OGH 3Ob7/93(3Ob8/93)

OGH3Ob7/93(3Ob8/93)20.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Angst, Dr. Graf und Dr. Ilse Huber als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F***** Handelsgesellschaft mbH,***** vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei F***** Gesellschaft mbH,***** vertreten durch Dr. Johannes Hübner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen (§ 355 EO), infolge ao Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30.9.1992, GZ 46 R 883-885 und 1035/92, womit die Beschlüsse des Exekutionsgerichtes Wien vom 3.6.1992 und 30.6.1992, 9 E 5096/92-3 und 4, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit dem am 16.4.1992 überreichten Schriftsatz stellte die betreibende Partei den Antrag, ihr auf Grund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 23.3.1992, 37 Cg 34/92, die Exekution zu bewilligen, weil die verpflichtete Partei in einem Schreiben vom 10.4.1992 dem Exekutionstitel zuwider gehandelt habe, und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe zu verhängen.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit Beschluß vom 30.4.1992.

Am 27.4.1992 stellte die betreibende Partei einen Vollzugsantrag, weil die verpflichtete Partei der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien "37 Cg 46/92" am 13.4.1992 (ON 3), und am 5.6.1992, weil die verpflichtete Partei eben dieser einstweiligen Verfügung am 6.4.1992 zuwider gehandelt habe (ON 4).

Das Erstgericht bewilligte diese Anträge am 3.6. und am 30.6.1992.

Über Rekurs der verpflichteten Partei wies die zweite Instanz die Vollzugsanträge ON 3 und 4 ab. Sie sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei. Die betreibende Partei habe diese Anträge auf ein Zuwiderhandeln am 6. und 13.4.1992, sohin vor Erlassung der Exekutionsbewilligung vom 30.4.1992 gestützt. Bei Entscheidung über einen weiteren Strafantrag nach § 355 EO sei lediglich zu prüfen, ob das darin behauptete Verhalten der verpflichteten Partei auf Grund der Exekutionsbewilligung - nicht auf Grund des Exekutionstitels - verboten sei. Die Bewilligung eines Strafantrages, in dem ein Zuwiderhandeln noch vor Erlassung der Exekutionsbewilligung behauptet werde, sei daher nicht zulässig, weil sich dieses Zuwiderhandeln am Exekutionstitel und nicht an der Exekutionsbewilligung orientiere. Als "weiteres Zuwiderhandeln" iSd § 355 Abs 1 EO idF der UWG-Novelle 1980 sei daher jedes Zuwiderhandeln nach Erlassung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses zu verstehen; unbeachtlich sei lediglich, ob das weitere Zuwiderhandeln vor oder nach Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses geschehen sei. Überdies stütze die betreibende Partei ihre Vollzugsanträge auf eine einstweilige Verfügung "17 Cg 46/92" und damit nicht auf jenen Exekutionstitel, der die Grundlage der Exekutionsbewilligung bilde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil die zweite Instanz ihren Beschluß auf Entscheidungen gegründet hat, die vor Änderung des Wortlautes der Bestimmung des § 355 Abs 1 EO durch die UWG-Novelle 1980 ergangen sind ("E 71 zu § 355 EO in der MGA12"), die gegenwärtige Rechtslage aber gegenüber jener nicht gleichgeblieben ist. Er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Die Exekution gegen den zur Unterlassung einer Handlung oder zur Duldung der Vornahme einer Handlung Verpflichteten geschieht nach § 355 Abs 1 EO dadurch, daß wegen eines jeden Zuwiderhandelns nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels auf Antrag vom Exekutionsgericht anläßlich der Bewilligung der Exekution eine Geldstrafe verhängt wird; wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns hat das Exekutionsgericht auf Antrag eine weitere Geldstrafe zu verhängen. Nicht das Zuwiderhandeln gegen die Exekutionsbewilligung ist daher nach dem Wortlaut des § 355 EO Voraussetzung für die Verhängung einer Geldstrafe und kann es hinsichtlich der ersten Geldstrafe seit der Neufassung des ersten Absatzes dieser Bestimmung gemäß Art II der UWG-Novelle 1980 auch gar nicht sein, weil danach eine erste Geldstrafe bereits anläßlich der Bewilligung der Exekution zu verhängen ist. Voraussetzung ist vielmehr das Handeln oder Unterlassen entgegen einer nach einem vollstreckbaren Exekutionstitel bestehenden Verpflichtung (3 Ob 119/92; der allenfalls anders zu behandelnde Fall des Abweichens der Exekutionsbewilligung vom Titel ist hier nicht zu behandeln).

Dazu kommt allerdings, daß als "weiteres Zuwiderhandeln" iSd § 355 Abs 1 EO (nF) ein Zuwiderhandeln seit dem letzten Strafvollzugsantrag zu verstehen ist - wobei es richtig ist, daß dem Umstand, ob dieses Zuwiderhandeln vor oder nach der Zustellung der Exekutionsbewilligung geschehen ist, nach der geltenden Fassung der genannten Bestimmung keine Bedeutung zukommt (3 Ob 60/88).

Im Ergebnis zutreffend wurden gleichwohl die Strafvollzugsanträge ON 3 und 4 abgewiesen; stützen sich doch auch sie auf ein Zuwiderhandeln der verpflichteten Partei vor dem Antrag auf Exekutionsbewilligung (nicht vor Erlassung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses). Denn dieser Antrag wurde am 16.4.1992 überreicht. Die Vollzugsanträge ON 3 und 4 aber betreffen ein Zuwiderhandeln am 13. und 6.4.1992.

Die Frage, ob bei gleichzeitiger Beschlußfassung über den Antrag auf Exekutionsbewilligung und den Vollzugsantrag ON 3 (der vor Beschlußfassung über den Antrag auf Exekutionsbewilligung einlangte) die mit Bewilligung der Exekution ON 2 verhängte Beugestrafe zu verschärfen gewesen wäre, stellt sich nicht mehr; denn der Beschluß ON 2 ist rechtskräftig.

Die in den Anträgen ON 3 und 4 aufscheinende Bezeichnung der einstweiligen Verfügung mit dem AZ "37 Cg 46/92" statt "37 Cg 34/92" - die auf einem offensichtlichen Versehen beruht - ist bei der dargestellten Rechtslage bedeutungslos.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

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