OGH 9ObA236/92

OGH9ObA236/9211.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Rupert Gnant als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** G*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei L***** K*****, *****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 298.355,57 S brutto und 79.666,66 S netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.März 1992, GZ 34 Ra 151/91-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30.April 1991, GZ 4 Cga 3025/89-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1) den

Beschluß

gefaßt:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes richtet, zurückgewiesen.

2) Zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 11.376 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.896 S Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes wendet, ist sie darauf hinzuweisen, daß auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen die Entscheidungen der Gerichte zweiter Instanz im Kostenpunkt nicht bekämpfbar sind.

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Was die rechtliche Beurteilung betrifft, genügt es, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Da insbesondere im Vertrag vom 17.August 1988, Beilage B deutlich zum

Ausdruck gebracht wurde, daß der Kläger am 1.Oktober 1988 oder früher

in ein Angestelltenverhältnis mit der beklagten Gesellschaft mbH

eintreten werde, auch der Vertrag vom 31.August 1988 mit L*****s

K***** *****gesellschaft mbH überschrieben ist und es sich bei dem

mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrag überdies um ein

unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft handelte, gehen die Ausführungen

der Revisionswerberin, der Arbeitsvertrag sei nicht mit der beklagten

Partei sondern mit L***** K***** persönlich zustandegekommen, ins

Leere (vgl JBl 1985, 616 [zustimmend Hügel] = SZ 57/198 = RdW 1985,

211; RdW 1985, 337; JBl 1989, 39 = GesRZ 1989, 44).

Soweit die Revisionswerberin ins Treffen führt, der Kläger habe unbefugt den unversperrten Aktenkoffer des Geschäftsführers der beklagten Partei geöffnet und daraus Gegenstände entnommen, ist dem zu erwidern, daß der Kläger nur jene Gegenstände entnommen hat, die aus seinem zuvor vom Geschäftsführer der beklagten Partei an sich genommenen und geöffneten Aktenkoffer fehlten. Da das pflichtwidrige Verhalten des Klägers daher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorangegangenen pflichtwidrigen Verhalten des Geschäftsführers der beklagten Partei stand und der Abwehr der Folgen dieses der beklagten Partei zuzurechnenden pflichtwidrigen Verhaltens diente, kann dem Kläger ein die Entlassung rechtfertigender Schuldvorwurf nicht gemacht werden (siehe Kuderna, Entlassungsrecht 44; Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, Angestelltengesetz7, 592; ZAS 1989, 195 [zustimmend Jabornegg]). Das Vergessen seines Aktenkoffers auf dem Messestand der beklagten Partei nach einem Arbeitseinsatz von 6.30 Uhr früh bis 20 Uhr abends war eine entschuldbare Fehlleistung, wie sie jedem auch sorgfältigen Menschen einmal unterlaufen kann; diese Unachtsamkeit rechtfertigte daher weder die Entlassung des Klägers noch auch das Verhalten des Geschäftsführers der beklagten Partei, der überdies wahrheitswidrig erklärte, er wisse nicht, wo sich der Aktenkoffer des Klägers befinde. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, war das Verhalten des Klägers auch unter Berücksichtigung seiner leitenden Stellung bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nicht als so schwerwiegend anzusehen, daß das Vertrauen des Arbeitgebers soweit erschüttert wurde, daß ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Kündigungsfrist unzumutbar gewesen wäre.

Soweit die Revisionswerberin davon ausgeht, der Kläger habe gewußt, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei mit ihm am Freitagnachmittag sprechen wollte, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen für den 7.April 1989 keine Besprechung vorgesehen war.

Was schließlich den Kündigungstermin des Arbeitsverhältnisses betrifft, übergeht die Revisionswerberin den Umstand, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei noch am 13.März 1989 telefonisch erklärte, er habe das mit Telefax übermittelte Schreiben erhalten, die vom Kläger gewünschte Auflösung zum 30.April 1989 komme nicht in Frage, weil dies zu knapp sei. Da der Geschäftsführer der beklagten Partei bei diesem Gespräch weder einen anderen Kündigungstermin genannt noch ein persönliches Gespräch im Sinne des vom Kläger schriftlich geäußerten Wunsches in Aussicht gestellt hat, mußte der Kläger davon ausgehen, daß sein Anbot abgelehnt wurde und es mangels Zustimmung des Arbeitgebers zu einem früheren Auflösungstermin bei dem nach Vertrag (6 Monate Kündigungsfrist) und Gesetz nächstmöglichen Kündigungstermin 30.September 1989 bleibe.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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