European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:E33287
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden (unter anderem) die Angeklagten Fabrizio O* und Ljubo I* (zu A) des (bandenmäßig begangenen) Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 (zweiter Fall) und Abs 3 Z 3 SGG und (zu D) des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels unter erschwerenden Umständen nach §§ 13, 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG, Ljubo I* überdies allein (zu C) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.
Darnach haben ‑ soweit es die in Beschwerde gezogenen Schuldsprüche betrifft ‑ Gonzalo S*‑E* (dessen Urteil in Rechtskraft erwachsen ist), Fabrizio O* und Ljubo I* am 30. Jänner 1992 in Wien als Mitglieder einer Bande im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter
(zu A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 4.381 Gramm Kokain, aus Kolumbien aus‑ und nach Österreich eingeführt, wobei sie die Tat in Beziehung auf ein Suchtgift begangen haben, dessen Menge das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge bei weitem übersteigt;
(zu D) durch die zu Punkt A genannte Tathandlung vorsätzlich versucht, eingangsabgabepflichtige Waren (strafbestimmender Wertbetrag 1,171.225 S), nämlich 4.381 Gramm Kokain, unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs‑ oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen.
Nach den (zusammengefaßt wiedergegebenen) wesentlichen Urteilsfeststellungen gehören die Angeklagten Gonzalo S*‑E*, Fabrizio O* und Ljubo I* einem internationalen Suchtgiftring an, dessen Bandenmitglieder sich mit dem Vorsatz verbunden haben, Kokain aus Südamerika nach Europa (in dem hier konkreten Fall von Kolumbien nach Österreich und weiter nach Italien) zu schmuggeln. Ein Kolumbianer namens "Enrique" (nach einem Bericht S 57: Enrique Pino o P*) heuert dafür Suchtgiftkuriere an und versorgt sie mit falschen Reisepässen, Geld und Koffern mit Kleidern, in denen Kokain verborgen ist.
Um die Jahreswende 1991/92 nahm (der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche) S*‑E* das Angebot des genannten Enrique an, gegen Bezahlung eines Betrages von über 7.000 US‑Dollar Kokain nach Europa zu transportieren. Am 30. Jänner 1992 reiste er daher auftragsgemäß mit einem falschen Reisepaß (lautend auf Moreno Zipriano M*), einem Koffer mit Bekleidungsstücken, in die insgesamt 4.161 Gramm Kokain eingenäht waren, und Schuhen, in deren Sohlen weitere 220 Gramm Kokain verborgen waren, auf dem Luftweg von Bogota über Caracas und Zürich nach Wien‑Schwechat mit der Absicht ein, Suchtgift ausgezeichneter Qualität unbemerkt in das Zollinland zu schmuggeln. Bei der Zollkontrolle wurde er jedoch gestellt und die Konterbande sichergestellt. Danach erklärte er sich bereit, mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten und sich ‑ wie mit Enrique vereinbart ‑ im Hotel "G*" in B* einzuquartieren.
Inzwischen waren vom kolumbianischen Drogenkartell die Angeklagten O* und I* von Rom zum genannten Hotel in B* befohlen worden, um von S*‑E*, der bereits am Abend des 30. Jänner 1992 von Enrique telefonisch informiert worden war, daß sich ein Italiener bei ihm melden werde bzw. daß die Italiener bereits in Österreich seien, das geschmuggelte Kokain zu übernehmen und nach Italien weiterzutransportieren. Zu diesem Zweck fuhren O* und I* mit einem gelben Abschleppwagen über Koper (Slowenien) nach Österreich, fanden aber bei ihrem Eintreffen in der Nacht zum 31. Jänner 1992 in B* das bezeichnete Hotel verschlossen, weshalb sie in einem Wiener Hotel übernachteten. Am Vormittag desselben Tages wechselte O* in einer Bank Geld und steckte die für S*‑E* bestimmte Entlohnung von 6.000 US‑Dollar (1.000 US‑Dollar hatte E* bereits vor dem Abflug erhalten) sowie einen von I* geschriebenen Zettel zu sich, der ‑ im Falle einer Polizeiintervention ‑ seinen Besuch im Hotel "G*" als harmlos erscheinen lassen sollte, und fuhr sodann ‑ nichts ahnend ‑ mit dem Taxi dorthin. Unmittelbar nach seinem Eintreffen im Hotel wurde zunächst er und kurz darauf auch I*, der in Wien auf die Rückkehr seines Komplizen mit dem Suchtgift gewartet hatte, festgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch (A und D) bekämpfen die Angeklagten O* und I* (mit getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO, I* überdies auf Z 5 a der zitierten Gesetzesstelle stützen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten O*
In der Mängelrüge (Z 5) wirft dieser Beschwerdeführer dem Erstgericht vor, der Ausspruch über eine entscheidende Tatsache sei insoferne offensichtlich unzureichend begründet, als die (das Beweisverfahren gestützte) Urteilsannahme, "daß die Angeklagten einem internationalen Suchtgiftring angehören und Mitglieder einer Bande sind, die sich mit dem Vorsatz verbunden haben, Kokain aus Südamerika nach Europa zu schmuggeln", in keiner Weise begründet sei; im Beweisverfahren habe sich vielmehr herausgestellt, daß I* - nach seiner stets gleichbleibenden Verantwortung vor Polizei und Gericht ‑ nie gewußt habe, daß es sich bei der gegenständlichen Straftat um ein Suchtgiftdelikt handle und daß es um den Einkauf von Suchtgiften gehen sollte; seine (des I*) einzige Aufgabe habe darin bestanden, gegen Erhalt eines geringfügigen Geldbetrages für O* ein beschädigtes, angeblich sehr günstig zu erwerbendes Kraftfahrzeug von Österreich nach Italien zu transportieren; die Tatsache, daß O* ohne Beisein des I* Geld umwechseln wollte, erhärte die These, daß O* den I* aus seinem Einkauf von ca. 200 Gramm Kokain herauszuhalten getrachtet habe; daher könne keine Absprache gemäß § 278 StGB vorgelegen sein.
Mit diesem Vorbringen wird indes kein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dargetan. Keine oder eine offenbar unzureichende Begründung liegt nämlich nur dann vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache überhaupt keine oder nur solche Gründe angeführt sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt, oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (EvBl 1972/17).
Vorliegend hat das Erstgericht die vom Nichtigkeitswerber kritisierte Urteilsfeststellung ‑ entgegen den Beschwerdeausführungen (S 393) ‑ nicht bloß auf "Indizien" gegründet, was an sich unbedenklich wäre, oder etwa auf die Dreizahl der hier Angeklagten, sondern insbesondere auf die beweiswürdigend (§ 258 Abs 2 StPO) für glaubwürdig erachtete geständige Verantwortung des Angeklagten S*‑E* über den von ihm detailliert geschilderten Ablauf des Kokaintransports sowie über seine kolumbianischen Hintermänner und Auftraggeber (S 43‑44, 124 und 272 ff), von denen der genannte Enrique eine besondere Rolle spielt; ferner auf die sonstigen Verfahrensergebnisse, wie etwa die Information des Drogenkuriers, daß es sich bei den Abholern des Kokains um Italiener oder um einen Italiener handelt, die annähernd zeitgleiche Ankunft der Beteiligten in einem bestimmten Hotel in B* mit einem unverdächtigen Abschleppwagen, den getrennt verwahrten Betrag von 6.000 US‑Dollar entsprechend der dem S*‑E* von vorneherein zugesagten Entlohnung, den Besitz eines von I* geschriebenen Briefes mit harmlosem Inhalt zu Ablenkungszwecken, die beabsichtigte Abholung eines Koffers aus dem Hotel G* und die Nachfrage des O* bei der Hotelrezeption nach dem unter dem Falschnamen "M*" angereisten Gast (US 11‑16). Die daraus gezogenen Schlüsse des Schöffengerichtes auf das Vorliegen einer Bande sind denkmöglich und vermögen die bezughabenden Urteilsannahmen zu stützen. Da es auch die Verantwortung des Beschwerdeführers in seine Erwägungen miteinbezogen hat, kann von einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe keine Rede sein. Nach Inhalt und Zielrichtung seiner Mängelrüge unternimmt der Angeklagte damit in Wahrheit lediglich nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung den unzulässigen Versuch, die zu seinem Nachteil ausgefallene Beweiswürdigung der Tatrichter, die weder seiner leugnenden Verantwortung noch jener des Ljubo I* geglaubt haben, zu bekämpfen.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10 ‑ der Sache nach abermals Z 9 lit a) hinwieder entbehren zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie nicht ‑ was jedoch unabdingbare Voraussetzung für die gesetzmäßige Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes ist ‑ den gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen. Dieser entscheidende Mangel zeigt sich augenfällig darin, daß der Angeklagte (ausdrücklich) auf sein Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO zurückgreift und ‑ im Gegensatz zur zureichend begründeten und denklogischen Ansicht der Erkenntnisrichter ‑ zum (verfehlten) Schluß kommt, daß "auf Grund dieser Argumentation sicherlich dem Spruch des Erstgerichtes über eine Bandenbildung nicht gefolgt werden kann, sodaß hier die Qualifikation der Bandenbildung zweifellos zu Unrecht angenommen worden ist. Das Erstgericht hätte daher "‑ so argumentiert die Beschwerde unzulässig und mit einer nicht verständlichen Vergleichsrechnung (S 394 vorletzter Absatz) weiter ‑" bei richtiger Tatbestandsfeststellung lediglich den Ausführungen des O* folgen können, der nach Österreich gekommen ist, um hier eine Quantität der Größenordnung von ca 200 Gramm Kokain zu kaufen".
Soweit der Nichtigkeitswerber in diesem Zusammenhang einerseits seine Handlungsweise "bei Nichtvorhandensein der Bandenbildung als eine straflose Vorbereitungshandlung" gewertet wissen will, andererseits die "Feststellung des Tatbestandsmerkmals der Bandenbildung" im Urteil vermißt, übergeht er die auch insoweit aus einer Gesamtschau der Beweisergebnisse gewonnenen unbedenklichen Feststellungen im Urteilsspruch (US 2 und 3) sowie in den damit eine untrennbare Einheit bildenden Gründen (US 7‑11 und 16‑17).
Der weitere (ersichtlich gegen die Bandenbildung ins Treffen geführte) Einwand des Beschwerdeführers schließlich, "daß (sich) ja die Italiener (davon ein Jugoslawe und nur ein Italiener) den Südamerikaner gar nicht gekannt haben, geht fehl. Zur Erfüllung der Tatbestände der urteilsgegenständlichen Bandendelikte wird nämlich nicht verlangt, daß sich die Bandenmitglieder (von vorneherein) kennen. Genug daran, daß sie sich im Rahmen des zwingend mehrere Personen umfassenden internationalen Suchtgiftkartells(‑ringes) mit mindestens drei Personen zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben, die auf die Erreichung des verpönten Zwecks ausgerichtet ist. Im übrigen verbindet sich mit anderen zu einer Bande auch derjenige, der erst später, nachdem die Bande bereits gebildet worden ist, der Verbindung beitritt (Steininger im WK § 278 Rz 11) und nur fallweise ‑ jedoch in Kenntnis des Umstandes, damit die Ziele der Bande zu fördern ‑ im Rahmen der Bande an einzelnen Straftaten derselben mitwirkt (Mayerhofer‑Rieder Nebenstrafrecht3 ENr. 75 zu § 21 Abs 2 SGG).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Ljubo I*
Als nichtig (Z 5) bemängelt auch dieser Beschwerdeführer die ihn betreffende Urteilsannahme bandenmäßiger Begehung, weil (nach seiner Ansicht) hiefür jeder Anhaltspunkt und jede Begründung fehlt; die erstgerichtlichen Feststellungen ließen zwar allenfalls auf seine einmalige Beteiligung am Suchtgiftdelikt schließen, noch lange aber nicht auf die Begehung eines solchen Deliktes als Bandenmitglied; eine stichhältige Begründung sei auch nicht vorstellbar, weil dem Erstgericht keinerlei Informationen über Auftragserteilung, Organisation und sonstige Drogenstraftaten eines "internationalen Drogenkartells" zugekommen seien.
Diesem Vorbringen sind zunächst ‑ um Wiederholungen zu vermeiden ‑ die obigen Ausführungen zur Mängelrüge des Angeklagten O* entgegenzuhalten, die weitgehend auch für Ljubo I* zutreffen. Zusätzlich hat das Erstgericht die Zugehörigkeit des Rechtsmittelwerbers zu einem internationalen Suchtgiftkartell noch daraus abgeleitet (US 12 und 15‑16), daß sich O* und der (kokainsniffende) I* (in Rom) schon längere Zeit kennen, daß beim Drogenschmuggel einer tataktuellen Quantität höchste Vorsicht am Platze ist und auch die Schmuggelmethoden immer erfinderischer (sprich: raffinierter) werden, daher zur Ausschaltung bzw. Minimierung des Risikos ein zu Schmuggelzwecken "prädestinierter" (ersichtlich gemeint: wegen seiner Unverdächtigkeit hiefür besonders geeigneter) Abschleppwagen gegen eine Zahlungszusage von 2,3 Millionen Lire an I* verwendet wurde, und es wegen des hohen Sicherheitsrisikos auszuschließen ist, daß sich O* dabei des über Art und Ausmaß des Suchtgiftschmuggels völlig uninformierten I* bedient hat, ferner daß dieser erst nach längerem Leugnen zugegeben hat, für seinen Komplizen den bei diesem sichergestellten Brief geschrieben zu haben, sowie daß er vor seiner Festnahme in der Hotelrezeption ein bloßes Ablenkungsmanöver inszenierte.
Diese aus den verwerteten Beweisergebnissen abgeleiteten Prämissen bilden demnach eine ausreichende Grundlage für die bekämpfte Urteilskonstatierung, daß es sich bei dem in Rede stehenden Suchtgifttransport über Österreich nach Italien um eine von Kolumbien aus gelenkte bandenmäßig durchgeführte Aktion gehandelt hat, bei der die drei Angeklagten absprachegemäß ihre jeweiligen Tatbeiträge leisteten bzw. leisten sollten. Die forensischen Erfahrungen über Existenz und Arbeitsweise derartiger krimineller Organisationen, über die naturgemäß in der Regel nur spärliche Informationen zu bekommen sind, lassen auch die sich aus dem Zusammenhang ergebende erstgerichtliche Schlußfolgerung als denkmöglich erscheinen, daß es sich hier um eine nicht bloß einmalige Aktion, sondern um ein (vorzeitig aufgedecktes) Unternehmen aus einer Kette fortgesetzt geplanter gleichartiger Bandendelikte handelt (s. US 11: "... wie in diesem Fall ...").
Im übrigen liegt ein formaler Begründungsmangel ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ dann nicht vor, wenn die angeführten Gründe für den Beschwerdeführer bloß nicht genug überzeugend sind, wenn neben dem folgerichtig gezogenen Schluß auch noch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen denkbar sind; daß sich das Gericht nicht für letztere entschieden hat, ist ein Akt freier richterlicher Beweiswürdigung, der im Nichtigkeitsverfahren nicht bekämpft werden kann (Mayerhofer‑Rieder StPO3 ENr. 147 zu § 281 Z 5 und Rz 1969, 68).
Nichts anderes unternimmt der Nichtigkeitswerber aber mit seinen weiteren Ausführungen zur Mängelrüge (A 1 b), indem er (nur) vier der mehreren von den Tatrichtern zur Begründung der Bandenzugehörigkeit des Angeklagten berücksichtigten Indizien (Besitz eines Abschleppwagens, zu hohes Risiko bei Betrauung eines völlig Unbeteiligten, Schreiben des Briefes und Verhalten in der Rezeption unmittelbar vor der Festnahme) aus dem Zusammenhang herausgreift und im Wege einer isolierten Betrachtung deren Tragfähigkeit im einzelnen verneint.
Mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a), daß die Feststellungen über seine angeblichen kriminellen Absichten auf kein einziges Beweismittel und keine einzige Aussage unmittelbar gestützt werden können, daß er sämtliche Aussagen durchgesehen habe und zum Schluß komme, daß das Erstgericht in der Urteilsbegründung nur jene vagen Schlußfolgerungen heranziehen konnte, die bereits in der Mängelrüge als unzureichend dargestellt worden seien, weshalb er zumindest im Zweifel freizusprechen gewesen wäre, werden keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen dargetan. Es wird vielmehr damit erneut nur der im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile (nach wie vor) unzulässige Versuch unternommen, die Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter in Zweifel zu ziehen. Demgegenüber hat das Erstgericht aber ‑ wie bereits oben dargelegt ‑ in einer Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Verfahrensergebnisse ‑ unter ausdrücklicher Ablehnung der jeglichen Schuldvorwurf in Abrede stellenden Verantwortungen der Angeklagten O* und I* auf das Vorliegen aller objektiven und subjektiven Tatbestandserfordernisse der Urteilsdelikte geschlossen und seine Erwägungen auch zureichend, denkgesetzmäßig, plausibel und überzeugend begründet. Unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel, geschweige denn solche schwerwiegender Art, in der Sachverhaltsermittlung in bezug auf die in Beschwerde gezogenen Straftaten werden aber auch mit dem Hinweis auf unbestreitbare Widersprüche und Ungereimtheiten in der Verantwortung des O*, ferner daß dem Drogenkurier als Abnehmer ein "Italiener" angekündigt worden war, während er Slowene ist, sowie mit Bezug auf die Aussage des Zeugen Wolfgang K* (S 293), wonach ihm I* vor der Verhaftung nicht nervös vorgekommen ist, ebensowenig aufgezeigt wie Hinweise auf aktenkundige Beweisergebnisse, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen aufkommen lassen.
Mit den auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützten Rechtsrügen macht der Beschwerdeführer (zum Schuldspruch A und D) einerseits Feststellungsmängel zur objektiven und subjektiven Tatseite sowohl in Ansehung der "Existenz einer Bande" an sich als auch "seiner Zugehörigkeit und Mitwirkung als Mitglied dieser Suchtgiftbande" geltend; andererseits bekämpft er die vom Erstgericht vorgenommene "rechtliche Subsumtion", er habe als "unmittelbarer" (Mit‑)Täter gehandelt, als verfehlt; da er sein gesamtes (angebliches) Verhalten im Zusammenhang mit dem Drogengeschäft deutlich nach Deliktsvollendung des Erstangeklagten gesetzt habe, könne von seinem Verhalten einzig der später beabsichtigte Transport des Kokains nach Italien strafrechtlich relevant sein; daher wäre seine Verurteilung allenfalls nach § 14 a SGG möglich gewesen.
Indem die Beschwerde ‑ wie oben dargelegt ‑ die unbedenklichen und mängelfrei begründeten Urteilsannahmen des Erstgerichtes in bezug auf die Mitwirkung (auch) des Angeklagten I* am tataktuellen Kokaintransport als Mitglied einer Bande in Zweifel zieht oder überhaupt bestreitet, läßt sie eine prozeßordnungsgemäße Darstellung der Nichtigkeitsgründe vermissen, sodaß darauf hier nicht mehr näher einzugehen ist.
Dem Beschwerdeführer ist jedoch zuzugeben, daß ihn das Erstgericht zu Unrecht zweimal expressis verbis als "Mittäter" im Zusammenhang mit der Einfuhr des Suchtgiftes bezeichnet hat (US 2 und 16) und daß Mittäterschaft auch durch den Hinweis auf seine Bandenzugehörigkeit nicht ersetzt (begründet) werden kann.
Dieser Fehler beschwert den Rechtsmittelwerber indes nicht. Denn die rechtsirrige Annahme einer unmittelbaren Täterschaft (Mittäterschaft) statt (wie vorliegend rechtsrichtig) Beitragstäterschaft im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB begründet nach gefestigter Rechtsprechung im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB keinen Nichtigkeitsgrund, wenn der Beteiligungsanteil des betreffenden Täters in sachverhaltsmäßiger Beziehung (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt ist (Mayerhofer‑Rieder StPO3 ENr. 53‑56 zu § 281 Z 10; Fabrizy im WK Rz 102 und 103 zu § 12; Leukauf‑Steininger Komm3 § 12 RN 14, 15).
Im vorliegenden Fall ist nach den erstgerichtlichen Urteilsgründen (in ihrer Gesamtheit gesehen) mit hinreichender Deutlichkeit der kausale Tatbeitrag des Beschwerdeführers zum bandenmäßig begangenen Suchtgifttransport darin zu erblicken, daß er ebenso wie O* dem kolumbianischen Drogenkurier S*‑E* schon vor oder zumindest während der Tat ‑ wenn auch nicht unmittelbar, sondern bloß mittelbar über den mutmaßlichen Organisator der Bande, Enrique ‑ zusicherte, das geschmuggelte Kokain in Bruck an der Leitha zu übernehmen (und sodann nach Italien auszuführen), sohin die Tatbildverwirklichung des unmittelbaren Täters durch psychische Unterstützung ermöglichte, erleichterte und absicherte (Leukauf‑Steininger aaO § 12 RN 44 und 45). Demnach ist ‑ ungeachtet der formellen Vollendung der Einfuhr des Suchtgiftes durch den Erstangeklagten mit dem Zeitpunkt des Überfliegens der österreichischen Staatsgrenze ‑ eine Beteiligung des Nichtigkeitswerbers durch seine vor oder während der Tat gemachte Zusage rechtlich möglich (Leukauf‑Steininger aaO § 12 RN 48 sowie § 130 RN 10; ferner zum Diebstahl: Fabrizy im WK Rz 77 zu § 12). Die Zugehörigkeit zur Bande ist nämlich auch dann qualifizierend, wenn ein Bandenmitglied nicht unmittelbarer Täter, sondern als in anderer Weise Beteiligter tätig wird (Dorazil‑Harbich‑Reichel‑Kropfitsch Komm zum FinStrG ENr. 21 zu § 38 FinStrG). Daß die Angeklagten O* und I* den bezeichneten (erst in Österreich zu leistenden) Tatbeitrag schon vor oder während der Tat des S*‑E* zugesagt haben (vgl hiezu die Verantwortung S 124 und 276 bis 277 und US 9 letzter Absatz), ergibt sich schlüssig aus dem zeitlichen Ablauf der Aktion, wonach sie von Rom aus zunächst den Umweg über Koper (Slowenien) zur Übernahme des Abschleppwagens machen mußten und sodann bereits wenige Stunden nach der telefonischen "Vollzugsmeldung" des Erstangeklagten an Enrique (19 Uhr des 30. Jänner) in der Nacht zum 31. Jänner 1992 in B* beim Hotel "G*" beobachtet wurden.
Entgegen den bezüglichen Beschwerdeausführungen wirkt die bandenmäßige Begehung nicht etwa strafbarkeitsbegründend, sondern (lediglich) qualifizierend; für die Erfüllung der Grundtatbestände des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und des Finanzvergehens nach §§ 13, 35 Abs 1 FinStrG ist - wie dargelegt ‑ die vorsätzliche Förderung der Suchtgifteinfuhr (und damit auch des Schmuggels) durch eine vorher oder während der Tat geleistete Zusage der Unterstützung des unmittelbaren Täters maßgebend. Demnach kommt es auch nicht mehr auf den zwar beabsichtigten, aber rechtzeitig verhinderten späteren Transport des Suchtgiftes nach Italien an. Die insoweit an sich zutreffenden Beschwerdeausführungen, daß dieses Vorhaben noch nicht ins Stadium strafbaren Versuchs getreten ist, sind daher unter den gegebenen Umständen nicht zielführend.
Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.
Zu den Berufungen:
Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten Fabrizio O* und Ljubo I* für das Suchtgiftdelikt nach § 12 Abs 3 SGG, I* auch unter Anwendung des § 28 StGB, zu je sechs Jahren Freiheitsstrafe und für das versuchte Finanzvergehen nach §§ 22, 38 Abs 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von je 300.000 S, im Nichteinbringungsfall zu je drei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Überdies wurden gemäß § 13 Abs 1 SGG das sichergestellte Suchtgift (4.381 Gramm Kokain) eingezogen und gemäß § 20 Abs 1 StGB der Geldbetrag von 6.000 US‑Dollar für verfallen erklärt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei beiden Angeklagten "die überaus große Menge im Rahmen des § 12 Abs 3 SGG" (gemeint wohl: die selbst die Übermenge des § 12 Abs 3 Z 3 SGG bei weitem übersteigende Menge) als erschwerend; demgegenüber berücksichtigte es als mildernd die Sicherstellung des Suchtgiftes und die Tatsache, daß es beim Finanzvergehen beim Versuch geblieben ist, überdies bei O* dessen Unbescholtenheit (richtig: den ordentlichen Lebenswandel - § 34 Z 2 StGB) und bei I* sein Geständnis zum Faktum C (Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG).
Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine wesentliche (O*) bzw. schuldangemessene (I*) Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen an; Ljubo I* begehrt darüber hinaus, "die Geldstrafe ebenfalls in Relation zu dem Haupttäter S*‑E* neu festzusetzen".
Keine der Berufungen ist im Recht.
Das Schöffengericht hat nämlich die besonderen Strafzumessungsgründe in Ansehung beider Rechtsmittelwerber entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht nur im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, sondern sie auch zutreffend gewürdigt. Weitere Milderungsgründe liegen in Wahrheit nicht vor.
Soweit der Angeklagte O* für sich als mildernd ins Treffen führt, daß er das sichergestellte Suchtgift nie "kaufen" wollte, ferner daß es beim Finanzdelikt der "Ersatzhehlerei" beim Versuch geblieben ist, geht er nicht vom Urteilssachverhalt aus. Die diesem Berufungswerber als unverständlich erscheinenden Feststellungen hinwieder, daß er aus der gegenständlichen Straftat (ersichtlich gemeint: beim Suchtgiftverbrechen) "keinen finanziellen Gewinn gezogen hat" und daß es dabei "de facto ebenfalls nur beim Versuch geblieben ist", finden sich an keiner Stelle der Urteilsgründe.
Der Angeklagte I* reklamiert zusätzlich den Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB mit dem Hinweis, daß seine Unbescholtenheit in Österreich und Slowenien durch Urkunden bewiesen sei, aus den im Erhebungsbericht (S 235) angeführten und im Urteil zu seinem Nachteil verwerteten "Vormerkungen" auf keine rechtskräftige Verurteilung geschlossen werden könne und die in Italien gegen ihn geführten Verfahren mit Freispruch bzw. Einstellung beendet worden seien.
Im Gegensatz dazu ergibt sich jedoch aus der Kopie einer Mitteilung von Interpol Rom vom 5. Februar 1992 (S 229) unmißverständlich und unbedenklich, daß Ljubo I* (in Italien) tatsächlich bereits Vorstrafen wegen Mordversuchs, illegalen Waffenbesitzes, Hehlerei, Zuhälterei und Diebstahls hat. Daraus erhellt, daß ihm das Erstgericht ‑ wegen der grundsätzlichen Gleichstellung ausländischer mit inländischen Verurteilungen (§ 73 StGB) - "den bisher ordentlichen Lebenswandel", dem allerdings nach Lage des Falles kein besonders großes Gewicht zukommt, zu Recht nicht als mildernd zugute gehalten hat.
Angesichts der ‑ wie bereits im Rahmen der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden dargelegt wurde ‑ konstatierten bandenmäßigen Begehung der (auch) den Berufungswerber I* belastenden Straftaten (A und D des Urteilssatzes) sowie der von ihm im Rahmen der Bande übernommenen entscheidenden Aufgaben als Beitragstäter kann aber auch nicht gesagt werden, daß er im Sinne des § 34 Z 6 StGB "nur in untergeordneter Weise beteiligt war", daß er "ein Suchtgiftverbrechen gemäß § 12 SGG nur versucht hat" und daß ihm "qualifizierte Strafbarkeit nicht auch wegen Bandenmitgliedschaft vorzuwerfen ist".
Ausgehend von der gesetzlichen Strafdrohung des § 12 Abs 3 SGG (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis fünfzehn Jahren) sowie unter angemessener Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung gemäß § 32 StGB entspricht daher die von den Tatrichtern über die Berufungswerber verhängte Freiheitsstrafe von je sechs Jahren auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs dem gravierenden Unrechtsgehalt und vergleichsweise hohen sozialen Störwert des Suchtgiftverbrechens; sie trägt überdies der bedeutenden personalen Täterschuld und besonderen Gefährlichkeit der Angeklagten für die Allgemeinheit gebührend Rechnung und steht auch mit der über S*‑E* ausgemessenen Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren in ausgewogener Relation; denn dieser Angeklagte hat nicht nur von Anfang an ein umfassendes und reumütiges Geständnis abgelegt, sondern auch zur Ausforschung und Überführung der zwei weiteren Bandenmitglieder wesentlich beigetragen. Eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe ist demnach bei beiden Berufungswerbern nicht vertretbar.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch die nach dem Finanzstrafgesetz über Fabrizio O* ausgesprochene Geldstrafe nicht reduktionsbedürftig bzw. nicht ‑ wie dieser Berufungswerber vermeint ‑ "in der Relation zum Haupttäter S*‑E* neu festzusetzen", zumal sich auch diese Sanktion an den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung (hier §§ 21, 23 Abs 1 bis 3 FinStrG) orientiert und keineswegs überhöht ist.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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