OGH 15Os54/92-11 (15Os55/92-11)

OGH15Os54/92-11 (15Os55/92-11)2.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael Roland S***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 9. März 1992, GZ 37 Vr 3198/91-24, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit diesem Urteil gefaßten (Widerrufs-)Beschluß gemäß § 494 a StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und des Verteidigers Dr. Dirnberger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält) wurde Michael Roland S***** (I.) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB sowie der Vergehen (II.) des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und (III.) der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§§ 15, 127, 129 Z 1) StGB schuldig erkannt und hiefür (nach §§ 28, 129 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren verurteilt. Unter einem wurde mit Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO der Widerruf der dem Genannten zum AZ 37 E Vr 1243/90 des Landesgerichtes Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht ausgesprochen.

Die beiden Vergehen liegen ihm zur Last, weil er in Salzburg

(zu II) am 14. und 19.Dezember 1991 ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich jeweils den PKW Marke Honda Quintett, polizeiliches Kennzeichen S 126.406, der Christiane H***** ohne deren Einwilligung in Gebrauch genommen hat, wobei er sich die Gewalt über das Fahrzeug durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlung verschaffte; und

(zu III) am 2. (richtig: 22. - vgl S 49 in ON 3 und S 249) Dezember 1991, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol sich in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem Zustand unbekannte Gegenstände unbekannten Wertes durch Einschlagen einer Glasscheibe des Cafes "M*****", mithin durch Einbruch wegzunehmen versucht, demnach eine Handlung begangen hat, die ihm außer diesem Zustand als das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB zugerechnet würde.

Rechtliche Beurteilung

Nur den Schuldspruch wegen der beiden bezeichneten Vergehen bekämpft der Angeklagte mit einer allein auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nicht berechtigt ist die Subsumtionsrüge zunächst, soweit sie sich in Ansehung des Schuldspruchs wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen gegen die Annahme der qualifizierten Begehungsweise nach § 136 Abs. 2 StGB wendet.

Diese Qualifikation erachtete das Schöffengericht deshalb als gegeben, weil der Angeklagte den im Bereich der Tankstelle des Slobodan J***** versperrt abgestellten Personenkraftwagen der Christiane H***** unter Verwendung des beim Einbruchsdiebstahl in diese Tankstelle erbeuteten, sohin widerrechtlich erlangten Originalschlüssels in Gebrauch genommen hatte (US 9 f).

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, die in Rede stehende Qualifikation liege nicht vor, weil er erst nach dem Eindringen in die Tankstelle den Entschluß zum unbefugten Fahrzeuggebrauch gefaßt und sich zu diesem Zweck des offenbar nicht versteckt gewesenen, sondern im Tankstellengebäude "frei zugänglichen und zufällig aufgefundenen" Fahrzeugschlüssels bedient habe, ist ein Schlüssel nach ständiger Rechtsprechung immer dann "widerrechtlich erlangt" im Sinn des § 129 StGB, wenn er rechtswidrig in den Gewahrsam des Täters gelangt, wie etwa im Regelfall durch eigenmächtige Wegnahme. Lediglich die Benützung eines bereits im Schloß steckenden oder in dessen unmittelbarer Nähe befindlichen und solcherart auf eine die Wirksamkeit des Sperrverhältnisses von vornherein aufhebenden Weise gleichsam für jedermann zur freien Verfügung bereitgehaltenen Schlüssels würde keine der in Rede stehenden Bestimmung unterliegende Beschaffungsart darstellen (vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 RN 19; Kienapfel BT II2 RN 42 ff; Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 16 ff je zu § 129). Davon kann jedoch vorliegend angesichts der jedenfalls rechtswidrigen Aneignung des Schlüssels im Zuge eines Einbruchsdiebstahls keine Rede sein, woran auch das reklamierte Fehlen eines Vorsatzes in Richtung des Vergehens nach § 136 StGB schon zum Zeitpunkt der Begehung des Einbruchsdiebstahls in die Tankstelle nicht zu ändern vermag. Nur das Verschaffen der Gewalt über das Fahrzeug selbst, nicht aber auch die Erlangung des Gewahrsams über den Fahrzeugschlüssel muß nämlich einer der in den §§ 129 bis 131 StGB geschilderten Handlungen entsprechen; auf welche Weise sich der Täter den (jedenfalls widerrechtlich erlangten) Schlüssel verschaffte, ist hingegen ohne Bedeutung.

Der Annahme der qualifizierten Begehungsweise nach § 136 Abs. 2 StGB haftet somit der behauptete Rechtsirrtum nicht an.

Die eine Beurteilung der Rauschtat laut Punkt III des Urteilssatzes als bloße Sachbeschädigung anstrebende Subsumtionsrüge hinwieder entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Denn sie hält nicht am festgestellten Urteilssachverhalt fest, wonach der Beschwerdeführer, der seinen Angaben zufolge Zigaretten besorgen wollte (S 55, 67 verso), beim Einschlagen einer Glasscheibe des Cafes "M*****" mit Diebstahlsvorsatz gehandelt hat (US 4, 11, 13). Mit dem Einwand aber, der Umstand, daß der Angeklagte zwei hintereinanderliegende Glasscheiben hätte einschlagen müssen, um in das Kaffeehaus eindringen zu können, lasse es "alles andere als naheliegend erscheinen", daß der Angeklagte mit Diebstahlsvorsatz die Scheibe eingeschlagen habe, wird keine bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes unterlaufene unrichtige Gesetzesauslegung geltend gemacht, sondern bloß der unzulässige Versuch unternommen, die Beweisergebnisse einer für den Beschwerdeführer günstigeren Deutung zu unterziehen. Insoweit ist daher die Rüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die massiven einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit zwei Vergehen, die Mehrfachqualifikation und den äußerst raschen Rückfall, als mildernd hingegen das umfassende und teilweise reumütige Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand, daß es einmal beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren teilbedingte Nachsicht an.

Der Berufung kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen zunächst insoweit einer Korrektur als dem Angeklagten auch die Wiederholung der Diebstähle und der zweimalige unbefugte Gebrauch des eingangs bezeichneten Fahrzeuges als erschwerend anzulasten ist.

Entgegen der Meinung des Berufungswerbers stellt der Umstand, daß der "Schadensbetrag nur geringfügig über der maßgeblichen Wertgrenze von 25.000 S liegt", keinen Milderungsgrund dar. Das Geständnis hinwieder wurde vom Schöffensenat ohnedies ausdrücklich als Milderungsgrund herangezogen. Wenn der Angeklagte außerdem als mildernd berücksichtigt wissen will, daß er "der Übergabe des Fahrzeuges an die Besitzerin keinen Widerstand entgegengesetzt und sich im folgenden auch widerstandslos festnehmen lassen" habe, so übersieht er, daß er diesfalls weitere strafbare Handlungen - wie etwa das Vergehen nach § 269 StGB - zu verantworten hätte. Die schließlich noch ins Treffen geführte "als überaus schwierig zu bezeichnende Jugendzeit (Scheidungswaise, Heimaufenthalte)" kommt schon angesichts des Alters des Angeklagten von knapp 32 Jahren nicht mehr als Milderungsgrund in Betracht.

Ausgehend von den sohin gegebenen Strafzumessungsgründen und unter entsprechender Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß nicht als überhöht; zu dessen Reduzierung bestand demnach kein Anlaß.

Dies gilt gleichermaßen für die vom Angeklagten in der Berufung (auch) angestrebte bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe. Der überaus rasche Rückfall des Angeklagten schon knapp sechs Wochen nach einer (ua) wegen einschlägiger Delinquenz (unbedingt) verhängten zehnmonatigen Freiheitsstrafe läßt die Annahme, eine bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe werde genügen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, nicht mehr zu.

Die Berufung erweist sich daher zur Gänze als unbegründet.

Der Widerruf der dem Angeklagten im Verfahren AZ 37 E Vr 1243/90 des Landesgerichtes Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht (gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO) hingegen war, wie das Schöffengericht zutreffend erkannt hat, angesichts des (wiederholten) überaus raschen Rückfalls in gleichartige Delinquenz zusätzlich zu seiner neuerlichen Verurteilung erforderlich, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs. 1 StGB).

Seiner Beschwerde gegen den Widerruf mußte daher gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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