OGH 15Os35/92

OGH15Os35/922.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred Anton M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30.Dezember 1991, GZ 5 Vr 908/91-232, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred Anton M***** (zu I/) des Verbrechens des schwerengewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren - vgl. SSt. 47/63 und LSK 1976/387) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 zweiter Fall StGB sowie (zu II/) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall (richtig: zweiter Stafsatz - vgl. SSt. 55/16) StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in G***** und anderen Orten Österreichs

I/ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen zu folgenden Handlungen verleitet, die diese am Vermögen in nachangeführter Höhe schädigten, wobei der schwere Betrug in der Absicht begangen wurde, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. am 24. und 27. August 1990 in S***** im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Dr. Eberhard M***** Berechtigte der Sparkasse S***** sowie Dr.Eberhard M***** durch die fälschlichen Behauptungen, Hälfteeigentümer des Hotels "Miramare" in Lignano mit einem Wert von 20 Mio. S zu sein, über eine Liegenschaft mit Bungalow in Ossiach zu verfügen und finanziell in der Lage zu sein, für die bis 30.September 1990 bedungene Rückzahlung des zugezählten Kredites in der Höhe von 4 Mio S zu bürgen, zur Übergabe von Geldbeträgen in der Gesamthöhe von 4 Mio S (1,6 Mio S und 2,4 Mio S), wobei der Schaden restlich 3,805.217,60 S (nach Abzug des Restes aus dem Erlös aus dem Wertsparbuch von 1 Mio S und 500.000 S aus Sparbuch) beträgt,

2. im Zeitraum Juni 1986 bis Ende August 1990 den gesondert verfolgten Dr.Eberhard M***** durch die listige Vorspiegelung, über große Geldmittel, nämlich cirka 65 Mio S bei der Steiermärkischen Sparkasse und einer auswärtigen Bank, namentlich dem "Schweizerischen

Bankverein", zu verfügen, an welche Beträge er dann herankomme, wenn er zuvor 60 % hievon "einzahle", er müsse nur mehr einige "Einzahlungen" tätigen, sowie durch die oftmalige fälschliche Beteuerung, die Abrechnung sei schon erstellt, die "Auszahlung" könne ehebaldigst erfolgen, wobei er für die hingegebenen Geldbeträge stets Rückzahlungstermine vereinbarte, um sich hinter dem Scheine eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Darlehensnehmers zu verbergen, zur Übergabe von unzähligen Einzelbeträgen mit einer Mindestgesamthöhe von 19,846.309 S, wobei der Schaden zumindest die vorgenannte Höhe erreicht;

II/ die Mitglieder des Vollzugsgerichtes (Dr.Hans U*****, Dr.Winfried E***** und Dr.Hans R*****) und den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Graz Dr.Josef Paul S***** sowie den ihn anwaltlich vertretenden Dr.Eberhard M***** im Strafvollzugsverfahren 2 BE 228/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, in welchem er am 10.Juni 1986 bedingt entlassen wurde, dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er die Behauptungen erhob

1. am 18.Dezember 1990 (anläßlich einer Haftvisite) gegenüber Vizepräsident Dr.Winfried E*****: "Dr.M***** erklärte, daß für eine bedingte Entlassung möglicherweise Schmiergeld benötigt werden würde. Er habe dies schon öfter praktiziert und Erfolg gehabt ... Mit ein paar Tausendern sei nichts gerichtet, sondern pro Richter und Staatsanwalt seien 100.000 S bis 200.000 S notwendig und zwar für drei Richter und einen Staatsanwalt. Er hat dann tatsächlich 1 Mio S aus dem Koffer geholt. Nachträglich hat mir Dr.M***** gesagt, daß er die Million als Schmiergeld ..... verwendet hat", weiters

2. in seiner an den Untersuchungsrichter Dr.Wolfgang W***** gerichteten Eingabe vom 23.Dezember 1990: "Bei einem Besuch im Jänner teilte er (Dr.M*****) mir mit, er habe schon mit einem Herrn der Staatsanwaltschaft Kontakt aufgenommen, man sei eventuell einverstanden, nur benötige er dazu 1 Mio S, für einen 3-Richter-Senat und den Staatsanwalt. Nur sei es schwierig; der Vorsitzende sei da nicht so recht einverstanden (Präsident Dr.U*****). Im Juni kam Dr.M***** zu mir, er sagte, er käme von einer Sitzung, ich sei frei. Dies hätte ihn viel Mühe gekostet, außerdem habe er dafür 1 Million hingelegt, pro Person 250.000 S, es sei eine alte Weisheit, Geld öle die Räder und wer gut schmiert, fahre gut, dies wäre wie bei einem Auto. Schon von Anfang an sagte er mir, ich müsse doch über alles strengstes Stillschweigen halten" sowie

3. am 19.März 1991 gegenüber dem Untersuchungsrichter Dr.W*****: "Ich bleibe dabei, daß Herr Rechtsanwalt Dr.M***** zu mir gesagt hat, daß er, um eine bedingte Entlassung zu bewirken, sowohl an den Staatsanwalt als auch an alle Mitglieder des 3-Richter-Senates Schmiergelder bezahlen müsse. Ich bleibe dabei, daß Dr.M***** 1 Mio S aus dem Koffer bei meiner Großmutter holte und mir letztlich erklärte, er habe diese Million als Schmiergeld verwendet. Ich bleibe hinsichtlich der sogenannten Schmiergelder bei meiner bisherigen Aussage",

somit die genannten Personen einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB, Dr.Eberhard M***** auch nach § 12 StGB (vorsätzliche Bestimmung hiezu) falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war.

Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; das Faktum I/ bekämpft er aus den Gründen der Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO, das Faktum II/ hingegen aus dem Grund der Z 9 lit. a der zitierten Gesetzesstelle.

Zum Faktum I/:

In der Hauptverhandlung am 3.Dezember 1991 beantragte der Beschwerdeführer "zum Beweis dafür, daß der Angeklagte bereits vor dem Kennenlernen mit Herrn Dr.M***** über erhebliches Vermögen verfügte, insbesondere über Valuten in verschiedenen Währungen, die Einvernahmen der Zeugen Mika und Georgio C*****, weiters die Ladung und Einvernahme des Zeugen Wilhelm M***** zum Beweise dafür, daß Dr.M***** dem Angeklagten bereits während seiner Haft in der Strafvollzugsanstalt Karlau wöchentlich cirka 5.000 S zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse in die Anstalt gebracht hat, und weiters die ergänzende Einvernahme des Dr.M***** zum Beweise dafür, daß der Angeklagte zu den auf der Erklärung angeführten Vermögenswerten noch weitere Sparbücher und sonstige Wertpapiere besitzt" (S 465/VI).

Diese Anträge wies das Schöffengericht durch Zwischenerkenntnis gemäß § 238 StPO mit der Begründung ab, daß Mika und Georgio C***** sowie Wilhelm M***** keine Tatzeugen seien und daß Dr.M***** schon im Verfahren ausgesagt habe, wobei über seine persönlichen finanziellen Verhältnisse Klarheit bestehe (S 466/VI).

Durch das Unterbleiben der begehrten Beweisaufnahmen erachtet sich der Nichtigkeitswerber in seinen Verteidigungsrechten verkürzt (Z 4). Denn - so begründet er seine Rüge - durch die Einvernahme der Zeugen Mika und Georgio C***** hätte er den Beweis erbringen können, daß die cirka 14 Mio S, die er bei seiner Großmutter in Sch***** verwahrt hatte und dort von Dr.M***** geholt wurden, keine Erfindung von ihm seien, sondern von dem Geld herrühren, das er vom Grafen C***** aus G***** bekommen habe; in Verbindung mit der Aussage des Zeugen M***** hätte er damit auch beweisen können, daß die Geldbeträge, die ihm Dr.M***** schon in der Strafvollzugsanstalt Karlau zukommen ließ, nicht aus dessen, sondern aus seinem eigenen Vermögen stammten, und durch die ergänzende Einvernahme des Zeugen Dr.M***** wäre auch zutage gekommen, daß er (Dr.M*****) noch privat angelegte Sparbücher und Wertpapiere besitze, was im Verfahren völlig unerörtert geblieben sei; das Sachverständigengutachten beschränke sich im wesentlichen nur auf sichergestellte Kanzleiunterlagen, eine Hausdurchsuchung in der Wohnung des Dr.M***** habe aber nicht stattgefunden (S 20/VII).

Mit all diesem Vorbringen wird allerdings der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung gebracht. Denn die Verfahrensrüge (Z 4) hat stets von dem in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag, sonach von den dort angebotenen Beweismitteln und den dort genannten Beweisthemen auszugehen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 E 40, 41 zu § 281 Z 4). Die oben wiedergegebenen, in der Nichtigkeitsbeschwerde relevierten Beweisthemen waren jedoch - wie der Vergleich mit dem protokollierten Inhalt der Beweisanträge zeigt - nicht Gegenstand des in erster Instanz formulierten Beweisbegehrens; darauf kann mithin die Verfahrensrüge nicht gestützt werden.

Die Mängelrüge (Z 5) und die Tatsachenrüge (Z 5 a) wenden sich gegen die Schadenshöhe im Faktum I/:

Nach den Feststellungen zum Faktum I/1 seien der Sparkasse S***** 4 Mio S herausgelockt worden, nach Abzug des Restes aus dem Erlös des Wertpapiersparbuches von 1 Mio S und 500.000 S Einlagestand aus einem hinterlegten Sparbuch betrage der Schaden 3,805.217,60 S; wie sich dieser Restschaden errechne, bleibe unbegründet.

In bezug auf das Faktum I/2 betrage der Schaden laut Urteilstenor 19,846.309 S, in den Entscheidungsgründen werde unter Einrechnung des Restschadens der Sparkasse S***** von 3,7 Mio S dem Rechtsmittelwerber eine Schadenssumme von 21,046.309 S vorgeworfen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr.K***** betrage der vom Angeklagten zu vertretende Gesamtschaden bei Berücksichtigung der refundierten Depotgelder 20,846.309 S. Demnach könne der Schaden im Faktum I/1 nur 3,5 Mio S, jener im Faktum I/2 bloß 17,146.309 S betragen.

Diese behaupteten Urteilsmängel betreffen keine entscheidenden Tatsachen in der Bedeutung der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe, denn sie sind weder für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz, noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes relevant. Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde auch mit Bezugnahme auf die Z 5 und 5 a als nicht berechtigt.

Zum Faktum II/:

In der Rechtsrüge (nominell Z 9 lit. a) behauptet der Beschwerdeführer das Vorliegen eines Feststellungsmangels, weil das Erstgericht nicht dazu Stellung genommen habe, inwieweit der höhere Strafsatz des § 297 StGB für den Nichtigkeitswerber erkennbar war. Damit wird der Sache nach - wie in der Beschwerde auch subsidiär angeführt wird - ein Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO in Ansehung der subjektiven Tatseite reklamiert; dies indes zu Unrecht.

Der zweite Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB kommt zur Anwendung, wenn die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (SSt 47/3) muß der Täter zwar nicht die Strafdrohung, wohl aber den Umstand, daß die angedichtete Straftat "entsprechend strafwürdig und schwerwiegend" sei, in seinen Vorsatz aufgenommen haben; es genügt daher, wenn der Verleumder jene Tatumstände kennt, die die strengere Bestrafung des Verleumdeten nach sich ziehen könnten (Leukauf-Steininger Komm3 § 297 RN 13).

Daß die Bestechung von drei Richtern und einem Staatsanwalt mit insgesamt 1 Mio S entsprechend strafwürdig und schwerwiegend ist, entspricht der Erfahrung des täglichen Lebens. Daß der Rechtsmittelwerber diesen Umstand in den Kreis seiner Erwägungen aufgenommen hat, bedurfte angesichts der unbestrittenen Tatsache, daß die inkriminierte Äußerung von ihm selbst stammte und bewußt wahrheitswidrig erfolgte, keiner weiteren Begründung, so daß sich das angefochtene Urteil auch insofern als mängelfrei erweist.

Zu einem - von der Generalprokuratur angeregten - Vorgehen gemäß § 290 Abs. 1 StPO in bezug auf den Schuldspruch laut Punkt II/3, weil "es sich insoweit nur um eine im Rahmen der Verantwortung des Angeklagten vorgebrachte Wiederholung früherer Behauptungen nach Einleitung der Voruntersuchung zu diesem Punkt und damit um die nicht mehr strafbare angemessene Wahrung des Parteieninteresses handelt", besteht kein Anlaß. Denn das Schöffengericht hat dem Angeklagten offensichtlich nicht die mehrfache Begehung des Verbrechens der Verleudmung zur Last gelegt und auch bei den Strafzumessungsgründen eine Wiederholung der Verleumdung nicht als erschwerend vorgeworfen. Die im Urteilsspruch II/1 bis 3 angeführten Sachverhalte sind vielmehr insgesamt bloß deskriptive Anführungen der Tatmodalitäten zu dem vom Angeklagten nur einmal begangenen Verbrechen der Verleumdung und nicht die Konstatierung der dreifachen Verbrechensbegehung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, teils gemäß § 285 Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt gemäß § 285 i StPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Erledigung der Berufung (wegen Strafe - in der Rechtsmittelanmeldung verfehlt: "vollen Berufung") des Angeklagten.

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