Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird Folge gegeben und es werden aufgehoben:
1. das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehungsweise der dem Angeklagten laut den Punkten I/B/1 bis 3 des Urteilssatzes zur Last liegenden, teils vollendeten, teils versuchten, teils schweren und durch Einbruch begangenen Diebstähle, im darauf gegründeten Qualifikationsausspruch nach dem § 130, letzter Fall, StGB sowie im Strafausspruch (jedoch mit Ausnahme des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung);
2. die Beschlüsse über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht (§ 494 a Abs. 1 Z 4 StPO) zu AZ 10 E Vr 147/92 des Kreisgerichtes Steyr (ON 18) und zu AZ 10 Vr 384/91 des Kreisgerichtes Steyr (ON 19).
Gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Jürgen H***** wird für die ihm nach den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 2, 129 Z 2, 15 StGB (I) sowie das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach den §§ 136 Abs. 1 und Abs. 2, 15 StGB (II) nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf die §§ 28 StGB und 5 JGG 1988 zu 6 (sechs) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO wird die bedingte Nachsicht
1. der Freiheitsstrafe von 10 Monaten aus dem Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 11.Juni 1992, GZ 10 E Vr 147/92-22;
2. des Strafteils von 6 Monaten aus dem Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 12.Dezember 1991, GZ 10 Vr 384/91-32,
widerrufen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung, mit seinen Beschwerden auf die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Strafnachsichten verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.Juli 1975 geborene - sohin noch jugendliche - Angeklagte Jürgen H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 2, 129 Z 2, 130, letzter Fall, 15 StGB (I) sowie des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach den §§ 136 Abs. 1 und Abs. 2, 15 StGB (II) schuldig erkannt und nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB und des § 5 JGG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Gleichzeitig sprach der Gerichtshof den Widerruf der bedingten Strafnachsicht aus zwei früheren Verurteilungen des Angeklagten aus (§ 494 a Abs. 1 Z 4 StPO).
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Jürgen H*****
I. fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert nachgenannten Personen weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, und zwar:
A) 1. am 5.August 1992 in Steyr der Gertrude R***** 700 S Bargeld;
2. am 5.August 1992 in Steyr dem Josef P***** 1.000 S Bargeld;
3. am 18.August 1992 in Steyr der Sabine D***** 370 S Bargeld;
4. am 19.August 1992 in Steyr dem Andreas K***** 1.850 S Bargeld;
5. am 11.September 1992 in Garsten einer bisher unbekannten Besucherin der Diskothek S***** 500 S Bargeld;
6. am 14.September 1992 in Steyr der Theresia O***** eine angebrochene Packung Zigaretten geringen Wertes;
B) Diebstähle teils durch Einbruch in der Absicht begangen, sich
durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1. am 16.September 1992 in Sattledt mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** als Beteiligtem (§ 12 StGB) Verfügungsberechtigten der Firma St***** 10 Semmeln im Wert von 19,90
S;
2. am 16.September 1992 in Sattledt mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** als Beteiligtem Verfügungsberechtigten der Pfarre Sattledt 70 S Bargeld durch Aufbrechen zweier in der Pfarrkirche aufgestellter Opferstöcke, sohin in einem der Religionsausübung dienenden Raum und durch Einbruch, wobei die Tatvollendung hinsichtlich eines Opferstockes durch ihr Unvermögen unterblieb;
3. am 16.September 1992 in Thalheim bei Wels mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** als Beteiligtem Verfügungsberechtigten des Sportvereines UNION Thalheim bei Wels Bargeld und geeignetes Diebsgut, wobei die Tatvollendung mangels stehlenswerter Sachen unterblieb;
II. Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten teils in Gebrauch genommen, teils in Gebrauch zu nehmen versucht, und zwar
1. am 24. oder 25.Juli 1992 in Steyr das Motorfahrrad der Marke KTM mit dem polizeilichen Kennzeichen O-15.788 des Gerald F*****, wobei die Tatvollendung durch sein Unvermögen, das Fahrzeug zu starten, unterblieb;
2. am 15.September 1992 in Kremsmünster mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** als Beteiligtem den PKW der Marke Citroen
C 15 mit dem polizeilichen Kennzeichen O-125.819 des Franz J***** mittels eines widerrechtlich erlangten Schlüssels, sohin durch eine im § 129 StGB geschilderte Handlung, wobei die Tatvollendung durch ihre Betretung unterblieb;
3. am 16.September 1992 in Thalheim bei Wels mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** als Beteiligtem den VW-Bus mit dem polizeilichen Kennzeichen O-614.270 des Sportvereins UNION Thalheim bei Wels mittels eines widerrechtlich erlangten Schlüssels, sohin durch eine im § 129 StGB geschilderte Handlung, wobei die Tatvollendung durch die Anwesenheit des Platzwartes unterblieb.
Als gewerbsmäßig begangen beurteilte das Erstgericht ausschließlich die am 16.September 1992 unter Mitwirkung des gesondert verfolgten Jugendlichen Daniel K***** verübten Diebstähle, also die Wegnahme von 10 Semmeln im Wert von 19,90 S aus einem unversperrten Bäckereilieferwagen in Sattledt (I/B/1), das nur in einem Falle (mit einer Beute von 70 S) gelungene Aufbrechen von Opferstöcken in der Pfarrkirche dieses Ortes (I/B/2) und die (erfolglose) Durchsuchung der unversperrten Garderobe des Sportvereines in Thalheim bei Wels nach Bargeld (I/B/3).
Den insoweit maßgeblichen Urteilsfeststellungen zufolge faßte der jugendliche Angeklagte am 15.September 1992 den Entschluß, polizeilichen Nachforschungen wegen seiner bis dahin begangenen Straftaten durch eine gemeinsame Flucht mit Daniel K***** vom Wohnort Steyr nach Tirol zu entgehen, borgte sich wegen seiner Mittellosigkeit von einer Bekannten 100 S für die Busfahrt bis Bad Hall aus und nahm von daheim ein Brecheisen in der Absicht mit, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbrüchen eine fortlaufende Einnahmsquelle zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen. Nachdem der Beschwerdeführer und Daniel K***** die Fahrt von Bad Hall aus teils als Anhalter, teils - nach einem erfolglosen Versuch, ein Kraftfahrzeug unbefugt in Gebrauch zu nehmen (II/2) - mit fremden Fahrrädern fortgesetzt hatten, wurden sie kurz nach einem weiteren Diebstahlsversuch (I/B/3 - Durchsuchung der unversperrten Garderobe des Sportvereines in Thalheim) festgenommen.
Rechtliche Beurteilung
In der gegen das Urteil des Jugendschöffensenates erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte nominell aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a (der Sache nach jedoch Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO ausschließlich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung der Diebstähle und Diebstahlsversuche vom 16.September 1992, und zwar im Ergebnis zu Recht:
Zwar wird die gewerbsmäßige Tendenz nicht durch die vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Umstände ausgeschlossen, daß sie sich nur auf drei an einem einzigen Tag verübte (und nur zum Teil als Einbruch qualifizierte) Diebstähle bezog, die zudem auf einem erst am Vortag gefaßten Gesamtplan beruhten. Auch in einer einzigen Tat könnte Gewerbsmäßigkeit zum Ausdruck kommen (Mayerhofer-Rieder StGB3 E 40 zu § 70 StGB). Ebensowenig ist es (entgegen Bertel im WK § 130 Rz 6) erforderlich, daß der Täter gleich einem Berufsverbrecher seinen Unterhalt überwiegend durch Straftaten finanziert (EvBl. 1983/135; siehe insbesondere auch Pallin in WK § 70 Rz 8). Vorauszusetzen ist jedoch, daß es dem Täter darauf ankommt (§ 5 Abs. 2 StGB), sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftaten eine fortlaufende, d.h. wenigstens für längere Zeit wirksame (wenn auch nicht unbedingt regelmäßige und ausschließliche) Einnahme zu verschaffen (JBl. 1989, 732 mwN; 11 Os 9/80, zuletzt 13 Os 103/92).
Die gerade im vorliegenden Fall angesichts der Kürze des konkreten Begehungszeitraumes gebotene Feststellung, daß sich die Absicht des Beschwerdeführers auf die wiederkehrende Begehung von (Einbruchs-)Diebstählen über einen längeren Zeitraum erstreckt hätte, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Zu einer derartigen Annahme hätte das Erstgericht, welches den zeitlichen Umfang der geplanten Gewinnung des Unterhalts aus (Einbruchs-)Diebstählen überhaupt nicht erörtert hat, nach der Aktenlage aber auch gar nicht gelangen können (vgl. insbesondere die vor der Gendarmerie abgelegten Geständnisse des Beschwerdeführers S 61 und 63 bis 64 sowie seines Komplizen Daniel K***** S 69). Vielmehr sind sogar Anhaltspunkte dafür gegeben, daß es dem Beschwerdeführer nur um die Bestreitung des Unterhalts bis zum Einlangen beim Großvater des Daniel K***** in Tirol, also während eines Zeitraumes von wenigen Tagen gegangen ist.
Das Erstgericht unterstellte sohin die dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Diebstähle und Diebstahlsversuche zu Unrecht der Qualifikation des § 130, letzter Fall, StGB. Der Schuldspruch war daher entsprechend zu korrigieren.
Bei der damit notwendig gewordenen, nunmehr nach dem § 129 StGB vorzunehmenden Strafneubemessung waren die einschlägigen Vorstrafen, der rasche Rückfall, die Tatwiederholung und die Begehung strafbarer Handlungen verschiedener Art erschwerend; mildernd hingegen das reumütige und nahezu umfassende Geständnis des Angeklagten sowie der Umstand, daß seine Erziehung sehr vernachlässigt worden (siehe den Bericht der Jugendgerichtshilfe vom 22.Oktober 1991 im Beiakt 10 E Vr 147/92 unter ON 7) und es teilweise beim Versuch geblieben ist. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten entspricht der unrechtsbezogenen Täterschuld (§ 32 StGB). Dabei wurde im Sinne einer Gesamtregelung der Straffrage (JAB zum StRÄG 1987, 359 BlgNR 17.GP 54 1.Sp. vorl. Abs.) auch angemessen mitberücksichtigt (vgl. 12 Os 165, 166/88; Foregger-Serini MTA7 Anm. III zu § 494 a StPO), daß es wegen des wiederholten, überaus raschen und massiven Rückfalls geboten war, die dem Angeklagten früher gewährte bedingte Nachsicht von zusammen 16 Monaten Freiheitsstrafe - wie aus dem Spruch ersichtlich - zu widerrufen (§§ 53 Abs. 1 StGB, 494 a Abs. 1 Z 4 StPO), weil nur durch den Vollzug aller Strafen gewährleistet erscheint, daß er sich von weiteren strafbaren Handlungen abhalten läßt. Dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen zuwider konnte mit gelinderen Maßnahmen nicht mehr das Auslangen gefunden werden.
Auf diese Strafentscheidung war der Angeklagte mit seiner Berufung und seinen Beschwerden zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.
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