OGH 4Ob63/92

OGH4Ob63/9214.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Warta, Dr.Kodek und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ruth W*****, 2. H. u. M. K***** GmbH & Co KG, ***** beide vertreten durch Dr.Werner Mosing, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wider die beklagten Parteien

1. Hedwig Elisabeth S*****, 2. Herbert S*****, beide ***** beide vertreten durch Dr.Viktor Michitsch, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 29.April 1992, GZ 6 R 178/91-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28.Juni 1991, GZ 20 Cg 190/91-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit S 14.084,28 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.347,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung

Die Erstklägerin, welcheInhaberin einer Reisebürokonzession nach § 208 Abs 3 Z 1, 2 und 3 GewO ist, betreibt ein Reisebüro im Standort O***** (Haus L*****). Sie vermittelt und vermietet Gästewohnungen und betreibt auch die Rezeption für die Zweitklägerin im Haus L*****.

In der Halle des Hauses L***** sind verschiedene Geschäftslokale untergebracht. Eines davon wird von den Beklagten verwendet, welche dort Tabakwaren verkaufen und eine Gemischtwarenhandlung führen. Daneben beschäftigen sich die Beklagten auch mit dem Vermieten von Ferienwohnungen im Haus L***** und im Haus E*****. Auf der Auslagenscheibe ihres Geschäftes sind in auffällig großen Buchstaben eine Werbung für "FEWO S*****" sowie das Wort "Ferienwohnungen" angebracht. Dort steht auch groß:

"Ferienwohnungen, Auskunft im Laden oder Telefon 27-93-05". Weiters sind auf den Auslagenscheiben einzelne Ferienwohnungen mit Bildern der Gegend, in der sie sich befinden, angepriesen; so heißt es etwa: "Wanderferien für das ganze Jahr! Ferien in Höhenluft - Wohnen in 1500 m Höhe! Neue Seilbahnen. Haus E***** (Süden)! Appartement mit Loggia (herrlich zum Träumen), Küche, Bad/WC, Zentralheizung, Schwimmbad im Haus. Gemischtwarenladen fünf Minuten entfernt, Hotels und Hütten. Im Winter:

Langlaufloipen, Kinder- und Anfängerhügel bis Abfahrten für Könner. Auskunft: Familie S*****."

Erst beim Betreten dieses Geschäftes bemerkt man, daß dort auch eine Gemischtwarenhandlung geführt wird.

Die Gäste schließen mit den Beklagten - schriftlich oder telefonisch - Verträge über deren Wohnungen ab. Wiederholt kam es vor, daß Gäste, die noch keine Unterkunft hatten, sich bei den Klägern wegen einer Unterkunft erkundigten, sich dann aber nach Nennung des Preises entfernten und in den Laden der Beklagten gingen, um sich dort eine Wohnung vermitteln zu lassen. Mehrfach kam es vor, daß diese Gäste dann eine Ferienwohnung bei den Beklagten mieteten.

Die Beklagten verfügen über keine Gewerbeberechtigung für die Gästebeherbung oder den Betrieb eines Reisebüros.

Mit der Behauptung, daß die Beklagten ohne die erforderlichen Gewerbeberechtigungen eigene Wohnungen vermieteten und fremde Wohnungen vermittelten und dadurch nicht nur gegen gewerberechtliche Vorschriften, sondern zugleich auch gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstießen, begehren die Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, konzessionspflichtige Geschäfte und Dienstleistungen des Reisebürogewerbes, insbesondere Unterkunft für Reisende zu vermitteln oder zu besorgen und einen Fremdenzimmernachweis zu führen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Es sei unrichtig, daß sie Wohnungen vermittelten; vielmehr vermieteten sie nur ihnen als Eigentümer oder Mieter zur Verfügung stehende Wohnräume. Dafür benötigten sie keinerlei Gewerbeberechtigung.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es nahm noch als bescheinigt an, daß der erste Eindruck vom Geschäft der Beklagten dahin gehe, daß es sich um ein Reisebüro oder einen Zimmernachweis handle. Rechtlich meinte es, daß die Beklagten das Gewerbe der Gästebeherbergung sowie Reisebürotätigkeiten ausübten, ohne die Berechtigungen nach §§ 189 und 208 GewO zu haben; damit hätten sich auch gegen § 1 UWG verstoßen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei ausdrücklich auf das Verbot des Ausübens konzessionspflichtiger Geschäfte und Dienstleistungen des Reisebürogewerbes gerichtet. Die festgestellte Tätigkeit der Beklagten falle aber nicht unter § 208, sondern unter § 189 GewO. Der Erstrichter habe zwar die Begriffe des "Vermietens" und "Vermittelns" von Wohnungen nicht mit der erforderlichen Schärfe auseindergehalten; seinen Feststellungen könne aber doch mit hinreichender Klarheit entnommen werden, daß zwar die Kläger Wohnungen vermittelten, die Beklagten aber nur als Vermieter und nicht als Vermittler aufträten. Das Begehren der Kläger könne auch nicht dahin umgedeutet werden, daß den Beklagten die konzessionslos ausgeübten Tätigkeiten des Gastgewerbes - nämlich die Beherbung von Gästen nach § 189 Abs 1 Z 1 GewO - verboten werden sollen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Beklagten beantragen, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen den Rechtsmittelausführungen der Kläger befassen sich die Beklagten nach den Feststellungen des Erstgerichtes ausschließlich mit dem Vermieten, nicht aber auch mit dem Vermitteln von Wohnungen. Im Beschluß der ersten Instanz wurde zwar ua festgestellt, daß bisweilen Leute das Geschäft der Beklagten betreten, um sich eine Wohnung vermitteln zu lassen, dann aber dort eine Wohnung bei den Beklagten mieten. Daß die Beklagten tatsächlich vermittelt hätten, ergibt sich daraus nicht. Nur im Zuge der Beweiswürdigung gebraucht das Erstgericht - offenbar irrtümlich - an einer Stelle statt des Wortes "Vermieten" das Wort "Vermitteln" (S. 15). Für eine Vermittlungstätigkeit der Beklagten fehlen auch tatsächlich alle Anhaltspunkte. Soweit die Beklagten fremde Wohnungen in Bestand nehmen, um sie dann ihrerseits unterzuvermieten, liegt darin entgegen der Ansicht der Kläger (S. 77) gleichfalls nur ein Vermieten, nicht aber ein Vermitteln, besteht doch das Wesen des Vermittelns im Herbeiführen eines Vertragsabschlusses zwischen dritten Personen. Wird aber eine - im Eigentum eines Dritten stehende - Wohnung vom Mieter untervermietet, dann kommt der Vertrag nur zwischen dem (Haupt-)Mieter und seinem Untermieter, nicht aber zwischen dem Hauseigentümer und dem Untermieter zustande.

Daß allenfalls manche Betrachter aus der Aufmachung des Geschäftes der Beklagten den Eindruck gewinnen, dabei handle es sich um ein Reisebüro oder einen Zimmernachweis, ist ohne Bedeutung. Ob das Anbieten von Reisebürodiensten vorliegt, ist nach objektiven Kriterien zu prüfen; darauf, wie die Ankündigung vom Verkehr aufgefaßt wird, kommt es nicht an (ecolex 1990, 298). Da die Beklagten in Wahrheit nur Räume vermieten, erbringen sie nicht Leistungen eines Reisebüros; sie brauchen daher keine Konzession nach § 208 GewO. Mangels eines Verstoßes gegen diese Konzessionspflicht kann dem Sicherungsantrag nicht stattgegeben werden.

Die Frage, ob die Beklagten einer Konzession nach § 189 Z 1 GewO bedürften (vgl dazu Mache-Kinscher, GewO5 Anm 4 und 5 zu § 189), braucht nicht untersucht zu werden, weil das Unterlassungsbegehren nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nur die konzessionspflichtigen Leistungen des Reisebürogewerbes betrifft.

Der angefochtene Beschluß war demnach zu bestätigen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

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