OGH 14Os16/93

OGH14Os16/9316.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard P***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 30.Oktober 1992, GZ 16 a U 65/92-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 30.Oktober 1992, GZ 16 a U 65/92-27, über die Verlängerung der Probezeit der mit Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 19.September 1988, AZ 6 U 5039/88, dem Gerhard P***** gewährten bedingten Strafnachsicht auf fünf Jahre verletzt das Gesetz in dem im XX.Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem in gekürzter Form (§ 458 Abs. 3 StPO) ausgefertigten Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 30.Oktober 1992, GZ 16 a U 65/92-27, das am 2.November 1992 in Rechtskraft erwuchs, wurde Gerhard P***** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer - gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Zugleich sah der Jugendgerichtshof mit einem (gleichfalls rechtskräftig gewordenen) Beschluß gemäß § 494 a StPO ua vom Widerruf der Gerhard P***** mit Urteil vom 19.September 1988 (rechtskräftig seit 15.Oktober 1988), GZ 6 U 5039/88-5 des Bezirksgerichtes Mödling, gewährten bedingten Strafnachsicht ab und verlängerte unter einem die Probezeit auf fünf Jahre. In diesem Verfahren des Bezirksgerichtes Mödling war über Gerhard P***** (gleichfalls) wegen des vorangeführten Vergehens eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe (in der Dauer von drei Wochen) verhängt worden.

Der Jugendgerichtshof Wien übersah aber bei seiner Beschlußfassung - obgleich ihm der betreffende Vorakt des Bezirksgerichtes Mödling in der Hauptverhandlung zur Verfügung stand (s. die Verfügung vom 6.Mai 1992 im AV-Bogen des Aktes des Jugendgerichtshofes Wien und StPO-Form Anfr. 4 = Ersuchen um Aktenübersendung im Akt des Bezirksgerichtes Mödling) -, daß das Bezirksgericht Mödling bereits mit Beschluß vom 27. März 1992, GZ 6 U 5039/88-30, rechtskräftig die endgültige Strafnachsicht ausgesprochen hatte (im Punkt 6 der vom Jugendgerichtshof Wien beigeschafften Strafregisterauskünfte, ON 18 und 25 des Bezugsaktes, ist unzutreffend von der Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe die Rede, weshalb es insoweit einer berichtigenden Mitteilung an die Bundespolizeidirektion Wien-Strafregisteramt durch das Bezirksgericht Mödling bedarf).

Rechtliche Beurteilung

Der vom Jugendgerichtshof Wien anläßlich der erwähnten neuerlichen Verurteilung des Gerhard P***** am 30.Oktober 1992 gefaßte Beschluß auf Verlängerung der Probezeit steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Zum Zeitpunkt der Beschlußfassung war die Entscheidung des Bezirksgerichtes Mödling vom 27.März 1992 über die endgültige Strafnachsicht bereits in Rechtskraft erwachsen. Der unter Mißachtung dieser Rechtskraftwirkung dennoch gefaßte Beschluß war daher ersatzlos zu beseitigen.

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