OGH 13Os130/92

OGH13Os130/9217.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Markel und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz H* wegen des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. Oktober 1991, GZ 30 a E Vr 2347/90‑34, und die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 7. April 1992, AZ 7 Bs 423‑425/91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:E33675

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Das Gesetz wurde verletzt

1. mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. Oktober 1991, GZ 30 aE Vr 2347/90‑34, durch die rechtliche Beurteilung des von Franz H* geleisteten Widerstandes gegen die Staatsgewalt als Versuch dieses Deliktes in der Bestimmung des § 15 iVm § 269 Abs. 1 StGB;

2. mit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungs‑ und Beschwerdegericht vom 7. April 1992, AZ 7 Bs 423‑425/91 (GZ 30 a E Vr 2347/90‑44 des Landesgerichtes Linz)

a) durch das Abgehen von den Feststellungen des Erstgerichtes zur inneren Tatseite des dem Franz H* angelasteten Vergehens der Körperverletzung in den Bestimmungen der §§ 473 Abs. 2, 474, 489 Abs. 1 StPO;

b) durch die Aufhebung der Franz H* erteilten Weisung, an zehn Samstagen innerhalb der ersten sechs Monate der Probezeit je acht Stunden in der Unfallabteilung des Allgemeinen Krankenhauses Linz Hilfsdienste zu leisten, die weder eine medizinische noch eine physiko‑therapeutische, noch eine krankenpflegerische Ausbildung bedingen, als unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Rechtsbrechers in den Bestimmungen der §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 StGB.

 

 

Gründe:

 

Franz H* wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. Oktober 1991, GZ 30 aE Vr 2347/90‑34, des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1, zweiter Fall, StGB (Punkt I. des Schuldspruches) und des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 und 15 StGB (II.) schuldig erkannt.

Danach wurde ihm angelastet, am 23. November 1990 in Linz dadurch, daß er mit einer Geschwindigkeit von ca 150 km/h mit seinem PKW auf Revierinspektor Werner B*, der ihn anzuhalten versuchte, zuraste, sodaß sich dieser nur mehr durch einen Hechtsprung über die Mittelleitschiene retten konnte (I./1.), sowie dadurch, daß er mit einer Geschwindigkeit von ca 140 km/h mit seinem PKW auf Revierinspektor Franz S*, der ihn ebenfalls anzuhalten versuchte, zuraste, sodaß dieser zum Fahrbahnrand laufen mußte, um nicht vom Angeklagten überfahren zu werden (I./2.), Beamte mit Gewalt und gefährlicher Drohung mit dem Tode an einer Amtshandlung, nämlich dem Anhalten seines Fahrzeuges, gehindert zu haben.

Ferner wurde er schuldig erkannt, durch die vorbeschriebenen Tathandlungen (I.) Revierinspektor Werner B* in Form einer Prellung am rechten Knie und am linken Zeigefinger (II./1.) und Revierinspektor Franz S* versuchsweise (II./2.) vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat an Beamten während der Vollziehung ihrer Aufgaben begangen worden ist.

Franz H* wurde hiefür nach dem § 269 Abs. 1, zweiter Strafsatz, StGB unter Anwendung des § 28 StGB unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31 und 40 StGB auf eine frühere Verurteilung zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Monaten verurteilt. Gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB wurde ein Strafteil von zehn Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Zugleich beschloß das Landesgericht Linz den Widerruf der im Verfahren zu 29 E Vr 21231/90 desselben Gerichtes gewährten bedingten Strafnachsicht. Gemäß den §§ 50 und 51 StGB wurde Franz H* die Weisung erteilt, an zehn Samstagen innerhalb der ersten sechs Monate der Probezeit je acht Stunden in der Unfallabteilung des Allgemeinen Krankenhauses Linz Hilfsdienste zu leisten, die weder eine medizinische, noch eine physiko‑therapeutische oder krankenpflegerische Ausbildung bedingen.

Gemäß dem § 369 Abs. 1 StPO wurde er zur Zahlung eines Schmerzengeldteilbetrages von 2.000 S an den Privatbeteiligten Werner B* verurteilt.

Das Oberlandesgericht Linz gab mit dem Urteil vom 7. April 1992, AZ 7 Bs 423‑425/91 (ON 44 des erstgerichtlichen Aktes), der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe und wegen des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz teilweise Folge, hob die Punkte II./1. und 2. des erstgerichtlichen Urteils als nichtig auf, schied aus dem Schuldspruch zu Punkt I./1. das Nötigungsmittel „Gewalt“ und aus dem Schuldspruch zu I./2. das Nötigungsmittel der gefährlichen Drohung mit dem Tode aus und erkannte den Angeklagten wegen der von Punkt II./1. umfaßten Tathandlung des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB schuldig, wogegen es ihn zu dem zu Punkt II./2. erhobenen Anklagevorwurf gemäß dem § 259 Z 3 StPO freisprach.

In Neubemessung der Strafe wurde Franz H* zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von achteinhalb Monaten mit gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB bedingter Nachsicht eines Strafteils von sieben Monaten für eine Probezeit von drei Jahren verurteilt. Im übrigen wurde der Berufung nicht Folge gegeben.

Der von Franz H* auch erhobenen Beschwerde wurde teilweise Folge gegeben und die erteilte Weisung ersatzlos aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl das Urteil des Landesgerichtes Linz als auch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungs‑ und Beschwerdegericht verletzen das Gesetz, wie der Generalprokurator in seiner gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht ausführt.

Das Delikt des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach dem § 269 Abs. 1 StGB pönalisiert das Hindern an bzw Nötigen zu einer Amtshandlung einer Behörde oder eines Beamten. Das Ziel des Angriffes nach dieser Gesetzesstelle ist die Unterlassung der Amtshandlung, gegen die sich der Widerstand richtet. Ist dies dem Täter zumindest teilweise gelungen, so ist der im § 269 Abs. 1 StGB vorausgesetzte strafgesetzwidrige Erfolg eingetreten. Das Delikt ist mit dem Gelingen des Widerstandes vollendet, wobei es genügt, daß die Amtshandlung wegen des Widerstandes vorübergehend vorzeitig als mißlungen abgebrochen werden mußte, mag sie auch später fortgeführt werden (Leukauf‑Steininger, Komm3, § 269 RN 27 und die dort zitierte Judikatur).

Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen die auf seine Anhaltung als Lenker eines PKW gerichteten Amtshandlungen von Polizeibeamten durch gefährliche Drohung mit dem Tode bzw durch Gewalt gehindert, wobei er die zu seiner Anhaltung errichteten Straßensperren jeweils durchbrach und seine Flucht fortsetzen konnte. Erst durch Schüsse in die Reifen seines Fahrzeuges aus einem Verfolgerfahrzeug der Polizei wurde er zum Anhalten gebracht. Der ihm angelastete Widerstand gegen die Staatsgewalt war daher in beiden Fällen vollendet, wie sich auch aus dem Wortlaut des Urteilsspruches ergibt.

Nach der zwingenden Vorschrift des gemäß dem § 489 Abs. 1 StPO auch im Verfahren über Berufungen gegen die vom Einzelrichter des Gerichtshofes gefällten Urteile durch den Gerichtshof zweiter Instanz anzuwendenden § 473 Abs. 2 StPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt gebunden. Hat es jedoch gegen die Richtigkeit der dem Urteil erster Instanz zugrunde liegenden Feststellungen Bedenken und will es von diesen abgehen, so ist es zur Wiederholung bzw Neudurchführung des vom Erstgericht durchgeführten Beweisverfahrens verpflichtet (SSt 49/61; Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 9, 10, 22 zu § 474). Dies gilt auch, wenn das Berufungsgericht zur subjektiven Tatseite eine andere Beweiswürdigung vornimmt (Mayerhofer‑Rieder aaO, ENr 11).

Das Landesgericht Linz hat zur inneren Tatseite der dem Angeklagten angelasteten Körperverletzung an den beiden Polizeibeamten festgestellt, der Angeklagte habe ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß der jeweils betroffene Beamte verletzt werde (AS 334, 336). Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht nahm in seiner Entscheidung einen solchen Vorsatz als gegeben nicht an, ohne aber das Beweisverfahren wiederholt zu haben. Dadurch hat es gegen die zwingende Vorschrift des § 473 Abs. 2 StPO verstoßen.

Im übrigen ergeben sich unter der Annahme bloß fahrlässigen Handelns gegen Revierinspektor Werner B* aus der Aktenlage Hinweise auf eine Qualifikation im Sinne des § 88 Abs. 3 (81 Z 1 und 2) StGB und beim Vergehen gegen Revierinspektor Franz S* auf das Vergehen nach dem § 89 StGB.

Davon abgesehen erweist sich der Freispruch vom Anklagevorwurf der in Tateinheit mit dem Widerstand gegen die Staatsgewalt begangenen versuchten Körperverletzung an Revierinspektor Franz S* aus rechtlichen Gründen als überflüssig (Mayerhofer‑Rieder aaO, ENr 61 zu § 259).

Nach dem § 50 Abs. 1 StGB hat das Gericht einem Rechtsbrecher, dem die Strafe bedingt nachgesehen oder der aus einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen wird, Weisungen zu erteilen und einen Bewährungshelfer zu bestellen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Als Weisungen kommen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung geeignet erscheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Weisungen, die einen unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte oder in die Lebensführung des Rechtsbrechers darstellen würden, sind unzulässig (§ 51 Abs. 1 StGB).

Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichtes Linz (AS 410) stellt die Franz H* erteilte Weisung, an zehn Samstagen innerhalb der ersten sechs Monate der Probezeit je acht Stunden in der Unfallabteilung des Allgemeinen Krankenhauses Linz Hilfsdienste zu leisten, die weder eine medizinische, noch eine physiko‑therapeutische, noch eine krankenpflegerische Ausbildung bedingen, keinen unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte oder die Lebensführung des Angeklagten dar.

Die §§ 50 ff StGB lassen dem Richter bei der Erteilung von Weisungen im Interesse der Fallgerechtigkeit einen sehr breiten Spielraum, der zunächst in zweifacher Weise begrenzt ist. Sie müssen einerseits geeignet erscheinen, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten und sie dürfen andererseits keinen unzumutbaren Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte oder Lebensführung darstellen. Dabei sind Arbeitsweisungen nicht schlechthin unzulässig. Die durch den § 51 Abs. 2 StGB eingeräumte Möglichkeit, dem Rechtsbrecher aufzutragen, einen geeigneten, seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und Neigungen tunlichst entsprechenden Beruf zu erlernen oder auszuüben, stellt die vom Gesetz selbst vorgesehene Möglichkeit dar, den Verurteilten zur Arbeitsleistung – und zwar innerhalb der durch die allgemeine Anordnung des § 51 Abs. 1, zweiter Satz, StGB im Interesse seiner Persönlichkeitsrechte und seiner Lebensführung gezogenen Grenzen – anzuhalten.

Die Arbeitsweisung findet ihre verfassungsrechtliche Schranke im Verbot der Zwangs‑ und Pflichtarbeit des Art 4 Z 2 MRK. Als solche ist jene Arbeits‑ oder Dienstleistung anzusehen, die von der betreffenden Person gegen ihren Willen ausgeführt wird und die als solche ungerecht oder bedrückend ist oder deren Durchführung „eine vermeidbare Härte“ darstellt, mit anderen Worten „unnötig beschwerlich“ oder „in gewisser Weise schikanös“ ist (EUGRZ 1985/482; vgl auch Klecatsky‑Morscher, BV‑G3, ENr 3 zu Art 4 MRK). In diesem Zusammenhang darf auch nicht unbeachtet bleiben, daß Art 4 Z 3 lit a MRK für den Fall der Probezeit bei bedingter Entlassung selbst jene Arbeiten, die normalerweise von einer solchen Person verlangt werden, die also dem Standard der Rechtsordnungen der Konventionsstaaten entsprechen und zu den dort gebrauchten Resozialisierungsinstrumenten zählen, aus dem Kreis der konventionsmäßig verbotenen Zwangs‑ und Pflichtarbeiten ausnimmt.

Die Definition der Zwangs‑ und Pflichtarbeit nach dem Art 2 Z 2 des Übereinkommens über Zwangs‑ oder Pflichtarbeit, BGBl 1961/86, dient als Ausgangspunkt für die Interpretation des Art 4 MRK (EuGRZ 1985/481). Danach ist Zwangs‑ oder Pflichtarbeit nur eine solche, welche unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird. Im Falle einer Arbeitsweisung, die bei bedingter Strafnachsicht, befolgt sie der Rechtsbrecher während der Probezeit trotz förmlicher Mahnung aus bösem Willen nicht, mit der Sanktion des Widerrufes dieser bedingten Strafnachsicht erteilt wurde, kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß damit Arbeit unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird. Denn die Strafe ist bereits durch das rechtskräftige Urteil ausgesprochen und verwirkt, lediglich ihr Vollzug wird bedingt aufgeschoben, er kann erst effektuiert werden, wird der Weisung trotz förmlicher Mahnung aus bösem Willen nicht entsprochen. Der drohende Strafvollzug dient damit nicht als Nötigungsmittel, um eine Arbeitsleistung zu erzwingen, sondern stellt die in einem auf rechtsstaatlicher Grundlage durchgeführten Verfahren für strafbares Verhalten ausgesprochene gesetzliche Sanktion dar. Damit fehlt es aber bereits an der Grundvoraussetzung, eine Weisung gemeinnützige Leistungen zu erbringen, als Zwangs‑ oder Pflichtarbeit im Sinne des Art 4 Z 2 MRK anzusehen, wird sie bei bedingter Strafnachsicht gemäß den §§ 50, 51 StGB erteilt. Das Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht ging bei seiner Entscheidung zwar (gestützt auf Leukauf‑Steininger, Komm3, und Kunst im Wiener Kommentar, beide zu § 51 StGB, vgl AS 408 f) von zutreffenden allgemeinen Erwägungen zur Zulässigkeit der dem Beschwerdeführer erteilten (Arbeits‑)Weisung aus, ist jedoch bei der Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Fall zu einem das Gesetz verletzenden Ergebnis gelangt.

Nach den dargelegten Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die Weisung, innerhalb der ersten sechs Monate einer Probezeit zu zehn Samstagen für acht Stunden in der Unfallabteilung des Allgemeinen Krankenhauses Linz Hilfsdienste zu leisten, die weder eine medizinische, noch eine physiko‑therapeutische noch eine krankenpflegerische Ausbildung bedingen, weder unbillig, noch bedrückend, noch unnötig beschwerlich oder in gewisser Weise schikanös.

Sie erscheint im vorliegenden Fall auch geeignet, den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, weil die Leistung von Hilfsdiensten in einem öffentlichen Krankenhaus der aus der strafbaren Handlung des Franz H* hervorkommenden schädlichen Aggressionsneigung entgegenzuwirken vermag.

Einer solchen Weisung steht auch das bereits genannte Übereinkommen über Zwangs‑ und Pflichtarbeit nicht entgegen, das nach seinem Art 2 Abs. 2 lit c jede Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung verlangt wird, aus seinem Geltungsbereich nimmt, sofern diese Arbeit oder Dienstleistung unter Überwachung und Aufsicht der öffentlichen Behörden ausgeführt wird und der Verurteilte nicht an Einzelpersonen oder private Gesellschaften und Vereinigungen verdingt oder ihnen sonst zur Verfügung gestellt wird. Im Falle einer Dienstleistung in einem öffentlichen Krankenhaus sind diese Bedingungen erfüllt.

Der österreichische Gesetzgeber hat das unentgeltliche Erbringen gemeinnütziger Leistungen als Auflage für den Fall der vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens nach dem § 19 Abs. 1 Z 2 JGG 1988 unter anderem als Mithilfe bei Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge ermöglicht. Leistungen von Diensten in einem Krankenhaus sind somit bei den besonders schutzbedürftigen Jugendlichen als zumutbare Eingriffe in deren Persönlichkeitsrechte oder ihre Lebensführung anzusehen, soferne die Bedingungen des § 20 Abs. 2 JGG eingehalten werden. Ist aber die Maßnahme als Auflage zulässig, so muß dies unter den Voraussetzungen der §§ 50, 51 StGB auch für den gleichartigen Inhalt einer Weisung gelten, soferne damit die Resozialisierung des Rechtsbrechers gefördert werden kann (Leukauf‑Steininger aaO, § 51 RN 19). Einer vorhergehenden Zustimmung des Verurteilten dazu bedarf es daher nicht (aM Kunst in Wiener Kommentar, RN 11 und 26 zu § 51).

Die Erfüllung der Weisung des Landesgerichtes Linz konnte dem Angeklagten auch zugemutet werden. Dienste die eine medizinische, physiko‑therapeutische oder krankenpflegerische Ausbildung erfordern, wurden ausdrücklich ausgenommen, womit eine Überforderung des Angeklagten in Ansehung berufsspezifischer Voraussetzungen verhindert wurde. Da die Leistungen jeweils an Samstagen zu erbringen gewesen wären, wäre er auch nicht an der Beschaffung des Lebensunterhaltes für sich und ihm gegenüber Unterhaltsberechtigte behindert gewesen. Die Beschränkung der Dienstleistung auf zehn Samstage innerhalb der ersten sechs Monate der Probezeit hätte ihm auch genügend Freizeit gelassen und damit nicht unzumutbar in seine Lebensführung eingegriffen.

Die Ansicht des Beschwerdegerichtes, die erteilte Weisung komme in ihrer Auswirkung der Zahlung einer Geldstrafe sehr nahe, vernachlässigt, daß sie allein aus erzieherischen Gründen erteilt wurde, um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten (AS 351). Sie stellt somit keinen Ersatz für ein nicht vollzogenes Strafübel dar.

Der Weisung steht auch die in EvBl 1979/17 ausgesprochene Rechtsmeinung nicht entgegen, weil nach dem damals zu beurteilenden Sachverhalt der Verurteilte angewiesen wurde, eine soziale Tätigkeit zu verrichten, die er sich selbst auf eigene Initiative verschaffen sollte und den Nachweis zu erbringen hatte, daß er die Tätigkeit verrichtet hat. Ein solcherart Angewiesener findet aber unter Umständen gar keine Institution, die ihn die entsprechende Tätigkeit verrichten läßt. Auch hat er keine Möglichkeit, die Ausstellung eines Nachweises hiefür zu erzwingen. Dies führte im speziellen Fall zur Beurteilung der Weisung als unzumutbar (vgl auch Mayerhofer‑Rieder, StGB3, Anm zu ENr 5 zu § 51). Es erübrigt sich auch, in jedem Einzelfall bei Erteilung der Weisung ausdrücklich Dienste erniedrigender oder ekelerregender Art auszunehmen. Denn solche stellen stets unzumutbare Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Rechtsbrechers dar. Die Verweigerung ihrer Ausführung kann daher, weil nicht auf bösen Willen zurückzuführen, auch keinen Widerrufsgrund bilden (vgl § 53 Abs. 3 StGB).

Da die aufgezeigten Gesetzesverletzungen dem Angeklagten zum Vorteil gereichen, waren sie lediglich festzustellen, weshalb wie im Spruch zu erkennen war.

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