OGH 13Os9/93

OGH13Os9/9311.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Viktor Florian S***** wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und 15 StGB sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Viktor Florian S***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.September 1992, GZ 9 b Vr 12034/91-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Viktor Florian S***** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und 15 StGB (Faktum I/1) sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (I/2) und der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien

I. nachgenannte Personen durch gefährliche Drohung zu Handlungen bzw. zu einer Unterlassung, und zwar

1. am 4.August 1992 Peter F***** dadurch, daß er ihm gegenüber äußerte, er steche ihn ab, er schneide ihm die Sehnen ab, wobei er einen Brieföffner mit einer zugeschliffenen 11 cm langen Klinge gegen ihn richtete, mithin durch Drohung mit dem Tod,

a) zur Übergabe der Kfz-Schlüssel für das Kraftfahrzeug W 405.754 genötigt,

b) zur Aushändigung eines Geldbetrages von 800 S zu nötigen versucht;

2. am 8.März 1992 Christine P***** durch die Äußerung "wennst mi anzeigst, bring ich Dich um" und, indem er ihr eine leere Bierflasche nachwarf, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung gegen ihn zu nötigen versucht;

II. am 8.März 1992 Christine P***** durch Versetzen eines Schlages, wodurch sie Prellungen an der linken Gesichtshälfte erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 5, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Unzutreffend ist zunächst das Vorbringen zum Grund der Z 3, die Aussage der Adelheid B***** hätte vom Erstgericht deshalb nicht verwertet werden dürfen, weil zwischen ihr und dem Angeklagten ein "lebensgemeinschaftsähnliches Verhältnis" bestanden habe. Denn aus dem Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs. 2 StGB und damit für die Annahme eines Entschlagungsrechtes der Zeugin im Sinne des § 152 Abs. 1 Z 1 StPO. Adelheid B***** gab vor der Polizei (S 43) nur an, daß sie seit etwa fünf Jahren mit dem Angeklagten befreundet sei; der Aussage des Beschwerdeführers ist dazu nichts zu entnehmen.

Auch die Mängelrüge (Z 5) versagt.

Das Erstgericht gründete die Feststellungen zum Schuldspruch Punkt I 1 des Urteilssatzes auf die Aussage des Zeugen Peter F*****. Die Tatrichter haben ausführlich begründet, warum sie dieser Aussage Glauben schenkten, wobei sie auch Abweichungen in den Angaben dieses Zeugen vor der Polizei zu seinen Ausführungen in der Hauptverhandlung erörterten (vgl. US 8/9). Wenn die Mängelrüge behauptet, das Erstgericht habe sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen auf den Hinweis beschränkt, daß diesem "ohne jeden Zweifel in den die Straftat charakterisierenden Elementen zu folgen ist", ohne dazu eine "ausführliche Erläuterung" zu geben, übergeht sie die hier maßgebliche Urteilsbegründung.

Nicht zielführend ist auch der Vorwurf der Mängelrüge, dem Urteil fehle eine Begründung dafür, weshalb im Faktum I 1 eine Qualifikation der Tat nach dem § 106 Abs. 1 Z 1 StGB angenommen wurde, nicht aber im Faktum I 2, obwohl auch dort eine Drohung mit dem Umbringen konstatiert wurde. Auch hier übergeht die Rüge die entscheidungswesentlichen Urteilsausführungen. Denn das Erstgericht hat zum Faktum I 1 als erwiesen angenommen, daß der Angeklagte zur Unterstützung seiner Drohung noch ein langes stilettartiges Messer zog (US 6), es hielt eine solche Drohung mit dem Tode durch das "Zuhilfenehmen" des Messers für "ausreichend indiziert" (US 9).

Die Rechtsrügen schließlich entbehren einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung der herangezogenen Nichtigkeitsgründe.

Der Angeklagte vermißt zum Schuldspruchfaktum I 1 Feststellungen über die näheren Umstände der Tatbegehung sowie über das "Milieu". Dies deshalb, weil die Qualifikation der Tat nach dem § 106 Abs. 1 Z 1 StGB nur im Hinblick auf seine Äußerung "ich bring Dich um" angenommen worden sei. Eine solche Äußerung sei nämlich auch zum Faktum I 2 konstatiert worden, hier sei eine solche Qualifikation aber nicht angenommen worden. Die Rüge übergeht jedoch die zuvor wiedergegebenen Feststellungen samt der dazugehörenden Begründung. Solcherart wird der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund (Z 10) - dessen Vorliegen auch bei der Behauptung von Feststellungsmängeln nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen vollständigen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz dargetan werden kann - nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Unter dem Grund der Z 11 macht der Beschwerdeführer geltend, daß das Erstgericht bei der Strafbemessung zu Unrecht die Bestimmung des § 39 StGB angewendet habe, übersieht dabei aber, daß die Strafe nach dem § 106 Abs. 1 StGB verhängt wurde, der einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht und daß im Hinblick auf die verhängte Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten die Bestimmung des § 39 StGB somit gar nicht angewendet wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß der Z 1 der zitierten Gesetzesstelle iVm dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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