Spruch:
1. Die Ablehnung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Othmar H***** ist nicht gerechtfertigt.
2. Der Antrag des Einschreiters, den Akt Jv 147-17a/85 des Kreisgerichtes Wels beizuschaffen und ihm beim Obersten Gerichtshof Einsicht in diesen Akt zu gewähren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
In einer am 3.November 1992 in der Präsidialkanzlei des Obersten Gerichtshofes eingelangten Eingabe vom 1.November 1992 (ergänzt durch die Eingaben vom 4. und 6.November 1992) lehnt der Einschreiter Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** unter Bezugnahme auf Vorgänge in den Strafverfahren des Kreisgerichtes Wels AZ 16 Vr 1072/82 - Hv 6/85 (bereits durch rechtskräftigen Freispruch beendet) und 16 Vr 1566/85 - Hv 10/89 (mit Urteil erster Instanz abgeschlossen, wobei über die dagegen erhobenen Rechtsmittel noch nicht entschieden worden ist) sowie auf ein gegen ihn von Dr.K*****, Oberlandesgerichtspräsident Dr.B***** und den anderen Richtern des Oberlandesgerichtes Linz beim Bezirksgericht Bad Ischl veranlaßtes Entmündigungsverfahren neben dem Präsidenten des Kreisgerichtes Wels Dr.Ernst F*****, den Richtern dieses Gerichtshofes sowie den namentlich bezeichneten Richtern des Oberlandesgerichtes Linz Dr.A*****, Dr.B***** und Dr.R***** auch den (nunmehrigen) Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Othmar H***** wegen Befangenheit ab.
Er bringt darin gegen Dr.H***** im wesentlichen vor: "Präs.Dr.H***** lehnte es bisher stets ab, seiner Aufsichtspflicht hinsichtlich der Mißstände am KG Wels zu entsprechen, wie zum Beispiel die Akteneinsicht in Jv 147-17a/85 bei Präs.Dr.F***** für mich anzuordnen, oder - im Fall der Weigerung - disziplinär oder gemäß StPO § 84 gegen ihn vorzugehen", und beantragt in diesem Zusammenhang, "den Ablehnungsanträgen ex tunc stattzugeben, da die Entscheidungen befangener Richter nichtig sind und nicht rechtswirksam sein können". Ferner stellt er den Antrag auf "Beischaffung des vollinhaltlichen Aktes Jv 147-17a/85, KG Wels, und Akteneinsicht in den Akt (mit Ausnahme der Beratungsprotokolle) und die Verständigung darüber, wann die Akteneinsicht beim OGH in Wien erfolgen kann, um das Recht gemäß Art 6 MRK wahrnehmen zu können".
Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Othmar H***** führte zum Ablehnungsantrag in seiner (am 21.Dezember 1992 beim Obersten Gerichtshof eingelangten) Stellungnahme vom 17.Dezember 1992 (zusammengefaßt wiedergegeben) aus, daß
- er in den vergangenen Jahren mit den zahlreichen Anfragen und Eingaben des Einschreiters zum Verfahren Jv 147-17a/85 des Kreisgerichtes Wels nicht befaßt war;
- die gefragte "Liste", in der alle Richter des Kreisgerichtes ihre Stellungnahme zur Befangenheit abgegeben haben sollten, nie benötigt und nie angefertigt worden ist;
- die im Beschluß des Personalsenates des Kreisgerichtes Wels vom 22. Februar 1985, Jv 147-17a/85, betreffend das Strafverfahren 16 Vr 1070/82 - Hv 6/85 desselben Gerichtes, enthaltene Formulierung "alle nach der Geschäftsverteilung des Kreisgerichtes zuständigen Richter" sich nur auf die nach der Geschäftsverteilung als "Vorsitzende des Schöffensenates" zuständigen (fünf namentlich genannten) Richter bezogen hat, weshalb es des vorbezeichneten Beschlusses des Personalsenates bedurfte, um den in der Gerichtsabteilung 12 als "Einzelrichter" zuständigen Richter Dr.Gerhard K***** mit dem Vorsitz des Schöffensenates zu betrauen;
- er um die Abwicklung fairer Verfahren, soweit dies in seinen Wirkungsbereich fällt, bemüht ist und sich weiterhin nicht befangen fühlt.
Rechtliche Beurteilung
Über diesen Ablehnungsantrag hat der Oberste Gerichtshof lediglich in Ansehung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Dr.Othmar H***** zu entscheiden (§ 74 Abs. 2 dritter Halbsatz StPO).
Dessen Ablehnung ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Denn mit dem Hinweis auf frühere, noch in der Amtszeit des vormaligen Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Mag.B***** gelegene Vorfälle wird kein Umstand aufgezeigt, der geeignet sein könnte, die volle Unbefangenheit des (nunmehr amtierenden) Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Dr.H*****, soweit er in dieser Sache noch Entscheidungen zu treffen hat, ernstlich in Zweifel zu ziehen (§ 72 Abs. 1 StPO). Eine Befangenheit des genannten Präsidenten des Gerichtshofes zweiter Instanz kann aber auch nicht daraus abgeleitet werden, daß ihm der Antragsteller angebliche Versäumnisse "hinsichtlich der Mißstände am Kreisgericht Wels", im besonderen die Unterlassung, "für ihn die Akteneinsicht in Jv 147-17a/85 bei Dr.F***** anzuordnen, oder - im Fall der Verweigerung - gegen diesen disziplinär vorzugehen", vorwirft. Dies umsoweniger, als der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem den Einschreiter betreffenden Erkenntnis vom 1.Februar 1989, Zl 88/01/0199-5, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, daß dem mit Berufung an das Bundesministerium für Justiz angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 3.Februar 1988, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Auskunft in den Verfahren Jv 147-17a/85 und Jv 3212-17a/87 des Kreisgerichtes Wels zurückgewiesen worden war, die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht anhaftet und daß es sich auch beim Verfahren zum Zwecke der Erlangung von Akteneinsicht um Agenden der Gerichtsbarkeit handelt.
Im übrigen kann sich - entgegen dem Antragsbegehren - eine Ablehnung von Gerichtspersonen immer nur auf ein anhängiges, nicht aber auf ein bereits rechtskräftig beendetes Verfahren ("ex tunc") beziehen.
Der Antrag des Einschreiters hinwieder "auf Beischaffung des vollständigen Aktes Jv 147-17a/85, KG Wels, und (auf Gewährung der) Akteneinsicht beim OGH" ist von vorneherein verfehlt, weil einerseits die zitierten Akten für die hier zu treffende Entscheidung über den Ablehnungsantrag nicht erforderlich sind und andererseits dem Obersten Gerichtshof eine Kompetenz dahin, Einsicht in Akten anderer Gerichte zu bewilligen, nicht zusteht
Es war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur spruchgemäß zu entscheiden.
Bemerkt wird, daß das übrige Ablehnungsbegehren schon seinerzeit dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz zur weiteren Amtshandlung gemäß § 74 StPO übermittelt wurde.
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