Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.069,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.178,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Beide Parteien betreiben ua den Einzelhandel mit Elektrowaren. In der "Steirerkrone" vom 27.2.1992 veröffentlichte die Beklagte nachstehende ganzseitige Werbeeinschaltung:
Die Beklagte verkaufte diese Artikel während der beiden Aktionstage ganz allgemein um jeweils S 100; den ermäßigten Preis gewährte sie auch bei Vorlage eines 100 S-Scheines ohne eine "4" in der Seriennummer.
Mit der Behauptung, daß diese Werbung grob irreführend sei, weil sich die Inhaber von 100 S-Scheinen mit einer "4" in der Seriennummer besonders angelockt fühlten, begehrt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Elektrogeräte, insbesondere Cassettenplayer mit der Bezeichnung "Universum" samt Kopfhörer, um einen vom Normalpreis herabgesetzten Preis, insbesondere um S 100, mit dem Zusatz anzukündigen, "daß nur ein Käufer, der in der dem Kaufpreis entsprechenden Banknote, insbesondere in einer 100 S-Note, eine bestimmte Zahl, insbesondere die Zahl "4" in der Seriennummer der Banknote, aufweist, das Elektrogerät, insbesondere Cassettenplayer mit der Bezeichnung "Universum", erwerben kann, wenn tatsächlich die Beklagte das Elektrogrät, insbesondere Cassettenplayer, an jeden Käufer um den gleichen herabgesetzten Preis verkauft."
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der durch ihre Werbung allenfalls ausgelöste Irrtum sei nicht geeignet, den Entschluß eines Interessenten zu ihren Gunsten zu beeinflussen; daher liege keine Irreführung im Sinne des § 2 UWG vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beanstandete Werbeankündigung sei nicht geeignet, bei einem nicht ganz unbeträchtlichen Teil des angesprochenen Publikums den Entschluß herbeizuführen, sich mit den angebotenen Waren näher zu beschäftigen oder diese sogar zu kaufen; auf Grund der Vielzahl und der sich daraus ergebenden leichten Beschaffbarkeit von 100 S-Noten könne diese Form einer vermeintlichen Privilegierung beim Besitzer von 100 S-Banknoten mit der Seriennummer "4" die Kauflust nicht entscheidend beeinflussen.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die beanstandete Ankündigung betreffe die geschäftlichen Verhältnisse der Beklagten, obwohl der Besitz des Scheins in der Sphäre des Unworbenen liege. Bei einer solchen Werbung erwarte das Publikum eine besondere, preisgünstige Verkaufsaktion, bei welcher der Preis unter dem Normalpreis des Werbenden liegt. Möge auch eine sehr große Zahl von 100 S-Scheinen mit einer "4" in der Seriennummer vorhanden sein, so fühle sich doch der Durchschnittskunde als "besonderer Glückspilz", wenn er über einen solchen Geldschein verfügt. Die darin gelegene Irreführung, daß in Wahrheit nicht nur diesem "besonderen Glückspilz", sondern auch allen anderen der Preisvorteil eingeräumt wird, bedeute einen Verstoß gegen § 2 UWG. Der Kaufentschluß selbst brauche durch die irreführende Angabe nicht maßgebend beeinflußt zu sein; vielmehr genüge es, daß sich der Kunde wegen der Ankündigung mit dem Angebot eher befaßt. Die Annahme eines nicht unbeträchtlichen Teils der das Angebot flüchtig wahrnehmenden Durchschnittsinteressenten, sie hätten im Hinblick auf den Besitz eines Geldscheins mit einer besonderen Seriennummer die Möglichkeit eines besonders günstigen Kaufes, welches andere Personen, die zwar auch über Geld, nicht aber über solche Geldscheine verfügten, nicht hätten, lasse den von der Rechtsprechung geforderten Zusammenhang zwischen der durch die Wettbewerbshandlung hervorgerufenen irrigen Vorstellung und dem Entschluß, sich mit dem Angebot näher zu befassen, erwarten. Die Irreführung sei ja auch dann verpönt, wenn das Angebot günstig ist, das Publikum aber durch unrichtige Angaben angelockt wird.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Daß die beanstandete Werbung von den angesprochenen Verkehrskreisen dahin verstanden werden mußte, daß nur derjenige, der eine 100 S-Note mit einer "4" in der Seriennummer vorweist, den angepriesenen Artikel um bloß S 100 erwerben kann, obwohl diese Waren in Wahrheit an jedermann zu diesem Preis abgegeben wurden, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede; die Werbebehauptung der Beklagten ist demnach unrichtig. Zutreffend gehen aber die Parteien und die Vorinstanzen davon aus, daß eine Angabe nur dann gegen § 2 UWG verstößt, wenn die durch sie bewirkte Täuschung geeignet ist, den Entschluß der angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot des Werbenden näher zu befassen, zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen (Hohenecker-Friedl 27; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 792 Rz 88 zu § 3 dUWG; SZ 54/97; ÖBl 1987, 18; ÖBl 1990, 162; ÖBl 1991, 242 uva). Diese Voraussetzung hat jedoch das Berufungsgericht entgegen den Revisionsausführungen mit Recht bejaht:
Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbung den unrichtigen Eindruck erweckt, daß sie einer bestimmten Personengruppe - nämlich allen denjenigen, die eine 100 S-Note vorweisen können, die in der Seriennummer die Ziffer "4" enthält - einen günstigen Sonderpreis einräume. Daß 100 S-Noten mit einer solchen Ziffer durchaus häufig sind, ist dem Publikum - zumindest zu einem nicht unbeträchtlichen Teil - keineswegs bewußt. Selbst wenn jemand, auf Grund der Werbung auf die Existenz von Seriennummern der Banknoten aufmerksam gemacht, auf den gerade in seinem Besitz befindlichen Banknoten zumindest sechsstellige Zahlen sieht, muß er daraus noch nicht schließen, daß Seriennummern grundsätzlich so viele Ziffern aufweisen. Über die Wahrscheinlichkeit, eine "4" in seinen Seriennummern zu finden, machen sich die angesprochenen Verkehrskreise zum großen Teil keine zutreffenden Vorstellungen.
Erweckt aber eine Werbung den unrichtigen Eindruck einer besonders günstigen Aktion - etwa einer Betriebsaktion (ÖBl 1966, 66) oder eines Preisnachlasses für Angehörige eines bestimmten Unternehmens (ÖBl 1966, 39) -, dann liegt darin eine zur Irreführung über geschäftliche Verhältnisse - nämlich über die Preisbemessung der angekündigten Ware - geeignete Angabe im geschäftlichen Verkehr (§ 2 UWG; Baumbach-Hefermehl aaO 809 Rz 121), welcher Erheblichkeit im oben dargestellten Sinn zukommt. Bei der Ankündigung einer besonderen Verkaufsaktion erwartet der Verkehr regelmäßig eine besonders preisgünstige Kaufgelegenheit in dem Sinne, daß der Preis unter demjenigen liegt, der vom Anbieter normalerweise gefordert wird (BGH in GRUR 1975, 262 mit zustimmender Anmekrung von Ohlgart). Die Beklagte hat aber in Wahrheit an den in der Werbung genannten Tagen von allen Personen - also auch von denjenigen, die keine entsprechende Banknote vorzeigen konnten - denselben Preis verlangt. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht ausgeführt, daß sich ein nicht unbeträchtlicher Teil des angesprochenen Publikums im Hinblick auf den Besitz einer Banknote mit der geforderten Ziffer veranlaßt sehen wird, diese vermeintlich besonders günstige Situation auszunützen, während die bloße - den Tatsachen entsprechende - Werbebehauptung, daß dieselbe Ware an bestimmten Tagen ganz allgemein 100 S koste, einen geringeren Anlockeffekt erzielt hätte. Die beanstandete Werbung erweckte den unzutreffenden Eindruck eines Gewinnspiels; wer die Zahl 4 auf seinem 100 S-Schein feststellt, glaubt nämlich, er habe besonderes Glück (Ohlgart aaO; Baumbach-Hefermehl aaO 793 Rz 89). Daß diese Art der Werbung offenbar tatsächlich wirkungsvoll ist, läßt sich nicht zuletzt daraus schließen, daß sie in der Bundesrepublik Deutschland - bis zu den gerichtlichen Verboten (GRUR 1975, 262; WRP 1972, 468) - durch längere Zeit gepflogen wurde.
Die Revision mußte somit erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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