OGH 13Os121/92

OGH13Os121/9210.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef B***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2, erster Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josef B***** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 16.Juli 1992, GZ 7 Vr 687/90-96, nach öffentlicher Verhandlung (am 16.Dezember 1992) in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kodek, des Angeklagten Josef B***** und des Verteidigers Dr.Lirk zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung (Schuldspruchfaktum 1) unberührt bleibt, im Schuldspruchfaktum 2 (wegen des Vergehens der Untreue) sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Josef B***** wird von der (weiteren) Anklage, er habe in E***** in der Zeit vom 11.März 1980 bis 13.Februar 1986 die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zugefügt, indem er Fremdgelder auf seine Konten überwies und nicht ordnungsgemäß verzinste, wodurch Franz und Herta G***** ein Schaden von 112.745,96 S entstand, er habe hiedurch das Vergehen der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2, erster Deliktsfall, StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für den verbleibenden Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB wird über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs. 2 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 12.März 1990, AZ U 15/90, eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verhängt.

Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß den §§ 389, 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Josef B***** der Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB (laut Punkt 1 des Schuldspruches) und der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB (Punkt 2 des Schuldspruches) schuldig erkannt.

Darnach hat er in E*****

1) sich im September 1984 ein ihm anvertrautes Gut in einem 25.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er einen von Franz G***** übergebenen Geldbetrag von 287.000 S für Restkaufpreiszahlungen nicht an die Firma W***** GesmbH weiterleitete, sondern für sich verwendete und

2) in der Zeit vom 11.März 1980 bis 13.Februar 1986 die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch einem anderen einen Vermögensnachteil zugefügt, indem er Fremdgelder auf seine Konten überwies und nicht ordnungsgemäß verzinste, wodurch dem Franz G***** ein Schaden in der Höhe von 65.454,53 S entstand.

Hinsichtlich des Differenzbetrages auf 112.745,96 S und der Schädigung auch der Herta G***** (vgl Anklageausdehnung S 131/V, Pkt 4 b) erfolgte kein Schuldspruch, wobei das Urteil diesbezüglich unangefochten blieb.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Zum Schuldspruch wegen Veruntreuung:

In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, das Erstgericht habe sich mit seiner Verantwortung sowie mit den Aussagen der im Verfahren vernommenen Zeugen, insbesondere jener der Zeugin B***** nicht auseinandergesetzt, wonach erhebliche Baumängel die Ursache dafür gewesen seien, daß der Teilkaufpreis in Höhe von 287.000 S an die Baufirma nicht weitergeleitet wurde; die Forderung der Fa W***** sei nämlich wegen dieser Mängel nicht fällig gewesen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß dem Angeklagten nicht angelastet wird, die Verbindlichkeiten des Franz G***** gegenüber der Fa W***** nicht beglichen zu haben. Gegenstand des Schuldspruches ist vielmehr der Vorwurf, daß er sich den Betrag von 287.000 S zugeeignet hat.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß der Beschwerdeführer eingestand, diese Zahlung sei deswegen unterblieben, weil er das Geld nicht flüssig gehabt habe (S 485/III). Demnach steht die Behauptung in der Nichtigkeitsbeschwerde, die Nichtentrichtung des Teilkaufpreises von 287.000 S sei lediglich (verbo: "deshalb" auf S 371/V, zweiter Absatz) auf Baumängel zurückzuführen, mit der Verantwortung des Angeklagten und dem übrigen Akteninhalt in Widerspruch, sodaß die gerügte Urteilsunvollständigkeit nicht gegeben ist. Da Umstände, die den Angeklagten zur Zueignung des Geldbetrages berechtigt hätten, im Verfahren nicht hervorgekommen sind, bedurfte auch die bekämpfte Urteilsfeststellung zum Bereicherungsvorsatz nicht der vom Angeklagten vermißten näheren Begründung.

Als nicht zureichend begründet rügt der Beschwerdeführer weiters die Konstatierung, er sei im Jahre 1984 nicht mehr kreditwürdig gewesen. Aus seiner Aussage auf Seite 483/III könne diese Feststellung nicht abgeleitet werden. In bezug auf das Schuldspruchfaktum 1 ist es jedoch weder für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Relevanz, ob der Angeklagte im Jahr 1984 kreditwürdig war oder nicht. Der Beschwerdeeinwand betrifft sonach keinen entscheidenden Umstand in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO.

Die behauptete Widersprüchlichkeit liegt gleichfalls nicht vor. Denn die Konstatierung, der Beschwerdeführer habe den Betrag von 286.000 S aus dem von ihm zurückgehaltenen Darlehen nicht rechtzeitig bezahlen können (US 13), steht keinesfalls zu der Feststellung im Widerspruch, der Zeuge Franz G***** habe dem Angeklagten kein Darlehen gewährt (US 15). Die Worte "von ihm zurückgehaltenen Darlehen" beziehen sich nämlich - verständig gelesen - auf die Konstatierung in US 10, nach welcher "die von den Klienten des Angeklagten aufgenommenen Darlehen und Kredite zum Großteil auf Bankkonten des Angeklagten bzw seiner Firmen überwiesen wurden" und nicht auf ein Darlehen, das der Angeklagte nach seiner als widerlegt erachteten Verantwortung vom Zeugen G***** angeblich zugezählt erhalten hat.

Dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich auch aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen, soweit sie das Schuldspruchfaktum Veruntreuung betreffen. Vielmehr unternimmt der Beschwerdeführer damit den unzulässigen Versuch, nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die lebensnahe Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen.

Im Rahmen der Rechtsrügen wendet der Angeklagte zunächst, damit ersichtlich die Annahme eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes bestreitend (Z 9 lit a), ein, es sei den von ihm nachgewiesenen Bausparguthaben (Beilagen zu ON 95) zu Unrecht die Eigenschaft eines präsenten Deckungsfonds abgesprochen worden; er hätte auch über die Guthaben seiner minderjährigen Kinder jederzeit verfügen können.

Dem ist entgegenzuhalten, daß ein präsenter Deckungsfonds freie Verfügung über Werte voraussetzt, die sogleich oder doch binnen weniger Tage greifbar sind, ohne daß dies von der Zustimmung eines Dritten abhängt (Foregger-Serini, StGB5 Anm IV, Leukauf-Steininger Komm3, RN 25, Mayerhofer-Rieder StGB3 E 87 bis 99, jeweils zum § 133). Diese Voraussetzung ist bei Bausparguthaben - deren kurzfristige Verfügbarkeit zur Tatzeit (September 1984) den vorgelegten Kontoauszügen übrigens nicht zu entnehmen ist - nicht gegeben, was auch dadurch bestätigt wird, daß der Beschwerdeführer nicht einmal in dem von ihm als notwendig anerkannten Zahlungszeitpunkt liquid war.

Auch der zum § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO vorgetragene Einwand der tätigen Reue schlägt nicht durch. Die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich langte bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis am 26.Juni 1986 ein (S 9/I). Diese Anzeige wies bereits die Aufnahme des AVA-Kredits und den Bestand eines Guthabens des G***** beim Angeklagten im September 1984 aus, das nicht zur Schuldenzahlung verwendet wurde (S 29/I). Die Anzeige des geschädigten Franz G***** an die Sicherheitsdirektion, also eine im § 151 Abs. 3 StGB genannte Behörde (§ 167 Abs. 2 StGB) erfolgte bereits am 1.Februar 1986 (S 123/I). Auf die am 4.Juli 1986, sohin nach der angeblichen Vereinbarung über die Schadensgutmachung erstattete, offenbar vom Beschwerdeführer bezogene Anzeige der Firma W***** (S 267/II) kommt es somit nicht an, weil unmittelbarer Geschädigter aus der Veruntreuung nicht diese Firma, sondern Franz G***** ist. Die behauptete tätige Reue scheitert daher bereits an der erforderlichen Rechtzeitigkeit einer Schadensgutmachung.

Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Zum Schuldspruch wegen Untreue:

Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch in bezug auf den Schuldspruch wegen des Vergehens der Untreue. Hier lag dem Angeklagten zur Last, in E***** die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zugefügt zu haben, indem er Fremdgelder auf seine Konten überwies, teilweise für andere Zwecke verwendete und nicht ordnungsgemäß verzinste und zwar vom 11.3.1980 bis 13.2.1986 dem Franz G***** und der Herta G***** 112.745,96 S (vgl Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung am 6.Februar 1992, S 131/V, Punkt 4 b).

Das Schöffengericht erkannte den Beschwerdeführer hinsichtlich eines Schadensbetrages von 65.454,53 S des Vergehens der Untreue schuldig.

Der urteilsmäßige Schadensbetrag von 65.454,53 S setzt sich nach den Feststellungen des Schöffengerichts (US 14 ff) zusammen aus 27.702,53 S (Zinsen vom 11.März 1980 bis 30.Juni 1984 aus dem Treuhandkonto - vgl ON 80, Seiten 53 und 69 bis 77/V) sowie 67.138,13 S (12 % Nettozinsen vom 29.Jänner 1985 bis 15.Juni 1986 aus der Kaufpreisnettorestschuld von 621.237,03 S, aufgeschlüsselt in ON 89, Seiten 235 und 239/V, zusammen also 94.840,66 S, abzüglich eines Betrages von 29.020 S, den der Angeklagte auf Grund einer Bürgschaft für G***** bezahlt hat (US 15), sohin insgesamt 65.820,66 S; auf Grund eines Additionsfehlers im Ersturteil wird dem Beschwerdeführer allerdings nur eine Schadenssumme von 65.454,53 S angelastet (US 15).

Zufolge der Veruntreuung des Betrages von 287.000 S im September 1984 kann dem Beschwerdeführer aber nicht auch noch die ungetreue Verwaltung eben dieses Geldbetrages, der aus dem im September 1984 bei der AVA aufgenommenen 700.000 S-Kredit stammt, als Untreue vorgeworfen werden. Nach den Feststellungen zum Vorwurf der Veruntreuung hatte sich der Angeklagte die gesamte Kreditvaluta in Höhe von 690.760 S mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz zugeeignet (US 12); er konnte diese Summe daher gar nicht mehr im Interesse des Machtgebers verwenden. Daß dieser durch die entstehende Zinsenbelastung in der Zeit zwischen 29.Jänner 1985 und 15.Juni 1986 gegenüber der Firma W***** geschädigt wurde, ist vielmehr eine Folge der Veruntreuung, die dem Beschwerdeführer nicht zusätzlich auch noch als Untreue angelastet werden kann. Aus der Schadensberechnung des Erstgerichtes (Gesamtschadenssumme: 94.840,66 S) fällt demnach der Betrag von 67.138,13 S heraus. Der verbleibende Schaden von 27.702,53 S, der den Zinsenbetrag aus dem Treuhandkonto vom 11.März 1980 bis 30. Juni 1984 ausmacht (vgl ON 80, S 53 und 69 bis 77/V), den der Angeklagte nach den Annahmen des Erstgerichtes dem Machtgeber durch die dessen Interessen abträgliche Verwaltung anderer Kreditbeträge zufügte, wurde nach den Urteilsfeststellungen - lange vor Anzeigeerstattung - durch die Zahlung von 29.020 S aus eigenen Mitteln des Beschwerdeführers zugunsten des Franz G***** an die Sparkasse B***** gutgemacht (US 15), was schon das Erstgericht - von der Staatsanwaltschaft unangefochten - dem Angeklagten ersichtlich als tätige Reue zugute hielt.

Ohne daß es eines Eingehens auf die Mängelrüge der Nichtigkeitsbeschwerde bedürfte, erweist sich daher der Schuldspruch im Faktum Untreue schon nach den erstgerichtlichen Feststellungen mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, sodaß der Beschwerde in bezug auf dieses Faktum Folge zu geben und der Angeklagte vom Anklagevorwurf der Untreue freizusprechen war.

Bei der demnach erforderlich gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB und § 88 Abs. 1 und Abs. 4 StGB) und den die Wertgrenze von 25.000 S im Faktum Veruntreuung um mehr als das Elffache übersteigenden Schadensbetrag, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Schadensgutmachung.

Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erweist sich unter Bedacht auf das im Spruch genannte Urteil des Berufungsgerichtes Mattighofen eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten als tätergerecht und schuldangemessen.

Die Gewährung der bedingten Strafnachsicht war gemäß dem ersten Satz des § 295 Abs. 2 StPO aus dem Ersturteil zu übernehmen.

Zur Erzielung der erforderlichen Effektivität der Strafe konnte dem Begehren des Angeklagten auf Verhängung einer bedingt nachzusehenden Geldstrafe nicht nähergetreten werden. Die Verhängung einer nicht bedingt nachzusehenden Geldstrafe scheiterte an einem Antrag oder an der Zustimmung des Angeklagten im Sinne des § 295 Abs. 2, letzter Satz, StPO.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte