Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf vier Jahre und fünf Monate erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 29.August 1969 geborene Thomas G***** wurde auf Grund des (anklagekonformen) Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens nach § 3 f VerbotsG schuldig erkannt. Darnach hat er am 10.November 1991 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit (dem rechtskräftig mitverurteilten) Christian B***** als Beteiligtem (§ 12 StGB) als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn
I. eine Brandstiftung versucht, indem er mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte Flaschen ("Molotowcocktails") gegen Wände und Fenster des I*****, schleuderte, und
II. eine schwere Sachbeschädigung vollbracht, indem er mit weißem Sprühlack fünf (im Urteilsspruch näher bezeichnete) Kraftfahrzeuge und das Gebäude des I***** mit Hakenkreuzen, (den Parolen) "Ausländer raus", "KF", "Sieg Heil" und mit Odalsrunen besprühte, wobei der Schaden an den Fahrzeugen und am Gebäude rund 450.000 S beträgt.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs. 1 Z 8, 9, 10 a und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Die mit Beziehung auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund behauptete Unrichtigkeit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung zum Tatbestandsmerkmal der Feuersbrunst im Sinn des § 169 Abs. 1 StGB sowie zum Begriff des Versuchs liegt nicht vor, weil die für Laien durchaus verständlichen Erläuterungen dieser Rechtsbegriffe (S 2 und 3 der Rechtsbelehrung der Geschwornen) der herrschenden Rechtsprechung und Lehre (vgl. insbesondere Leukauf-Steininger3 RN 5 f; Mayerhofer-Rieder3 ENr. 3 ff; Foregger-Serini5 Anm. III jeweils zu § 169 StGB) entsprechen. Inwiefern sie zur Beirrung der Geschwornen Anlaß hätten geben können, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.
Auch der in der Instruktionsrüge weiters erhobene, die Nichtberücksichtigung von Tatmodalitäten monierende und daraus die vermeintliche Unmöglichkeit der Herbeiführung einer Feuersbrunst ableitende Einwand der Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung versagt. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß Gegenstand der Rechtsbelehrung (§§ 321 Abs. 2, 323 Abs. 1 StPO) nur Rechtsbegriffe, nicht aber sich aus dem Beweisverfahren ergebende Umstände tatsächlicher Natur sein können und in der Rechtsbelehrung selbst auf Besonderheiten des Verfahrens in tatsächlicher Hinsicht nicht einzugehen ist (Mayerhofer-Rieder3 ENr. 14 und 15 zu § 345 Z 8 StPO); dies ist vielmehr Gegenstand der gemäß § 323 Abs. 2 StPO vom Vorsitzenden mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung.
Nicht beigetreten werden kann der Beschwerde auch insoweit, als sie aus der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO behauptet, die Antwort der Geschwornen auf die Hauptfrage 3 sei sowohl in sich widersprüchlich, weil darin nicht auf das zur Herbeiführung einer Feuersbrunst erforderliche Entzünden des brennbaren Flascheninhaltes Bezug genommen werde, als auch - unter Übergehung des in dieser Hauptfrage angenommenen Entwicklungsstadiums des Versuchs - unschlüssig, "da eine Feuersbrunst ohne Feuer natürlich überhaupt nicht stattfinden kann". Entgegen diesem Vorbringen gibt die Antwort auf die Hauptfrage 3 ein verläßliches Bild von der Meinung der Geschwornen, wobei die vom Beschwerdeführer relevierte Frage des absolut untauglichen Versuchs (nominell Z 9, sachlich Z 12) im Rahmen der Erledigung der Rechtsrüge erörtert werden wird.
Als nicht berechtigt erweist sich ferner die - zum Teil der Sache auf § 345 Abs. 1 Z 12 StPO gestützte - Tatsachenrüge (Z 10 a). Soweit sich die Beschwerde nämlich zunächst mit der Behauptung, daß die sogenannte "Kameradschaftsfront" (dessen führendes Mitglied der Angeklagte war) nie den Charakter einer politischen Partei oder Strömung hatte, gegen die Annahme einer Betätigung im nationalsozialistischen Sinn wendet, ist ihr zu entgegnen, daß tatbildlich im Sinn des § 3 f VerbotsG handelt, wer die in dieser Gesetzesstelle angeführten strafbaren Handlungen als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn versucht oder vollbringt, wobei nach ständiger Rechtsprechung als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn auch die propagandistische Verwendung typisch nationalsozialistischer oder dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten deutlich angenäherter Parolen oder Schlagworte sowie nationalsozialistischer Symbole in der Weise anzusehen ist, daß darin die verpönten Zielsetzungen und Wertvorstellungen des Nationalsozialismus zum Ausdruck kommen (SSt. 57/40 = EvBl. 1987/40). Ein derartiges, den spezifischen Tatbestanderfordernissen entsprechendes, weil am nationalsozialistischen Gedankengut orientiertes Verhalten des Angeklagten ist aber aus den aktenkundigen Beweisergebnissen, insbesondere seiner eigenen Verantwortung (vgl. I/99, 119, 123, II/19) ableitbar, sodaß die ins Treffen geführten Argumente weder einzeln noch im Zusammenhalt geeignet sind, Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Natur - gegen die den Schuldspruch tragenden Feststellungen des Wahrspruchs zu erwecken.
Die Rechtsrüge (Z 12) verfehlt mit dem Ziel der Subsumtion des zu I. ergangenen Schuldspruchs als (bloße) Sachbeschädigung insoweit eine prozeßordnungsgemäße Darstellung, als sie nicht auf sämtliche Aktivitäten des Angeklagten Bedacht nimmt, nur einen Teil derselben ("bloßes Andiewandwerfen von mit brennbarer Flüssigkeit gefüllten Flaschen") in verfälschender Verkürzung aus dem Kontext löst und weitere vom Wahrspruch umfaßte Tathandlungen, nämlich das Schleudern von mit brennbarer Flüssigkeit gefüllten Flaschen ("Molotowcocktails") - auch - gegen Fenster des I***** ignoriert. Im übrigen verkennt sie die Voraussetzungen eines (straflosen) absolut untauglichen Versuches (§ 15 Abs. 3 StGB), der nur dann vorliegt, wenn es nach der Art der Handlung oder des Objektes bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtung geradezu denkunmöglich erscheint, daß es jemals zur Vollendung der Tat kommt (EvBl. 1987/5 = RZ 1986/77 ua). Absolute Untauglichkeit der Handlung liegt sohin nur dann vor, wenn der angestrebte Erfolg (hier: eine Feuersbrunst) mit den zum Einsatz gebrachten Mitteln bei sachrichtiger Anwendung unter keinen wie immer gearteten Umständen erreicht werden kann, also überhaupt keine Erfolgschance besteht. Bloße Unzulänglichkeiten in der Ausführung, sowie die Anwendung nicht unbedingt und unter allen Umständen untauglicher Mittel, Methoden oder Kenntnisse entkleiden die inkriminierte Handlung - mag sie auch in concreto gescheitert sein - nicht ihres tatbildmäßigen Charakters. Daraus folgt aber, daß das dem Angeklagten zur Last gelegte Tatverhalten - Werfen von "Molotowcocktails" (laut Duden: mit Benzin [und Phosphor] gefüllte Flaschen, die als Handgranaten verwendet werden) unter anderem gegen die Fenster eines Gebäudes grundsätzlich zur Tatvollendung (Herbeiführung eines als Feuersbrunst zu beurteilenden Schadensfeuers) geeignet war, weil die - nach den Verfahrensergebnissen unbestrittenermaßen zumindest zum Teil in Brand gesetzten "Molotowcocktails" (vgl. I/45, 79, 99, 115, 117, 131, 147, 156; II/29, 34, 35, 36, 37) durch die Fenster in das Gebäudeinnere gelangen und die Moschee in Brand setzen, somit ein ausgedehntes Schadensfeuer entfachen sollten (vgl. I/99; II/41).
Soweit der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Rechtsrüge eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nach § 3 f VerbotsG bestreitet, ist er auf das bereits Gesagte zu verweisen. Das im Verdikt der Geschwornen festgestellte Verhalten des Angeklagten ist somit nicht mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten "Subsumtionsirrtum" behaftet.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 3 f (zu ergänzen: erster Strafsatz) VerbotsG unter Anwendung des § 41 (Abs. 1 Z 1) StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Dabei wertete es drei Vorstrafen, den raschen Rückfall, die Bestimmung des Christian B***** zur Tat, seine führende Beteiligung daran sowie die Beschaffung neonazistischer Schriften aus dem Ausland, deren Verteilung und das Vorhaben, dem Nationalsozialismus durch Gründung einer eigenen Organisation Vorschub zu leisten, als erschwerend, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, den Beitrag zur Wahrheitsfindung und den Umstand, daß es hinsichtlich der Brandstiftung beim Versuch blieb.
Diesen Strafausspruch bekämpfen beide Prozeßparteien mit Berufungen. Während die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Erhöhung des Strafausmaßes mit generalpräventiven Erfordernissen und mangelnden Voraussetzungen für eine so weitgehende Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung, wie sie das Geschwornengericht für angemessen hielt, begründet, strebt der Angeklagte unter Hinweis auf den vermeintlich geringen Unrechtsgehalt der Taten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung sind - auch unter Berücksichtigung des nur zur Sachbeschädigung abgelegten Geständnisses - keine verläßlichen Anhaltspunkte für eine nunmehr anzunehmende distanzierte Haltung des Angeklagten zum Nationalsozialismus erkennbar. Bei der aktuellen Sachkonstellation, insbesondere der von einschlägiger Aggressionsbereitschaft geprägten Täterpersönlichkeit und der durch das Ziel, derzeit in Deutschland aktuelle radikale Exzesse auch in Österreich herbeizuführen, gekennzeichneten Tatbestandsverwirklichung erweist sich die Annahme eines beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe und der begründeten Aussicht, der Täter werde keine weiteren strafbaren Handlungen begehen (§ 41 Abs. 1 StGB), nur in einem eingeschränkten Ausmaß vertretbar. Spezial- und generalpräventive Gründe machen vielmehr die von der Staatsanwaltschaft beantragte Erhöhung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe erforderlich; ihnen trägt bei der hier aktuellen Strafdrohung (Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren !) ein in immer noch beträchtlicher außerordentlicher Strafmilderung (§ 41 Abs. 1 Z 1 StGB) geschöpftes Strafausmaß von vier Jahren und fünf Monaten noch in angemessener Weise Rechnung.
Daß das - wie dargelegt - einschlägig getrübte Vorleben des Angeklagten den Widerruf der im Verfahren AZ 2 d E Vr 1484/90 des Jugendgerichtshofes Wien gewährten bedingten Strafnachsicht zwingend nach sich zu ziehen hat, bedarf nach Lage des Falles keiner näheren Erörterung. Damit erwies sich auch die Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluß als nicht berechtigt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)