Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt wird.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 10.Oktober 1940 geborene Anna H***** des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Es liegt ihr zur Last, am 10.August 1988 in Purgstall und Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Josef G***** durch die Vorspiegelung ihrer Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Kreditaufnahme bei der L***** und Ausfolgung eines Betrages in der Höhe von 3 Mill. S, mithin zu einer Handlung verleitet zu haben, die Josef G***** um ca. 2,16 Mill. S an seinem Vermögen schädigte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung zweier in der Hauptverhandlung am 24.September 1992 gestellter Beweisanträge. Darnach wurde zunächst die zeugenschaftliche Einvernahme des Gerald S***** (laut Hauptverhandlungsprotokoll - VIII/112 - S*****, laut ON 83 S*****), Angestellter einer Speditionsfirma, zum Beweis dafür begehrt, daß die Lieferung der Videorecorder aus Italien "laufend auch schriftlich angekündigt war und die Angeklagte auf die alsbaldige Lieferung der Geräte vertrauen durfte". Der zweite Antrag war auf die neuerliche Einvernahme des Filialleiters der L***** Hermann P***** nach rechtskräftiger Beendigung des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens gerichtet, womit der vom Täuschungsvorwurf entlastende Nachweis erbracht werden sollte, daß der Zeuge G***** über den Zweck der Kreditaufnahme und die schlechte wirtschaftliche Lage der Firma Ernst H***** informiert war und auch wußte, daß die Rückzahlung des Kredits von der Lieferung der Videorecorder aus Italien abhängig war (VIII/112 f). Diese Anträge wurden vom Schöffensenat mit der Begründung abgewiesen, daß der Zeuge S***** "nur tatsächliche Umstände dartun" könnte, "und der Umstand, inwieweit diese (gemeint: die Lieferzusagen) durch Betrugshandlungen der Angeklagten oder ihrer italienischen Geschäftspartner verursacht wurden, nicht aufgeklärt werden" könnte und dem Zeugen P***** das Entschlagungsrecht gemäß § 153 StPO unabhängig vom Ausgang des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens weiter zustehe (VIII/113 f).
Die Verfahrensrüge ist nicht im Recht: Ob in der Spedition Vorankündigungen der (letztlich nie erfolgten) Lieferung von Videorecordern eintrafen, entbehrt ersichtlich von vornherein jedweder entscheidungswesentlichen Relevanz, weil es evident ist, daß im Falle des positiven Ergebnisses der Beweisaufnahme für die entscheidende Frage, ob die Angeklagte überhaupt fähig und vor allem willens war, den von G***** kreditierten Betrag zurückzuzahlen, was das Erstgericht mit ausführlicher, den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechender Begründung verneinte (US 4, 6, 7 und 8), nichts gewonnen wäre. Das weitere diesem Beweisantrag zugeordnete Beweisthema, "daß die Angeklagte auf die alsbaldige Lieferung dieser Recorder vertrauen durfte", entbehrt jenes Mindestmaß an substantiellem Gehalt, das bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabs eine erfolgversprechende Bereicherung der zur Wahrheitsfindung dienenden Prämissen (insbesondere zur eigenmächtig anderweitigen Verwendung des von G***** zur Verfügung gestellten Geldbetrages) erwarten läßt (Mayerhofer-Rieder StPO3 EGr 19 zu § 281 Abs. 1 Z 4).
Was die beantragte neuerliche Vernehmung des Zeugen P***** anlangt, der anläßlich seiner Einvernahme in der Hauptverhandlung bei jenen Fragen, die sich auf den verfahrensgegenständlichen Kredit des Zeugen G***** bezogen, unter Berufung auf § 153 StPO von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte (VIII/105, 106), scheitert der Beweisantrag an der erforderlichen Präsenz des Beweismittels. Eine Vertagung bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen P***** anhängigen Strafverfahrens war unzulässig; ihr wäre der Grundsatz der Konzentration der Hauptverhandlung entgegengestanden (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 1, 7, 8 und 9 zu § 276, ENr. 104 zu § 281 Z 4). Der Beschwerdeargumentation zuwider steht das Recht, gemäß § 153 Abs. 1 StPO die Ablegung des Zeugnisses oder (zumindest) die Beantwortung einzelner Fragen zu verweigern, wie das Erstgericht richtig erkannte, einem Zeugen auch dann zu, wenn er über Umstände aussagen soll, deretwegen er bereits rechtskräftig abgeurteilt wurde (EvBl. 1991/131 mwN), umsomehr aber - im Hinblick auf die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens - im Falle eines Freispruchs. Gründe, daß der Zeuge P***** von seinem Entschlagungsrecht nach rechtskräftiger Erledigung des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens nicht Gebrauch machen werde, wurden im übrigen von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht einsichtig.
Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) versagt. Nach den der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden erstgerichtlichen Feststellungen hatte die Angeklagte nie die Absicht, den Kredit an den Zeugen G***** zurückzuzahlen, sie nahm dies zumindest aber in Kauf und fand sich jedenfalls mit der von ihr ernstlich bedachten Schädigung des Zeugen ab (US 6 f). Es trifft daher nicht zu, daß, wie die Rüge meint, der Schaden für G***** erst durch die ausgebliebene Rückzahlung des Kredits eingetreten wäre. Tatplangemäß war G***** vielmehr schon durch die Herausgabe der Kreditvaluta, die - nach Vermehrung seiner Passiven durch die Kreditzuzählung - seine Aktiven verminderte, geschädigt. Eine gänzliche oder teilweise spätere Kreditrückführung wäre nur unter dem Gesichtspunkt der Schadensgutmachung relevant. Das in der Beschwerde behauptete Auseinanderfallen von Schaden und Bereicherung liegt daher nicht vor; die Bereicherung der Angeklagten stellt vielmehr das stoffgleiche Korrelat zur Schädigung des Zeugen G***** dar.
Soweit die Rüge mit Beziehung auf eine aus dem Kontext gelöste Tatmodalität ("Anwendung weiblicher Überzeugungskraft") das Tatbestandsmerkmal der Täuschung bestreitet, entbehrt sie, ebenso wie mit der Behauptung, das Urteil enthalte keine Feststellungen zur im Urteilstenor als Mittel der Täuschung angeführten Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, der gesetzmäßigen Ausführung; hält sie doch nicht an dem bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes bindenden Urteilssachverhalt fest, wonach hier die Täuschungshandlungen der Angeklagten die Verwendung der ihr übergebenen Kreditvaluta, die Seriosität des Videorecordergeschäftes und ihre Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit betrafen (US 5 bis 7).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte gemäß § 147 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Erschwerend war dabei die mehrfache Überschreitung der Wertgrenze des § 147 Abs. 3 StGB, mildernd dagegen kein Umstand.
Mit ihrer Berufung strebt Anna H***** eine Strafherabsetzung und die Gewährung einer bedingten oder teilbedingten Strafnachsicht an.
Die Berufung ist begründet.
Im Sinne der Berufungsargumentation trifft es nämlich zu, daß das Erstgericht bei der Strafbemessung zum Nachteil der Angeklagten nicht allen wesentlichen Umständen entsprechend Rechnung getragen hat. So ist im Hinblick auf die Tilgung der Vorverurteilung von der Unbescholtenheit der Angeklagten auszugehen, die nach den Verfahrensergebnissen infolge einer schweren Erkrankung ihres Gatten zur alleinigen Unternehmensfortführung gezwungen war und (auch) durch Forderungsausfälle in ausweglose wirtschaftliche, letztlich tatauslösende Schwierigkeiten geriet (VII/273, 281). Da die urteilsgegenständliche Tat zudem mehr als vier Jahre zurückliegt und von einer aus der Sicht des § 147 Abs. 3 StGB außergewöhnlich gravierenden Schadenshöhe hier nicht die Rede sein kann, erwies sich eine Strafreduktion auf zwei Jahre als tat- und tätergerecht.
Die - wie dargelegt als unbescholten anzusehende - Angeklagte hat in diesem Verfahren durch den - für eine Primärhaft keineswegs vorweg zu vernachlässigenden - Zeitraum von immerhin rund zwei Monaten (erstmals) das Haftübel erfahren, weshalb anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Strafvollziehung genügen werde, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, ohne daß bei der gegebenen Sachkonstellation wesentliche generalpräventive Aspekte entgegenstünden (§ 43 Abs. 1 StGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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