OGH 5Ob92/92

OGH5Ob92/921.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Huber, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Stadtgemeinde Salzburg, vertreten durch Dr.Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin Franz G***** Ww. Inhaber Maria und Walter G***** Gesellschaft mbH & Co KG, Rathausplatz 1, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Ingrid Stöger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 37 Abs.1 Z 8 MRG iVm § 12 Abs.3 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 20.Februar 1992, GZ 22 R 591/91-23, womit der Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22.August 1991, GZ 16 Msch 8/90-16, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte - nach vorausgehenden Verfahren vor der Schlichtungsstelle auf Grund des Antrages vom 30.Juni 1988 - die Feststellung, daß für die von ihr vermieteten, von der Antragsgegnerin gemieteten Geschäftsräumlichkeiten ein monatlicher Mietzins von S 58.400,-, für den Lagerraum von monatlich S 550,-, jeweils wertgesichert und zuzüglich Umsatzsteuer angemessen und zulässig sei. Die Antragstellerin stützte ihr Begehren auf § 12 Abs.3 MRG mit der Begründung, der Alleininhaber des in diesen Räumlichkeiten betriebenen Unternehmens habe dieses laut Eintragung des Handelsregisters Salzburg vom 20.Jänner 1988 in eine Gesellschaft mbH & Co KG eingebracht.

Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung des Antrages, weil der Mietvertrag seinerzeit mit einer offenen Handelsgesellschaft als Mieterin abgeschlossen worden und der Parteiwille daher dahin zu verstehen sei, daß Vertragspartner nicht bestimmte Personen sondern der oder die Inhaber des Unternehmens sein sollten. Eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs.3 MRG liege daher nicht vor.

Das Erstgericht sprach in dem von Amts wegen gefaßten Zwischensachbeschluß aus, daß die Einbringung des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens in die Antragsgegnerin per 1.Jänner 1988 eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs.3 MRG darstelle und daß die Antragstellerin als Vermieterin daher berechtigt sei, nunmehr der Antragsgegnerin gegenüber den nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage und Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Mietzins feststellen zu lassen. Die Höhe des solcherart festzusetzenden angemessenen Mietzinses werde im weiteren Verfahren festgestellt werden.

Diesem Zwischensachbeschluß liegt folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt zugrunde:

Mieterin dieser Geschäftsräumlichkeiten war zunächst eine offene Handelsgesellschaft mit wechselnden Gesellschaftern. Mit 25.April 1985 wurde in das Handelsregister eingetragen, daß die Gesellschaft aufgelöst und Walter G***** nunmehr Alleininhaber ist. Am 20.Jänner 1988 wurde die Änderung der Firma in "Franz G***** Ww. Inhaber Maria und Walter G***** Gesellschaft mbH & Co KG" sowie die Tatsache protokolliert, daß der bisherige Alleininhaber Walter G***** ebenso wie Barbara G***** Kommanditist sei, hingegen die G*****Lederwarengesellschaft mbH Salzburg der persönliche haftende Gesellschafter. Zu der Zeit, als Walter G***** schon Alleininhaber des Unternehmens war, erfolgten Mietzinsvorschreibung und Mietzinszahlung immer noch unter der Bezeichnung "Franz G*****Wtw.

OHG".

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß ein Einzelunternehmen (mit einer nicht der Firmenwahrheit entsprechenden Firma) in die Kommanditgesellschat eingebracht wurde. Damit sei ein Veräußerungsvorgang mit den Rechtsfolgen des § 12 Abs.3 MRG verwirklicht worden.

Ein Zwischensachbeschluß, beschränkt auf den Grund des Anspruches, sei auch im Verfahren nach § 37 MRG zulässig, damit die entscheidende Rechtsfrage über den Grund des Anspruches ohne Aufwand von Sachverständigengutachten zur Mietzinshöhe geklärt werden könne.

Das Rekursgericht änderte diesen Zwischensachbeschluß in einen den Antrag der Antragstellerin abweisenden (End)sachbeschluß ab. Es begründete diesen rechtlich im wesentlichen wie folgt:

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MRG sei eine offene Handelsgesellschaft Hauptmieterin gewesen. Diese habe ein Unternehmen geführt, das zunächst auf einen ihrer Gesellschafter allein und dann von diesem auf die Antragsgegnerin übergegangen sei (ein sogenanntes gespaltenes Mietverhältnis aus früherer Zeit sei von niemanden behauptet worden). Das zur Zeit des Inkrafttretens des MRG mit einer offenen Handelsgesellschaft bestehende Mietverhältnis bleibe vom Wechsel der Gesellschafter und der Rechtsform unberührt. Als Bestandnehmer müsse daher immer der jeweilige Unternehmensinhaber angesehen werden. Bei der zunächst gegebenen offenen Handelsgesellschaft seien die Rechtsträger des gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens die jeweiligen Gesellschafter gewesen. Dadurch, daß später nur mehr einer der Gesellschafter verblieben sei, habe zwar die Gesellschaft nicht weiter bestanden, doch hätte sich an der Tatsache nichts geändert, daß der jeweilige Inhaber des Unternehmens Träger der Mietrechte sei. Wenn sich dieser verbleibende Gesellschafter dann später entschlossen habe, wieder ein Gesellschaftsverhältnis zu begründen und damit seine Alleingesellschafterstellung zu beenden, dann bedeute dies zwar gesellschaftsrechtlich eine Neugründung, aus der Sicht der Mieterstellung aber nichts anderes als die neuerliche Änderung einer Rechtsform, die einst eine OHG gewesen sei, sowie einen Gesellschafterwechsel.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Rechtsprechung - soweit überblickbar - bisher die Frage nicht behandelt habe, ob das Einzelunternehmen, das durch das Ausscheiden aller anderen Gesellschafter aus einer offenen Handelsgesellschaft entstanden ist, hinsichtlich des § 12 Abs.3 MRG anders zu behandeln sei als ein Einzelunternehmen, das nicht aus einer Gesellschaft hervorgegangen sei.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschuß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen, in eventu, dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben; hilfsweise stellte sie den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die Einbringung eines (Einzelhandels)Unternehmens in eine Personenhandelsgesellschaft (SZ 60/10 bezüglich KG; EvBl 1988/73 bezüglich OHG) oder in eine Kapitalgesellschaft (WBl 1987, 276) eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs.3 MRG darstellt.

In der in ecolex 1991, 854 veröffentlichten Entscheidung vom 27. August 1991, 5 Ob 53/91, beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof mit dem hier entscheidungswesentlichen Rechtsproblem, ob im Falle der Einbringung eines Einzelhandelsunternehmens, das durch Ausscheiden der anderen Gesellschafter aus einer OHG hervorgegangen war, ebenfalls eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs.3 MRG gegeben ist. Dies wurde in der genannten Entscheidung aus folgenden, vom erkennenden Senat weiterhin als zutreffend angesehenen Gründen bejaht:

Eine OHG (KG) muß aus mindestens zwei Gesellschaftern bestehen und wandelt sich in ein Einzelunternehmen um, wenn nur mehr ein Gesellschafter vorhanden ist. Damit erlischt die Gesellschaft, und der Einzelunternehmer wird Subjekt der Mietrechte an den Geschäftsräumlichkeiten sowie Betreiber des darin ausgeübten Unternehmens. Dies vollzieht sich in Form der Gesamtrechtsnachfolge (ecolex 1991, 539 mwN). Gründet nun dieser Einzelunternehmer eine OHG (KG) die mangels Personenidentität auch nicht als fortgesetzte Gesellschaft angesehen werden kann, und bringt er das von ihm in den Bestandräumlichkeiten betriebene Unternehmen in diese Gesellschaft als Sacheinlage (quoad sortem sive substantiam) ein, so stellt dies eine Veräußerung des vom Hauptmieter in den Bestandräumlichkeiten betriebenen Unternehmens, also eine Unternehmensübertragung in Form der Einzelrechtsnachfolge dar. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser Vorgang die Rechtsfolgen des § 12 Abs.3 MRG auslöst. Es ist durch nichts begründet, eine solche Unternehmensveräußerung anders zu behandeln als die erstmalige Einbringung eines Unternehmens bzw. der damit verbundenen Bestandrechte an den Geschäftsräumlichkeiten durch einen Gesellschafter in eine GesbR oder in eine OHG (KG).

Auf die im Verfahren aufgetauchte Frage, ob das Unternehmen ursprünglich ein Einzelunternehmen war, das erst später in eine OHG übergeführt wurde, bevor es wieder ein Einzelunternehmen wurde, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

Auch die Frage der Zulässigkeit eines amtswegigen Zwischensachbeschlusses über eine Vorfrage (analog zu § 393 Abs.1 ZPO) ist - anders als von den Vorinstanzen - in verneinendem Sinn zu beantworten, weil die Vorschriften der ZPO in einem Außerstreitverfahren nur insoweit herangezogen werden können, als sie in den dieses Außerstreitverfahren regelnden Vorschriften selbst genannt werden. Eine Anwendung des § 393 Abs.1 ZPO ist jedoch im Verfahren nach § 37 MRG nicht vorgesehen (WoBl 1989/66 unter Hinweis auf EvBl.1988/114 und MietSlg 40.540 = 5 Ob 86/88).

Im fortzusetzenden Verfahren wird daher die Höhe des angemessenen Mietzinses im Sinne des § 12 Abs.3 MRG zu ermitteln sein.

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