OGH 15Os116/92

OGH15Os116/9215.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Hager und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hadler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ömer Ö***** und Basri G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Basri Ö***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 23.April 1992, GZ 17 Vr 267/92-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Basri G***** auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Der in der Hauptverhandlung durch den gewählten Verteidiger Rechtsanwalt Dr.B***** vertretene Angeklagte Basri G***** meldete nach Urteilsverkündung am 23.April 1992 Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Am 12.Mai 1992 wurde dem genannten Verteidiger eine Urteilsausfertigung zugestellt (S 362). Noch vor Ablauf der Frist zur Ausführung der Rechtsmittel (und mithin entsprechend dem § 43 a StPO) gab Dr.B***** dem Gericht bekannt, daß das Bevollmächtigungsverhältnis in bezug auf Basri G***** erloschen sei und dieser die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs. 2 StPO beantrage (ON 57). Daraufhin gab der Vorsitzende des Schöffengerichtes dem erwähnten Angeklagten antragsgemäß einen Verteidiger gemäß § 41 Abs. 2 StPO bei (S 384). Der Ausschuß der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer bestellte daraufhin mit Bescheid vom 1. Juni 1992 Rechtsanwalt Dr.W***** zum Verteidiger des Angeklagten Basri G***** (S 398), worauf diesem Rechtsanwalt am 10.Juni 1992 eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde (S 362). Am 11.Juni 1992 wurde vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Vorarlberg anstelle von Rechtsanwalt Dr.W***** Rechtsanwalt Dr.B***** gemäß § 45 Abs. 1 RAO zum Verteidiger im Umfang der Beigebung bestellt (S 403).

Wie der Oberste Gerichtshof bei der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer erhoben hat (§ 285 f StPO), erfolgte die erwähnte Umbestellung über Ansuchen Dris.W*****, der dieses damit begründete, daß Dr.B***** im gegenständlichen Verfahren sowohl den Angeklagten Ömer G***** als auch den Rechtsmittelwerber Basri G***** vertreten habe, deshalb über eine bessere Aktenkenntnis verfüge und Dr.B***** sowie der Rechtsmittelwerber mit der Umbestellung einverstanden seien.

Am 26.Juni 1992 übergab Rechtsanwalt Dr.B***** die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde für den Angeklagten Basri G***** der Post zur Weiterleitung an das Landesgericht Feldkirch.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde verspätet ausgeführt.

Nach rechtzeitiger Antragstellung im Sinne des § 43 a StPO wurde dem hierauf gemäß § 41 Abs. 2 StPO dem Angeklagten Basri G***** beigegebenen Verteidiger Dr.W***** am 10.Juni 1992 eine Urteilsausfertigung zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel des erwähnten Angeklagten zugestellt. An dem dieser Zustellung folgenden Tag begann demnach die Frist zur Ausführung dieser Rechtsmittel zu laufen. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß in der Folge die erwähnte Verteidigerumbestellung vorgenommen wurde. Denn nur in den Fällen, in denen ein Rechtsanwalt aus den im § 45 Abs. 4 RAO angeführten Gründen die Verteidigung nicht übernehmen kann und deshalb enthoben wird, beginnt die Rechtsmittelausführungsfrist erst mit dem auf die Urteilszustellung an den neu bestellten Rechtsanwalt folgenden Tag zu laufen (vgl. RZ 1990/70; siehe auch EvBl. 1991/56).

Der Umstand, daß Rechtsanwalt Dr.B***** eine bessere Aktenkenntnis als der bestellte Verteidiger Rechtsanwalt Dr.W***** habe, weil er Ömer G***** und auch Basri G***** im erstinstanzlichen Verfahren bereits vertreten hatte, ist keiner der im § 45 Abs. 4 RAO genannten Enthebungsgründe. Demnach begann die Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde am Tag nach der am 10.Juni 1992 erfolgten Urteilszustellung an Dr.W***** und sie endete deshalb mit Ablauf des 24. Juni 1992, einem Mittwoch. Die (erst) am Freitag, dem 26.Juni 1992 erstattete Rechsmittelausführung war somit verspätet.

Bei der (rechtzeitigen) Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hinwieder wurde weder einer der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet noch der Tatumstand, der einen Nichtigkeitsgrund bilden soll, ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweise angeführt.

Gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Abs. 1 StPO war daher die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung als verspätet zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten Basri G***** und jene der Staatsanwaltschaft wird der Gerichtshof zweiter Instanz zu erkennen haben (§ 285 i StPO).

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