OGH 10ObS212/92

OGH10ObS212/9215.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Bayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei August V*****, vertreten durch Dr.Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Graz), Roßauerlände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.Mai 1992, GZ 7 Rs 38/92-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 5.Feber 1992, GZ 36 Cgs 130/91-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes, soweit die Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit des Klägers für die vor dem Jahr 1984 liegende Zeit verneint wird, zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Der Kläger, der den Beruf eines Fleischers erlernt hat, hat in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1.April 1991) insgesamt 163 Pflichtversicherungsmonate erworben. In seinem erlernten Beruf hat er in dieser Zeit nicht gearbeitet. Bevor er seine Tätigkeit in der BRD aufnahm, hat er in Österreich ab 1.April 1976 83 Monate an Pflichtversicherungszeiten erworben. In dieser Zeit war er als Mineur und Drittelführer im Tunnelbau tätig, wobei er, ohne hiezu befugt zu sein, selbständig Sprengarbeiten durchführte. Diese Tätigkeit übte der Kläger sohin in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag während mehr als der Hälfte der Pflichtversicherungsmonate aus. Der Tatsache, daß der Kläger in dieser Zeit zur selbständigen Durchführung von Sprengarbeiten nicht befugt war, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Selbst wenn der Kläger bereits in dieser Zeit über alle Kenntnisse und Fähigkeiten eines Sprengbefugten und auch über die Berechtigung zur selbständigen Durchführung von Sprengungen verfügt hatte, wären die Voraussetzungen des § 255 Abs 1 und 2 ASVG nicht erfüllt. Die Ausbildung von Sprengbefugten (früher Sprengmeister) erfolgt in einem "Lehrgang für die selbständige Durchführung von Sprengarbeiten", der vom Wirtschaftsförderungsinstitut Niederösterreich abgehalten wird (Berufslexikon11 2, 508). Der Kurs dauert 14 Tage, wobei in einem theoretischen und einem praktischen Teil die erforderlichen Kenntnisse vermittelt werden. Vorkenntnisse im Sinne der praktischen Berufsausübung in einem gewissen Bereich sind nicht erforderlich. Der Lehrgang wird mit einer kommissionellen Prüfung abgeschlossen, deren Ablegung zur selbständigen Durchführung von Sprengungen berechtigt. Ausgeschlossen sind nur Sondersprengungen (zB Tiefbohrlöcher, Metall, Lawinen) die die Absolvierung von besonderen Lehrgängen zur Voraussetzung haben. Der Lehrgang, den der Kläger in der BRD absolvierte dauerte nur 5 Tage. Bei der Ausbildung zum Sprengbefugten handelt es sich sohin um einen Kurzlehrgang, der der Ausbildung in einem erlernten Beruf nicht gleichgesetzt werden kann. Es trifft wohl zu, daß die Tätigkeit eines Sprengbefugten mit großer Verantwortung verbunden ist, das Gesetz stellt jedoch bei Festlegung der Kriterien für einen Anlernberuf nicht darauf ab, sondern auf den Umfang der Kenntnisse und Fähigkeit, die in einem Lehrberuf vermittelt werden. Diese bleiben, wie sich schon aus der Ausbildungsdauer ergibt bei einem Sprengbefugten weit hinter einer Lehrberufsausbildung zurück. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß für die Zeit ab Ablegung einer entsprechenden Prüfung in der BRD die Voraussetzungen für die Annahme eines angelernten Berufes vorliegen (dies blieb auf das Ergebnis allerdings ohne Einfluß, weil die überwiegende Zahl der in den Beobachtungszeitraum fallenden Pflichtversicherungsmonaten davor erworben wurde), kann daher nicht beigetreten werden.

Ein Drittelführer beaufsichtigt im Tunnelbau eine kleinere Arbeitsgruppe, wobei er einem Polier unterstellt ist. Auch diese Tätigkeit erfüllt nicht die Voraussetzungen eines angelernten Berufes; auch hiezu sind keine einem Lehrberuf vergleichbaren Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

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