Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafaussspruch (einschließlich des Ausspruches über die Kostenentscheidung) aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Kadir Ö***** wird für das Verbrechen nach § 12 dritter Fall StGB, § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SuchtgiftG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB nach § 12 Abs 3 SuchtgiftG unter Bedachtnahme auf § 5 Z 4 JGG zu 1 (einem) Jahr Freiheitsstrafe sowie gemäß den §§ 389, 390 a StPO zum Ersatz der Kosten des gesamten Strafverfahrens verurteilt.
Gemäß § 38 StGB wird die vom Angeklagten erlittene verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft und die Untersuchungshaft vom 26.Feber 1992, 17,05 Uhr, bis 12.März 1992, 15,30 Uhr, auf die Strafe angerechnet.
Der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht wird aus der angefochtenen Entscheidung übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden) Urteil wurde der am 25.Oktober 1973 geborene, damals noch jugendlich gewesene türkische Staatsbürger Kadir Ö***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG als Beteiligter nach § 12 (dritter Fall) StGB in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB schuldig erkannt, weil er am 26.Februar 1992 (nach den Entscheidungsgründen auch am 22.Februar 1992) in Lustenau mit den abgesondert verfolgten Necati C***** und Yasan Ö***** 1,5 kg Heroin durch Verkauf in Verkehr zu setzen versuchte, indem er beim Verkaufsgespräch dolmetschte und bei der Übergabe des Suchtgifts als Dolmetscher zur Verfügung stehen wollte.
Rechtliche Beurteilung
Seine dagegen erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Die Rechtsrüge macht zunächst (Z 9 lit b) geltend, das Verfahren wäre vom erkennenden Gericht gemäß § 9 JGG vorläufig einzustellen gewesen. Dies indes zu Unrecht, weil eine solche vorläufige Einstellung des Strafverfahrens wegen einer Jugendstraftat das kumulative Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erfordert, und zwar, daß der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, die Schuld nicht als schwer anzusehen und eine Bestrafung nicht geboten wäre, um den Beschuldigten von strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 9 Abs 1 erster Satz JGG). Wenn der Beschwerdeführer die Tatschuld unter Hinweis auf seine Verantwortung vor dem Landesgendarmeriekommando (S 139) nicht als schwer einstufen möchte, weil er darnach unter dem Eindruck einer Morddrohung seines Onkels, des abgesondert verfolgten Necati C*****, die Polizei nicht verständigt habe, so weicht er von den Urteilsfeststellungen ab, denen zufolge seine Mitwirkung bewußt und gewollt sowie freiwillig geschah und eine in irgend einer Weise relevante Drohung, welche einen entscheidenden Einfluß auf die Mitwirkung des jugendlichen Angeklagten gehabt hätte, von Necati C***** nicht gefallen ist (S 290, 291). Dieser vom Beschwerdeführer als für die Bewertung seiner Schuld besonders bedeutsam hervorgehobene Umstand lag somit der Entscheidung des Schöffengerichtes gar nicht zugrunde.
Aus der vom Angeklagten gegen die Beurteilung seiner Schuld durch das Schöffengericht ins Treffen geführten Urteilsannahme, wonach er erst im Verlauf seiner Dolmetschtätigkeit am 22.Feber 1992 erkannt habe, daß über den Verkauf von 1 1/2 kg Heroin verhandelt wurde, läßt sich der Mangel schwerer Schuld ebensowenig ableiten, weil diese bereits aus dem Handlungs- und Gesinnungsunwert, der in der Mitwirkung am Verkauf eines selbst für eine "übergroße Menge" außergewöhnlichen Suchtgiftquantums im Zeitraum vom 22. bis 26.Feber 1992 zum Ausdruck kommt, hervorgeht. Jedenfalls muß dies für die spruchmäßig festgestellte Tatzeit (26.Feber 1992) gelten, weil sich der Angeklagte zu den dafür angesetzten Verhandlungen zur Übergabe des Suchtgiftes in voller Kenntnis des bevorstehenden Tatablaufes begab. Die ungeachtet einer mehrtägigen Überlegungszeit gezeigte Bereitschaft zu weiterer intensiver Mitwirkung an dem Suchtgiftverbrechen gebietet zudem die Bestrafung des damals noch jugendlich gewesenen Angeklagten aus spezialpräventiven Gründen (im Sinne der letzten Voraussetzung des ersten Satzes des § 9 Abs 1 JGG).
Ebensowenig berechtigt ist die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte, auf eine Tatbeurteilung nach § 14 a SGG abzielende Rechtsrüge. Die Tat der abgesondert verfolgten Erwachsenen (Inverkehrsetzen von Suchtgift), zu der der Angeklagte beitrug, war bereits bis zu einer der Ausführung der Tat unmittelbar vorangehenden Handlung gediehen, weil, den tatrichterlichen Feststellungen zufolge (S 288, 289), das Verkaufsangebot vom unbekannt gebliebenen Kaufinteressenten angenommen worden war und die Übergabe des vom Käufer bereits besichtigten Suchtgiftes gegen Aushändigung des Kaufpreises unmittelbar bevorstand. Das Tatvorhaben war damit objektiv bereits ins Versuchsstadium getreten. Die Förderung durch den Angeklagten stellt den gemäß § 12 dritter Fall StGB strafbaren Tatbeitrag zum unmittelbar bevorstehenden Inverkehrsetzen des Suchtgiftes her. Eine Unterstellung des Verhaltens des Angeklagten unter § 14 a SGG ist schon angesichts der (ausdrücklichen) Subsidiarität dieses Vergehenstatbestands im Verhältnis zum Verbrechen nach § 12 SGG verwehrt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Allerdings ist das Urteil zum Nachteil des Angeklagten mit der nicht geltend gemachten, gemäß § 290 Abs 1 (zweiter Satz erster Fall) StPO von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Nichtigkeit des § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet. Das Erstgericht hat nämlich bei Bemessung der Strafe nach § 12 Abs 3 StGB die für die Ahndung von Jugendstraftaten geltende Sonderbestimmung des § 5 Z 4 JGG, wonach das Höchstmaß der den Erwachsenen angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafe (hier 15 Jahre) auf die Hälfte herabgesetzt wird und ein Mindestmaß entfällt, nicht angewendet. Es war daher das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben und insoweit mit einer Neubemessung der Strafe unter Anwendung der genannten Sonderbestimmung des materiellen Jugendstrafrechtes vorzugehen. Dabei waren das die "übergroße Menge" um ein Vielfaches übersteigenden Quanten des Suchtgiftes, das verhandelt werden sollte, sowie die Wiederholung des Tatbeitrages erschwerend, mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, sein Geständnis, der Umstand, daß die Tat, zu der er beitrug, beim Versuch geblieben war, daß er sie unter dem Einfluß eines ihm nahestehenden Dritten begangen hat und daß er daran nur in untergeordneter Weise beteiligt war. Die mit einem Jahr bemessene Freiheitsstrafe wird dem in der Tat verkörperten Unrecht und dem darauf bezogenen Verschulden des Angeklagten gerecht.
Der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht war aus der angefochtenen Entscheidung zu übernehmen. Die dargestellten Erschwerungsgründe schließen ein Vorgehen nach den §§ 12 bzw 13 JGG aus. Von einer Geldstrafe nach § 12 Abs 5 SuchtgiftG wurde vom Erstgericht zu Recht abgesehen, zumal sie das Fortkommen des Angeklagten gefährden könnte (§ 5 Z 6 JGG).
Die vom Schöffengericht unterlassene Vorhaftanrechnung war anläßlich der Neubemessung der Strafe, auf welche der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen war, nachzuholen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)