Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 22. November 1972 geborene Martin K***** wurde auf Grund des (einstimmigen) Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Demnach hat er - verkürzt wiedergegeben - am 22. Mai 1992 in Vösendorf den Christian W***** unter Verwendung einer Waffe zu berauben getrachtet, indem er aus einer Gaspistole einen Schuß auf den Genannten abfeuerte, um ihm Bargeld wegzunehmen.
Die Geschwornen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach versuchtem schwerem Raub einstimmig bejaht und folgerichtig die Eventualfragen 1/ und 2/ nach versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung (§§ 15, 87 Abs 1 StGB) und nach Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB) unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus § 345 Abs 1 Z 4, 5, 6 und 8 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Unter der Z 4 des § 345 Abs 1 StPO bekämpft der Angeklagte zunächst das angebliche Unterbleiben der Zuziehung eines Dolmetschers für seine slowakische Muttersprache. Damit wird jedoch keine der unter dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund taxativ (Mayerhofer-Rieder, StPO3 E 1 bis 4 zu § 281 Z 3) aufgezählten Gesetzesverletzungen geltend gemacht. Da der Angeklagte - dem ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll zufolge - entgegen seinem weiteren Beschwerdevorbringen die Beiziehung eines anderen als des ohnehin zugezogenen, für die slowakische Sprache beeideten (S 120) Dolmetschers nicht beantragt hat, mangelt es auch an der unabdingbaren Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung einer auf diesen Punkt bezogenen Verfahrensrüge (Z 5). Soweit der Beschwerdeführer im übrigen Nachteile durch die angeblich fehlenden Sprachkenntnisse der zugezogenen Dolmetscherin behauptet, ist sein Vorbringen unverständlich. Denn zur Stellung der Anträge auf Verlesung der tschechoslowakischen Strafregisterauskunft und des Privatgutachtens des psychologischen Sachverständigen im Sinne des schriftlichen Beweisantrages (ON 23) durch den Verteidiger hätte es offensichtlich keines Übersetzers bedurft. Da der angeführte Beweisantrag in der Hauptverhandlung - auch diesbezüglich irrt die Beschwerde - nicht wiederholt wurde, gebricht es auch diesbezüglich an den Formalvoraussetzungen einer Verfahrensrüge.
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung nach §§ 313, 314 StPO (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß weder eine Zusatzfrage nach § 11 StGB, noch eine Eventualfrage in Richtung der §§ 83 ff StGB gestellt wurden.
Eine Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit war aber weder nach der Verantwortung des Angeklagten, der - ohne mangelnde Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit zu behaupten - lediglich angegeben hatte, in einem außergewöhnlichen psychischen Zustand gewesen zu sein und sich das Ganze nicht so genau überlegt zu haben noch nach den sonstigen Beweisergebnissen der Hauptverhandlung indiziert.
Analoges gilt für die vermißte Eventualfrage nach (versuchter) leichter Körperverletzung; hatte doch der Beschwerdeführer ein in diese Richtung zielendes Vorhaben in der Hauptverhandlung nicht einmal angedeutet, sondern behauptet, er habe lediglich testen wollen, ob bei Abgabe eines Schusses aus geringer Entfernung auf einen Menschen diesem die Augen tränten (siehe S 125 f).
Die Rechtsbelehrung begründet nach Meinung des Beschwerdeführers Nichtigkeit nach der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO, weil die Ausführungen über die gesetzlichen Möglichkeiten einer teilbedingten Strafe undeutlich seien. Dem ist zu erwidern, daß eine Instruktion über Fragen der Strafbemessung, über die der Schwurgerichtshof gemeinsam mit den Geschwornen entscheidet (§ 338 StPO) in der schriftlichen Belehrung gar nicht geboten gewesen wäre (siehe Mayerhofer-Rieder aaO E 71 bis 73 a zu § 345 Z 8). Davon abgesehen kann aber insoweit auch kein Fehler oder auch nur eine Undeutlichkeit in den bezüglichen, dem Gesetzeswortlaut folgenden Ausführungen gefunden werden. Insbesondere konnte die vom Beschwerdeführer zitierte Belehrung über den Ausschluß einer bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB von den Geschwornen nicht auf die teilbedingte Strafnachsicht nach § 43 a StGB bezogen werden; denn die Regelung für diese wurde anschließend dargestellt und den Geschwornen war aus der Belehrung zum Raub (S 9) bekannt, daß die Tat des Angeklagten nur mit fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist.
Da die Verantwortung des Beschwerdeführers - "es habe ihn der Mut verlassen", "er sei verwirrt gewesen", weil das Tatopfer durch Abgabe des Schusses nicht bewußtlos wurde (S 37, 52) - keine Zusatzfrage in Richtung freiwilligen Rücktrittes vom Versuch indizierte und eine Rechtsbelehrung nur im Zusammenhang mit gestellten Fragen geboten ist (Mayerhofer-Rieder, aaO E 20 zu § 345 Z 8), kommt den Beschwerdeausführungen zu diesem Punkt weder unter dem relevierten, noch unter dem der Sache nach zusätzlich behaupteten Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO Berechtigung zu. Die - durchaus zutreffende - Belehrung über die Straflosigkeit des absolut untauglichen Versuchs hingegen erläutert - auch für die Geschwornen ohne weiteres erkennbar - eine andere, mit dem freiwilligen Rücktritt in keinerlei Zusammenhang stehende, die Hauptfrage betreffende Rechtsfrage (Mayerhofer-Rieder aaO E 1b zu § 313).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend lediglich die tatsächlich erfolgte Abgabe eines Schusses gegen den Kopf des Opfers, als mildernd dagegen den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, sein Alter unter einundzwanzig Jahren im Tatzeitpunkt sowie den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben war, und verhängte über ihn gemäß §§ 41 Abs 1 Z 3, 143 StGB, erster Strafsatz, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren.
Mit ihren dagegen erhobenen Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Strafe, der Angeklagte dagegen deren Reduktion und die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht an.
Keines der beiden Rechtsmittel ist begründet.
Bei lebensnaher Betrachtung stellt sich die inkriminierte Tat als Endpunkt eines detailliert geplanten Vorhabens dar - Einreise nach Österreich; Beschaffung der Waffe; Erkundung des Tatorts - und bleibt mithin für die Annahme, der Angeklagte habe die Tat bloß aus Unbesonnenheit begangen, kein Raum. Da das Verbrechen beim Versuch geblieben ist, kann auch die Tatsache, daß kein Schaden eingetreten ist, nicht als mildernd gewertet werden, in welchem Zusammenhang nochmals darauf hinzuweisen ist, daß auch nach der Verantwortung des Berufungswerbers der geplante Raub namentlich daran gescheitert ist, daß das präsumtive Opfer durch den Schuß nicht bewußtlos wurde und der Angeklagte daraufhin in Verwirrung geriet, nicht aber daran, daß er sich freiwillig von der Zufügung eines Schadens enthielt. Angesichts dessen, daß die Akten keinen Anhaltspunkt dafür bieten, daß die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungsgrund nahekommen und die Zielrichtung des einzigen Erschwerungsumstandes ersichtlich nicht in der Abgabe des Schusses überhaupt, sondern darin liegt, daß dieser gegen den Kopf, also einen besonders empfindlichen Körperteil des Opfers gerichtet wurde, was über die Tatbestandsverwirklichung hinausgeht, und sonach zurecht als erschwerend ins Gewicht fiel, bedürfen die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe lediglich insoweit einer Korrektur, als der Angeklagte zwar nicht - wie die Berufung behauptet - ein reumütiges Geständnis abgelegt, aber doch durch seine Angaben im Vorverfahren wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.
Dies vermag aber bei dem anzuwendenden, bis zu fünfzehn Jahren reichenden Strafsatz und den Gesamtmodalitäten der Tat weder eine Strafreduzierung, noch gar eine teilbedingte Strafnachsicht - der vor allem generalpräventive Erwägungen zwingend entgegenstehen - zu rechtfertigen, sondern steht im Verein mit den übrigen gewichtigen Milderungsumständen lediglich der von der Staatsanwaltschaft angestrebten Verschärfung der geschöpften Unrechtsfolge entgegen.
Es mußte mithin beiden Berufungen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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