496/I; III./2.). Zur Begründung dieser (Urteilsspruch und Entscheidungsgründen als Einheit zu entnehmenden) Feststellungen konnten die Tatrichter auf das Geständnis des Angeklagten (S 515, 519 iVm 494, 496/I) verweisen und kamen so mängelfrei der Begründungspflicht und dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nach.

Ebensowenig ist dem Schöffengericht der behauptete Rechtsirrtum (Z 5; sachlich Z 9 lit a) unterlaufen. In Ansehung der von Punkt III./1. erfaßten Tathandlungen, die (siehe oben) zum Teil bereits vor dem Grundlage der Verurteilung nach § 12 SGG bildenden Verhalten des Angeklagten lagen, kommt der Subsidiaritätsklausel des § 16 Abs. 1 SGG keine Bedeutung zu, weil in diesem Fall zwei verschiedene Straftaten vorliegen, die miteinander nicht im Zusammenhang stehen.

Auch das zu Punkt III./2. festgestellte Verhalten des Angeklagten wurde vom Schöffengericht rechtsrichtig beurteilt. Das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG ist nur in Ansehung der Aus- und Einfuhr von Suchtgift als alternatives, im übrigen dagegen als kumulatives Mischdelikt anzusehen, das drei selbständige und untereinander nicht austauschbare Tatbilder, nämlich das Erzeugen, die Aus- und Einfuhr und das Inverkehrsetzen von Suchtgift erfaßt (EvBl 1985/67).

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte zunächst wegen Aus- und Einfuhr einer großen Suchtgiftmenge, nämlich von 300 Gramm Kokain, schuldig erkannt (I./1.). Ein zusätzlicher Schuldspruch wegen des (im § 12 Abs. 1 SGG nicht verpönten) Erwerbes und Besitzes derselben Suchtgiftmenge durch denselben Täter nach § 16 Abs. 1 SGG ist infolge der Subsidiaritätsklausel ausgeschlossen und auch rechtsrichtig nicht erfolgt.

Ferner wurde der Angeklagte wegen des Versuches, am 9.Feber 1992 in Graz 250 Gramm der eingeführten Suchtgiftmenge in Verkehr zu setzen, schuldig erkannt (I./2.). Dies hindert aber nicht den weiteren Schuldspruch wegen vollendeten Überlassens einer jeweils geringen Kokainmenge an andere (§ 16 Abs. 1, sechster Fall, SGG) aus der nach der Einfuhr straflos zum eigenen Konsum aufbewahrten und vom Schuldspruch wegen versuchten Inverkehrsetzens einer großen Menge nach § 12 Abs. 1 SGG nicht erfaßten Suchtgiftquantität (III./2.; SSt 52/66). Insoweit bedarf es aber der Beschwerde zuwider keiner weiteren Feststellungen darüber, wieviel Suchtgift der Angeklagte an welche Personen überlassen hat, weil § 16 SGG (abweichend vom § 12 SGG) keine bestimmte Suchtgiftmenge voraussetzt, sondern jedes (entgeltliche oder unentgeltliche) Überlassen einer noch erfaßbaren (also auch einer geringen) Menge an einen anderen pönalisiert.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Enrico W***** war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 12 Abs. 1 SGG zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe, nach § 12 Abs. 5 SGG zu 340.000 S Geldstrafe, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit zu sieben Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 13 Abs. 2 SGG zu 55.000 S Wertersatzstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe ein Monat).

Bei der Strafbemessung wertete es als mildernd die Unbescholtenheit (gemeint den ordentlichen Lebenswandel) des Angeklagten, sein Geständnis, die Sicherstellung von 80 % des Suchtgiftes und den Versuch (eines Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG), als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen sowie die Gewinnsucht des Angeklagten.

Bei der Bemessung der Geldstrafe nach § 12 Abs. 5 SGG bezog sich das Erstgericht auf die Strafzumessungsgründe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten, sowie darauf, daß der Angeklagte (bei einer Verkaufsmenge von 245 Gramm, einem Einkaufspreis von 500 S pro Gramm und einem angestrebten Verkaufspreis von 340.000 S) einen Gewinn von 217.500 S erzielen wollte (S 521/I).

Der Wertersatzstrafe nach § 13 Abs. 2 SGG hingegen (für nicht mehr vorhandene 55 Gramm der eingeführten Suchtgiftmenge) legte es einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 1.000 S pro Gramm zugrunde (S 523/I.).

Die Herabsetzung der Hauptstrafen und der Nebenstrafe sowie bedingte Nachsicht der Hauptstrafen anstrebende Berufung ist nur zum Teil berechtigt.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig erfaßt und bei der verhängten Freiheitsstrafe richtig gewürdigt. Daß es infolge der Verantwortung des Angeklagten möglich wurde, weitere Suchtgifttäter zu ergreifen, stellt eine Konsequenz des als mildernd gewerteten Geständnisses dar und wurde in dessen Rahmen entsprechend berücksichtigt. Die eingeführte Suchtgiftquantität hinwieder betrug nahezu das Neunfache der großen Menge des § 12 Abs. 1 SGG und ist daher entgegen der Berufung keineswegs als bloß gering anzusehen.

Die gemäß § 12 Abs. 5 SGG verhängte Geldstrafe übersteigt jedoch den Nutzen, den der Täter erzielen wollte, um mehr als die Hälfte. Sie war daher ebenso wie die entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe unter Beachtung der Sicherstellung des Suchtgiftes auf ein den angestrebten Nutzen eben noch übersteigendes Maß herabzusetzen.

Die Wertersatzstrafe nach § 13 Abs. 2 SGG entspricht dem festgestellten Wert jener Teilmenge des importierten Suchtgiftes, das nicht eingezogen werden konnte. Eine Herabsetzung war in diesem Fall nicht möglich.

Die Menge des eingeführten Suchtgiftes und der Umfang des damit beabsichtigten Geschäftes steht der Anwendung der bedingten Nachsicht der Hauptstrafen entgegen. Der Berufung war daher in diesem Ausmaß der Erfolg zu versagen und wie aus dem Spruch zu erkennen.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten Gesetzesstelle.

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