OGH 14Os49/92

OGH14Os49/9230.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juni 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof. Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf Z***** wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Jänner 1992, GZ 6 d Vr 10534/87-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, des Angeklgten und des Verteidigers Dr.Rifaat zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochtenen Teilfreispruch enthält, wurde Rudolf Z***** des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien vorsätzlich unter Verletzung von abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar

A.) im Bereich des Finanzamtes für Körperschaften als Geschäftsführer der Z***** Musik- und Unterhaltungs-Automaten Ges.m.b.H.

I.) durch Einbringung unrichtiger Umsatzsteuererklärungen eine Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzender Umsatzsteuer für die Jahre 1979 bis 1982 in der Gesamtsumme von 4,321.742 S;

II.) durch Unterlassung der Anmeldung und Abfuhr der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für die Jahre 1979 bis 1982 eine Verkürzung in der Gesamtsumme von 2,835.826 S;

B.) im Bereich des Finanzamtes für den 3. und 11.Bezirk durch Unterlassung der Einbringung von Einkommensteuererklärungen, wobei die Finanzbehörde keine Kenntnis vom entstandenen Abgabenanspruch hatte, eine Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzender Einkommensteuer für die Jahre 1979 bis 1982 in der Gesamtsumme von 5,619.351 S.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

In der Mängelrüge (Z 5) wendet er sich gegen die Urteilsannahmen, daß mit dem Betrieb von Spielautomaten undeklariert gebliebene Einnahmen erzielt worden sind und daß sich daraus Gewinne in der vom Erstgericht festgestellten Höhe ergeben haben. Die Mängelrüge unterstellt insoweit, daß die bekämpften Aussprüche vom Schöffengericht ohne Auseinandersetzung mit sonstigen Verfahrensergebnissen aus den Prüfungsfeststellungen und dem Prüfungsergebnis einer finanzamtlichen Buch- und Betriebsprüfung abgeleitet worden seien. Der insoweit erhobene Beschwerdeeinwand einer kritiklosen und ohne Begründung gebliebenen Übernahme der Ergebnisse des Abgabenverfahrens versagt indes, weil das Erstgericht die maßgeblichen Umstände keineswegs unüberprüft als gegeben ansah, sondern als zusätzliche Feststellungsgrundlage die Aussagen der als Zeugen vernommenen Betriebsprüfer Rudolf C***** und Mathias E***** verwertete und diese Beweise einer eigenständigen Würdigung unterzog.

Damit hat das Erstgericht seiner Begründungspflicht hinsichtlich der die Richtigkeit der finanzbehördlichen Abgabenfestsetzung (dem Grunde und der Höhe nach) bejahenden Urteilsfeststellungen mängelfrei entsprochen, und zwar auch im Lichte der neuesten Judikatur (Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 21.November 1991, AZ 14 Os 127/90 = EvBl 1992/26 = NRsp 1991/259), wonach den (rechtskräftigen) Abgabenbescheiden des Finanzamtes ebenso wie dem ihnen zugrundeliegenden Abgabenverfahren für das gerichtliche Finanzstrafverfahren nur (mehr) die Bedeutung einer - allerdings qualifizierten - Vorprüfung der Verdachtslage in Ansehung der objektiven Tatseite (Abgabenverkürzung) eines bestimmten Finanzvergehens zukommt, zu deren eigenständiger Nachprüfung das Gericht mit allen ihm auch sonst nach den Verfahrensvorschriften zu Gebote stehenden Mitteln berechtigt und verpflichtet ist.

Auf der Grundlage dieser Verfahrensergebnisse legte das Erstgericht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze dar, weshalb es die Behauptungen des Angeklagten über die Korrektheit seiner Abgabengebarung für widerlegt fand. Einer gesonderten Erörterung der vom Angeklagten zum Ansteigen der deklarierten Einnahmen ab 1.Augut 1981 gegebenen Erklärung bedurfte es dem Beschwerdevorbringen zuwider nicht, weil hiedurch die auf dem Erfahrungswissen über Einspielergebnisse in vergleichbaren Fällen beruhende Argumentation des Erstgerichtes nicht berührt wurde. Der Betriebsprüfungsbericht brachte eine auffallende Differenz der erklärten Einspielergebnisse zu den erfahrungsgemäß erzielbaren Einnahmen zum Ausdruck und verwies lediglich illustrativ auf den Umstand, daß die deklarierten monatlichen Erlöse in Wien ab 1. August 1981 (Einführung der erhöhten Vergnügungssteuer von 10.000 S pro Geldspielgerät) sprunghaft angestiegen seien. Wenn der Angeklagte der in diesem Zusammenhang denkbaren, allerdings gar nicht ausdrücklich gezogenen Schlußfolgerung widersprach, wonach die zusätzliche steuerliche Belastung realitätsnähere Erklärungen über die Einspielergebnisse verursacht habe, weil bei den früher angegebenen Summen der Betrieb überhaupt unrentabel erschienen wäre, und zum Ausdruck brachte, durch Einführung von Bargeldgewinnen zusätzliche Spielanreize geschaffen und solcherart die Einnahmen gesteigert zu haben, so erübrigt sich ein gesondertes Eingehen auf diesen Teil seiner Verantwortung, weil all diese das Ansteigen der deklarierten Erlöse ab 1.August 1981 betreffenden Umstände an der grundlegenden Prämisse der Beweisführung nichts zu ändern vermögen, daß in Vergleichsfällen höhere Einnahmen erzielt wurden.

Ebensowenig bedurfte es einer näheren Auseinandersetzung mit den Angaben des Zeugen Rudolf C*****, daß ein Automat im Monat mit Sicherheit mindestens 15.000 S bis 20.000 S einbringe (S 87). Bei der gebotenen Würdigung der Zeugenangaben in ihrem Gesamtzusammenhang ergab sich nämlich daraus kein Hinweis, daß die bei der Einnahmenfeststellung herangezogenen Werte zwischen 20.000 S und 25.000 S (S 105) überhöht sein könnten. Den Erläuterungen des Zeugen zufolge bezog sich nämlich seine Mindestangabe auf Monate mit unterdurchschnittlichem Spielbetrieb, weshalb zur Erzielung der Jahresergebnisse von einem Mittelwert ausgegangen werden mußte. Dabei wurden von anderen Automatenaufstellern eingenommene Beträge berücksichtigt und ohnedies eher niedrigere Summen eingesetzt (S 86). In der vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Passage der Zeugenaussage kam daher nicht zum Ausdruck, daß für die Ermittlung der Einnahmen von Geldsummen ausgegangen wurde, die über den gesicherten Erfahrungswerten lagen.

Aber auch die Rechtsrüge ist nicht zielführend.

Die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen über die Höhe der hinterzogenen Abgaben wurden in den Entscheidungsgründen des Ersturteils unter Hinweis auf die Bezifferung im Urteilsspruch ohnehin getroffen (S 109 f). Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen ist die Höhe der hinterzogenen Abgaben kein Tatbestandsmerkmal der Abgabenhinterziehung und muß demgemäß vom Vorsatz des Täters nicht umfaßt sein (SSt 54/2, 17; EvBl 1983/75; RZ 1989/10).

Schließlich wird auch mit der Behauptung, das gegenständliche Verfahren habe unangemessen lange gedauert, kein gesetzmäßiger Grund für ein freisprechendes Erkenntnis bezeichnet (EvBl 1984/138; 9 Os 143/84; 10 Os 172/86).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angklagten nach § 33 Abs. 5 FinStrG unter Anwendung des § 21 (ersichtlich gemeint Abs. 2 zweiter Satz) FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von zwei Millionen S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe.

Dabei wertete es keinen Umstand als erschwerend, die finanzbehördliche Unbescholtenheit, die teilweise Schadensgutmachung sowie den Umstand, daß die Tat schon längere Zeit zurückliegt und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat, hingegen als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und deren teilbedingte Nachsicht an.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Schöffengericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen nur insoweit einer Korrektur, als dem Angeklagten auch die Ausdehnung des deliktischen Verhaltens über mehrere Veranlagungsjahre als Erschwerungsgrund anzulasten ist. Die Milderungsgründe nach § 34 Z 2 und 18 StGB wurden im Sinn des § 23 Abs. 2 FinStrG vom Erstgericht ohnedies hinreichend berücksichtigt. Die verschiedenen Vorsatzformen des § 5 StGB hinwieder sind entgegen dem Berufungsvorbringen im Rahmen des Strafausspruches an sich zunächst grundsätzlich als gleichwertig zu behandeln; Unterschiede im Vorsatz können jedenfalls unbeschadet besonderer Gegebenheiten im Einzelfall, welche entsprechend § 32 Abs. 3 StGB, § 23 Abs. 2 FinStrG Berücksichtigung zu finden haben, für sich allein nicht strafmildernd wirken (vgl ÖJZ-LSK 1979/136).

Unter Bedacht auf die sohin tatsächlich vorliegenden Strafzumessungsgründe sowie auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten ist die - bei einer Strafobergrenze (gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG) von rund 25,5 Millionen S - vom Erstgericht ausgesprochene Strafe tat- und schuldangemessen.

Die außerdem begehrte Gewährung bedingter Nachsicht in Ansehung eines Teiles der Strafe kam schon aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht (§ 26 Abs. 1 FinStrG iVm §§ 43, 43 a StGB).

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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