OGH 8Ob616/92

OGH8Ob616/9224.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm R*****, vertreten durch Dr.Eckhard Tasler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Fritz K*****, vertreten durch Dr.Walter Haslinger, Dr.Norbert Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 411.120 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22.Jänner 1991, GZ 4 R 243/90-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23.Juni 1990, GZ 8 Cg 83/89-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt, den Beklagten zur Zahlung einer Provision für verdienstliche Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit der Verschaffung der Mietrechte an einem Geschäftslokal zu verurteilen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil er von dritter Seite von der Abschlußmöglichkeit Kenntnis erlangt habe und die Tätigkeit des Klägers für den späteren Geschäftsabschluß weder kausal noch verdienstlich gewesen sei; überdies habe er jede entgeltliche Vermittlungstätigkeit des Klägers ausdrücklich abgelehnt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger hatte der R***** GmbH, die ihre Rechte an einem Linzer Innenstadtgeschäft veräußern wollte, angeboten, mehrere Interessenten für den "Geschäftserwerb" anzuschreiben. Die R***** GmbH war damit unter der Beifügung, daß für sie keine Kosten in Rechnung gestellt werden dürften, einverstanden. Sie teilte dem Kläger die Höhe der gewünschten Ablöse zwischen S 3,5 bis 5 Millionen und eine Monatsmiete von rund S 82.000 als ihre Preisvorstellung mit. Der Beklagte erfuhr von der Erwerbsgelegenheit anläßlich der Schuhmesse am 12. und 13.März 1988 durch einen Vertreter, bekundete gegenüber der Geschäftsführerin der R***** GmbH sein Interesse, verlor dieses jedoch nach der Nennung des ihm zu hoch erscheinenden Ablösebetrages. Am 20.April 1988 entschloß sich die R***** GmbH zu einer Reduzierung des Ablösebetrages und teilte dies dem Kläger mit. Dieser erklärte ihr, einige Schuhgeschäfte anzuschreiben und rief sodann am 21.April 1988 den Beklagten an. Er teilte ihm den nunmehr reduzierten Ablösebetrag von S 2,5 Millionen mit. Diese Preisreduktion war dem Beklagten bis dahin noch nicht bekannt gewesen. Der Kläger fragte ihn, ob er ihm das Geschäft der R***** GmbH mit diesem geänderten Ablösebetrag anbieten und eine schriftliche Namhaftmachung zuschicken dürfe. Der Beklagte war damit einverstanden.Von einer Provisionsforderung des Klägers war bei diesem Telefonat keine Rede, der Kläger hatte sich aber dem Beklagten mit seinem Namen und mit seiner Berufsbezeichnung als Immobilienmakler vorgestellt. Noch am 21. April 1988 sandte der Kläger dem Beklagten eine schriftliche Namhaftmachung, in der er eine Monatsmiete von S 82.000 und einen Ablösebetrag von S 2,800.000 nannte und auf seine Provision von drei Bruttomonatsmieten und 3 % der Ablöse zuzüglich Mehrwertsteuer im Erfolgsfalle hinwies. Am 25.April 1988 rief der Beklagte den Kläger an und teilte ihm sein Interesse am Geschäft zu den in der schriftlichen Namhaftmachung angeführten Konditionen mit. Daraufhin ersuchte der Kläger den Beklagten, sich mit der Geschäftsführerin der R***** GmbH, deren Telefonnummer er ihm gab, in Verbindung zu setzen. Von diesem Gespräch informierte der Kläger auch die Geschäftsführerin der R***** GmbH. Dieses Telefonat zwischen den Streitteilen vom 25. April 1988 war der letzte Kontakt des Klägers mit dem Beklagten, weitere Gespräche oder sonstige Tätigkeiten des Klägers betreffend die Vermittlung des Geschäftsabschlusses fanden danach nicht mehr statt. Auf die schriftliche Namhaftmachung des Klägers hat der Beklagte nicht (gemeint wohl: schriftlich) reagiert. Wenige Tage nach dem 25.April 1988 rief der Beklagte die Geschäftsführerin der R***** GmbH an. Nach Verhandlungen kam es sodann Anfang Mai 1988 zu einem Abschluß mit einer Ablösesumme von S 2,4 Millionen und einer Monatsmiete von S 82.900 zuzüglich Mehrwertsteuer.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, spätestens mit der Annahme der schriftlichen Namhaftmachung vom 21.April 1988 habe der Beklagte schlüssig dem Kläger einen Vermittlungsauftrag zu den darin genannten Konditionen erteilt. Die Verdienstlichkeit und auch die Kausalität zwischen der Vermittlungstätigkeit des Klägers und dem Geschäftsabschluß sei zu bejahen.

Der Beklagte erhob gegen das erstgerichtliche Urteil Berufung wegen Aktenwidrigkeit(en), unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Er focht insbesondere die Feststellungen über die telefonischen und brieflichen Kontakte der Streitteile zwischen dem 21. und 25.April 1988, die bloß auf Grund der Angaben des Klägers und gegen seine eigenen ausdrücklichen Angaben als Partei getroffen wurden, an.

Das Gericht zweiter Instanz ging auf die Aktenwidrigkeits- sowie die Beweisrüge der Berufung nicht ein, sondern wies das Klagebegehren in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils aus folgenden rechtlichen Überlegungen ab: Voraussetzung für die Entstehung eines Provisionsanspruches des Immobilienmaklers nach den §§ 6, 29 HVG sei ein Vermittlungsauftrag, der ausdrücklich oder schlüssig erteilt werden könne. Die Provisionspflicht bestehe auch für den, der die Vermittlungstätigkeit des Maklers dulde oder sich der Tätigkeit eines Vermittlers nutzbringend bediene, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen, sofern für ihn erkennbar sei, daß er eine provisionspflichtige Tätigkeit in Anspruch nehme. Bei ordnungsgemäßer Ausübung seines Gewerbes übernehme der Immobilienmakler gemäß § 4 Abs 1 Z 3 ImmMV Aufträge nur schriftlich, sodaß eine bloß stillschweigende Auftragserteilung nicht in Betracht kommen sollte. Es sei jedoch anerkannt, daß die Unterlassung der schriftlichen Auftragsbestätigung und der Belehrung über die Provisionspflicht den Provisionsanspruch für eine verdienstliche Tätigkeit nicht nehme, es gingen dann lediglich Zweifel über die schlüssige Auftragserteilung zu Lasten des Maklers. Aber selbst ein konkludent zustandegekommener Vertrag setze die Absicht der Parteien voraus, einen solchen zu schließen. Wenn der Immobilienmakler erkennbar für einen anderen Auftraggeber handle, sei in der bloßen Annahme der Maklerdienste kein stillschweigender Vertragsabschluß zu sehen. Da im vorliegenden Fall der Beklagte auf die schriftliche Namhaftmachung, in welcher neben dem reduzierten Ablösebetrag auch die Hinweise auf die Provisionsverpflichtung enthalten gewesen seien, nicht reagiert habe, könne entgegen der Auffassung des Erstgerichtes in der bloßen Annahme der schriftlichen Namhaftmachung ein Vermittlungsauftrag nicht erkannt werden. Ein nachfolgendes Verhalten des Beklagten, das als stillschweigende Zustimmung zum Abschluß eines Vermittlungsauftrages gewertet werden könne, habe der Kläger aber nicht substantiell behauptet. Er habe lediglich vorgebracht, sein Schreiben vom 21.April 1988 habe eine Verhandlungsrunde zwischen den Vertragsparteien (dem Beklagten und der R***** GmbH) in Gang gebracht, die Reaktion des Beklagten darauf sei positiv gewesen. Die erstrichterliche Feststellung, daß der Beklagte dem Kläger am 25.April 1988 am Telefon mitteilte, er habe Interesse an dem Geschäft zu den geänderten Konditionen, habe daher als überschießend unberücksichtigt zu bleiben, weshalb auf die gegen diese Feststellung vorgetragenen Argumente der Beweisrüge nicht eingegangen werden müsse. Der für einen schlüssigen Vermittlungsauftrag beweispflichtige Kläger habe daher nicht einmal diesbezüglich ausreichendes Vorbringen erstattet.

Da der Frage, ob eine schlüssige Auftragserteilung vorliege, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung nicht zukomme, erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht dem Kläger Behauptungsunterlassungen anlastete und demzufolge vom Erstgericht getroffene Feststellungen über die Vermittlungstätigkeit des Klägers als "überschießend" unberücksichtigt ließ, diese Beurteilung hingegen nach der Aktenlage - wie noch darzulegen sein wird - nicht richtig ist, sodaß die Entscheidung von der Lösung einer Frage des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist auch gerechtfertigt.

Zunächst kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die insofern zutreffenden allgemeinen Rechtsdarlegungen der zweiten Instanz über das Wesen und die in Lehre und Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen eines schlüssigen Vermittlungsauftrages verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Gesetzliche Grundlage der Tätigkeit eines Immobilienmaklers ist § 29 HVG (SZ 58/157). Der Provisionsanspruch eines solchen Vermittlers setzt gemäß den §§ 6, 29 HVG einen Vermittlungsauftrag voraus. Provisionen können gemäß § 8 Abs 1 ImmMV nur auf Grund einer Vereinbarung gefordert werden (SZ 48/122; 42/59; MietSlg. 35.714 u.a.). Ohne Vermittlungsvertrag gibt daher selbst eine noch so verdienstliche Tätigkeit des Vermittlers keinen Provisionsanspruch (Jabornegg, Handelsvertreter- und Maklerrecht, 166 mwN aus der Rechtsprechung). Provisionspflichtig ist der Auftraggeber eines Immobilienmaklers aber nicht nur, wenn er mit ihm einen ausdrücklichen Maklervertrag geschlossen hat, sondern auch, wenn ein solcher nur schlüssig zustandegekommen ist. Für die schlüssige Beauftragung reicht nach ständiger Rechtsprechung aus, daß sich der Auftraggeber der Vermittlung nutzbringend bedient, weil er damit seine stillschweigende Zustimmung zur Entfaltung einer Vermittlungstätigkeit gibt, die zur Provisionspflicht führt, wenn es in der Folge zum Vertragsabschluß kommt (MietSlg. 35.714 u.v.a.; 8 Ob 702/89). Eine stillschweigende Auftragserteilung ist nur dann anzunehmen, wenn der Interessent die vom Realitätenvermittler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht. Nur dann, wenn der Immobilienmakler erkennbar für einen anderen Auftraggeber handelt, ist in der bloßen Annahme der Maklerdienste noch kein stillschweigender Vertragsabschluß zu sehen (Jabornegg aaO 170; 175; JBl 1988, 181; MietSlg. 35.703, 35.704, 35.714; 8 Ob 702/89).

Entgegen der Auffassung der zweiten Instanz sind hier die Feststellungen des Erstgerichtes über die telefonischen und brieflichen Kontakte der Streitteile zwischen dem 21. und 25.April 1988 im klägerischen Vorbringen durchaus gedeckt, daher nicht als überschießend anzusehen und aus diesem Grunde auch nicht zu vernachlässigen. Der Kläger hat schon in der Klage behauptet, er habe das Objekt unter den geänderten Bedingungen (Preisreduktion vor allem hinsichtlich der Ablöseforderung) unter anderem dem Kläger angeboten, dessen Reaktion auf sein Schreiben (vom 21.April 1988) positiv gewesen sei; dieses Schreiben habe eine neue Verhandlungsrunde zwischen dem Kläger und der R***** GmbH in Gang gebracht, die letztlich zu dem gewünschten Vertragsabschluß mit den geänderten Bedingungen geführt habe.

Diese Behauptungen sind nach Ansicht des erkennenden Senates des Obersten Gerichtshofes hinreichend konkret, die Berechtigung der geltendgemachten Provisionsforderung darzulegen. Im Beweisverfahren aus einzelnen Aussagen von Zeugen und Parteien näher dargelegte Aspekte über mündliche, fernmündliche und briefliche Meinungsäußerungen der Parteien sind daher vom Vorbringen erfaßt (gedeckt) und darüber ergangene Feststellungen nicht als überschießend anzusehen. Der Auffassung der Vorinstanz, der Kläger hätte auch schon konkret behaupten müssen, daß der Beklagte am 25. April 1988 (4 Tage nach Information über die geänderten Preisvorstellungen der R***** GmbH) dem Kläger telefonisch sein Interesse an dem Geschäft zu den geänderten Konditionen mitteilte, damit die gleichlautende Feststellung dann nicht als überschießend angesehen werden dürfe, ist nicht zu folgen. Mit der Behauptung, der Kläger habe positiv auf sein (die geänderten Verhältnisse und die Provisionssätze anführendes) Schreiben vom 21.April 1988 reagiert, sind die dargestellten und vom Beklagten in der Berufung bekämpften Feststellungen vielmehr gedeckt.

Auf der - vorerst für den Obersten Gerichtshof maßgeblichen - Grundlage der vom Berufungsgericht weder übernommenen, noch abgeänderten Feststellungen des Erstgerichtes folgt im Sinne der herrschenden Auffassung zum ausdrücklichen und auch schlüssigen Abschluß eines Vermittlungsvertrages (Auftrages), daß der Kläger für den zwischen dem Beklagten und der R***** GmbH geschlossenen Vertrag kausale und damit verdienstliche Vermittlungstätigkeit entfaltete, aus der der im Revisionsverfahren nicht mehr konkret bekämpfte Provisionsanspruch abzuleiten ist.

Da das Berufungsgericht auf Grund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht die Aktenwidrigkeits-, Tatsachen- und Beweisrüge der Berufung des Beklagten nicht erledigte, ist sein Urteil aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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