OGH 4Ob111/92

OGH4Ob111/9215.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Zeitungsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. K*****-Verlag Gesellschaft mbH & Co KG, 2. K*****-Verlag Gesellschaft mbH,***** beide vertreten durch Dr.Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, und 3. M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG, 4. M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 950.000) infolge Revisionsrekurses der Erst- und der Zweitbeklagten sowie der Dritt- und der Viertbeklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17.September 1992, GZ 2 R 62/92-19, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 13.Mai 1992, GZ 17 Cg 60/92-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Erst- und der Zweitbeklagten wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der Dritt- und der Viertbeklagten wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in bezug auf das gegen die Dritt- und die Viertbeklagte beantragte Verbot aufgehoben; dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung über den Sicherungsantrag aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zum Rekurs der Erst- und der Zweitbeklagten vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

In der "N*****-Zeitung" vom 12.4.1992 erschien auf Seite 15 ein Artikel mit der Überschrift

"Tägliches erscheinendes Magazin kann die Gesundheit gefährden".

In diesem Artikel heißt es ua:

"Die Eignung von Zeitungspapier zum Recycling, also um aus Altpapier wieder neues zu machen, hängt davon ab, mit welchen Farben die Beschichtung des Zeitungspapiers erfolgte. Im Falle des neu auf den Markt gekommenen täglichen Magazins wird neben dem Tiefdruckverfahren der sogenannte Flexodruck angewendet. Dabei kommen Farben zur Verwendung, die wasserhältig sind. Zeitungspapiere, die mit wasserhältigen Farben beschichtet werden, sind jedoch praktisch nicht recyclingfähig. Für die Müllbeseitigung stellt die Entsorgung des von dem täglich erscheinenden Magazin verwendeten Papiers ein spezielles Problem dar, weil es sich um Sondermüll handelt."

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin der Tageszeitung "täglich Alles"; sie behauptet, daß die zitierten Behauptungen der "N*****-Zeitung" unwahr seien.

Die Tageszeitung "täglich Alles" werde im Tiefdruckverfahren und mit Flexodruck unter Verwendung von Farben auf Toluol-Basis gedruckt. Die dabei verwendeten Farben seien nicht wasserhältig. Das Zeitungspapier von "täglich Alles" sei daher recyclingfähig; seine Entsorgung bilde für die Müllbeseitigung kein spezielles Problem. Es handle sich nicht um Sondermüll.

Toluol sei nicht gesundheitsschädlich. Die Klägerin verwende dieselben Farben wie praktisch alle anderen im Tiefdruck hergestellten Qualitäts-Farbdruckerzeugnisse auf der ganzen Welt. Für den Flexodruck würden dieselben Farben verwendet.

Der herabsetzende Artikel verstoße gegen §§ 1 und 7 UWG.

Die Klägerin begehrt von der Erstbeklagten als Medieninhaberin der K***** Zeitung, der Zweitbeklagten als ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, der Drittbeklagten als Verlegerin der "N*****-Zeitung" und der Viertbeklagten als persönlich haftender Gesellschafterin der Drittbeklagten zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten zu verbieten, über die Tageszeitung "tägliches Alles" folgende Behauptungen aufzustellen:

a) Die Tageszeitung "täglich Alles" könne die Gesundheit gefährden und/oder

b) bei der Herstellung von "täglich Alles" kämen Farben zur Verwendung, die wasserhältig sind, und/oder

c) das Zeitungspapier von "täglich Alles" sei mit wasserhältigen Farben beschichtet und/oder

d) das Zeitungspapier von "täglich Alles" sei nicht recyclingfähig und/oder

e) die Entsorgung des von "täglich Alles" verwendeten Papiers bilde ein spezielles Problem, weil es sich um Sondermüll handle.

Die Erst- und die Zweitbeklagte beantragten die Abweisung des Sicherungsbegehrens, weil die beanstandeten Tatsachenbehauptungen erweislich wahr seien.

Die Dritt- und die Viertbeklagte beantragten die Abweisung des Sicherungsbegehrens, weil die Drittbeklagte als Verlegerin mit dem Inhalt der "N*****-Zeitung" nichts zu tun habe. Sie trage "nur" das wirtschaftliche Risiko; die Anzeigen- und Verkaufserlöse kämen ihr zugute. Eine darüber hinausgehende Beziehung zur Erstbeklagten bestehe aber nicht.

Die Klägerin erwiderte, daß die Drittbeklagte ihre eigentliche Mitbewerberin sei; die Erstbeklagte fördere durch ihre herabsetzenden Äußerungen den Wettbewerb der Drittbeklagten. Die Erstbeklagte hafte daher als Gehilfin für die bewußt und schuldhaft im Interesse der Drittbeklagten gemachten Äußerungen. Die Drittbeklagte habe dies geschehen lassen und die Äußerungen nicht unterbunden.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung gegen die Erst- und die Zweitbeklagte und wies den Antrag gegen die Dritt- und die Viertbeklagte ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Tageszeitung "täglich Alles" werde im Tiefdruckverfahren oder im Flexodruckverfahren hergestellt; dabei werden Farben auf Toluol-Basis verwendet. Daß die verwendeten Farben wasserhältig seien, sei nicht bescheinigt. "täglich Alles" werde als einzige Tageszeitung in Europa im Illustrationstiefdruckverfahren hergestellt; dieses Verfahren werde jedoch auch für die meisten farbigen Wochenjournale verwendet. Zumindest bis vor kurzem wurden auch die Wochenendbeilagen (insbesondere Fernsehbeilagen) der "N*****-Zeitung" und des "K*****" mindestens teilweise im Illustrationstiefdruckverfahren hergestellt. Die bei diesem Verfahren verwendeten Farben enthalten zu etwa 70 % bis 80 % das an sich giftige Toluol als Lösungsmittel. Dieses verdampft jedoch beim Druckvorgang und wird dann entsorgt.

Ein Anhaltspunkt dafür, daß die von der Klägerin betriebene Anlage nicht allen gesetzlichen Vorschriften genüge, besteht nicht.

Es gibt keine gesicherte Aussage darüber, daß beim Verbrennen von Zeitungen, die im Illustrationstiefdruckverfahren hergestellt werden, gefährliche Reste bleiben; auch das Lagern auf Deponien ist nach herrschender Auffassung für die Umwelt nicht problematisch. In diesem Verfahren hergestellte Zeitschriften sind grundsätzlich recyclingfähig, was aber nicht der Fall wäre, wenn im Verfahren Wasserfarben verwendet würden. Mit den Mittel des Provisorialverfahrens könne der für die Frage der Gesundheitsschädlichkeit und Recyclingfähigkeit maßgebliche sogenannte Restlösemittelgehalt nicht mit genügender Sicherheit ermittelt werden.

Auf Grund dieser Bescheinigungsergebnisse sei es der Erst- und der Zweitbeklagten nicht gelungen, die behauptete Gesundheitsgefährdung zu bescheinigen. Es sei sittenwidrig, solche Vorwürfe ohne einigermaßen gesichertes Beweismaterial einem Millionenpublikum nahezubringen.

Die bloße Tatsache, daß die Drittbeklagte das wirtschaftliche Risiko der "N*****-Zeitung" trägt bzw den wirtschaftlichen Erfolg dieses Mediums erhält, reiche für die Annahme, daß sie auch für Wettbewerbsverstöße im Betrieb der Erstbeklagten hafte, nicht aus.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin, nicht aber dem Rekurs der Erst- und der Zweitbeklagten Folge und erließ die einstweilige Verfügung gegen alle vier Beklagten; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Drittbeklagte sei die Verlegerin der "N*****-Zeitung", also diejenige, die das Erscheinen dieses Medienwerkes besorge. Sie habe demgemäß darüber zu entscheiden, ob das Medienwerk in Verkehr gebracht wird. In dieser Funktion treffe sie die Verpflichtung, das Medienwerk auf allfällige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Die Drittbeklagte habe zwar behauptet, daß sich ihre Tätigkeit nicht mit dem medienrechtlichen Verlegerbegriff decke, aber in erster Instanz nicht vorgebracht, daß sie die Medienstücke nicht in Verkehr bringe.

Damit, daß die Drittbeklagte das wirtschaftliche Risiko trägt und ihr die Anzeigen- und Verkaufserlöse zukommen, habe sie eine wesentliche Unternehmerfunktion inne, mit der üblicherweise die Befugnis verbunden sei, auf die Gestaltung des Mediums mindestens so weit Einfluß zu nehmen, als es darum geht, dem wirtschaftlichen Erfolg abträgliche Entwicklungen abzustellen.

Die inhaltliche Gestaltung und Herstellung des Medienwerkes durch die Erstbeklagte liege im geschäftlichen Interesse der Drittbeklagten, welcher auch der Nutzen daraus zukomme. Damit werde die Erstbeklagte gemäß § 18 UWG im Betrieb des Unternehmens der Drittbeklagten tätig.

Es sei anzunehmen, daß die Drittbeklagte das wirtschaftliche Risiko nicht übernommen hätte, wenn sie sich nicht gleichzeitig die Befugnis gesichert hätte, (zumindest) wirtschaftlich abträgliche Entwicklungen abzustellen. Die Übernahme des gesamten wirtschaftlichen Risikos ohne Sicherung einer solchen Befugnis widerspräche jeder üblichen Vorgangsweise; dies hätte daher von der Drittbeklagten ausdrücklich behauptet und bescheinigt werden müssen.

Es sei anzunehmen, daß die Drittbeklagte kraft ihrer Beziehungen zur Erstbeklagten die Möglichkeit habe, für die Abstellung der wettbewerbswidrigen Handlung zu sorgen. Damit seien alle Voraussetzungen erfüllt, die § 18 UWG für die Haftung des Unternehmensinhabers für die in seinem Betrieb von anderen begangenen wettbewerbswidrigen Handlungen aufstelle. Die Haftung der Dritt- und der Viertbeklagten sei daher zu bejahen.

Das Erstgericht habe ausreichend begründet, warum es den Vorwurf der Gesundheitsgefährdung und der Umweltbelastung durch das von der Klägerin verwendete Druckverfahren nicht als bescheinigt angenommen habe; die behauptete Nichtigkeit sei nicht gegeben. Das Erstgericht sei der Aussage der Auskunftsperson Prof.Dr.Werner Sobotka gefolgt, wonach es über gefährliche Rückstände beim Verbrennen von Zeitungspapier keine "gesicherte Aussage" gebe.

Diesen Beschluß bekämpfen die Erst- und die Zweitbeklagte wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens. Sie beantragen, die angefochtene Entscheidung und allenfalls auch den Beschluß des Erstgerichtes aufzuheben. Die Dritt- und die Viertbeklagte erheben Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes, soweit er die Dritt- und die Viertbeklagte betrifft, wieder hergestellt werde.

In den Revisionsrekursbeantwortungen beantragen die jeweiligen Rechtsmittelgegner, dem Rechtsmittel der anderen Seite nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs der Dritt- und Viertbeklagten ist berechtigt; der Revisionsrekurs der Erst- und Zweitbeklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs der Dritt- und der Viertbeklagten:

Nach dem Impressum der "N*****-Zeitung" vom 12.4.1992 (Beilage B) waren die Erstbeklagte Medieninhaberin und die Drittbeklagte Verlegerin dieses Medienwerks. "Medieninhaber" (Verleger) ist, wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt. Der Begriff des Medieninhabers bezieht sich somit auf Fälle, in denen die Massenherstellung oder Massenverbreitung von einem Unternehmen ausgeht. Trifft das nicht zu (etwa wenn das Medienwerk nur von einigen Personen ohne organisatorischen und technischen Aufwand herausgegeben wird), dann kommt der Begriff des "Verlegers" zum Tragen. Verleger ist derjenige, der das Erscheinen von Medienwerken besorgt (Hartmann-Rieder, KommzMedG 33). Wegen der inhaltlichen Gleichstellung der Begriffe "Medieninhaber" und "Verleger" kommt auch als Verleger nur in Betracht, wer - über die bloße Veranlassung oder Besorgung der Verbreitung eines Medienwerkes hinaus - an der inhaltlichen Gestaltung und Herstellung des Medienwerkes (zumindest) mitwirkt (EvBl 1984/31 = RZ 1983/46; MR 1986 H 2, 15). Wer (laut Impressum) Verleger einer Tageszeitung ist, von dem ist - mangels gegenteiliger Behauptungen oder Feststellungen (aber eben nur dann) - anzunehmen, daß er die in § 1 Z 8 MedG genannten Voraussetzungen (zumindest) teilweise erfüllt, also ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt, oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt (MR 1991, 20).

Da die Drittbeklagte zugegeben hat, als Verlegerin der "N*****-Zeitung" im Impressum dieses Mediums aufzuscheinen, trifft sie die Behauptungslast und die (Gegen-)Bescheinigungs- und Beweislast dafür, daß sie die medienrechtliche Funktion einer Verlegerin tatsächlich nicht ausübt, sondern ihr nur der wirtschaftliche Erfolg dieses Medienwerks zukommt und sie dessen wirtschaftliches Risiko trägt, mit dem Inverkehrbringen des Medienwerks und dessen inhaltlicher Gestaltung aber nichts zu tun hat. Ein solches Vorbringen haben die Drittbeklagte und die Viertbeklagte entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes erstattet. Die Drittbeklagte hat vorgebracht, daß ihr die Anzeigen- und Verkaufserlöse zukommen, das Tragen des wirtschaftlichen Risikos der "N*****-Zeitung" aber nichts mit dem Inhalt dieses Mediums zu tun habe, und sich dazu auf ein separates Bescheinigungsmittel berufen.

Es war daher verfehlt, daß das Rekursgericht als Teil der von der Drittbeklagten zugestandenen Verlegerfunktion auch das zum Verlegerbegriff gehörende Inverkehrbringen des Medienwerkes als zugestanden angesehen hat. Zum Inverkehrbringen von Medienstücken gehört auch das Besorgen der inhaltlichen Gestaltung (Hartmann-Rieder aaO 33). Nach den bisherigen Ergebnissen des Provisorialverfahrens kann aber nicht angenommen werden, daß die Drittbeklagte mit der inhaltlichen Gestaltung der "N*****-Zeitung" etwas zu tun hatte.

Aus dem - zugestandenen - Tragen des wirtschaftlichen Risikos der Erstbeklagten kann aber ohne jegliche Bescheinigungsergebnisse auch nicht auf ein bestimmtes Innenverhältnis zwischen den beteiligten Gesellschaften geschlossen werden. Insbesondere kann ohne Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge zwischen den beteiligten Gesellschaften nicht angenommen werden, daß die Drittbeklagte das wirtschaftliche Risiko der Erstbeklagten nicht übernommen hätte, ohne sich gleichzeitig die Befugnis zu sichern, den Inhalt der "N*****-Zeitung" vor dem Erscheinen derart zu prüfen, daß sie in der Lage wäre, wirtschaftlich abträgliche Entwicklungen rechtzeitig abzustellen.

Auch zu einer Haftung nach § 18 UWG hat die für diesen Rechtsgrund bescheinigungs- und beweispflichtige Klägerin keine zielführenden Behauptungen aufgestellt. Sie beruft sich nur darauf, daß die Drittbeklagte als Trägerin des wirtschaftlichen Risikos ihre eigentliche Konkurrentin sei, daß die Erstbeklagte durch ihre Behauptungen den Wettbewerb der Drittbeklagten als deren Gehilfin fördere und daß die Drittbeklagte den Wettbewerbsverstoß "geschehen lasse und nicht unterbinde". Daß die Handlung eines Dritten den geschäftlichen Interessen des Unternehmers nützt, reicht aber für die Annahme einer Haftung des Begünstigten nach § 18 UWG nicht aus (ÖBl 1991, 108; ÖBl 1991, 267 = MR 1991, 247); entscheidend für die Unternehmerhaftung - welche sich freilich auch auf das Einstehen für das Handeln selbständiger Gehilfen, also dritter Unternehmer, erstrecken kann - ist das Kriterium, daß der haftende Unternehmer die rechtliche Möglichkeit hat, die ihm zugutekommenden wettbewerbswidrigen Handlungen Dritter abzustellen. Wie weit diese Möglichkeit zwischen miteinander verflochtenen Gesellschaften besteht, hängt von den Beteiligungsverhältnissen ab; aus ihnen ergibt sich, ob und welche beteiligte Gesellschaft die andere beherrscht und dadurch auch auf das Abstellen von Wettbewerbsverstößen Einfluß nehmen kann (vgl dazu MR 1991, 162). Zu dieser Frage fehlt bisher ein Vorbringen der Klägerin. Die Dritt- und der Viertbeklagte haben in ihrer Rekursbeantwortung (AS 73) darauf hingewiesen, daß die Erstbeklagte Gesellschafterin der Dritt- und der Viertbeklagten, aber nicht umgekehrt sei.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften, insbesondere der §§ 1 und 7 UWG; sie begehrt aber nur das Verbot, über die Gesundheitsgefährdung durch die Tageszeitung "täglich Alles" die (im einzelnen angeführten) Behauptungen aufzustellen. § 7 UWG unterscheidet aber (ebenso wie § 14 dUWG und § 824 BGB) - anders als § 1330 Abs 2 ABGB (zum Begriff des Verbreitens im Sinne dieser Gesetzesstelle Reischauer in Rummel,

ABGB2, Rz 14 zu § 1330; SZ 34/159 = EvBl 1962/30 = ÖBl 1962, 91; SZ

50/86 = EvBl 1978/38 = ÖBl 1978, 3) - zwischen dem Behaupten und dem Verbreiten herabsetzender Tatsachen. "Behaupten" heißt, etwas aus eigenem Wissen mitteilen (JBl 1938, 78; ÖBl 1975, 33); "Verbreiten" ist die Weitergabe des von anderer Seite Gehörten an Dritte (Hohenecker-Friedl, Wettbewebsrecht 38; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16 Rz 16 zu § 14 dUWG 1170; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 114). Im Hinblick auf diese Unterscheidung kann daher das von der Klägerin beantragte Verbot nicht auch als Verbot des Verbreitens verstanden werden. Die Drittbeklagte wird daher für die Äußerungen der Erstbeklagten nur dann verantwortlich sein, wenn sie schon am Aufstellen der Behauptungen aus eigenem Wissen mitgewirkt hat, also an der inhaltlichen Gestaltung und Herstellung des Medienwerkes beteiligt war. Auch dazu werden auf Grund der beantragten Gegenbescheinigungsmittel der Dritt- und der Viertbeklagten Feststellungen zu treffen sein.

2. Zum Revisionsrekurs der Erst- und der Zweitbeklagten:

Da die Entscheidung über den Revisionsrekurs der Dritt- und der Viertbeklagten (im Sinne des Ausspruches der zweiten Instanz) von erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängt, ist auch der Revisionsrekurs der Erst- und der Zweitbeklagten zulässig, da alle vier Beklagten materielle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO sind (vgl Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 743 [747]; § 55 Abs 1 Z 2 und Abs 5 JN). Es kommt daher nicht darauf an, ob auch die Erst- und die Zweitbeklagte eine Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO geltend machen. Ihr Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt:

Diese beiden Beklagten rügen vermeintliche Verfahrensmängel erster Instanz, welche die zweite Instanz nicht als gegeben erkannt hat; die behaupteten Mängel sind damit einer weiteren Überprüfung entzogen. Außerdem bekämpfen sie die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, welche die Behauptungen der Erstbeklagten in der "N*****-Zeitung" zur angeblichen Umweltgefährdung der Tageszeitung der Klägerin nicht als erweislich wahr (§ 7 UWG) angesehen haben. Die Bekämpfung der Beweiswürdigung ist aber auch im Provisorialverfahren in dritter Instanz unzulässig. Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 393, 402 EO und § 52 ZPO.

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