OGH 13Os71/92

OGH13Os71/9211.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Klaus K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der Amtsanmaßung nach dem § 314 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3.Februar 1992, GZ 11 Vr 3302/90-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Klaus K***** wurde mit dem angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang der Vergehen der Amtsanmaßung nach dem § 314 StGB und der versuchten Urkundenunterdrückung nach den §§ 15, 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Ihm wird angelastet, sich am 19.November 1990 in Straßhof gegenüber Jakob W***** als vom Finanzamt kommend, um, wie schon von einem anderen Finanzbeamten angekündigt, Sparbücher zur Überprüfung abzuholen, ausgegeben und sich damit W***** gegenüber die Ausübung eines öffentlichen Amtes, nämlich die Stellung eines Finanzbeamten angemaßt (II/1 des Schuldspruches) sowie durch die Aufforderung zur Ausfolgung von Sparbüchern versucht zu haben, Urkunden, über die er nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz zu unterdrücken, zu verhindern, daß sie für die Dauer der Entziehung im Rechtsverkehr vom Berechtigten zum Beweise der sich daraus ergebenden Verhältnisse gebraucht werden (II/2).

Mit demselben Urteil ist auch Robert L***** der Vergehen der Amtsanmaßung als unmittelbarer Täter nach dem § 314 StGB und als Bestimmungstäter nach § 12 StGB (I/1 und 2) sowie der vollendeten Urkundenunterdrückung als Bestimmungstäter nach den §§ 12, 229 Abs 1 StGB (I/3) schuldig erkannt worden, weil er sich einerseits W***** gegenüber zunächst selbst als Finanzbeamter ausgegeben und sich dadurch Einsicht in dessen Sparbücher verschafft hatte und andererseits Klaus K***** zu dessen Straftaten gegenüber W***** bestimmte.

Rechtliche Beurteilung

Robert L***** ließ das Urteil in Rechtskraft erwachsen. Klaus K***** wendet sich gegen die ihn treffenden Schuldsprüche mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; dies jedoch zu Unrecht.

Die Mängelrüge (Z 5) wirft dem Urteil, zusammengefaßt wiedergegeben, Aktenwidrigkeit und Widersprüchlichkeit vor. Aus den Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen könne nicht abgeleitet werden, daß sich der Beschwerdeführer als Finanzbeamter ausgegeben oder Bezug auf den vorhergehenden Besuch des sich als Finanzbeamten gerierenden L***** genommen habe. Damit könne auch nicht begründet werden, daß sich der Angeklagte als dessen Kollege ausgegeben habe. Das Erstgericht beziehe sich zu Unrecht auf teilweise Widersprüche in den Angaben der Zeugen, diese hätten vielmehr in der Hauptverhandlung alle gleichlautend ausgesagt.

Die Beschwerdeausführungen, aus den Zeugenaussagen habe sich ergeben, daß der Angeklagte keinen Bezug zum vorhergehenden Besuch des L*****, der sich als Finanzbeamter ausgab, bei W***** hergestellt habe, gehen an dem Umstand vorbei, daß bereits durch die in der Beschwerde selbst wiedergegebene Aussage des Zeugen W***** in der Hauptverhandlung (AS 321), K***** habe gesagt, er komme die Sparbücher holen, ein solcher Bezug zum Ansinnen des L***** hergestellt wurde, der angekündigt hatte, ein anderer Finanzbeamter werde die von ihm selbst eingesehenen Sparbücher zur Überprüfung holen. Eine Aktenwidrigkeit ist auch nicht darin zu erblicken, daß die Tatrichter gestützt auf Angaben des Zeugen W***** konstatierten, K***** habe sich als Kollege des L***** bezeichnet. Das Schöffengericht bezieht sich in diesem Zusammenang auf differierende Aussagen dieses Zeugen in den verschiedenen Verfahrensstadien (US 11). Es hat damit ausdrücklich dessen Aussagen im Vorverfahren in seine Erwägungen einbezogen (Gendarmerie AS 115, Untersuchungsrichter ON 24, Verlesung AS 323), die er in der Hauptverhandlung ausdrücklich aufrecht erhielt (AS 321) und denen er lediglich hinzufügte, K***** habe "weiters keinen Bezug" auf den Kollegen genommen (AS 322).

Zur angelasteten Amtsanmaßung ist nicht Voraussetzung, daß sich der Täter selbst ausdrücklich als Beamter bezeichnet. Da der Beschwerdeführer, wie das Urteil mängelfrei (gestützt vor allem auf die Verantwortung des Mitangeklagten L***** sowie auf die Angaben des Jean Pierre G*****, US 11) feststellt, vorsätzlich die Rolle des Finanzbeamten spielte, die ihm L***** zugedacht hatte, haften die geltend gemachten Begründungsmängel der angefochtenen Entscheidung nicht an.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) unterläßt den dafür notwendigen Vergleich der erstrichterlichen Sachverhaltsfeststellungen mit dem auf den Beschwerdeführer angewendeten Strafgesetz. Entgegen den Beschwerdeausführungen wurde in der den ersten Rechtsgang in diesem Verfahren betreffenden (aufhebenden) Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (13 Os 82/91) lediglich ausgeführt, daß unter dem Aspekt der Annahme einer Betrugstat straflose Vorbereitungshandlungen vorliegen. Dies trifft jedoch keineswegs auf den Versuch, Urkunden zum Zweck der Unterdrückung zu erlangen, zu. Die Beschwerde läßt in diesem Zusammenhang die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen außer acht, daß der Angeklagte mit dem notwendigen Vorsatz (US 14) Jakob W***** mitteilte, er sei gekommen, um, wie angekündigt, die Sparbücher zu holen (US 7).

Soweit die Beschwerde absolute Untauglichkeit dieses Versuches reklamiert, bezieht sie sich unzulässigerweise auf die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil im ersten Rechtsgang (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 42 zu § 285). Sie bleibt mithin ohne jede Substantiierung, weswegen der Versuch des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs 1 StGB absolut untauglich gewesen sein sollte, und entzieht sich schon damit unter diesem Blickwinkel einer sachlichen Erörterung.

Der Beschwerdeführer geht zwar weiters in der Rechtsrüge richtigerweise davon aus, daß sowohl für den Rücktritt vom Versuch gemäß dem § 16 StGB als auch für die tätige Reue nach dem § 229 Abs 2 StGB Freiwilligkeit vorausgesetzt ist. Er vernachlässigt aber in diesem Zusammenhang die Feststellung des Erstgerichtes, daß er sich nur deshalb "wortlos wieder umgedreht hat" (Beschwerde AS 366) und damit von der weiteren Tatausführung Abstand nahm, weil Jakob W***** ihm vorhielt, daß aufgrund einer von ihm beim Finanzamt eingeholten Auskunft alles nicht stimme und nicht mit rechten Dingen zugehe, worauf der Beschwerdeführer wegen dieses Vorhaltes nervös wurde (US 7, 8).

Die Rechtsrüge verneint ferner die Erfüllung des Tatbestandes der Amtsanmaßung nach dem § 314 StGB. Auch in diesem Fall übergeht sie den Urteilssachverhalt, daß sich der Angeklagte gegenüber W***** ausdrücklich als Kollege des vor einer Woche erschienenen Mannes (L*****, der sich als Finanzbeamter vorgestellt hatte) ausgab und damit jedenfalls konkludent den Eindruck erweckte, (gleichfalls) ein Finanzbeamter zu sein, der mit der Abnahme der Sparbücher eine Handlung vornehmen werde, die nur kraft öffentlichen Amtes vorgenommen werden kann (US 13 und 14). Die Beschwerde erschöpft sich dabei in den Hinweisen, der Angeklagte habe sich einerseits kein öffentliches Amt angemaßt, andererseits wäre auch ein Finanzbeamter nicht in der Lage, Sparbücher abzuverlangen, und übergeht damit eindeutige Urteilskonstatierungen, weswegen sie auch diesfalls nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt wird, weil sie nicht die Tatsachenannahmen der Erstrichter zur Grundlage nimmt (§ 288 Z 3 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde mußte daher insgesamt versagen. Sie war mithin schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), im übrigen aber als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die zugleich erhobene Berufung ist damit der Gerichtshof zweiter Instanz berufen.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte