OGH 7Ob1618/92

OGH7Ob1618/9215.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1.) T***** GesmbH und andere Hauseigentümer, alle vertreten durch die Hausverwaltung Herbert Tuma, Wien 3, Jacquingasse 51, vertreten durch Dr. Margit Schoeller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Robert P*****, wegen Räumung (Streitwert RAT 31.979,74 nach GGG S 7.200,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26.Mai 1992, GZ 48 R 236/92-13, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der am 15. Dezember 1988 verstorbene Rechtsanwalt Dr. Friedrich W***** war Hauptmieter der Büroräumlichkeiten top Nr. 4 im Haus Wien 4, ***** in denen er seine Anwaltskanzlei betrieb. Der Beklagte war ursprünglich sein Konsipient, nach seiner Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (8.Juni 1988) arbeitete er weiter für Dr. W*****, betrieb aber daneben seine eigene Praxis in einem eigenen Büroraum der Kanzlei mit eigenem Rechtsanwaltsschild neben der Haustüre. Wenige Tage nach dem Tod Dris. W***** wurde der Beklagte zu dessen mittlerweiligen Stellvertreter bestellt. Am 17. Mai 1989 wurde über die Verlassenschaft nach Dr. Friedrich W***** der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. K***** zum Masseverwalter bestellt. Dieser verkaufte dem Beklagten die Anwaltskanzlei Dris. W***** mit allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör um insgesamt 1,200.000,-- S. Der Kaufpreis umfaßte neben dem Inventar, dem Klientenstock mit ca. 100 Mandanten auch alle von Dris. W***** in die Büroräumlichkeiten getätigten Investitionen sowie die Bestandrechte. Nicht davon umfaßt waren die vor dem Tod Dris. W***** von ihm erworbenen Honoraransprüche. Die Hausverwaltung der Kläger wurde von diesem Verkauf am 10. Oktober 1989 in Kenntnis gesetzt.

Die Kläger begehren vom Beklagten unter der Behauptung, er benütze die Büroräumlichkeiten titellos, deren Räumung.

Der Beklagte wendete ein, das Unternehmen Dris. Friedrich W***** erworben zu haben und gemäß § 12 Abs 3 MRG Hauptmieter der Bestandräumlichkeiten geworden zu sein.

Beide Vorinstanzen wiesen das Räumungsbegehren ab. Beide Vorinstanzen bejahten den Erwerb der Anwaltskanzlei durch den Beklagten als Unternehmensübergang iSd § 12 Abs 3 MRG. Das Berufungsgericht erklärte die Revision als unzulässig.

Die gegen diese Berufungsentscheidung erhobene außerordentliche Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Berufungsgericht den Unternehmungsbegriff umschrieben (§ 510 Abs 3 ZPO). Richtig ist, daß die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft höchstpersönlich ist und sohin mit dem Tod des Berechtigten untergeht. Für diesen Fall ist jedoch von der Rechtsanwaltskammer gemäß § 34 Abs 3 Z 1 RAO ein mittlerweiliger Stellvertreter zu bestellen. Dieser hat vor allem darauf zu achten, daß die Klienten des verstorbenen Rechtsanwaltes keinen Schaden erleiden. Obwohl der mittlerweilige Stellvertreter durch seine Bestellung nicht automatisch in die Vollmachtsverhältnisse der Klienten mit dem verstorbenen Rechtsanwalt eintritt, wird doch dadurch eine Weiterführung der Kanzlei und sohin des Unternehmens bewirkt, wie dies auch im vorliegenden Fall geschehen ist. Dabei ist es ohne Belang, daß dem früheren Unternehmensinhaber keine neuen Aufträge mehr erteilt werden können, weil die Bestimmungen über die Amtsfortführung durch die mittlerweiligen Stellvertreter einen gesetzlichen Auftrag zur Unternehmensfortführung des verstorbenen Rechtsanwaltes darstellen. Ohne dem bisherigen Unternehmensapparat wäre eine Wahrung der Rechte der Klienten durch den mittlerweiligen Stellvertreter nicht möglich. Daran ändert auch die Eröffnung des Nachlaßkonkurses nichts, weil dadurch nur der Erfolg der von mittlerweiligen Stellvertreter erzielten Vertretungsgeschäfte und die Vermögenswerte des Rechtsanwaltsunternehmens einer anderen Widmung zugeführt werden. Der Masseverwalter konnte daher mit der pauschalen Veräußerung aller mit der Kanzlei verbundenen Werte ein "lebendes Unternehmen" veräußern. Soweit die Revision davon ausgeht, daß der Beklagte keine Causen seines früheren Kanzleikollegen im Bestandgegenstand fortgeführt habe, geht sie nicht von den Tatsachenfeststellungen aus.

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