Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Am 17.April 1991 wurde über das Vermögen des Bauunternehmens G***** GesmbH der Konkurs eröffnet.
Die Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin C***** J*****, P***** K***** und P***** K***** beantragten jeweils für die für den Zeitraum vom 1. April 1991 bis 22.April 1991 von der Gemeinschuldnerin geschuldeten Löhne von 6.580 S, 9.637 S und 7.382 S die Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld. Da der Kläger als Masseverwalter den Betrieb fortführte, zahlte er am 17.Mai 1991 diese rückständigen Lohnforderungen an die Arbeitnehmer aus und ließ sich von ihnen folgende Abtretungserklärung unterfertigen: "Ich trete meine Forderung aus dem IESG-Fonds für den Lohnzahlungszeitraum vom 1. bis 22. April 1991 über 6.580 S - bzw. 9.637 S und 7.382 S - an die Konkursmasse G***** GesmbH (Bevorschussung) ab."
Die beklagte Partei lehnte mit Bescheiden vom 28. und 29.November 1991 die Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld für diese Lohnansprüche ab, weil die Arbeitnehmer infolge Zahlung der Löhne durch den Masseverwalter forderungsbefriedigt seien.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vom Massverwalter erhobene Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei zur Zahlung von 23.599 S Insolvenz-Ausfallgeld an ihn zu verpflichten. Der Masseverwalter habe mit der Begleichung der vor Konkurseröffnung entstandenen Lohnansprüche nicht die Forderungen der Arbeitnehmer gegen die Gemeinschuldnerin befriedigt, sondern im Rahmen des Konkursfortbetriebes lediglich einen Vorschuß auf das Insolvenz-Ausfallgeld geleistet. Die Klagelegitimation des Masseverwalters beruhe auf den erfolgten Abtretungen.
Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung der Klage, weil im Sozialrechtsverfahren über die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld nicht über das Bestehen eines privatrechtlichen (gesicherten) Anspruches, sondern über das Bestehen oder Nichtbestehen des öffentlich-rechtlichen Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld entschieden werde. Mit den Bescheiden sei keine den Kläger betreffende Entscheidung getroffen worden, so daß ihm die Klagslegitimation im Rahmen der sukzessiven Kompetenz fehle. Hilfsweise werde Abweisung der Klage beantragt, weil die Zahlung durch den Masseverwalter als Zahlung des Arbeitgebers anzusehen sei; da der Masseverwalter nie Insolvenz-Ausfallgeld auszahle, könne er es auch nicht bevorschussen.
Das Erstgericht hob das über die Klage durchgeführte Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß § 1 IESG eine taxative Aufzählung der Personen enthalte, die Anspruch auf die öffentlich-rechtliche Leistung Insolvenz-Ausfallgeld hätten; darüberhinaus sei gegen den klagenden Masseverwalter kein Bescheid ergangen.
Auf Grund des Rekurses des Klägers hob das Rekursgericht diesen Beschluß auf, trug dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund auf und sprach aus, daß der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht war der Ansicht, daß durch § 8 Abs 1 IESG, wonach die Abtretung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld in gleicher Weise wie die Abtretung des gesicherten Anspruches selbst zulässig sei, der Kreis der Anspruchsberechtigten über die in § 1 Abs 1 Satz 1 IESG genannten originär Anspruchsberechtigten hinaus um die derivativ Anspruchsberechtigten erweitert werde. Mit der Abtretung der Forderung gehe auch die formelle Berechtigung zur Geltendmachung über. Eine Loslösung des Prozeßführungsrechtes von der Sachberechtigung an der übertragenen Forderung sei dem österreichischen Recht fremd. Auch die besonderen Verfahrensbestimmungen des § 66 ASGG stünden dem nicht entgegen, weil danach die Bestimmungen, die sich auf die Versicherten bezögen, auf alle anderen Parteien (die nicht Versicherungsträger, Träger der Sozialhilfe und Arbeitsämter seien) anzuwenden seien. Es dürfe daher gemäß § 67 Abs 1 ASGG nicht nur der "Versicherte" die Bescheidklage erheben, sondern auch jene Person, die ihre Ansprüche vom "Versicherten" (hier vom Anspruchsberechtigten im Sinne des § 1 Abs 1 IESG) ableite.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens zu entscheiden oder den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.
Die klagende Partei hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 IESG haben Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld Arbeitnehmer, ehemalige Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen sowie die Rechtsnachfolger von Todes wegen dieser Personen (Anspruchsberechtigte) für die nach Abs 2 gesicherten Ansprüche. Gesichert sind nach § 1 Abs 2 IESG aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, auch wenn sie gepfändet, verpfändet oder übertragen worden sind. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die Pfändung oder Übertragung des gesicherten Anspruchs an der Anspruchsberechtigung nach dem IESG und damit an der gemäß § 6 Abs 2 IESG lediglich dem Anspruchsberechtigten zustehenden Antragslegitimation im Verwaltungsverfahren vor dem Arbeitsamt sowie der Klageberechtigung im Rahmen der sukzessiven Kompetenz nichts ändert. Wie der Verwaltungsgerichtshof in der die Frage der Anspruchsberechtigung bei exekutiver Pfändung der gesicherten Ansprüche betreffenden Entscheidung des verstärkten Senates VwSlg 10.310 A = ZAS 1982, 28 (zustimmend Mayer) zutreffend dargelegt hat, war § 1 Abs 1 IESG bereits in der Stammfassung - also schon vor der Novelle BGBl 1980/580, mit der in § 1 Abs 2 die Wortfolge "auch wenn sie gepfändet, verpfändet oder übertragen worden sind" sowie in § 6 Abs 2 Satz 1 die Wortfolge "vom Anspruchsberechtigten oder seinen gesetzlichen Vertreter" eingefügt wurden - als taxative Aufzählung des nach dem IESG anspruchsberechtigten Personenkreises zu werten. Der öffentlich-rechtliche Anspruch des Arbeitnehmers bzw seiner Hinterbliebenen gegen den Insolvenz-Ausfallgeldfonds sei rechtlich etwas Verschiedenes von den im § 1 Abs 2 IESG angeführten privatrechtlichen Ansprüchen des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterbliebenen gegenüber dem insolventen Arbeitgeber. Wie der VwGH in VwSlg 11.015 A = ÖJZ 1984, 81 - wieder zur Anspruchsberechtigung bei exekutiver Pfändung der gesicherten Ansprüche - zutreffend ausgeführt hat, wurde diese Rechtslage durch die Neufassung des IESG mit der Novelle BGBl 1980/580 noch verdeutlicht, und zwar nicht nur durch die oben wiedergegebenen Bestimmungen, sondern auch, indem in § 7 Abs 5 IESG an die Stelle des Wortes "Antragsteller" "Anspruchsberechtigter" gesetzt und dieser damit deutlich von dem nach § 7 Abs 6 IESG zur Empfangnahme der Zahlung im Falle der Pfändung, Verpfändung oder Übertragung der gesicherten Ansprüche oder des Anspruches auf Involvenz-Ausfallgeld legitimierten "Berechtigten" unterschieden wurde. In der Entscheidung RdW 1987, 299, die einen Gläubiger betraf, dem nach Eintritt des Insolvenzfalles der gesicherte Anspruch oder der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld zur Einziehung überwiesen wurde, hat der VwGH die Antragsberechtigung des Gläubigers auch für den Fall der Überweisung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld verneint und zutreffend darauf hingewiesen, daß aus §§ 7 Abs 6 und 8 IESG für die Antragsberechtigung der in diesen Bestimmungen genannten Personen nichts zu gewinnen sei. Mit der Neufassung des § 7 Abs 6 IESG durch die Novelle BGBl 1983/613, nach der der Berechtigte im Fall der Pfändung, Verpfändung oder Übertragung des gesicherten Anspruches die diesbezüglichen Urkunden oder gerichtlichen Entscheidungen dem Arbeitsamt vor der Erlassung des Bescheides bzw der Mitteilung über die Gewährung eines Vorschusses vorzulegen hat, um die Zahlung der entsprechenden Teilbeträge des Insolvenz-Ausfallgeldes zu erlangen, wurde sogar noch verdeutlicht, daß der Zessionar oder Überweisungsgläubiger keine Antragslegitimation im Verfahren nach dem IESG, sondern nur das Recht hat, unter Vorlage der die Abtretung oder Überweisung belegenden Urkunden für den Fall der Zuerkennung des Insolvenz-Ausfallgeldes zu verlangen, daß ihm die entsprechenden Teilbeträge ausgezahlt werden. In § 8 Satz 1 IESG idF der Novelle BGBl 1980/580 wurde weiters ausdrücklich bestimmt, daß der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld in gleicher Weise wie der gesicherte Anspruch pfändbar, verpfändbar und übertragbar ist. Aus dieser Regelung über die materielle Gleichstellung ist zu folgern, daß in diesem Fall auch die verfahrensrechtliche Stellung des Gläubigers nicht anders als bei Pfändung, Verpfändung oder Übertragung des gesicherten Anspruchs ist. Dies hat der Gesetzgeber dann mit dem durch die Novelle BGBl 1986/395 dem § 8 IESG angefügten Abs 2 auch ausdrücklich normiert; danach sind im Falle der Pfändung, Verpfändung bzw. Übertragung (des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld) gemäß Abs 1 die diesbezüglichen Urkunden der gerichtlichen Entscheidungen dem zuständigen Arbeitsamt als anweisender Behörde im Sinne der EO zuzustellen.
Der Oberste Gerichtshof folgt daher dem VwGH sowie Schwarz-Holzer-Holler (Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 174 f) darin, daß die Pfändung, Verpfändung oder Übertragung des gesicherten Anspruches oder des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld nicht zu einer Änderung der Anspruchsberechtigten gemäß § 1 Abs 1 IESG und damit gemäß § 6 Abs 2 Satz IESG der Antragsberechtigung bzw. Klagelegitimation im Rahmen der sukzessiven Kompetenz der Arbeits- und Sozialgerichte führt.
Die vor allem rechtspolitische Argumentation Spielbüchlers (Insolvenz und Arbeitsrecht, DRdA 1982, 273 ff [380]), seit der Novelle BGBl 1980/580 sei "offenbar" auch ein neuer Gläubiger antragsberechtigt, vermag nicht zu überzeugen; wie Spielbüchler aaO Anm 60 mit dem Vorwurf einer mißglückten Regelungstechnik selbst einräumt, spricht der Wortlaut des Gesetzes nicht für eine Antragsberechtigung auch des Gläubigers. Wie oben dargelegt, wurde mit der Neufassung des § 7 Abs 6 IESG durch die Novelle BGBl 1983/613 der Unterschied zwischen der Rechtsstellung des originär Anspruchsberechtigten nach § 1 Abs 1 IESG und des durch Erwerb lediglich zur Empfangnahme der Zahlung Berechtigten noch verdeutlicht.
Rechberger ("Probleme bei der Anwendung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes" in Tomandl, Beendigung des Arbeitsvertrages, 145 ff [153 f]) folgt im wesentlichen der Argumentation Spielbüchlers, räumt aber ebenfalls ein, daß die - für die Einbeziehung auch des Gläubigers unter die im § 1 Abs 1 IESG genannten Anspruchsberechtigten erforderliche - Harmonisierung der §§ 1 Abs 1 und 2 sowie 7 Abs 6 IESG nicht vorgenommen wurde. Dies führt entgegen der Ansicht Rechbergers nicht zu unhaltbaren Ergebnissen, weil der Anspruchsberechtigte im Fall der Abtretung seiner Ansprüche gemäß § 1397 Satz 2 ABGB gewährleistungspflichtig ist und im Falle der exekutiven Pfändung schon im Hinblick auf den gemäß § 290 a Abs 3 iVm § 290 b ff EO unpfändbaren Teil des Insolvenz-Ausfallgeldes hinreichendes Interesse an einer Antragstellung haben wird.
Soweit schließlich Jelinek (in DRdA 1981, 350) für die Erweiterung der Anspruchsberechtigung auch auf den Überweisungsgläubiger und Zessionar der Entgeltforderung eintritt und davon ausgeht, der Fonds werde sich andernfalls zu Lasten des Arbeitnehmers die Auszahlung des dem gepfändeten Teil des gesicherten Anspruches entsprechenden Teiles des Insolvenz-Ausfallgeldes ersparen, übersieht er, daß durch § 7 Abs 6 IESG bereits in der Stammfassung des Gesetzes klargestellt wurde, daß die Verpfändung, Pfändung oder Überweisung des gesicherten Anspruches nur auf die Auszahlung des zuerkannten Insolvenz-Ausfallgeldes Einfluß hat, den nach § 1 Abs 1 IESG Anspruchsberechtigten aber nicht das Recht zur Antragstellung auf Insolvenz-Ausfallgeld auch bezüglich der ihm nicht auszuzahlenden Beträge nimmt. Daß der Anspruchsberechtigte hinreichendes Interesse an einer Antragstellung auch im Falle einer Pfändung, Verpfändung oder Übertragung der gesicherten Ansprüche oder des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld haben wird, wurde bereits oben der Argumentation Rechbergers erwidert.
Dem Revisionsrekurs war daher im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses Folge zu geben.
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