OGH 13Os102/92

OGH13Os102/928.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Jänner 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Elias Agboola A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG im Deliktsstadium des Versuches nach dem § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Elias Agboola A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Mai 1992, GZ 6d Vr 689/92-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.Jänner 1963 geborene nigerianische Staatsbürger Elias Agboola A***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG im Deliktsstadium des Versuches nach dem § 15 StGB schuldig erkannt, weil er am 17.Jänner 1992 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem rechtskräftig abgeurteilten Ismaila O***** als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar 50 Gramm Kokain (30 Gramm Reinsubstanz), durch den beabsichtigten Verkauf an einen verdeckten Fahnder in Verkehr zu setzen versuchte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 5 a sowie "9 a/10" des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Mängelrüge (Z 5) kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht gründete den Schuldspruch auf die geständigen Angaben des (rechtskräftig abgeurteilten) Mitangeklagten Ismaila O***** in der Hauptverhandlung und erachtete dadurch die leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt (US 6). Die Tatrichter haben sich im Rahmen der Würdigung der Verantwortung des Beschwerdeführers auch mit seiner erstmals vor dem Untersuchungsrichter aufgestellten und in der Hauptverhandlung wiederholten Behauptung auseinandergesetzt, seine geständigen Angaben vor den Beamten des Wiener Sicherheitsbüros am 19.Jänner 1992 (AS 59 f) seien erzwungen worden. Sie hielten diese Darstellung des Angeklagten deshalb für unglaubwürdig, weil der Mitangeklagte O***** - der erst in der Hauptverhandlung ein Geständnis ablegte, vor dem Sicherheitsbüro aber die Tat noch in Abrede gestellt (vgl AS 32 f) - angab, daß er bei seiner Vernehmung weder geschlagen noch bedroht worden sei (US 228). Bei dieser Argumentation handelt es sich - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht um eine "allgemeine, geradezu abstrakte Ansicht des Erstgerichtes", sondern um durchwegs fallbezogene, mit den Denkgesetzen und der Gerichtserfahrung im Einklang stehende Überlegungen der Tatrichter, die schon für sich allein ausreichen würden, die Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig mängelfrei zu begründen, zumal dafür keineswegs zwingende Schlußfolgerungen vorauszusetzen sind (M-R StPO3 E 144 ff zu § 281 Z 5). Im übrigen übergeht die Beschwerde die weiteren Argumente des Schöffengerichtes (US 6), die es zur Begründung seiner Überzeugung angeführt hat. Solcherart verfehlt aber der Beschwerdeführer die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines formellen Begründungsmangels in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, vielmehr kritisiert er nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung lediglich die Beweiswürdigung.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen war die Verantwortung des Angeklagten, bei seiner Vernehmung vor der Polizei sei kein Dolmetsch beigezogen worden, im Urteil nicht gesondert zu erörtern, weil der Beschwerdeführer dazu weiters aussagte, daß seine Vernehmung in englischer Sprache durchgeführt worden sei, der vernehmende Beamte Englisch "nicht so gut gesprochen habe" (HV-Protokoll, AS 231) und er dieses Geständnis vor der Polizei nicht auf Verständigungsschwierigkeiten, sondern auf eine Nötigung (durch Anhalten einer Pistole an den Kopf) zurückführte (AS 75 a).

Schließlich trifft auch die Behauptung der Mängelrüge nicht zu, das Erstgericht habe für seine Feststellung, es sei von Kokain mittlerer Qualität und damit von einer "Grenzmenge" (gemeint: Reinsubstanz) von 30 Gramm auszugehen (US 7), nur eine unvollständige oder unzureichende Begründung gegeben. Das Gewicht des sichergestellten Kokains beträgt "ca 50 Gamm", wobei das Verpackungsgewicht (kleines Nylonsäckchen) dem Beschwerdevorbringen zuwider außer Betracht bleiben kann; ein auf Kokain lautender Suchtgifttest erliegt im Akt (vgl US 39). Da bei dieser Menge des sichergestellten Suchtgifts die verbrechensqualifizierende Grenzmenge von 15 Gramm Reinsubstanz (11 Os 121/91 ua) nur dann nicht erreicht würde, wenn der Reinheitsgehalt (der sichergestellten Menge) weniger als 30 % betragen hätte, sich für einen solch außergewöhnlich geringen Reinheitsgrad aber aus dem Akt und insbesondere aus der Verantwortung des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten O***** keine Anhaltspunkte ergeben, findet die oben angeführte Urteilsannahme in den Verfahrensergebnissen durchaus Deckung. Hingegen ergeht sich die Rüge mit der Behauptung, die Grenzmenge sei nicht erreicht worden, nur in Spekulationen.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) bringt der Angeklagte (abermals) vor, daß es sich um Kokain minderer Qualität gehandelt habe, sodaß die Grenzmenge von 15 Gramm Reinsubstanz nicht erreicht worden sei. Aktenkundige Umstände, die für die Richtigkeit dieser Behauptung sprächen, werden nicht aufgezeigt und liegen auch nicht vor. Damit unternimmt der Beschwerdeführer der Sache nach nur den im schöffengerichtlichen Verfahren (nach wie vor) unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen.

Die Rechtsrüge ("Z 9a/10") geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, daß im vorliegenden Falle eine verbrechensqualifizierende Menge von 30 Gramm Kokain gegeben sei, somit das Zweifache jener Menge, die nach gefestigter Judikatur hinsichtlich Kokain eine "große Menge" iS des § 12 Abs. 1 SGG bildet, sondern stellt demgegenüber die Behauptung auf, daß die Annahme bloß durchschnittlicher Suchtgiftqualität auch die Feststellung eines weit unter 50 % liegenden Reinheitsgrades zulasse und entbehrt damit einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung teils gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung fällt damit in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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