OGH 1Nd501/93

OGH1Nd501/9315.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Offer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Josef T*****, vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen S 300.720,-- s. A. den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, die Rechtssache an das Kreisgericht Leoben zu delegieren, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten auf Grund einer Vereinbarung vom 8.1.1991, in deren Punkt 10. als Gerichtsstand Innsbruck festgelegt ist, die Zahlung eines Betrages von S 300.720,-- als Entgelt für Analysen und Beratungsleistungen für dessen Unternehmen.

Der Beklagte wendete ein, die Leistungen der klagenden Partei, deren "hochtrabenden" Konzepte nicht auf die Bedürfnisse seiner Greißlerei abstellten, seien für ihn unbrauchbar; überdies sei das in Rechnung gestellte Honorar unangemessen.

In einem weiteren Schriftsatz beantragte er zum Beweis der Unangemessenheit der Klagsforderung die Vernehmung von vier im Sprengel des aus dem Spruch ersichtlichen Gerichtshofes erster Instanz wohnhaften Zeugen sowie die Vornahme eines Ortsaugenscheines, der dem Verhandlungsrichter die für die Beurteilung der "Studie" der klagenden Partei unumgängliche Kenntnis der Örtlichkeiten vermitteln werde, und stellte ferner den Antrag, angesichts der beantragten Beweisaufnahmen anstelle des angerufenen Gerichtes diesen Gerichtshof erster Instanz zur Verhandlung und Entscheidung in der Rechtssache zu bestimmen.

Die klagende Partei sprach sich mit Rücksicht auf die Gerichtstandsvereinbarung gegen die begehrte Delegierung aus.

Das angerufene Gericht befürwortet die beantragte Vorkehrung.

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach Lehre (Fasching in Komm I 232 und in LB2 Rz 209) und Rechtsprechung (RZ 1989/107; SZ 33/7 ua) ist eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen (§ 31 JN) über einseitigen Parteienantrag gegen den Willen der anderen Prozeßpartei grundsätzlich ausgeschlossen, wenn - wie hier - die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes durch Parteienvereinbarung begründet wurde, weil eine solche Vorkehrung den Zweck einer solchen Vereinbarung - die Begründung einer Gerichtszuständigkeit abweichend von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nach paktierten Auswahlkriterien - zunichte machte. Nur wenn erst nach dem Zustandekommen der Gerichtstandsvereinbarung besondere Umstände eintreten, die die Delegierung als zweckmäßig erscheinen lassen, auf die die Streitteile bei der Abmachung über die Zuständigkeit jedoch nicht Bedacht nehmen konnten, kann die Delegierung entgegen der Vereinbarung verfügt werden (RZ 1989/107; EvBl 1967/31; SZ 33/7 ua). Solche Umstände führt der Beklagte indessen nicht ins Treffen: Daß bei Konflikten zwischen Vertragsparteien gerade auch Leistungsmängel bzw die Angemessenheit der Werklohnforderung - wie vom Beklagten in der Tat eingewendet - als Streitpunkte in Frage kommen könnten, lag bei Abschluß des Vertrages für beide Teile ebenso auf der Hand wie, daß die von ihm zu beantragenden Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des für ihn zuständigen Gerichtshofes erster Instanz haben. Die Fragen nach der Brauchbarkeit der vertraglichen Leistungen der klagenden Partei sowie nach der Angemessenheit des in Rechnung gestellten Werklohnes werden im übrigen, soweit es dabei überhaupt um Tatfragen geht, nicht durch einen Ortsaugenschein, sondern wohl nur mit Hilfe eines Sachverständigen, der zur Befundaufnahme gewiß auch den Betrieb des Beklagten zu besichtigen haben wird, zu lösen sein.

Der Delegierungsantrag ist als nicht berechtigt abzuweisen.

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