Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Theresia H***** ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, zu deren Gutsbestand unter anderem das Grundstück 11 (Garten) gehört, sowie der Liegenschaft EZ ***** des Grudbuches *****, zu deren Gutsbestand unter anderem die Grundstücke 12 (Garten) und .62 (Baufläche) gehören. Mit Mietvertrag vom 27.2.1992 gab die Eigentümerin dieser Liegenschaften Teile davon samt den darauf befindlichen Bauwerken der Antragtragstellerin in Bestand und räumte ihr ein Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ff ABGB ein, jedoch mit der Maßgabe, daß die Frist des § 1075 ABGB auf drei Monate verlängert werde.
Die Vermieterin erteilte in den §§ 11 und 12 der Vertragsurkunde die Zustimmung, daß bei den ihr gehörenden Grundstücken 12 und .62 der Liegenschaft EZ ***** und beim Grundstück 11 der Liegenschaft EZ***** je des Grundbuches ***** das Bestandrecht zugunsten der Antragstellerin bis 31.12.2022 sowie das Vorkaufsrecht im oben angeführten Umfang einverleibt werden.
Die Antragstellerin begehrte, daß auf Grund dieses Mietvertrages bei den der Theresia H***** alleine gehörenden Liegenschaften
a) mit der Einlagezahl ***** und
b) mit der Einlagezahl *****, jedoch nur hinsichtlich der Grundstücke 12 und .62
1.) das Bestandrecht bis 31.12.2022 und
2.) das Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ff ABGB, jedoch mit der Maßgabe, daß die Frist des § 1075 ABGB auf drei Monate verlängert wird,
jeweils zugunsten der Antragstellerin eingetragen werde.
Das Erstgericht wies diese Anträge mit der Begründung ab, daß
a) das Bestandrecht nur auf dem ganzen Grundbuchskörper, nicht aber auf einzelnen Grundstücken einer Einlage eingetragen werden könne;
b) ein Vorkaufsrecht nur dann einverleibt werden könne, wenn es auch der gesetzlichten Frist des § 1075 ABGB entspreche;
c) die Einverleibung des Vorkaufsrechtes voraussetze, daß dieses vom Berechtigten angenommen worden sei, und
d) richtigerweise die Einverleibung und nicht bloß die Eintragung des Bestandrechtes und des Vorkaufsrechtes hätte begehrt werden müssen.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-
übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Entgegen der Meinung des Erstgerichtes bedürfe es keiner besonderen Annahmeerklärung der Vorkaufsberechtigten, weil durch deren Unterschrift auf dem Mietvertrag alles darin Enthaltene zwischen ihr und der Liegenschaftseigentümerin als vereinbart gelte, daher auch das Vorkaufsrecht.
Es schade auch nicht, daß das Begehren auf "Eintragung" anstatt auf "Einverleibung" des Bestandrechtes bzw. des Vorkaufsrechtes gerichtet sei, weil sich aus der zugrundeliegenden Rechtsvorschrift der Inhalt der Eintragung ergebe. § 103 GBG, dessen Bestimmungen das Erstgericht vor Augen gehabt haben dürfte, sei durch § 12 GUG, der in der Grundbuchseintragung die Angabe der Bezeichnung der Eintragung als Einverleibung, Anmerkung oder Ersichtlichmachung nicht mehr vorsehe, geändert worden.
Zutreffend sei aber die Ansicht des Erstgerichtes, daß die Einverleibung eines Bestandrechtes und eines Vorkaufsrechtes nur auf einem ganzen Grundbuchskörper erfolgen könne. Die für räumlich begrenzte Dienstbarkeiten nach § 12 Abs 2 GBG und nach § 3 Abs 2 LiegTeilG vorgesehenen Ausnahmen könnten auf diese Rechte nicht erweitert werden. Auch wenn sich das Bestandrecht nur auf bestimmte Räumlichkeiten bzw. Flächen beziehe, hafte es doch auf dem ganzen Grundbuchskörper.
Richtig sei auch, daß ein Vorkaufsrecht nur dann verbüchert werden könne, wenn es von der in § 1075 ABGB normierten Frist nicht abweiche.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es zu dem für die Abweisung maßgeblichen Problemkreis an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung aus jüngerer Zeit fehle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihren Eintragungsbegehren stattgegeben werde.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Gesetz kennt zwar die Unterscheidung der grundbücherlichen Eintragungen unter anderem in Einverleibungen, Vormerkungen und Anmerkungen (§ 8 GBG), doch ist gemäß § 12 Abs 1 GUG in Grundbuchseintragungen die Bezeichnung der Eintragung als Einverleibung, Anmerkung oder Ersichtlichmachung nicht anzugeben.
Insoweit wurde dem § 103 Abs 1 GBG derogiert, der vorsah, daß jede
Eintragung auch die Bezeichnung ihrer Art zu enthalten hat. Gemäß §
98 GBG sind im Bewilligungsbeschluß die einzelnen Rechte mit den in
das Hauptbuch einzutragenden Worten anzuführen (zu denen nach dem
eben Gesagten die Eintragungsart im Falle der Einverleibung nicht
gehört). Ein Grundbuchsgesuch, das dem zu fassenden
Grundbuchsbeschluß entspricht, kann somit aus diesem Grunde keinen zur Abweisung berechtigenden Mangel aufweisen (s dazu auch Angst in NZ 1982, 118).
Zutreffend ging das Rekursgericht auch davon aus, daß durch die Unterfertigung des dem Eintragungsbegehren zugrundeliegenden Mietvertrages durch beide Vertragsteile auch das in § 12 dieses Vertrages umschriebene Vorkaufsrecht zwischen den Parteien vereinbart wurde. Einer gesonderten Annahmeerklärung bedurfte es nicht (s 5 Ob 75/91).
Gemäß § 3 Abs 1 GBG ist jeder Grundbuchskörper als eine Einheit zu behandeln. Dies hat zur Folge, daß Belastungen nur ob dem ganzen Grundbuchskörper erfolgen können, mag sich auch der Inhalt des Rechtes, mit dem der ganze Grundbuchskörper belastet wird, nur auf einzelne Teile desselben beziehen (zB das Bestandrecht nur auf einzelne Flächen oder Räume; das Vorkaufsrecht nur auf einzelne Grundstücke der Liegenschaft). Der in § 12 Abs 2 GBG ausgesprochene Grundsatz, daß im Falle der Einverleibung von Dienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein sollen, diese Grenzen genau bezeichnet werden müssen, ändert nichts daran, daß auch solche Dienstbarkeiten auf dem ganzen Grundbuchskörper - und nicht nur auf den durch die genannten räumlichen Grenzen umschriebenen Teilen desselben - einverleibt werden. Die Vorschrift des § 3 Abs 2 LiegTeilG zieht lediglich für den Fall der Abschreibung von Bestandteilen des Grundbuchskörpers, auf die sich eine Grunddienstbarkeit nicht bezieht, die grundbuchsrechtliche Konsequenz aus der materiellrechtlichen Bestimmung des § 847 ABGB, wonach im Falle der Teilung eines Gutes eine Grunddienstbarkeit hinsichtlich derjenigen Teilstücke erlischt, auf die sich die Ausübung nicht bezieht. Für die Frage der Zulässigkeit der Einverleibung des Bestandrechtes oder des Vorkaufsrechtes nicht auf dem ganzen Grundbuchskörper, sondern bloß auf demjenigen Teil desselben, auf den sich die Ausübung dieser Rechte bezieht, kann daher weder aus § 3 Abs 2 LiegTeilG noch aus § 12 Abs 2 GBG eine vom Grundsatz des § 3 GBG abweichende Regelung gewonnen werden. Es kann daher sowohl das Bestandrecht (Feil, Grundbuchsgesetz 34; SZ 31/65; MGA Grundbuchsrecht4 § 19 GBG/E 13 betreffend Judikatur der Rekursgerichte) als auch das Vorkaufsrecht (RPflSlgG 2121 - LGZ Wien) nur auf dem ganzen Grundbuchskörper einverleibt werden.
In dem hier zu beurteilenden Fall bezieht sich der Grundbuchsantrag zum Teil auf die ganze Liegenschaft (EZ *****), zum Teil nur auf einzelne Grundstücke (EZ *****), doch kommt eine Teilbewilligung nicht in Betracht, weil die in den §§ 11 und 12 des Vertrages enthaltenen Aufsandungserklärungen nur die Einverleibung ob bestimmten Grundstücken, nicht aber jeweils ob dem ganzen Grundbuchskörper (mit bloßer Umschreibung der Rechte, die sich nur auf einzelne Grundstücke beziehen) zulassen.
Gemäß § 9 GBG kann im Grundbuch das Vorkaufsrecht (§ 1073 ABGB) eingetragen werden. Die Bestimmung des § 1075 ABGB, welche die gesetzlichen Fristen zur Ausübung des Vorkaufsrechtes regelt, wird darin nicht genannt. Da nach nunmehr herrschender Ansicht die Frist des § 1075 ABGB dispositiv ist (JBl 1976, 428 ua), erstreckt sich die Wirksamkeit des in § 1072 ABGB definierten Vorkaufsrechtes auch auf die Fälle einer vereinbarten, von der gesetzlichen abweichenden Frist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum in einem solchen Fall die in § 1073 ABGB angeordnete, durch die Eintragung in die öffentlichen Bücher begründete dingliche Wirkung sich nicht auf das Vorkaufsrecht in seiner konkreten (vereinbarten) zeitlichen Ausgestaltung beziehen soll. Eine Einschränkung der dinglichen Wirkung auf ein Vorkaufsrecht, soweit es den subsidiär geltenden Bestimmungen des § 1075 ABGB entspricht, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Die in der Rechtsprechung (NZ 1931, 77 - OLG Wien) vertretene Meinung, dadurch, daß in § 9 GBG neben dem Worte Vorkaufsrecht der § 1073 ABGB angeführt sei, werde zum Ausdruck gebracht, daß nur ein solches Vorkaufsrecht eingetragen werden könne, das "dem § 1073 f ABGB" entspreche, ist nicht überzeugend.
§ 9 GBG spricht eben nur von § 1073 ABGB (dingliche Wirkung eines Vorkaufsrechtes) und stellt daher die ergänzende grundbuchsrechtliche Bestimmung zu dieser Norm dar, verweist aber nicht einmal andeutungsweise auch auf die folgenden Bestimmungen.
Wegen der anderen dargelegten Abweisungsgründe war jedoch dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.
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