OGH 6Ob602/92

OGH6Ob602/924.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Aktiengesellschaft, *****vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei *****Baugesellschaft mbH, 4020 Linz, Sophiengutstraße 20, vertreten durch Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000), infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1.7.1992, GZ 1 R 91/92-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.2.1992, GZ 3 Cg 109/90-35, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Revision und Rekurs werden zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Kosten findet nicht statt.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt die Feststellung, die beklagte Partei habe ihr für alle Ansprüche einzustehen, die sie an den Verband ö*****V*****aus dem Titel der Gewährleistung, der Mängelfolgeschäden und des Schadenersatzes im Zusammenhang mit Baumeisterarbeiten zur Errichtung des Gebäudekomplexes "U*****" zu erbringen habe, soweit solche Leistungsverpflichtungen der klagenden Partei in den von der beklagten Partei als deren Subunternehmerin erbrachten Leistungen ihre Ursache hätten. Sie brachte im wesentlichen vor, sie sei Generalunternehmerin dieses Bauvorhabens und habe die beklagte Partei als Subunternehmerin mit Teilarbeiten betraut. Sie werde nunmehr vom Bauherrn wegen Baumängel, welche im Verhältnis zwischen den Streitteilen die beklagte Partei zu vertreten habe, gerichtlich in Anspruch genommen. Zwischen den Streitteilen sei eine fünfjährige Gewährleistungsfrist und weiters vereinbart worden, daß von den Angebotsbestimmungen der Ausschreibung abweichende Angebotsbedingungen, insbesondere allgemeine Geschäftsbedingungen des Bieters, nicht berücksichtigt würden.

Die beklagte Partei wandte die ordnungsgemäße Erbringung der Leistung ein. Die Gewährleistungsfrist sei bereits abgelaufen, eine fünfjährige Frist sei nicht vereinbart.

Das Erstgericht gab dem Begehren, nachdem das Feststellungsinteresse bejaht worden war, im zweiten Rechtsgang statt. Es führte nach Feststellung der im einzelnen zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen rechtlich im wesentlichen aus, die zwischen dem Bauherrn und der klagenden Partei vereinbarten "Allgemeinen Vertragsbedingungen", welche für die streitgegenständlichen Arbeiten eine fünfjährige Gewährleistungsfrist vorsehen, seien nicht in das Vertragsverhältnis der Streitteile übernommen worden. Nach diesem Vertrag habe die beklagte Partei für Sach- und Personenschäden infolge mangelhafter Leistung oder aus anderen von ihr vertretenden Umständen im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu haften. Die klagende Partei wünsche nur eine Klärung, daß die beklagte Partei ihr gegenüber für den Fall hafte, als die beklagte Partei mangelhafte Leistungen erbracht und Mängelfolgeschäden herbeigeführt habe. Dieses Feststellungsbegehren sei berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil mit Teilurteil dahin ab, daß es das Feststellungsbegehren hinsichtlich der Haftung der beklagten Partei für alle Ansprüche aus dem Titel der Gewährleistung abwies und im übrigen Umfang, also hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes, das Ersturteil mit dem Auftrag zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht aufhob. Es kam bei der Auslegung der zwischen den Streitteilen errichteten Vertragsurkunden zum Ergebnis, daß im Subunternehmervertrag nur auf einzelne Teile des Hauptvertrages Bezug genommen worden, nicht aber eine gänzliche Koordination von Haupt- und Subunternehmervertrag vorgenommen und daher eine Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre, wie sie zwischen dem Bauherrn und der klagenden Partei als Generalunternehmer vereinbart war, nicht in die Vereinbarung zwischen den Streitteilen aufgenommen worden sei. Die Rechtsprechung habe zwar eine partielle Verknüpfung der Verträge im dreipersonalen Verhältnis als notwendig oder jedenfalls billig geboten erachtet, wenn die Subunternehmerverträge zusammen mit dem Hauptvertrag ein Netzwerk von Verträgen bildeten, das auf die Realisierung eines Gesamtwerkes gerichtet sei und im Laufe der Projektdurchführung im Hauptvertrag zahlreiche Ereignisse eintreten könnten, die jedenfalls faktisch die Subunternehmerleistung berührten, weshalb die strikte Trennung der Verträge nicht in jedem Fall sachgerecht sein könne. Eine solche Notwendigkeit bestehe aber nicht schon dann, wenn der Generalunternehmer mit dem Bauherrn längere als die gesetzlichen Gewährleistungsfristen vereinbart habe und der Subunternehmervertrag keinerlei Hinweis auf diese Vereinbarung enthalte. Ausgehend von den eigenen Behauptungen der klagenden Partei über den Zeitpunkt der Übernahme des Gesamtbauwerkes durch den Bauherrn sei zum Zeitpunkt der Klagseinbringung ein allfälliger Gewährleistungsanspruch der klagenden Partei gegenüber der beklagten Partei bereits verfristet gewesen, so daß das Feststellungsbegehren, soweit es Gewährleistungsansprüche betreffe, abweisungsreif sei. Da jedenfalls im Werkvertragsrecht Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche in voller Konkurrenz nebeneinander bestünden, könne der Besteller wegen Mängel des Werkes auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist jedoch innerhalb der Verjährungsfrist vom Unternehmer das Erfüllungsinteresse fordern, soferne die Mängel auf dessen rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zurückzuführen seien. Da jede Feststellungsgrundlage zur Beurteilung der Haftung der beklagten Partei dem Grunde nach fehle - ob überhaupt ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei vorliege, das zum Eintritt eines konkreten Schadens führen könne - sei das Verfahren zur Beurteilung der Berechtigung des Feststellungsbegehrens hinsichtlich allfälliger künftiger Schadenersatzansprüche der klagenden Partei noch nicht spruchreif.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und hinsichtlich des Teilurteiles die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Anwendbarkeit von Bestimmungen des Hauptvertrages auf den Subunternehmervertrag noch keine gesicherte Rechtsprechung vorliege. Hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses sei der Rekurs wegen der einheitlichen Lösung der in der Entscheidung behandelten Rechtsfragen zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sind Revision und Rekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 502 Abs 1, 519 Abs 2 ZPO nicht zulässig.

Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam ist und daher nur dann Gegenstand einer zulässigen Revision sein kann, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, daß die Auslegung nicht gesetzeskonform sei. Dies ist der klagenden Partei im vorliegenden Fall keineswegs gelungen. Das Berufungsgericht ist in seinen Ausführungen zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO) zu dem Ergebnis gelangt, daß die zwischen dem Bauherrn und der klagenden Partei als Generalunternehmer vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist nicht auch in die Verträge zwischen den Streitteilen übernommen wurde.

Es entspricht der einheitlichen und ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß der Subunternehmer nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen steht, die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer daher unabhängig davon bestehen, welche Ansprüche der Bauherr gegen den Generalunternehmer besitzt und in welchem Umfang er davon Gebrauch macht. Von diesem Grundsatz ist auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofe JBl 1990, 587 = RdW 1990, 342 ausgegangen und hat ihn an die Spitze ihrer Ausführungen gestellt. Es wurde darin lediglich aus der deutschen Lehre und Rechtsprechung einschränkend eine partielle Verknüpfung der Verträge im dreipersonalen Verhältnis dort als notwendig oder geboten erachtet, wo die Leistung des Generalunternehmers und die des Subunternehmers so eng miteinander verbunden und gegenseitig abhängig sind, daß eine strikte Trennung zu grob unbilligen Ergebnissen führen müßte. Dies wurde in der zitierten Entscheidung dahin berücksichtigt, daß dann, wenn der Bauherr dem Generalunternehmer gegenüber nicht auf Verbesserung bestehe und der Bauvertrag insofern einvernehmlich abgeändert worden sei, diese Abänderung soweit auf den Subunternehmer durchschlage, als der Generalunternehmer vom Subunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern könne, das jener selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen habe. Der erkennende Senat hat auf diese Einschränkung in seiner Entscheidung JBl 1992, 387 ausdrücklich hingewiesen und auch in seinem in der vorliegenden Rechtssache ergangenen Beschluß vom 22.2.1990, 6 Ob 525/90, ausgeführt, daß der Bauherr zur beklagten Partei nicht in vertraglicher Beziehung steht und im Rahmen der Vertragskette der Unternehmer, der seinerseits einen Teil der Arbeiten weitergibt, gegen seinen Subunternehmer als Besteller eigene Ansprüche hat, die sich aus dieser Vertragsbeziehung ergeben. Ein "Durchschlagen" vertraglicher Nebenbestimmungen, die nicht ausdrücklich oder konkludent in den Subunternehmervertrag aufgenommen wurden, wie eine vom - dispositiven - Gesetz abweichende Gewährleistungsvereinbarung kommt keinesfalls in Betracht.

Für die Feststellung einer Haftung der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes sind aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, Feststellungen zum Grund des Anspruches und damit auch zum Verschulden der beklagten Partei erforderlich. Eine allfällige Entscheidung in dem vom Bauherrn gegen die klagende Partei als Generalunternehmer angestrengten Prozeß ist für das vorliegende Verfahren nicht präjudiziell und kann über die Ansprüche zwischen den Streitteilen auch dem Grunde nach nicht bindend absprechen. Für prozeßökonomische Überlegungen bliebe daher nur im Rahmen von zwischen den Streitteilen zu treffenden prozessualen Vereinbarungen Raum.

Da das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung nicht abgewichen ist, waren die erhobenen Rechtsmittel zurückzuweisen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer unzulässigen Rechtsmittel ebenso selbst zu tragen wie die beklagte Partei die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen, in welchen sie auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittel nicht hingewiesen hat.

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