Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Beim Bezirksgericht Steyr war die Pflegschaftssache eines minderjährigen Kindes österreichischer Staatsbürgerschaft anhängig, auf dessen Unterhaltsansprüche gegen den im Ausland lebenden Vater Vorschüsse gewährt wurden. Mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Vorschüsse gewährt wurden, war der Magistrat der Stadt Steyr als zuständiger Jugendwohlfahrtsträger Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche nach § 9 Abs 2 UVG geworden.
Die Mutter übersiedelte mit dem minderjährigen Kind in die Bundesrepublik Deutschland.
Der Präsident des Oberlandesgerichtes wandte sich am 8.April 1992 an das Bezirksgericht Steyr mit dem Ersuchen um Zustellung des Beschlusses, mit dem der Jugendwohlfahrtsträger als Sachwalter enthoben wurde, weil er gegen diesen Beschluß ein Rechtsmittel erheben wolle. Der Sachwalter habe unter Anschluß einer Ausfertigung eines Beschlusses des deutschen Amtsgerichtes, womit der Magistrat der Stadt Steyr von der Sachwalterschaft enthoben wird, die Schlußrechnung gelegt, die für den Zeitraum vom 1.September 1984 bis 30. September 1990 eine Forderung des Bundes gegen den Unterhaltsschuldner von S 87.157,95 ausweise. Der die Interessen des Familienlastenausgleichsfonds vertretende Präsident des Oberlandesgerichtes meine, daß der Rückstand weiter vom Magistrat der Stadt Steyr hereinzubringen und ein Forderungsübergang auf den Bund (§ 30 UVG) nicht eingetreten sei. Er wäre durch eine Enthebung des Sachwalters beschwert.
Das Bezirksgericht Steyr teilte darauf mit Schreiben vom 29.April 1992 dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes mit, daß die (Pflegschafts-) Akten am 28.Dezember 1990 an das Amtsgericht Erding "abgetreten" wurden und daß eine Enthebung des Magistrats der Stadt Steyr "hg" nicht erfolgt sei.
Das Rekursgericht wies den vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes gegen diese Mitteilung erhobenen Rekurs zurück. Es könne dahingestellt bleiben, ob in der Mitteilung eine anfechtbare Entscheidung liege, weil dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes die Rekurslegitimation fehle, wenn es darum gehe, ob der Jugendwohlfahrtsträger als Sachwalter enthoben wurde.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Zurückweisung seines Rechtsmittels wendet sich der Präsident des Oberlandesgerichtes mit seinem Rekurs an den Obersten Gerichtshof.
Das Rekursgericht hat ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen seinen Beschluß nicht zulässig sei.
Dem Rechtsmittelwerber ist nicht zu folgen, wenn er meint, es handle sich nicht um ein außerordentliches Rechtsmittel. Der Oberste Gerichtshof hat in Ablehnung der Ansicht von Kralik, Der Zugang zum OGH im Außerstreitverfahren, JBl. 1991, 283, wiederholt entschieden, daß mit den Änderungen durch die WGN 1989 keine Erweiterung des Zuganges zum Obersten Gerichtshof eintrat und daß der Begriff des Revisionsrekurses alle Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über Rekurse erfaßt, also auch Rekurse gegen den Rekurs zurückweisende Beschlüsse des Rekursgerichtes, so daß auch insoweit die Voraussetzungen nach dem § 14 Abs. 1 AußStrG zu fordern sind (EFSlg. 64.647 ua). Der vom Rechtsmittelwerber aufgeworfenen Rechtsfrage nach der Zulässigkeit der Anfechtung der Mitteilung des Bezirksgerichtes Steyr kommt aber, weil eine ähnliche Lage bei Verlegung des Aufenthaltes anderer, Unterhaltsvorschüsse in Anspruch nehmender Kinder in das Ausland eintreten kann, und dem Rechtsmittelwerber die Wahrung der Interessen des Bundes obliegt, eine erhebliche Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zu.
Der Oberste Gerichtshof hat zwar erst jüngst zu 2 Ob 510/92 am 25. März 1992 in einem Fall, in welchem das minderjährige Kind den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nahm, wo sich auch der Vater aufhielt, entschieden, daß auch nach dem Inkrafttreten des KindRÄG (vorher siehe RZ 1981/58 = EFSlg. 38.989/1; 2 Ob 549/86 und 1 Ob 552/86 = EFSlg. 51.927) dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes gegen den Beschluß des Pflegschaftsgerichtes auf Enthebung des besonderen Sachwalters des Kindes ein Rekursrecht nicht zusteht. Insoweit besteht also eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, an die sich das Rekursgericht gehalten hat.
Der nun an den Obersten Gerichtshof herangetragene Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von der entschiedenen Frage, weil der Präsident des Oberlandesgerichtes sich hier nicht gegen einen Beschluß auf Enthebung des Sachwalters wendet. Der zurückgewiesene Rekurs bekämpfte die Mitteilung, daß eine solche Enthebung gar nicht erfolgt ist. Das Erstgericht hatte offenbar von der Fortsetzung des Pflegschaftsverfahrens nach § 110 Abs. 2 JN abgesehen und die Akten an das im Ausland zur Wahrung der Rechte und Interessen des Minderjährigen berufene deutsche Amtsgericht übermittelt, weil das österreichische Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort genommen hatte (vgl. zur Aufhebung des § 111 Abs. 3 JN idF vor ZVN 1983 die Ausführungen in der RV 669 BlgNR 15. GP P 2 zu § 111 JN und P 3 zu § 110 JN). Die vom deutschen Gericht zu erwartenden Maßnahmen haben ohnedies unter Beachtung des Haager MjSchÜbk und allenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen des Vormundschaftsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Deutschen Reich vom 5.Feber 1927, BGBl. 1927/269 zu geschehen. Die Mitteilung des Bezirksgerichtes Steyr beschränkte sich auf den Hinweis, daß die Akten dem deutschen Amtsgericht übermittelt wurden und daß (vom österreichischen Gericht) kein Beschluß auf Enthebung des Sachwalters gefaßt wurde. Damit fehlt aber eine anfechtbare Verfügung des Erstgerichtes, gegen die ein Rekurs erhoben werden könnte, überhaupt. Auch wenn im Verfahren außer Streitsachen einer Partei, in deren Rechtssphäre eine Verfügung des Gerichtes eingreift, in aller Regel das Rekursrecht zusteht, trifft dies auf eine bloße Mitteilung über den Stand des Verfahrens (Absehen von der Fortsetzung des Pflegschaftsverfahrens und Unterbleiben eines Beschlusses auf Enthebung des Sachwalters) nicht zu. Den Beschluß, den er für verfehlt erachtet und bekämpfen wollte, hat das Pflegschaftsgericht nicht gefaßt.
Deshalb ist die Zurückweisung seines Rekurses im Ergebnis zutreffend erfolgt, weil mangels einer anfechtbaren Entscheidung nicht in die Untersuchung einzugehen ist, ob der Rekurswerber, wäre eine Entscheidung ergangen, zu ihrer Anfechtung befugt ist (siehe dazu aber die erwähnte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes). Es ist deshalb auch nicht zu erörtern, ob die durch das deutsche Gericht verfügte Sachwalterenthebung im Inland rechtswirksam ist, ob eine Entscheidung des österreichischen Pflegschaftsgerichtes über die Fortdauer der Sachwalterschaft nach § 9 UVG erwirkt werden könnte, oder ob die Meinungsverschiedenheit über die Beendigung der Sachwalterschaft zwischen dem Jugendwohlfahrtsträger und dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes auf dem für solche Kompetenzkonflikte vorgesehenen Wege auszutragen wäre.
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