Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen S 93.316,43 samt 4 % Zinsen seit 22.August 1988 zu zahlen und die mit S 24.857,-- (darin enthalten S 3.762,50 Umsatzsteuer und S 11.717,-- sonstige Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten zu ersetzen.
Das Mehrbegehren von S 144,-- samt 4 % Zinsen seit 22.8.1988 wird abgewiesen."
Die Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit S 20.138,40 (darin enthalten S 1.556,40 Umsatzsteuer und S 10.800,-- sonstige Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Miteigentümerin des Hauses Wien *****. Mit ihren Miteigentumsanteilen ist das Wohnungseigentum an dem Geschäftlokal top Nr 1 und an der Wohnung top Nr 3 verbunden. Die klagende Partei ist die Verwalterin dieser Liegenschaft.
Die klagende Partei begehrt von der Beklagten die Bezahlung von S 93.460,43 s.A. mit der Begründung, die Beklagte habe für die Zeit von September 1987 bis August 1988 die ihr monatlich vorgeschriebenen "Wohnbeiträge" (Tilgungs- und Zinsenraten der Baukosten, Betriebskosten und sonstige Aufwendungen) in dieser Gesamthöhe nicht bezahlt, sodaß die klagende Partei hiefür in Vorlage getreten sei. Der eingeklagte Betrag stelle die vorgeschriebenen Akontozahlungen abzüglich des Heizkostenguthabens aus 1986/1987 dar (ON 1). In den monatlichen Vorschreibungen für Geschäftslokal und Wohnung sind auch jeweils je S 6 an Manipulationsgebühr (zusammen daher S 144) enthalten.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren der Höhe nach. Der klagenden Partei obliege der Beweis für die Höhe der eingeklagten Forderung unter Berücksichtigung der Guthaben und Zahlungen der Beklagten (ON 22). Die in der Klage (aufgeschlüsselt) angeführten Beträge von insgesamt S 93.460,23 träfen ziffernmäßig zu, seien der Beklagten vorgeschrieben und von ihr nicht bezahlt worden, sodaß sie unberichtigt aushafteten. Es würden jedoch Gegenforderungen aus unrichtigen Heizkostenabrechnungen in der Vergangenheit mit der Begründung eingewendet, es seien Fehler in der Heizkostenablesung bis 1990 aufgetreten. Daraus ergebe sich eine Gegenforderung in einer den eingeklagten Betrag übersteigenden Höhe (ON 25, AS 89). Die Echtheit und ziffernmäßige Richtigkeit der Beilagen I bis IV (Vorschreibung der Akontobeträge für die Jahre 1987 und 1988, wie sie dem Klagebegehren zugrunde liegen) werde zugegeben. Die darin verrechnete Manipulationsgebühr von je S 6 werde jedoch bestritten, weil dies im Hausverwaltungshonorar enthalten sei (ON 25, AS 92).
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Erstgericht stellte - soweit für die Entscheidung dieser Rechtssache von Bedeutung - folgenden Sachverhalt fest:
Im Hause Wien *****, existiert eine zentrale Heiz- und Warmwasserversorgungsanlage. Die Heizkörper in den einzelnen Objekten sind mit Verdunstungsröhrchen zwecks Messung des individuellen Wärmeverbrauches ausgestattet. Die Ablesung und Wartung dieser Verdunstungszähler erfolgt durch die Firma T*****, welche auch die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten jeweils für den Zeitraum vom 1.Juni des einen Jahres bis zum 31.Mai des Folgejahres erstellt.
Die klagende Partei schreibt den Wohnungseigentümern unter der Bezeichnung "Wohnbeiträge" monatliche Akontozahlungen für Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten, Beiträge zur Erhaltungsrücklage und sonstiges vor. Die Verteilung der Heizkostenakonti erfolgt nach Nutzwerten, die Abrechnung der Heizkosten zu 60 % nach dem festgestellten individuellen Verbrauch und zu 40 % nach dem Verhältnis der Nutzflächen der einzelnen Objekte.
Neben der Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten jeweils für die Zeit vom 1.6. bis 31.5. des Folgejahres erstellt die klagende Partei eine Abrechnung der Betriebskosten, Tilgungsbeiträge und Erhaltungsrücklage für jedes Kalenderjahr.
Die Beklagte bezahlte bis Jahresende 1982 alle von der klagenden Partei vorgeschriebenen Beträge für ihr Geschäftslokal und ihre Wohnung, ausgenommen die Akontozahlungen für Juni und Juli 1982. Ab Jänner 1983 stellte die Beklagte ihre diesbezüglichen Zahlungen gänzlich ein, sodaß die klagende Partei zur Einbringung verschiedener - die einzelnen Zeiträume der Nichtzahlung betreffenden - Klagen genötigt war, darunter auch der gegenständlichen.
Die von der klagenden Partei errechneten Heizkostenguthaben, welche von den eingeklagten Beträgen abgezogen wurden, errechnen sich aus der Gegenüberstellung der vorgeschriebenen Heizkostenakonti mit dem tatsächlichen Verbrauch laut Heizkostenabrechnung.
Es ist nicht erwiesen, daß in dem dieser Klage zugrunde liegenden Zeitraum (September 1987 bis August 1988) die Ablesung des Heizkostenverbrauches unrichtig erfolgt wäre oder daß der Zählerstand nicht dem tatsächlichen Verbrauch entsprochen hätte. Die Ableseprotokolle wurden jeweils von der Beklagten oder ihrem Ehegatten mitunterfertigt, welche dadurch das Ableseergebnis zur Kenntnis nahmen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die der klagenden Partei nach § 17 Abs. 2 Z 1 WEG obliegende Rechnungslegungspflicht nicht gesetzesgemäß erfüllt werde, wenn die Abrechnung über die Heizkosten nicht dem Kalenderjahr entsprechend erfolge, sondern jeweils für die Zeit vom 1.Juni bis 31.Mai des Folgejahres. Die unrichtige Heizkostenabrechnung bewirke, daß die gesamte Jahresabrechnung als nicht ordnungsgemäß zu qualifizieren sei. Ob aus einer Jahresabrechnung insgesamt ein Guthaben oder eine Nachzahlung resultiere, könne erst beurteilt werden, wenn eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung vorliege. Die von der Beklagten eingewendete Unrichtigkeit der Heizkostenabrechnungen sei zutreffend, führe jedoch in rechtlicher Hinsicht nicht zu einer Gegenforderung, sondern zur Abweisung der insgesamt nicht berechtigten Klageforderung.
Im gegenständlichen Fall mache die klagende Partei zwar keine Nachzahlung aus einer Jahresabrechnung, sondern monatliche Akontovorschreibungen geltend. Die Höhe der monatlichen Akonti dürfe aber vom Verwalter nicht frei eingeschätzt werden, sondern habe sich am Verbrauch des vorangegangenen Kalenderjahres zuzüglich zu erwartender Kostensteigerungen (Analogie zu § 21 Abs. 3 MRG) zu orientieren. Wenn jedoch für die Vorjahre keine ordnungsgemäßen Jahresabrechnungen vorlägen, seien die auf ihre Angemessenheit unüberprüfbaren Akontovorschreibungen unzulässig.
Schließlich sei zu beachten, daß zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (21.5.1991) die Jahresabrechnung für 1988 bereits hätte gelegt sein müssen. Für solche Zeiträume könne eine Klage auf Zahlung anteiliger Aufwendungen nur mehr auf eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung, nicht aber auf Akontovorschreibungen gestützt werden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision unzulässig sei.
Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
Im Sinne des § 1014 ABGB könnten angemessene Vorschüsse schon ihrem Zweck nach nur während der jeweiligen Verwaltungsperiode begehrt werden.
Die Rechnungslegung solle demjenigen, der Anspruch darauf habe, die Grundlage für die Beurteilung seiner Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber dem zur Rechnungslegung Verpflichteten verschaffen. Zweck der Rechnungslegung sei es daher, über die fortlaufenden Aufwendungen und etwaige Erträgnisse einerseits und die widmungsgemäße Verwendung der eingesetzten Gelder andererseits Auskunft zu geben, und zwar auch nach den Kriterien der Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit als Ausfluß der Ergebnisse eines emsigen und redlichen Geschäftsführers.
Die ziffernmäßige Richtigkeit einer ihrem Zweck nach unzureichenden Abrechnung schließe den Anspruch auf Legung einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht aus. Aus der Außerstreitstellung, daß die in der Klage angeführten Vorschreibungen ziffernmäßig zutreffen, könne nicht der Schluß gezogen werden, daß damit die Richtigkeit und Ordnungsgemäßheit der Jahresabrechnung zugestanden worden sei. Mangels ordnungsgemäßer Abrechnung sei daher das Klagebegehren ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen gewesen, weil die Fälligkeit mangels ordnungsgemäßer Rechnungslegung nicht gegeben sei und ein Anspruch auf Akontierung nur während der jeweiligen Verwaltungsperiode bestehe.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung vorliege.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren kostenpflichtig stattgegeben werde; hilfsweise stellte die klagende Partei einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und größtenteils (mit Ausnahme des eingeklagten Teilbetrages von S 144 s.A.) auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Zulässigkeit:
Die Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwichen, wonach die Verpflichtung zur Zahlung längst fälliger, vom Verwalter vorgeschriebener Akontozahlungen nicht von der gesetzeskonformen Jahresabrechnung nach § 17 Abs. 2 Z 1 WEG abhängt (WoBl 1992, 41/36 = ImmZ 1990, 458; jüngst - darauf Bezug nehmend - 5 Ob 1080/92).
b) Zur Sachentscheidung:
Das eingangs wiedergegebene Vorbringen der Parteien kann nur so verstanden werden, daß Gegenstand des Rechtsstreites nicht der Saldo aus einer oder mehreren Jahresabrechnungen ist, sondern die Verpflichtung der Beklagten (= Miteigentümerin) zur Zahlung monatlicher Akontobeträge an den Verwalter, damit dieser die laufend fällig werdenden Schulden der Wohnungseigentümer aus den Aufwendungen für die Liegenschaft decken kann (s Call in WoBl 1992, 42 - Besprechung der oben angeführten Entscheidung des OGH). Schuldner der Akonti sowie Träger der Liegenschaftsaufwendungen ist die Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Teilhaber die Wohnungseigentümer sind, wogegen die Rechnungslegungspflicht nach § 17 Abs. 2 WEG gegenüber jedem einzelnen Miteigentümer besteht. Dieser Unterschied bewirkt, daß die Pflicht zur Akontozahlung unabhängig von der Rechnungslegungspflicht besteht (s Call, aaO).
Die Festsetzung der monatlichen Akontozahlungen in angemessener Höhe ist eine dem Verwalter nach § 17 Abs. 2 Einleitungssatz und Z 2 WEG treffende Pflicht, deren Verletzung die Mehrheit der Miteigentümer berechtigt, dem Verwalter eine entsprechende bindende Weisung zu erteilen oder das Vollmachtsverhältnis zu kündigen (Call, aaO). Solange dies nicht geschehen ist - derartiges wurde im Verfahren nicht einmal behauptet -, sind die vom Verwalter vorgeschriebenen Akontozahlungen für den einzelnen Miteigentümer bindend.
Daraus folgt, daß die klagende Partei berechtigt ist, die von ihr vorgeschriebenen und damit zu Beginn der einzelnen Monate fällig gewordenen Akontobeträge mangels Zahlung durch die Beklagte im Klageweg zu begehren. Tatsächlich begehrte die klagende Partei weniger, weil sie von der Summe der vorgeschriebenen Akontobeträge für die Zeit von September 1987 bis August 1988 den ihrer Meinung nach zu Gunsten der Beklagten bestehenden Saldo aus der Heizkostenabrechnung abzog. Die Richtigkeit einer Jahresabrechnung ist nicht Verfahrensgegenstand, und zwar auch nicht bezüglich der Warmwasser- oder Heizkosten.
Die Beklagte wendete zwar ganz allgemein, ohne Anführung konkreter Tatsachen und daraus abgeleiteter Beträge, ein, daß ihr aus den Jahresabrechnungen der Heizkosten Gegenforderungen in einer den eingeklagten Betrag übersteigenden Höhe wegen unterlaufener Ablesungsfehler zustünden. Abgesehen davon, daß derartige Ablesefehler nach den erstgerichtlichen Feststellungen zumindest für einen gewissen Zeitraum nicht gegeben waren, ist dieses Prozeßvorbringen der Beklagten zu unbestimmt, als daß es die verfahrensrechtliche Grundlage zur Prüfung einer konkret eingewendeten Gegenforderung bilden könnte. Der Beklagten steht es allerdings frei, die Vorlage von Jahresabrechnungen zu begehren, soweit der Verwalter seiner diesbezüglichen Rechnungslegungspflicht noch nicht nachgekommen sein sollte, und sodann einen daraus gegebenenfalls zu ihren Gunsten ermittelten Saldo geltend zu machen.
Die in den Akontovorschreibungen jeweils enthaltenen S 6 an Manipulationsgebühr, zusammen also S 144, stellen bei unbefangener Betrachtung der entsprechenden Vorschreibung jedoch keine Akontozahlung dar, sondern das Begehren auf Ersatz für den mit der Vorschreibung der Akontozahlung verbundenen Verwaltungsaufwand. Dabei handelt es sich aber um einen Teil des bei Festsetzung der Höhe der Akontozahlungen berücksichtigten Verwalterhonorars. Ob und in welcher Höhe der klagenden Partei zusätzlich zu den in den Akontozahlungen enthaltenen Teilbeträgen an Verwalterhonorar auf Grund des bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern noch ein Honoraranspruch zusteht, könnte erst nach Vorlage einer Abrechnung beurteilt werden. Durch die Abweisung des begehrten Teilbetrages von S 144 soll das Entstehen eines Rechtsscheines in der Richtung verhindert werden, daß dem Verwalter dieser Betrag an Manipulationsgebühr jedenfalls zusätzlich zu dem in den Akontozahlungen enthaltenen Verwalterhonorar zusteht. Gegen die Annahme, daß es sich auch bei diesen S 144 nur um das Begehren einer Akontozahlung handelt, spricht die gesonderte Widmung für eine bestimmte Tätigkeit, nämlich die Vorschreibung der Akontozahlungen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich bezüglich des Verfahrens erster Instanz auf die §§ 41 und 43 Abs. 2 Fall 1 ZPO, bezüglich der Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Gemäß § 51 Abs. 2 ZPO werden der Klägerin für den für nichtig erklärten Verfahrensteil keine Kosten zugesprochen.
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