OGH 11Os87/92

OGH11Os87/923.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.September 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Kuch, Dr.Rzeszut und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Götsch als Schriftführer in der Strafsache gegen Yusuf A***** und Erol B***** wegen der §§ 142 Abs. 1, 143, 2. Fall; 15, 105 Abs. 1 StGB und gegen Kenan A***** wegen der §§ 12, 2. und 3. Fall, 142 Abs. 1, 143, 2. Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Kenan A***** und Erol B***** sowie die Berufungen der Angeklagten Kenan A*****, Erol B***** und Yusuf A***** gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht Linz vom 13.Mai 1992, GZ 29 Vr 2428/91-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Kenan A***** und Erol B***** werden zurückgewiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erol B***** werden gemäß den §§ 290 Abs. 1, 344 StPO der Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage 2 und der hierauf beruhende Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB sowie der Erol B***** betreffende Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben; die Sache wird zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Geschwornengericht beim Landesgericht Linz verwiesen, dem gemäß dem § 349 Abs. 2 StPO aufgetragen wird, seiner Entscheidung die unberührt gebliebenen Teile des Wahrspruchs (und des Schuldspruchs) mit zugrunde zu legen.

Der Angeklagte Erol B***** wird mit seiner Berufung auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Kenan A***** und Yusuf A***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen

I. Yusuf A***** und Erol B*****

1. des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB und

2. des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB sowie

II. Kenan A***** des Verbrechens "der Bestimmung und des Beitrages" zum schweren Raub nach den §§ 12, zweiter und dritter Fall, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Kenan A***** bekämpft seinen Schuldspruch (II) mit einer auf die Z 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Tatsachenrüge, mit der er aus dem Widerruf ihn belastender Angaben während der Voruntersuchung durch seine Mitangeklagten Yusuf A***** und Erol B***** in der Hauptverhandlung, aus dem Stimmenverhältnis von (nur) 5 : 3 bei Bejahung der ihn betreffenden Hauptfrage durch die Geschwornen sowie aus dem Wortlaut der entsprechenden Niederschrift gegen Tatsachenfeststellugen im anklagekonformen Wahrspruch remonstriert, kommt keine Berechtigung zu. Die Ausführungen vermögen - nach sorgfältiger Prüfung der Aktenlage - keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Konstatierungen der Geschwornen zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur als offenbar unbegründet bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 Z 2, 344 StPO).

In gleicher Weise war mit der Nichtigkeitsbeschwerde des Erol B***** vorzugehen (§§ 285 d Abs. 1 Z 1, 344 StPO), weil dieser Angeklagte zwar am 15.Mai 1992 fristgerecht die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet (S. 449/I), jedoch weder bei der Anmeldung, noch in einer - rechtzeitigen - Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde gesetzliche Nichtigkeitsgründe bezeichnet hat.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Erol B***** war jedoch gemäß den §§ 290 Abs. 1, 344 StPO wahrzunehmen, daß der Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StPO (Punkt I/2 des Urteilssatzes) im Verdikt der Geschwornen keine ausreichende Deckung findet.

Daß (auch) Erol B***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit Yusuf A***** den Johann G***** mit vorgehaltener Gaspistole durch die Äußerung, daß er seine Familie nicht mehr sehen würde, falls er die Polizei verständige bzw. eine Täterbeschreibung abgebe, durch gefährliche Drohung zur Abstandnahme von einer Anzeige zu nötigen versuchte, haben die Geschwornen, welche die Hauptfrage 2 nur mit der ausdrücklichen Einschränkung "aber nicht als Auftragerteiler an Yusuf A*****" bejahten (S. 381/I), nicht festgestellt. Da die Annahme einer nach den Verfahrensergebnissen allenfalls aktuellen Mittäterschaft des Erol B***** an der versuchten Nötigung des Raubopfers eine einverständliche Mitwirkung an der Tat durch eine Ausführungshandlung voraussetzt, die Geschwornen angesichts der vorgenommenen Einschränkung die ausdrücklich inkriminierte Erteilung des Nötigungsauftrages an Yusuf A***** aber nicht konstatierten, bewirkt dieser dem Wahrspruch der Geschwornen anhaftende, einer rechtlichen Beurteilung der Tat als Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB entgegenstehende Feststellungsmangel insoweit Urteilsnichtigkeit nach der Z 11 lit. a des § 345 Abs. 1 StPO und zwingt - im Hinblick auf die vom Zeugen Johann G***** in der Hauptverhandlung bekundete Äußerung des Angeklagten B***** während des Nötigungsgeschehens "no" bzw. "keine Polizei" (S. 340, 341/I) - in diesem Faktum zur Verfahrenserneuerung in erster Instanz.

Keine gemäß den §§ 290 Abs. 1, 344 StPO von Amtswegen wahrzunehmende Nichtigkeit vermochte der Oberste Gerichtshof in der rechtsirrtümlichen Auslegung des § 12 StGB bei Kenan A***** durch Annahme auch eines sonstigen Tatbeitrages neben der Bestimmungstäterschaft zu erblicken (vgl. hiezu grundlegend EvBl. 1978/89).

Erol B***** war mit seiner Berufung auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung zu verweisen.

Über die Berufungen der Angeklagten Kenan A***** und Yusuf A***** wird das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden haben (§§ 285 i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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