OGH 8Ob7/91

OGH8Ob7/9129.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH., ***** vertreten durch Dr.Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, gegen die beklagte Partei Dr.Hans Eckhard R***** wegen S 59.105,16 sA., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Dezember 1990, GZ 4 R 157/90-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 12. April 1990, GZ 8 a Cg 100/89-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

In Abänderung des berufungsgerichtlichen Urteiles wird das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt.

Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.164,-- bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.194,-- Ust. und S 5.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 5.2.1988 wurde über das Vermögen nachgenannter Firmen, die im folgenden als K*****-Gruppe bezeichnet werden, das Ausgleichsverfahren beim Landesgericht Salzburg eröffnet und der Beklagte zum Ausgleichsverwalter bestellt: B***** HandelsgmbH. (Sa 2/88), K***** HandelsgmbH. (Sa 4/88), K***** HandelsgmbH & Co KG (Sa 5/88), K***** Handelsges.m.b.H (Sa 6/88), S***** Handelsges.m.b.H (Sa 7/88) und J***** Handelsges.m.b.H (8/88).

Während des Ausgleichsverfahrens war Dr.Roman P***** Geschäftsführer der Unternehmen der K*****gruppe. Zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs richtete der Beklagte als Ausgleichsverwalter Anderkonten für die einzelnen Unternehmen ein, für die er und Dr.P***** jeweils einzelzeichnungsberechtigt waren und über die der gesamte Zahlungsverkehr der einzelnen Unternehmen abgewickelt wurde.

Die klagende Partei meldete durch den Kreditschutzverband von 1870 (KSV) den Eigentumsvorbehalt an von ihr gelieferten Waren an. Mit Schreiben vom 11.3.1988 teilte der Beklagte dem KSV mit: "Firma S***** GmbH, *****: der Eigentumsvorbehalt wird anerkannt. Auch hier gilt das zur Firma H***** Gesagte". Zu der Forderung der Firma H***** hatte der Beklagte eingangs dieses Schreibens ausgeführt: "Mit einer Rückstellung der Ware ist die Ausgleichschuldnerin jedoch nicht einverstanden. Vielmehr wird die Ausgleichsschuldnerin die vorhandenen Waren übernehmen und bezahlen. Dafür muß jedoch die Firma H***** in den jeweiligen belieferten Filialen Bestandlisten aufnehmen." Mit Schreiben vom 22.3.1988 teilte der KSV namens der Klägerin dem Beklagten die Einzelsummen der Forderungen in den sechs Ausgleichsverfahren mit dem Gesamtbetrag von S 65.672,40 mit und ersuchte, den Betrag an den KSV zur Überweisung zu bringen, womit das Aussonderungsbegehren als erledigt zu betrachten wäre. Daraufhin teilte der Beklagte dem KSV mit, daß es aus den Bestandaufnahmen nicht möglich sei, Zuordnung und Preise zu ersehen, sodaß entsprechende Bestandslisten auszustellen seien. Solche Listen wurden dem Beklagten am 28.4.1988 übermittelt. Der Ausgleich wurde am 29.4.1988 angenommen und am 17.5.1988 bestätigt. Nach Bestätigung des Ausgleiches ordnete das Ausgleichsgericht das fortgesetzte Verfahren an. Der Beklagte überwies in seiner Funktion als Ausgleichsverwalter 10 % der Gesamtforderung der klagenden Partei an diese. Noch am 26.7.1988 bestätigte der Beklagte in einem Telefonat mit einem Vertreter des KSV, daß der Aussonderungsanspruch an Hand der übermittelten Aufstellungen anerkannt und bezahlt werde. In der Folge traf er aber keine Veranlassungen dafür, daß die anerkannte Vorbehaltsware oder der Erlös aus ihrem Verkauf abgesondert und an die Klägerin geleistet werde. Am 16.8.1988 war von der streitgegenständlichen Vorbehaltsware nichts mehr vorhanden und auch der Erlös daraus nicht gesondert verwahrt. Da der Ausgleich nicht zu erfüllen war wurde am 6.9.1988 über die K*****-Gruppe der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei den Klagebetrag aus dem Titel des Schadenersatzes aufgrund der Bestimmungen der AO, der KO und des ABGB wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Beklagten. Dieser habe die Aussonderung anerkannt und die Bezahlung des Ersatzaussonderungsanspruchs zugesichert, sodaß es zu seinem Aufgabenbereich gehört hätte, diesbezüglich die Geschäftsführung des Ausgleichsschuldners zu überwachen und dafür zu sorgen, daß der Betrag auch tatsächlich ausbezahlt werde. Die Ersatzforderung der klagenden Partei stelle eine Geschäftsführungsforderung dar, die durch den Ausgleich nicht berührt werde und daher voll zu befriedigen sei. Dem Beklagten wäre eine Verfügung möglich gewesen, weil auf den von ihm angelegten gesonderten Konten sämtliche Umsätze angegangen seien.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und erwiderte, daß er in seiner Funktion als Ausgleichsverwalter nicht mit einem Masseverwalter gleichzustellen sei, weil der Ausgleichschuldner seine Handlungsfähigkeit behalte. Soweit sich die klagende Partei auf ein Anerkenntnis beziehe, habe er dieses nicht im eigenen Namen abgegeben, sondern darauf hingewiesen, daß die Ausgleichsschuldnerinnen Zahlung leisten würden. Entgegen der Klagebehauptung habe er nicht über die Geschäftskonten verfügt, sodaß ihn die Nichtauszahlung des Betrages nicht berühre. Da am 16.8.1988 keine Eigentumvorbehaltswaren mehr vorhanden gewesen sei, sei die Haftung als Masseverwalter ebenfalls nicht gegeben. Zu dieser Zeit habe er auch keine Zahlungen aus dem Titel der Ersatzaussonderungen mehr vornehmen können.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf § 30 Abs 3 AO, wonach der Ausgleichsverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht werden, verantwortlich und im Sinne des § 1299 ABGB ungeachtet des Umstandes, haftbar sei, daß der Schuldner im Ausgleichsverfahren hinsichtlich seiner Verfügungsmacht keine Einschränkung erleide. Im vorliegenden Falle sei die Erklärung des Beklagten vom 11.3.1988 der Grund dafür gewesen, daß die klagende Partei nicht ihr Aussonderungsrecht nach § 21 Abs 1 AO verfolgt, sondern sich auf den Ersatzaussonderungsanspruch gemäß § 21 Abs 2 AO beschränkt habe. Demgemäß hätte der Beklagte, der als Ausgleichsverwalter aufgrund seiner Erklärungen zur Wahrung der Gläubigerrechte der klagenden Partei verpflichtet gewesen wäre, sicherstellen müssen, daß ihr im Hinblick auf seine Verfügungsmacht auch über die Anderkonten der Ausgleichsschuldnerinnen der entsprechende Erlös aus dem Verkauf der Vorbehaltsware zukomme. Nach seiner am 26.7.1988 vorgenommenen telefonischen Bestätigung habe sich der Beklagte nicht darauf verlassen dürfen, daß der Geschäftsführer der Gesellschaften für die Abführung des Ersatzaussonderungsanspruches sorgen werde. Vielmehr hätte er selbst die entsprechenden Maßnahmen treffen und veranlassen müssen.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Beklagten Folge, wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es führte aus:

Unbestrittenermaßen sei die klagende Partei Aussonderungsgläubiger der späteren Gemeinschuldnerinnen. Aussonderungsrechte würden gemäß § 11 Abs 1 AO vom Ausgleich nicht berührt. Daß die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 AO vorgelegen wären, nämlich daß die Erfüllung der Aussonderungsansprüche die Fortführung der Ausgleichsschuldnerinnen gefährdet hätte, sei in erster Instanz nicht behauptet worden. Zu prüfen sei zunächst, ob der Beklagte als Ausgleichsverwalter auf Grund seiner Erklärung vom 11.3.1988 der klagenden Partei gemäß § 30 Abs 3 AO zu haften habe. Der Oberste Gerichtshof habe mehrfach ausgesprochen, daß Aussonderungsgläubiger ungeachtet des § 11 Abs 1 KO zu den Beteiligten im Sinne des § 81 Abs 2 und 3 KO zählten. Für eine unterschiedliche Auslegung des § 30 Abs 3 AO bestehe kein Grund. Gemäß § 30 Abs 1 AO habe der Ausgleichsverwalter neben der schon vom Erstgericht hervorgehobenen Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung des Ausgleichsschuldners dafür zu sorgen, daß das Vermögen möglichst nicht geschmälert und ein Unternehmen des Schuldners fortgeführt werde. Nach § 30 Abs 2 AO habe der Verwalter im Sinne des im Insolvenzverfahren geltenden Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber den Sonderinteressen einzelner Beteiligter die gemeinsamen Interessen zu wahren. Allerdings habe er auch grundsätzlich die Sonderrechte einzelner, wie etwa der Pfandgläubiger, zu hüten. Der Ausgleichschuldner behalte grundsätzlich seine volle zivilrechtliche Handlungsfähigkeit und verwalte sein Vermögen selbst. Es sei auch Sache des Schuldners, angemeldete Forderungen anzuerkennen oder zu bestreiten. Nur bei begründeten Bedenken habe der Ausgleichsverwalter nach § 32 Abs 4 AO ein selbständiges Bestreitungsrecht. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, daß er zur Befriedigung von Aussonderungsansprüchen oder zu sonstigen Erfüllungshandlungen selbst verpflichtet wäre, bzw. ihn eine Sorgepflicht hierfür treffe. Dementsprechend führten Bartsch-Pollak II 330 f aus, daß die Geltendmachung der Ansprüche bevorrechtigter Gläubiger oder von Aussonderungsberechtigten oder Absonderungsgläubigern den Ausgleichsverwalter ebensowenig bekümmere wie die Anspruchserhebung der Gläubiger von Geschäftsführungsforderungen. Der Verwalter habe weder mit der Einbringung noch mit der Versilberung der Aktiven noch mit der Verteilung des Erlöses an die Gläubiger etwas zu tun. Diesen Ausführungen pflichte das Berufungsgericht bei. Aus dem Umstand, daß der Beklagte nicht für die Erfüllung der Kaufpreisforderung der Klägerin gesorgt habe, ergebe sich demnach noch kein Schadenersatzanspruch gegen ihn. Daran ändere auch sein Schreiben vom 11.3.1988 nichts, denn in diesem habe er nur die Stellungnahme der Ausgleichsschuldnerinnen wiedergegeben, keinesfalls aber der klagenden Partei zugesagt, er selbst würde für die Bezahlung ihrer Forderungen sorgen. Die Unterlassung von Vorkehrungen dafür, daß die Kaufpreisforderung der klagenden Partei erfüllt würde, sei demnach nicht rechtswidrig gewesen. Es wäre an ihr gelegen, Schritte im Sinne des § 21 Abs 2 AO zu verlangen oder sich auf eine andere Art abzusichern. Die Weiterleitung der Stellungnahme des Geschäftsführers der Ausgleichsschuldnerinnen könne zwar bei der klagenden Partei bzw. deren Vertreterin dazu geführt haben, daß diese eine umgehende Zahlung erwarteten; ein Ausgleichsverwalter habe aber vorzüglich dafür Sorge zu tragen, daß die nichtbevorrechtigten Gläubiger eine möglichst hohe Ausgleichsquote erhielten und daß das Unternehmen fortgeführt würde. Das Verhalten des Beklagten habe daher weder eine über das gesetzliche Maß hinausgehende Pflicht zum Tätigwerden gegenüber den Ausgleichsschuldnerinnen noch eine weitergehende Haftung des Beklagten auslösen können. Gleiches gelte für seine Mitteilung an den KSV während des fortgesetzten Verfahrens. In seiner späteren Funktion als Masseverwalter habe der Beklagte zwar zugesagt, sich um die Bezahlung des Klageanspruches zu bemühen, daß er dies nicht getan habe, sei aber gar nicht behauptet worden. Auch der Umstand, daß der Beklagte als Masseverwalter den angeblichen Ersatzaus- sonderungsanspruch nicht berücksichtigt habe, biete keine Grundlage für einen Schadenersatzanspruch. Entgegen der Darstellung im erstgerichtlichen Urteil handle es sich bei dem über das Vermögen der Ausgleichsschuldnerinnen eröffneten Konkurs nicht um einen Anschlußkonkurs im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 1 KO, sodaß ein allfälliger Ersatzaussonderungsanspruch im Konkurs gemäß § 44 Abs 2 KO nicht mehr zu berücksichtigen gewesen sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrage, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerberin bringt vor, für die im § 30 Abs 1 AO genannte Entschließung der Gläubiger, also für das Verhalten bei der Stimmrechtsausübung, sei auch das Schicksal von Absonderungs- oder Aussonderungsansprüchen maßgebend. Habe sich der Ausgleichsverwalter nur Kenntnis über alle für diese Entschließung der Gläubiger wichtigen Umständen zu verschaffen, ohne sodann weiter Vorkehrungen treffen zu müssen, dann sei dies ein nutzloses Unterfangen. Auch im Rahmen der Überwachungspflicht müsse sich der Ausgleichsverwalter darum kümmern, ob anerkannte Aussonderungsansprüche, für die sogar schon die Zahlung zugesichert worden sei, erfüllt würden. Überhaupt müsse die tatsächliche Ausführung des vom Ausgleichsschuldner Angekündigten überwacht werden, zumal der Ausgleichsverwalter eben zB. die Rechte auch der Pfandgläubiger zu hüten habe, mit denen ein Aussonderungsberechtigter jedenfalls vergleichbar sei. Nach Ansicht der Revisionswerberin müsse daher ein Ausgleichsverwalter, der, wenn auch nicht im eigenen Namen, einen Aussonderungsanspruch des Schuldners anerkannt habe, sich um dessen weiteres Schicksal kümmern oder den Gläubiger von vornherein an den Ausgleichsschuldner verweisen. Auch im fortgesetzten Verfahren habe der Beklagte den Ausgleichschuldner zu überwachen und den Ersatzaussonderungsanspruch zu befriedigen gehabt, denn die Vorbehaltsware sei über ausdrückliches Verlangen des Schuldners und des Ausgleichsverwalters beim Schuldner zum Verkauf geblieben. Es würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, wenn man die Funktion des Ausgleichsverwalters auf die Anerkennung oder Bestreitung von Forderungen beschränken wolle, ohne daß ihn eine Pflicht zur weiteren Veranlassungen treffe. Es sei fahrlässig, Zusagen zu treffen und sich dann um deren Erfüllung nicht zu kümmern.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und gerechtfertigt.

Dem Ausgleichsverwalter weist § 30 Abs 1 AO im einzelnen genannten Aufgaben zu, so auch die Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners. Zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Handlungen muß der Schuldner unterlassen, wenn der Ausgleichsverwalter dagegen Einspruch erhebt (§ 8 Abs 2 AO). Der Ausgleichsverwalter kann insbesondere verlangen, daß alle einlaufenden Gelder nur von ihm übernommen werden und vorzunehmende Zahlungen oder andere Verpflichtungen nur von ihm zu leisten sind (§ 8 Abs AO). Gemäß § 30 Abs 3 AO ist der Ausgleichsverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile verantwortlich, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht. Nach der Rechtsprechung zählen zu den Beteiligten des Konkursverfahrens, denen der Masseverwalter gemäß § 81 Abs 3 KO verantwortlich ist, auch die Aussonderungsberechtigten (SZ 29/82; EvBl. 1966/119 S 161; EvBl. 1970/333 S 580; 7 Ob 501/90; 8 Ob 1655/91 ua). Ein gleicher Schutz ist diesen im Sinne der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes auch auf Grund der gleichlautenden Bestimmung des § 30 Abs 3 AO zu gewähren; die überwiegende Lehre und Rechtsprechung zur ähnlichen Bestimmung des § 42 dVglO vertritt ebenfalls diese Ansicht (Bley-Mohrbutter VglO3 Anm. 8 zu § 42, Anm. 4 zu § 39; Anm. 8 zu § 39).

Nach § 20 a Abs 1 AO werden Forderungen, die auf einem zweiseitigen Vertrag beruhen, vom Ausgleichsverfahren nicht berührt, wenn bei Ausgleichseröffnung noch kein Vertragsteil den Vertrag vollständig erfüllt hat. Der Eigentumsvorbehalts-Verkäufer kann - weil nach herrschender Lehre und Rechtsprechung mangels Übergang des Eigentums der Vorbehaltssache auf den Käufer ein beidseitig noch nicht erfüllter Vertrag im Sinne des § 20 a AO bzw. § 21 Abs 1 KO vorliegt (siehe Aicher in Rummel2 Rz 44 und 54 zu § 1063 ABGB mwN) - nach wie vor den noch unberichtigten Kaufpreis fordern, aber bei Zahlungsverzug des Käufers auch sein Rücktrittsrecht geltend machen und die Sache kraft seines Eigentums aussondern (ebendort, insbes. auch JBl 1988, 647 mwN). Der Vertragsrücktritt kann aber auch schlüssig durch Ausübung des Rückforderungsrechtes erklärt werden (Aicher aaO Rz 52 mwN, ebenso Bydlinski in Klang IV/22 504 mwN in FN 402; HS 5389(16) ua.). Ist die auszusondernde Sache nach Verfahrenseröffnung veräußert worden, kann der Berechtigte gemäß § 21 Abs 2 AO unbeschadet weitergehender Ersatzansprüche die Ausfolgung des bereits geleisteten Entgelts bzw. die Abtretung des Rechtes auf das noch ausstehende Entgelt verlangen.

Auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen hatte hier die klagende Partei nicht ihre Kaufpreisforderung für die gelieferte Ware, sondern ausdrücklich ihren Eigentumsvorbehalt an der gelieferten, noch nicht bezahlten Ware und damit ihr Aussonderungsrecht geltend gemacht: dies kann nur als Rücktritt vom Vertrag verstanden werden. Offenbar nur auf Grund der Zusage des Beklagten, die Ware werde bezahlt, war die klagende Partei dann aber dennoch mit der Belassung der Vorbehaltsware bei den Ausgleichsschuldnerinnen unter der Voraussetzung der zugesagten Bezahlung bereit. Durch die Forderung des Beklagten nach Zusendung von Bestandslisten trat zunächst eine Verzögerung in dieser Zahlung ein. Schließlich erklärte der Beklagte am 26.7.1988 nach Vorlage der Listen aber ausdrücklich, "daß der Aussonderungsanspruch anerkannt und bezahlt" werde. Die klagende Partei unterließ hierauf vorerst die sofortige Verfolgung ihres Aussonderungsanspruches. Bei der Inventarisierung am 16.8.1988 war nach Angaben des Beklagten aber (siehe erstgerichtliches Urteil Seite 8 oben), "keine Vorbehaltsware mehr vorhanden" und die Zahlung wurde auch nicht mehr geleistet.

Unter diesen Umständen kann nicht, wie das Berufungsgericht meint, auf die Ausführungen von Bartsch-Pollak II 331 Anm. 11 rekurriert werden, wonach "die Geltendmachung" eines Aussonderungsanspruches den Ausgleichsverwalter ebensowenig bekümmere wie die Anspruchserhebung der Gläubiger von Geschäftsführungsforderungen, weil er weder mit der Einbringung und Verwertung der Aktiven noch mit der Verteilung des Erlöses etwas zu tun habe. Hier hat sich nämlich der Beklagte um den geltendgemachten Aussonderungsanspruch der klagenden Partei gekümmert, indem er ihn nicht nur namens der Ausgleichsschuldnerinnnen anerkannte, sondern auch eine besondere Vereinbarung dadurch herbeizuführen suchte, daß er statt der geforderten Rückstellung der Vorbehaltsware die Zahlung des Kaufpreises anbot und nach Erhalt der geforderten Unterlagen neuerlich ausdrücklich die Zahlung zusagte, weshalb die klagende Partei von der Rückholung der Ware Abstand nahm. In dieser Situation bestand ganz offenkundig die Gefahr des Verkaufes der Ware durch die ihr Geschäft weiterbetreibenden Ausgleichsschuldnerinnen und die klagende Partei wurde somit durch die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung dem für ihn leicht erkennbaren Risiko des Verlustes ihres Aussonderungsanspruches ausgesetzt. Um die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung sicherzustellen, mußte er daher im Rahmen seiner Überwachungspflicht jedenfalls für die umgehende Erfüllung der Zahlungszusage durch die Ausgleichsschuldnerinnen sorgen. Nach Bartsch-Pollak (II 340 f Anm. 30, § 343 Anm. 39) umfaßt die Kontrolle des Ausgleichsverwalters alle vermögensrechtlichen Handlungen und Unterlassungen des Ausgleichsschuldners sowie die sonstigen Vorgänge des Ausgleichsverfahrens. Der Ausgleichsverwalter hat seine Tätigkeit so einzurichten, daß er von allen vermögensrechtlichen Vorgängen rechtzeitig Kenntnis erlangt und zu diesem Zwecke auch im Geschäft des Ausgleichsschuldners, wenngleich nicht täglich, so doch in dem für eine erfolgreiche Überwachung ausreichendem Ausmaße anwesend zu sein. Hätte der Beklagte diesen Richtlinien entsprochen, so wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, die Einhaltung der von ihm namens der Ausgleichsschuldnerinnen getroffenen Zahlungsvereinbarung zu kontrollieren und notfalls selbst zu bewirken; immerhin war er über ein besonders eingerichtetes Anderkonto einzelzeichnungsbefugt.

Nach der Anordnung des § 30 Abs 1 letzter Satz AO haftet der Ausgleichsschuldner nach dem verschärften Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB. Gegen diese Sorgfaltspflicht hat der Beklagte durch die Unterlassung der erforderlichen Kontrolle und Vorsorge hier zweifellos verstoßen.

Der Revision war demgemäß Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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