OGH 2Ob52/92

OGH2Ob52/9225.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und wiederaufnahmsbeklagten Partei Dagmar C*****, vertreten durch Dr.Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wider die beklagten und wiederaufnahmsklagenden Parteien 1.) Oliver K*****, und

2.) E***** Versicherung*****, *****, beide vertreten durch Dr.Hans Peter Benischke und Dr.Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wegen

S 43.868,58 s.A., infolge Rekurses der klagenden und wiederaufnahmsbeklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 17.September 1992, GZ 5 R 151/92-13 , womit die Berufung der klagenden und wiederaufnahmsbeklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 17.Februar 1992, GZ 2 C 76/92x-4, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Rekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung aufgetragen.

Auf die Kosten des Rekurses ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.

Die Rekursbeantwortung der beklagten und wiederaufnahmsklagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende und wiederaufnahmsbeklagte Partei (im folgenden: Klägerin) begehrte mit ihrer Klage von den beklagten und wiederaufnahmsklagenden Parteien (im folgenden: Beklagte) als Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall Reparaturkosten von S 35.288,58, Abschleppkosten von S 580,-- und Wertminderung von S 8.000,--, insgesamt daher S 43.868,58.

Die Beklagten wendeten ein, die Klägerin habe den Unfall allein verschuldet. Außerdem wendeten die Beklagten den am Fahrzeug des Erstbeklagten entstandenen Schaden aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht sprach mit Urteil vom 18.11.1991, 2 C 1851/91z-11 - ausgehend von einer Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 - aus, daß die Forderung der Klägerin mit S 21.934,29 und die eingewendete Gegenforderung mit S 9.000,-- zu Recht bestehe und die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, der Klägerin einen Betrag von S 12.934,29 samt Zinsen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 30.934,29 samt Zinsen wurde abgewiesen. Dieses Urteil wurde dem Klagevertreter am 10.12.1991 zugestellt.

Am 16.1.1992 brachten die Beklagten eine Wiederaufnahmsklage ein, in der sie vorbrachten, sie hätten erst jetzt erfahren, daß die Klägerin die Reparaturkosten mit Ausnahme eines Selbstbehaltes von S 1.764,45 vom Kaskoversicherer erhalten habe. Die Klägerin habe daher nur Anspruch auf Ersatz dieses Betrages sowie der Hälfte der Abschleppkosten und der Wertminderung, insgesamt auf S 6.054,45. Da die Gegenforderung bis zu dieser Höhe ebenfalls zu Recht bestehe, sei das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Das Erstgericht bewilligte mit Urteil vom 17.2.1992, 2 C 76/92x-4, die Wiederaufnahme, hob das Urteil vom 18.11.1991, 2 C 1851/91z, auf, und erkannte im wiederaufgenommenen Verfahren dahin zu Recht, daß die Forderung der klagenden Partei mit S 6.054,45 sA zu Recht und die eingewendete Gegenforderung in dieser Höhe ebenfalls zu Recht bestehe und das Klagebegehren von S 43.868,58 daher abgewiesen werde. Dieses Urteil wurde dem Klagevertreter am 25.2.1992 zugestellt.

Das Berufungsgericht wies die von der Klägerin am 24.3.1992 eingebrachte Berufung zurück (die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über die Berufung der Beklagten ist nicht Gegenstand des Rekursverfahrens). Es führte aus, die Klägerin habe das im Vorprozeß erflossene Urteil unbekämpft gelassen. Nach § 547 Abs.1 ZPO habe aber die Erhebung einer Wiederaufnahmsklage in bezug auf den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der angefochtenen (auch der noch nicht rechtskräftigen) Entscheidung keine hemmende Wirkung, sofern nicht nach den vorstehenden (§§ 544, 545 und 546) Bestimmungen infolge Einbringung der Wiederaufnahmsklage eine Unterbrechung eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens angeordnet werde. Mangels Anfechtung der Entscheidung des Vorprozesses sei aber die darin ausgesprochene Verschuldensteilung in Rechtskraft erwachsen. Die dieselbe bekämpfende Berufung der Wiederaufnahmsbeklagten wende sich somit gegen einen von der Wiederaufnahmsklage nicht umfaßten Teil des Urteiles im Vorprozeß und erweise sich somit als verspätet.

Die Klägerin bekämpft diesen Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt, dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die beklagten Parteien haben eine Rekursbeantwortung erstattet, in der sie die Ansicht vertreten, der Rekurs sei unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekursbeantwortung ist unzulässig, weil kein Fall des § 521a ZPO vorliegt (EFSlg. 57.848). Obwohl der Entscheidungsgegenstand S 50.000,-- nicht übersteigt, ist der Rekurs gemäß § 519 Abs.1 Z 1 ZPO zulässig (ZVR 1992/26; EvBl. 1992/8 ua). Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Das Erstgericht hat mit seinem Urteil vom 17.2.1992, 2 C 76/92x-4, über das gesamte Klagebegehren entschieden, es hat sich in den Entscheidungsgründen auch neuerlich mit der Verschuldensteilung auseinandergesetzt (die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Berufung der Beklagten, das Erstgericht habe sich erkennbar nur auf die Höhe des tatsächlichen Fahrzeugschadens der Klägerin unter Berücksichtigung des Kaskoentschädigungsbetrages beschränkt, sind aktenwidrig). Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen dieses Urteil des Erstgerichtes, nicht aber gegen jenes vom 18.11.1991, 2 C 1851/91z-11. Sie wurde somit innerhalb der Berufungsfrist des § 464 Abs.1 ZPO eingebracht, weshalb es verfehlt war, sie als verspätet zurückzuweisen. Dies auch dann, wenn die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig wäre, daß die Verschuldensaufteilung mangels Anfechtung des ersten Urteiles in Rechtskraft erwachsen sei (der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung zu dieser Frage nicht Stellung zu nehmen, sondern nur zu erörtern, ob die Berufung der Klägerin verspätet eingebracht wurde oder nicht).

Der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem die Berufung der Klägerin zurückgewiesen wurde, war daher aufzuheben, das Berufungsgericht hat über diese Berufung neuerlich zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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