OGH 11Os141/92

OGH11Os141/9221.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Scepan J***** und Karin P***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 25. Mai 1992, GZ 15 Vr 502/91-121, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.

Gemäß dem § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 3. September 1991, GZ 15 Vr 502/91-64, wurden (unter anderem) Scepan J***** und Karin P***** im ersten Rechtsgang des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster und zweiter Satz StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs haben sie am 17. März 1991 in W***** als unmittelbare (Mit-)Täter den auf dem Gelände der Firma P***** versperrt abgestellten PKW VW Passat Kombi im Wert von mindestens 300.000 S dadurch zu stehlen versucht, daß Scepan J***** das Türschloß mit Hilfe eines schraubenzieherartigen Werkzeugs aufzubrechen trachtete, während Karin P***** Scepan J***** und einen weiteren Komplizen nach Scheitern der Tat (infolge Dazwischentretens von Passanten) vom Tatort wegzuführen suchte. Zudem wurde mit diesem Urteil angenommen, Scepan J***** und Karin P***** hätten die Tat gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande ausgeführt.

Der dagegen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin P***** wurde zur Gänze, jener des Angeklagten Scepan J***** teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil demgemäß in Ansehung der Angeklagten Karin P***** zur Gänze und hinsichtlich des Angeklagten Scepan J***** lediglich im Ausspruch, er habe den Diebstahl auch als Mitglied einer Bande und gewerbsmäßig (§ 130 StGB) begangen, aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung aufgetragen.

Mit dem (nunmehr) angefochtenen Urteil wurden (im zweiten Rechtsgang) Karin P***** und Scepan J***** des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, Scepan J***** auch wegen der gewerbsmäßigen Begehung dieses Verbrechens gemäß dem § 130, zweiter Satz, StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten. Dazu ist festzuhalten, daß der Angeklagte Scepan J***** in seiner Rechtsmittelschrift (ON 130) das angemeldete Rechtsmittel der Berufung zwar nicht ausgeführt, aber auch nicht ausdrücklich zurückgezogen hat.

Mit seiner nominell auf die Z 10, der Sache nach aber auch auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ist der Angeklagte Scepan J***** nicht im Recht.

Schwergewichtig richtet sich dieses Rechtsmittel unter dem Aspekt der Subsumtionsrüge (Z 10) gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung des Verbrechens des Diebstahls und behauptet in diesem Zusammenhang zu Unrecht das Fehlen konkreter Feststellungen, insbesondere auch "hinsichtlich der Wissenskomponente und der Wollenskomponente".

Indem die Beschwerde aus den Tatsachengrundlagen nur Teile herauslöst und daran die Frage der Rechtsrichtigkeit der Annahme der gewerbsmäßigen Begehung mißt, übersieht sie im grundsätzlichen, daß die Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde von dem im Urteil festgestellten Sachverhalt auszugehen hat. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert das Festhalten an dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt und dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn sie Umstände verschweigt, die im angefochtenen Urteil festgestellt sind. Es trifft zwar zu, daß die Tatrichter auch auf die Ermittlungsergebnisse der deutschen Behörden zurückgegriffen und festgestellt haben, daß sich auch daraus "die Absicht des Angeklagten hervortue", sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Neben dieser Feststellung, deren Aussagekraft vom Beschwerdeführer in Zweifel gezogen wird, hat das erkennende Gericht eine Fülle weiterer Indizien als Basis für die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als gewerbsmäßig im Sinn des § 70 StGB zusammengetragen. So etwa die bei ihm sichergestellten Werkzeuge, die zahlreichen Dokumente und das von ihm mitgeführte Plastilin, wobei auf einem dieser Plastilinstücke ein Pkw-Schlüsselabdruck erkennbar ist, und schließlich den Versuch des Angeklagten, sich unmittelbar vor seiner Festnahme weiterer Gegenstände zu entledigen, die von professionellen Fahrzeugdieben üblicherweise verwendet werden. All diese Feststellungen übergeht die Nichtigkeitsbeschwerde stillschweigend und ist damit zum einen nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt, zum anderen bekämpft sie in unzulässiger Weise die in freier Beweiswürdigung gewonnene Überzeugung des Gerichtshofes erster Instanz (siehe dazu Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 26 bis 30 zu § 281). Aber auch die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite sind entgegen dem Beschwerdevorbringen ausreichend. Aus all den dargestellten Komponenten nämlich leiten die erkennenden Richter die Absicht des Angeklagten ab, sich - über den gegenständlichen Einbruchsdiebstahlsversuch hinaus - durch gleichartige, also wiederkehrende Begehung von Fahrzeugdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 11).

Schon aus dem bisher Gesagten wird deutlich, daß die Tatrichter auch ihrer sich aus § 270 Abs 2 Z 5 StPO ergebenden Verpflichtung zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe nachgekommen sind. Die Vielzahl der vorstehend wiedergegebenen Prämissen lassen die Schlußfolgerung auf ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten nach den Denkgesetzen zu, sodaß die in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten J***** der Sache nach enthaltene Mängelrüge (Z 5) unbegründet ist. Auch die behauptete Unvollständigkeit der Urteilsbegründung liegt nicht vor. Abgesehen davon, daß die Beschwerde jene Zeugen nicht namentlich nennt, deren Aussagen zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sein sollen, hat sich das erkennende Gericht mit den Aussagen der Zeugen Sch***** und K*****, die hier in Frage kommen, ebenfalls auseinandergesetzt.

Die auf die Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin P***** geht ebenfalls ins Leere.

Weswegen die Tatrichter zur Feststellung gelangten, daß die Angeklagte Karin P***** einen Tatbeitrag zum Verbrechen des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch geleistet hat, legten sie mit denkfolgerichtiger Begründung dar. Die in sich verwobenen, weitwendigen Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) vermögen weder unter dem einen noch dem anderen Aspekt durchzuschlagen.

In Wahrheit versucht die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen in der Mängelrüge nämlich unter isolierter Betrachtung einzelner Beweisergebnisse, teilweise auch unter Übergehung der beweiswürdigenden Erwägungen der erkennenden Richter zu anderen als den getroffenen Feststellungen zu gelangen, womit sie auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung bekämpft, ohne einen formellen Begründungsmangel aufzeigen zu können. Zum Teil wendet sie sich gegen die Begründung unwesentlicher oder auch gar nicht getroffener Tatsachenfeststellungen und ist insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Aber auch unter dem Aspekt der Tatsachenrüge ist das Vorbringen insgesamt - insbesondere unter Berücksichtigung der im Kern die Angeklagte eindeutig belastenden Angaben der Zeugen T***** und ihrer eigenen wechselnden Verantwortung - nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen zu wecken.

Die im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) aufgestellte Behauptung, das angefochtene Urteil sei mit Feststellungsmängeln behaftet, übergeht die im zweiten Rechtsgang ausdrücklich getroffene und - wie bereits im Rahmen der Behandlung der Mängel- und Tatsachenrüge dargelegt - auch hinlänglich begründete Feststellung, daß sich die Angeklagte P***** zum Zeitpunkt des versuchten Einbruchsdiebstahls in unmittelbarer Nähe des Angeklagten J***** befand, dabei Aufpasserdienste leistete und versuchte, ihre Komplizen bei der Flucht zu unterstützen. Damit ist aber die Rechtsrüge ebensowenig prozeßordnungsgemäß ausgeführt wie mit dem neuerlichen Versuch, zu anderen als den von den Tatrichtern getroffenen Feststellungen zu gelangen.

Mit dem Einwand schließlich, daß anstelle der ausgesprochenen Freiheitsstrafe gemäß dem § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe zu verhängen und (wohl als Voraussetzung dafür) die außerordentliche Strafmilderung gemäß § 41 Abs 1 StGB anzuwenden gewesen wäre, wird keiner der Anwendungsfälle der Z 11 des § 281 StPO geltend gemacht (Mayerhofer-Rieder, aaO, E 15 und 17 zu § 281 Abs 1 Z 11).

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß kein Anlaß bestand, die überflüssige und rechtlich verfehlte Wiederholung der bereits im ersten Rechtsgang in (Teil-)Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche gemäß dem § 290 Abs 1 StPO aufzugreifen, weil aus dem Urteil insgesamt mit hinreichender Deutlichkeit hervorgeht, daß kein zusätzlicher, den Grundsatz der materiellen Rechtskraft verletzender Schuldspruch gefällt wurde (abermals Mayerhofer-Rieder, aaO, E 4a zu § 289).

Die sohin teils offenbar unbegründeten, teils nicht gesetzmäßig ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher nach der Z 2, teilweise auch nach der Z 1 (iVm § 285a Z 2) des § 285d Abs 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

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