OGH 1Ob597/92

OGH1Ob597/927.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M***** Gesellschaft mbH, *****, 2. Werner O*****, beide vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Rudolf H*****, wegen S 191.655,-- samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 17. Juli 1992, GZ 4 R 130/92-5, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 4. Mai 1992, GZ 25 Cg 130/92-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat 3 aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagenden Parteien brachten beim Handelsgericht Wien unter Berufung auf den Wahlgerichtsstand nach § 178 Abs 1 Z 3 KO eine Klage ein, mit der sie vom Beklagten als seinerzeitigem besonderen Verwalter gemäß § 86 Abs 1 KO im Konkurs der v***** GesmbH den Zuspruch des Betrages von S 191.655,-- samt Anhang begehren.

Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück.

Über den Rekurs der klagenden Parteien entschied der Senat 4 des Oberlandesgerichtes Wien. Er gab dem Rekurs nicht Folge, den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte er für zulässig.

Im Revisionsrekurs der klagenden Parteien wird als Nichtigkeitsgrund ausdrücklich geltend gemacht, daß der Senat 4 des Oberlandesgerichtes Wien unzuständig gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rüge ist berechtigt.

Nach Art. X Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 2 der Kaiserlichen Verordnung vom 10.12.1914, RGBl. 337 über die Einführung einer Konkursordnung, Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung idF des IRÄG 1982/370 sind Rechtsstreitigkeiten, die vor das Konkurs-(Ausgleichs-)Gericht gehören oder vor dieses gemäß § 178 KO gebracht werden können, in einer einzigen Abteilung zu vereinigen. Nach Art. X Abs 4 dieser Verordnung sind bei den Oberlandesgerichten diese Geschäfte nach denselben Grundsätzen wie bei den Gerichtshöfen erster Instanz zu verteilen.

Nach der vom Personalsenat des Oberlandesgerichtes Wien beschlossenen Geschäftsverteilung fallen diese Rechtsstreitigkeiten in den Geschäftskreis des Senates 3. In den Senat 4 hingegen gehören Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Handelsgerichtes Wien nur dann, wenn nicht die Senate 3 und 6 zuständig sind. Die klagenden Parteien haben die Zuständigkeit des Erstgerichtes ausdrücklich aufgrund der Vorschrift des § 178 Abs 1 Z 3 KO in Anspruch genommen. Da die klagenden Parteien damit auch die speziellen Verfahrensvorschriften und die Gerichtsbesetzung für sich in Anspruch nehmen wollten, ist dann aber auch zur Beantwortung der Frage, ob dieser Wahlgerichtsstand zu Recht gewählt worden sei, der nach Art. X der Verordnung in der Geschäftsverteilung vorgesehene Senat 3 zuständig.

Wirkt an einer Entscheidung ein Richter, der nach der erlassenen Geschäftsverteilung bei deren ordnungsgemäßer Einhaltung dazu nicht berufen wäre, mit, stellt dies gemäß § 260 Abs 4 ZPO einen relativen Nichtigkeitsgrund dar (SZ 63/24 mwN). Eine Heilung dieses Mangels nach § 260 Abs 4 ZPO hätte nur dann eintreten können, wenn die Parteien die Möglichkeit hatten, die unrichtige Besetzung vor Einlassung in eine Verhandlung geltend zu machen (SSV 2/56; SSV 1/31 ua). Eine solche Rüge war aber im Rekursverfahren nicht möglich, sodaß die klagenden Parteien berechtigt sind, die Entscheidung durch einen nach der Geschäftsverteilung nicht zuständigen Senat im Revisionsrekursverfahren als Nichtigkeitsgrund ausdrücklich geltend zu machen.

Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als nichtig, verbunden mit dem Auftrag an das Rekursgericht der Entscheidung durch den zuständigen Senat 3.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO. Die Kostenregel des § 51 ZPO ist dann nicht anzuwenden, wenn nur die Entscheidung, nicht aber das Verfahren selbst als nichtig aufgehoben wurde (NRspr. 1992/146; EvBl. 1967/290 ua; M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozeß 374).

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