OGH 12Os94/92

OGH12Os94/9222.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Oktober 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Markel und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hadler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Daniela G* und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 ff StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Daniela G* und Peter K* gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 16. Juni 1992, GZ 2b Vr 1467/91-74, sowie über die Beschwerde des Angeklagten K* gegen den gemäß § 494a StPO gefaßten Widerrufsbeschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Stöger, der Angeklagten Daniela G* und Peter K* und der Verteidiger Dr  Leeb‑Bernhard und Dr. Soyer zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00094.9200008.1022.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Daniela G* wird zur Gänze, jener des Angeklagten Peter K* teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt - teilweise auch gemäß § 290 Abs 1 StPO - in der Unterstellung der von diesen beiden Angeklagten verübten Diebstähle (Punkte A und B) unter den zweiten Strafsatz des § 130 StGB (§ 130 vierter Fall StGB), weiters in dem den Angeklagten K* treffenden Ausspruch, er habe die im Urteilssatz unter Punkt A/II/2/a beschriebene Diebstahlstat durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug begangen und demnach in der darauf beruhenden Unterstellung der Tat unter die Diebstahlsqualifikation nach § 129 Z 3 StGB sowie demgemäß auch der diese beiden Angeklagten betreffende (auf § 130 zweiter Strafsatz StGB gestützte) Strafausspruch und der bezüglich des Angeklagten K* gemäß § 494a StPO gefaßte Widerrufsbeschluß aufgehoben und es werden unter Ausschaltung der dem Angeklagten K* angelasteten Tatqualifikation nach § 129 Z 3 StGB (im Urteilsfaktum A/II/2/a) über diese beiden Angeklagten gemäß §§ 28 Abs 1, 130 erster Strafsatz StGB, bei Daniela G* auch unter Bedachtnahme auf § 5 Z 4 JGG Freiheitsstrafen verhängt, und zwar über Daniela G* in der Dauer von 8 (acht) Monaten und über Peter K* im Ausmaß von 2 (zwei) Jahren.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe bei Daniela G* unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die bei Peter K* erfolgte Vorhaftanrechnung wird aus dem Ersturteil übernommen.

Mit ihren Berufungen werden diese beiden Angeklagten auf die Strafneubemessung, der Angeklagte K* mit seiner Beschwerde gegen den gemäß § 494a StPO gefaßten Widerrufsbeschluß auf dessen Kassierung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten Daniela G* und Peter K* auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Die am 23. Februar 1977 geborene Daniela G* und der am 8. Dezember 1962 geborene Peter K* wurden des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 (der Angeklagte K* auch nach der Z 3), 130 erster und vierter Fall (zweiter Strafsatz), 15 StGB (A und B) sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (G), Daniela G* überdies des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB (H) und Peter K* ferner der Vergehen der Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten nach § 195 Abs 1 StGB (E) sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (F) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Daniela G* erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zur Gänze, jene des Peter K* teilweise begründet.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten G*:

 

Aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO wird darin ausschließlich die Unterstellung der dieser Angeklagten angelasteten Diebstähle (A und B) unter den zweiten Strafsatz des § 130 StGB gerügt, die gewerbsmäßige Tatbegehung iS des § 130 erster Fall StGB jedoch unangefochten gelassen.

Angesichts dessen, daß es zur Annahme der Voraussetzungen für die Heranziehung des zweiten Strafsatzes des § 130 StGB nicht genügt, wenn der an sich gewerbsmäßig handelnde Dieb nur ausnahmsweise und ohne Wiederholungsabsicht einen der in § 130 zweiter Satz StGB angeführten qualifizierten Diebstähle (hier durch Einbruch) begeht, sondern die Absicht des Täters auf die wiederkehrende Begehung von in jedem Einzelfall für sich allein durch einen der in § 128 oder 129 StGB angeführten Qualifikationen beschwerten Diebstählen gerichtet sein muß (Leukauf-Steininger StGB3 RN 14 zu § 130 und die dort zitierte Judikatur) und sich unter den von der Beschwerdeführerin begangenen zahlreichen Diebstählen (rund 150, davon rund 130 Versuche) nur drei finden, die mit der Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 1 StGB beschwert sind (A/I/1, A/II/1/a, B/III/1), kann die für eine Tatbeurteilung nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB erforderliche - im angefochtenen Urteil fehlende - Feststellung, daß die Absicht der Beschwerdeführerin auf wiederkehrende Begehung von in jedem Einzelfall für sich allein durch eine Einbruchsqualifikation nach § 129 StGB beschwerten Diebstählen gerichtet war, nicht getroffen werden, so daß sich insoweit eine Verfahrenserneuerung erübrigt, weil eine derartige Konstatierung auch im zweiten Rechtsgang mit Sicherheit nicht zu erwarten wäre.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Daniela G* war mithin spruchgemäß zu erkennen. Da diese Urteilsnichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) auch dem Angeklagten Peter K* zustatten kommt (nicht jedoch dem rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten Andreas S*, dem im Vergleich zu den Angeklagten G* und K* weitaus mehr mit einer Qualifikation nach § 129 Z 1 bis 3 StGB beschwerte diebische Zugriffe zur Last liegen), weil bei K* nur zwei diebische Zugriffe (wovon einer beim Versuch geblieben ist) nach § 129 Z 1 StGB beschwert sind (A/I/1 und B/III/1), ergaben sich bei ihm gemäß § 290 Abs 1 StPO die gleichen Konsequenzen wie bei der Angeklagten G* (zu der Qualifikation nach § 129 Z 3 StGB im Faktum A/II/2/a wird im folgenden Abschnitt Stellung genommen werden).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter K*:

 

Unter Berücksichtigung der gemäß § 290 Abs 1 StPO erfolgten Ausschaltung der Qualifikation der ihm angelasteten Diebstähle nach § 130 vierter Fall StGB (siehe oben) ist es irrelevant, welche Diebstähle mit der Einbruchsqualifikation nach § 129 StGB beschwert sind. Abgesehen davon ist der Mängelrüge (Z 5) zuwider dem Urteil eindeutig zu entnehmen, daß das Erstgericht nur in den Fakten A/I/1, B/III/1 und A/II/2/a - in dem zuletzt angeführten Faktum allerdings rechtlich verfehlt - eine Eignung nach § 129 Z 1 bzw Z 3 StGB für gegeben angenommen hat (Band II S 413, 423, 427, 457 und 463).

Fehl geht die Mängelrüge aber auch, wo sie Begründungsgebrechen in Ansehung des konstatierten gewerbsmäßigen Handelns des Beschwerdeführers bei der Verübung der zahlreichen ihm angelasteten Diebstähle behauptet. Denn die hiefür maßgeblichen Urteilsannahmen (Band II S 445 und 473) lassen einen durchaus denkrichtigen Schluß auf die als erwiesen angenommene Absicht des Rechtsmittelwerbers zu, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Daß er in der hier in Betracht kommenden Tatzeit selbst ein (bescheidenes) monatliches Einkommen (von etwa 9.000 S) als teilzeitbeschäftigter Kellner bezog (Band II S 441), hat das Erstgericht bei der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung in den Kreis seiner Erwägungen ohnedies einbezogen (Band II S 445), was aber der bekämpften Konstatierung nicht entgegensteht, weil hiefür die Absicht des Täters genügt, sich durch die wiederkehrende Begehung (hier von Diebstählen) fortlaufend einen Zuschuß zu seinem sonstigen Einkommen zu verschaffen (Foregger-Serini StGB5 Erl I zu § 70 StGB).

Mit seinem der Sache nach gegen die Schuldsprüche zu A/I/10 und G/II/a/a, bb, cc, gerichteten Vorbringen vermag der Beschwerdeführer gleichfalls keinen Begründungsmangel (Z 5) aufzuzeigen, weil es sich bei den aufgezeigten Unstimmigkeiten erkennbar um bloße Zitatfehler handelt. Kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß es in den Urteilsgründen statt A/I/7/b richtig A/I/10 und statt G/2/a, b, c richtig G/2/a, aa, bb und cc lauten soll (siehe Band II S 457 und 459), zumal in den zuletzt angeführten Fällen die Namen der Geschädigten (Christine S*, Brigitte CH* und Barbara D*) sowohl im Urteilsspruch als auch in den Entscheidungsgründen ausdrücklich erwähnt werden. Durch das unrichtige Zitat des im Urteilsspruch unter A/I/10 angeführten Faktums mit A/I/7/b in den Urteilsgründen kann sich der Angeklagte K* im übrigen von vornherein nicht für beschwert erachten, weil dieser Schuldspruch nicht ihn, sondern allein die Mitangeklagten G* und Andreas S* (siehe Band II S 421 und 459) betrifft.

Angesichts dessen, daß der Beschwerdeführer die Wertqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB (mit Recht) unbekämpft läßt - beträgt doch allein im Urteilsfaktum A/I/8/a der Wert des unter anderem von ihm erbeuteten Diebsgutes rund 33.000 S (siehe Band II S 417) - ist es - der Mängelrüge zuwider - irrelevant, in wievielen Fällen er gemeinsam mit G* und Andreas S* versuchte, aus abgestellten Personenkraftwagen Wert- und Gebrauchsgegenstände zu stehlen (B/III/3). Abgesehen davon findet die Konstatierung der Zahl von etwa 130 Angriffen in der Verantwortung des Andreas S* (Band II S 144 und 396) volle Deckung.

Fehl geht die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K* aber auch, soweit sie sich aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 195 Abs 1 StGB richtet.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) sind die diesen Schuldspruch tragenden Konstatierungen durch die Bekundungen der Daniela G* vor der Gendarmerie (Band I S 47 und 231), die das Schöffengericht ausdrücklich als (zuverlässige) Beweisgrundlage erachtete (Band II S 473); den davon abweichenden Angaben des Mädchens in der Hauptverhandlung versagte es ersichtlich den Glauben (siehe Band II S 467), zureichend untermauert. Hingegen ist der Aussage der Zeugin Charlotte G* (Mutter der Daniela G*) entgegen dem bezüglichen Beschwerdevorbringen ein den Angeklagten K* entlastendes Substrat nicht zu entnehmen (Band I S 235, 236, II S 407 und 408). Insbesondere findet die Behauptung des Beschwerdeführers, es habe in der vom bezüglichen Schuldspruch erfaßten Tatzeit (Mitte Juli bis 28. Dezember 1991) eine Erziehungsgewalt der Eltern über Daniela G* faktisch nicht mehr bestanden, in der vom Erstgericht unter anderem als Feststellungsgrundlage herangezogenen Aussage der Zeugin Charlotte G* keine Deckung (Band II, ON 34, S 15 und 35 sowie ON 44, S 119 und 137, ferner Band II S 407). Die den Beschwerdeführer entlastende Zeugenaussage seiner Schwester Eva L* in der Hauptverhandlung (Band II S 406) hat hingegen das Erstgericht mit überzeugender Begründung als unglaubwürdig erachtet (Band II S 471).

Der Angeklagte K* kann aber auch mit den in der Tatsachenrüge (Z 5a) ins Treffen geführten Argumenten, mit welchen er unter Bezugnahme auf Teile der ihn entlastenden Aussage der Daniela G* in der Hauptverhandlung seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, keine Bedenken, geschweige denn solche erheblicher Qualität, gegen die Richtigkeit der seinen Schuldspruch wegen Vergehens nach § 195 Abs 1 StGB zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen erwecken.

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder geht von der urteilsfremden Annahme aus, daß in dem fraglichen Tatzeitraum eine Erziehungsgewalt der Eltern des minderjährigen Mädchens faktisch nicht mehr bestanden habe; damit vergleicht der Beschwerdeführer aber nicht den als erwiesen angenommenen Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz. Denn nach den hiezu getroffenen Konstatierungen (Band II S 451) kann es keinem Zweifel unterliegen, daß im Tatzeitraum ein im § 195 Abs 1 StGB vorausgesetztes Schutzverhältnis weiterhin bestand, zumal sich die Minderjährige keineswegs von ihren Eltern, von denen sie nach wie vor wirtschaftlich abhängig war, vollständig gelöst hatte (Leukauf-Steininger 3 RN 5 zu § 195 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K* versagt aber auch, soweit sie aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO seinen Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB bekämpft. Danach liegt ihm zur Last, der Belinda D* im November 1991 in einem Cafe in M* im Zuge einer wörtlichen Auseinandersetzung und nach der Weigerung der Genannten, ihre Hand vom Tisch zu nehmen, aus Ärger darüber die Spitze eines Kugelschreibers vorsätzlich derart fest in die Innenseite ihres rechten Handgelenkes gedrückt zu haben, daß dies einen mehrere Tage sichtbaren Bluterguß zur Folge hatte (Band II S 431, 465 und 467).

Der Mängelrüge zuwider finden diese Feststellungen in der Aussage des Opfers vor der Gendarmerie (Band I S 753) und in der Hauptverhandlung (Band II S 400) volle Deckung. Weshalb angesichts dieser Beweislage erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der betreffenden Konstatierungen bestehen sollten, bleibt unerfindlich; keinesfalls können solche Bedenken aus den Angaben der Zeugin D* in der Hauptverhandlung abgeleitet werden, wo sie ihre belastenden Bekundungen vor der Gendarmerie keineswegs widerrief sondern vielmehr bestätigte, durch das Verhalten des Angeklagten an der Innenseite ihres Handgelenkes verletzt worden zu sein und Schmerzen verspürt zu haben (Band II S 400). Daß aber ein Bluterguß mehrere Tage sichtbar ist, entspricht der forensischen Erfahrung und bedarf deshalb keiner näheren urteilsmäßigen Begründung.

In seiner dieses Faktum betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) meint der Beschwerdeführer, daß nach den hiezu getroffenen Feststellungen mangels Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle von einer Körperverletzung iS des § 83 StGB nicht gesprochen werden könne. Dem zuwider ist aber eine Körperverletzung schon bei einem nicht ganz unerheblichen Eingriff in die körperliche Integrität eines anderen gegeben, wenn dieser solche Folgen nach sich zieht, die gemeinhin als Verletzungen iS von pathologischen Veränderungen am Körper bezeichnet werden. Dazu gehören aber auch Blutergüsse und Blutunterlaufungen (vgl Leukauf-Steininger 3 RN 5 und 6 zu § 83 StGB und die dort zitierte Judikatur).

Die vom Beschwerdeführer angestrebte Anwendung des § 42 StGB auf das in Rede stehende Delikt scheitert schon an dem Mangel einer geringen Schuld; entsprang doch die zur Verletzung der Belinda D* führende Tat einem vorsätzlichen Bosheitsakt des Angeklagten, für den allein schon die Weigerung des Tatopfers, die Hand vom Tisch zu nehmen, Anlaß für das Zustechen mit einem Kugelschreiber war (Band II S 465). So gesehen kann aber von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten hinter dem in der Strafdrohung des § 83 Abs 1 StGB typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht mehr gesprochen werden. Damit erweist sich auch der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 28l Abs 1 StPO als nicht gegeben.

Begründet ist hingegen die Rechtsrüge des Angeklagten K*, soweit sie sich unter der Z 10 des § 28l Abs 1 StPO im Urteilsfaktum A/II/2/a gegen die vom Erstgericht vorgenommene Unterstellung dieses Diebstahls und die Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 3 StGB wendet.

Nach den hiezu getroffenen Feststellungen (Band II S 457) stahl der Angeklagte K* am 27. November 1991 eine vor einem Geschäftslokal der Firma Humanic an einem Gestell mit einer Plastikklammer befestigte Sporttasche im Wert von etwa 300 S, indem er mit einer Zange diese Klammer aufzwickte. Die Auffassung des Schöffengerichtes, dies entspreche dem Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug und begründe deshalb die Qualifikation nach § 129 Z 3 StGB, ist rechtsirrig. Denn von einer in dieser Gesetzesstelle vorausgesetzten "Sperrvorrichtung" kann nur dann gesprochen werden, wenn dem die Sache gegen Wegnahme sichernden Verschluß eine Sperrfunktion zukommt. Dies trifft aber nur auf einen mit einem Sperrmechanismus (Schloß) verbundenen Verschluß, wie etwa auf Vorhängeschlösser, Kettenschlösser, Nummernschlösser, Lenkrad- und Zündschlösser zu, nicht aber auf Schraubverschlüsse oder bloße Schnapp-"schlösser" (vgl. hiezu Leukauf-Steininger 3 RN 31 zu § 129 StGB). Das Fehlen eines solchen für ein Schloß typischen Sperrmechanismus steht der Einordnung einer (Plastik‑)Klammer unter den Begriff "Sperrvorrichtung" entgegen, weshalb das Abzwicken dieser Klammer - entgegen der vom Schöffengericht vertretenen Auffassung - nicht geeignet ist, die Diebstahlsqualifikation nach der Z 3 des § 129 StGB zu begründen.

Bei den in den Z 1 bis 4 des § 129 StGB bezeichneten Tatumständen handelt es sich um eigenständige, nach der gesetzlichen Wertung jeweils mit einem besonderen Handlungsunwert verbundene Qualifikationskriterien, von denen schon jedes einzelne für sich die Anwendung des Strafsatzes des § 129 StGB begründet und die auch untereinander nicht frei vertauschbar sind. Da sich die vom Erstgericht beim Angeklagten K* angenommene Qualifikation nach § 129 Z 3 StGB allein auf die vorbesprochene rechtsfehlerhaft beurteilte Diebstahlstat gründet, (in den Fakten A/I/1 und B/III/1 verantwortet K* nur die Qualifikation nach der Z 1 des § 129 StGB), war das Urteil in Ansehung dieser Qualifikation in Stattgebung der Rechtsrüge des Angeklagten spruchgemäß zu sanieren.

Bei der hiedurch und durch die die Angeklagte G* betreffende Entscheidung erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafen konnte der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht im wesentlichen vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe (Band II S 475) übernehmen und erachtete auf dieser Grundlage die aus dem Spruch ersichtlichen Unrechtsfolgen - die bei Daniela G* mangels eines Rechtsmittels der Anklagebehörde gemäß § 43 Abs 1 StGB zwingend bedingt nachzusehen waren - als tatschuldadäquat.

Bei Peter K* standen einer (teil-)bedingten Strafnachsicht angesichts seines einschlägig getrübten Vorlebens und des raschen Rückfalls massive spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Über den bei diesem Angeklagten gestellten Widerrufsantrag wird bei der gegebenen Sachlage iS des § 495 StPO zu befinden sein.

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