OGH 9ObA181/92

OGH9ObA181/922.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Erich Deutsch und Mag. Michael Zawodsky in der Rechtssache der klagenden Partei M***** K*****, Reinigungsfrau, *****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei E***** Reinigungsinstitut ***** GesmbH, *****, vertreten durch ***** und *****, Rechtsanwälte ***** wegen S 20.000 , infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.April 1992, GZ 31 Ra 144/91-14, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7.Oktober 1991, GZ 26 Cga 2509/91-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über das Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der am 12.2.1991 eingebrachten Klage "vorenthaltenen Lohn" in Höhe von S 20.000 netto sA. Sie sei seit 9.2.1989 bei der Beklagten als Reinigungsfrau beschäftigt und am 3.9.1990 ungerechtfertigt entlassen worden. In der Tagsatzung vom 2.5.1991 brachte die Klägerin vor, daß sie bei Beginn des Dienstverhältnisses von der Beklagten eine Zimmer-Küche-Wohnung gemietet und hiefür eine Ablöse von 20.000 S bar erlegt habe. Diese Summe fordere sie als verbotene Ablöse zurück. Der Anspruch stehe mit ihrem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang, weil im Mietvertrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Endigungsgrund für das Mietverhältnis vereinbart worden sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, behauptete ein Untermietverhältnis und bestritt einen Zusammenhang der Vermietung mit dem Dienstverhältnis.

Das Erstgericht wies nach Streitanhängigkeit die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zurück. Gemäß § 37 Abs 1 Z 6 (richtig: Z 14) MRG seien Ablösen seit 1.3.1991 im außerstreitigen Verfahren zurückzufordern. Zuständig sei nach der Lage der Wohnung das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Eine Überweisung der Rechtssache komme nicht in Betracht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge; es sprach aus, daß die Rechtssache im außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen und das Arbeits- und Sozialgericht Wien hiefür nicht zuständig sei und überwies die Rechtssache gemäß §§ 40a, 44 JN an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Der Revisionsrekurs sei zulässig. Die Änderung des Vorbringens der Klägerin sei eine Klageänderung durch Änderung des Rechtsgrundes. Da die Beklagte über das geänderte Begehren verhandelt habe, ohne Einwendungen zu erheben, gelte die Klageänderung als zugelassen. Die Klageänderung sei erst am 2.5.1991 wirksam geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber bereits § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.Wohnrechtsänderungsgesetzes BGBl 1991/68 (2.WÄG) in Geltung gestanden, wonach über Anträge auf Rückzahlung verbotener Leistungen und Entgelte das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus gelegen ist, im außerstreitigen Verfahren entscheide. Die Übergangsbestimmung des Art 5 Abs 3 Z 2 2.WÄG, wonach am 1.3.1991 bei Gericht anhängige Verfahren nach den bisherigen Vorschriften fortzuführen seien, komme nicht zur Anwendung. Seit dem 1.3.1991 könne eine Forderung auf Rückzahlung einer verbotenen Ablöse nicht mehr eine Arbeitsrechtssache sein.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist - ausgehend von der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart (Simotta in FS Fasching 486; Fasching ZPR2, 69) - zulässig (§ 40a JN; § 47 Abs 1 ASGG iVm § 46 Abs 1 Z 1 ASGG); er ist auch berechtigt.

Der Einwand der Klägerin, die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes sei gemäß § 38 Abs 1 ASGG iVm § 104 Abs 1 JN geheilt, weil die qualifiziert (§ 40 Abs 1 ASGG) vertretene Beklagte in der Sache vorgebracht oder mündlich verhandelt habe, ohne die Einrede der Unzuständigkeit zu erheben, ist allerdings verfehlt, weil im vorliegenden Fall die sachliche Zuständigkeit nur im Zusammenhang mit dem Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des streitigen (außerstreitigen) Rechtsweges - für die Durchführung des richtig anzuwendenden Verfahrens ist gleichzeitig ein anderes als das angerufene Gericht zuständig - wahrzunehmen war. Die Zulässigkeit des streitigen (außerstreitigen) Rechtsweges ist aber in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft von Amts wegen wahrzunehmen. Eine Verletzung der Grenzen des streitigen Rechtsweges bewirkt Nichtigkeit (Fasching, ZPR2, 67). § 104 Abs 3 JN und § 38 Abs 1 ASGG sind auf die Wahrung des streitigen Rechtsweges nicht anzuwenden.

In welcher Verfahrensart eine Rechtssache zu beenden ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der Partei. Nach dem Vorbringen der geänderten Klage macht aber die Klägerin einen Rückforderungsanspruch wegen Leistung einer verbotenen Ablöse (§ 27 MRG) geltend, der gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG idF des 2.WÄG im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen ist, sofern er nicht eine Dienstwohnung betrifft oder sonst ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis besteht (vgl Kuderna ASGG § 50 Rz 5; 9 Ob A 148/92). Wohnungen, die auf Grund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen als Dienst-, Natural- oder Werkwohnungen überlassen werden, fallen gemäß § 1 Abs 2 Z 2 MRG nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes (vgl zur Rechtslage zum MG WBl 1987, 250). Daher kommt für Dienstwohnungen auch keine Verweisung in das außerstreitige Verfahren im Sinne des § 37 MRG in Betracht.

Ob die der Klägerin vermietete Wohnung eine Dienst-, Natural- oder Werkwohnung war oder sonst ein Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Vermietung besteht, läßt sich im vorliegenden Fall noch nicht beurteilen, da das Erstgericht zu dieser Frage keine Tatsachenfeststellungen getroffen hat.

Nach den Behauptungen in der Klage war die Klägerin schon seit 9.2.1989 bei der Beklagten als Reinigungsfrau beschäftigt. Nach dem Vorbringen der Klägerin bestehe ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis auch deshalb, weil im Mietvertrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Endigungsgrund für das Mietverhältnis vereinbart worden sei. Nach den von der Beklagten im Rekursverfahren in Fotokopie vorgelegten Urkunden wurde der Untermietvertrag zwischen den Streitteilen am 15.9.1989 geschlossen; nach der ebenfalls von der Beklagten vorgelegten Anmeldung der Klägerin bei der Wiener Gebietskrankenkasse war diese hingegen erst seit 9.2.1990 bei der Beklagten beschäftigt. Der vorgelegte Untermietvertrag enthält die von der Klägerin behauptete Klausel nicht. Nach diesen beiden Urkunden bestünde somit zwischen der Vermietung und dem Arbeitsverhältnis kein Zusammenhang. Die Klägerin wurde aber zu ihren Behauptungen bisher nicht vernommen, was sie in ihrem Rekurs an die zweite Instanz auch geltend gemacht hat.

Die Frage, ob über den Rückforderungsanspruch der Klägerin im streitigen Verfahren (vor dem Arbeits- und Sozialgericht) oder mangels eines Zusammenhanges der Vermietung mit dem Arbeitsverhältnis im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, kann daher - anders als in der dieselbe Beklagte betreffenden Rechtssache 9 Ob A 148/92 - derzeit nicht beurteilt werden.

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß für die Anwendung der Übergangsvorschrift des Art 5 Abs 3 Z 3 des 2.WÄG der Tag der Klageänderung (und nicht der ursprünglichen Klage) maßgebend wäre, ist zutreffend.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

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