OGH 14Os47/92-10

OGH14Os47/92-1030.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juni 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Liener als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermann N***** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 19.September 1991, GZ 34 Vr 980/91-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiss und der Verteidigerin Dr. Erna Strommer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann N***** der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Ihm wird angelastet, in Salzburg am 17.August 1989 dem Helmut O***** mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz einen Bargeldbetrag von 5.000 S weggenommen (Punkt 1. des Schuldspruchs) und vom 19. zum 20.Juni 1989 ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich ein Mofa Puch Maxi S Baujahr 1989, ohne Einwilligung des Berechtigten Javed K***** in Gebrauch genommen zu haben (2.).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich (ebenso wie die Tatsachenrüge) nur gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens des Diebstahls. Die behauptete Unvollständigkeit des erstgerichtlichen Ausspruches über entscheidende Tatsachen liegt nicht vor. Der Beschwerde zuwider wurde vom Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten, wonach er bei der Kontrolle seiner Kleidung durch Helmut O***** auch seine Socken ausziehen mußte, erörtert (US 8, 9). Es hat jedoch, gestützt auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen Helmut O***** (AS 185) festgestellt, daß der Angeklagte seine Socken nicht ausziehen mußte und damit die Möglichkeit hatte, die im Badezimmer des O*****, der sofort den Diebstahl bemerkte und den Angeklagten, nachdem dieser die Wohnung verlassen hatte, zurückholte, gestohlenen Banknoten in den Socken ohne Entdeckung durch den die Kleidung kontrollierenden Bestohlenen zu verwahren.

Die ein zufälliges Auffinden der Brieftasche erschwerende Aufbewahrung der Brieftasche im Badezimmer der Wohnung des Helmut O***** auf dem Boiler, sodaß sie nur bei Besteigen der Badewanne bemerkt werden konnte, hat das Erstgericht festgestellt (US 5). Die Täterschaft des Angeklagten leitete es, gestützt auf die Zeugenaussage des Helmut O*****, aus dem ausschließlichen Gelegenheitsverhältnis des allein mit Helmut O***** in der versperrten Wohnung aufhältigen Angeklagten sowie dem Umstand ab, daß O***** das Fehlen des Geldes infolge des Zählens unmittelbar vor der Ablage auf dem Boiler und unmittelbar nach dem Aufbruch des Angeklagten sogleich nach dem Verlassen der Wohnung durch ihn bemerkte (US 9). Das Schöffengericht konnte auf Grund der Verantwortung des Angeklagten und der Aussage des Bestohlenen davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer jedenfalls die Gelegenheit hatte, sich im Badezimmer einige Minuten unbeobachtet aufzuhalten. Bei einer gezielten Nachsuche des Angeklagten nach stehlenswerten Gegenständen war das Auffinden der Brieftasche somit ohne weiteres möglich. Es bedurfte daher keiner näheren Erörterung der Umstände dieses Auffindens. Das Erstgericht hat somit sowohl die Tathandlung selbst als auch die (mangels Überschreiten einer qualifikationsbegründenden Wertgrenze nicht entscheidungswesentliche) Höhe des gestohlenen Geldbetrages formal mängelfrei, nämlich logisch sowie den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht widersprechend, begründet. Ein formaler Begründungsmangel der geltend gemachten Art haftet dem Urteil daher nicht an.

Ein mit der Nichtigkeitsbeschwerde eingebrachter Antrag auf Protokollsberichtigung wurde abgewiesen (ON 44). Das Beschwerdevorbringen, der Zeuge Helmut O***** habe in der Hauptverhandlung die Möglichkeit eingeräumt, daß der Angeklagte auch die Socken ausgezogen habe, widerspricht demnach der Aktenlage. Die übrigen Ausführungen der Mängelrüge zu den Angaben des Zeugen vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter sowie in der Hauptverhandlung über das Entkleiden des Angeklagten nach der Tat sowie zur Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Dauer vom Angeklagten und O***** in dessen Wohnung ein Videofilm angesehen wurde, betreffen keine entscheidungswesentlichen Tatsachen. Das Erstgericht hat diese Umstände jedoch ohnedies nicht übergangen, sondern mit dem langen Zeitabstand zur Tat und dem schwindenden Erinnerungsvermögen des Zeugen erklärt (US 8). Die Mängelrüge versagt daher.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholt im wesentlichen nur die Ausführungen zur Mängelrüge. Damit werden erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht geltend gemacht. Der Zeuge hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung anläßlich der Anzeige den den Sicherheitsorganen nicht bekannten Umstand, daß sich der Angeklagte nach der Tat zwecks Nachschau nach dem gestohlenen Geld entkleiden mußte, nicht, wie die Beschwerde vermeint, in Abrede gestellt, sondern sein diesbezügliches Stillschweigen zu diesem Umstand in der Hauptverhandlung mit auf seine Homosexualität zurückzuführenden Hemmungen begründet (AS 188). Daß der Angeklagte nicht das gesamte in der Brieftasche enthaltene Geld an sich nahm, kann ihn nicht entlasten, weil bei Belassung eines größeren Geldbetrages in der Brieftasche die Aussicht größer war, daß dieser nicht oder nicht sofort entdeckt werde.

Entgegen den Ausführungen zur Rechtsrüge (Z 9 lit b) liegt in Ansehung des Schuldspruches zu Punkt 2. des Urteilssatzes der besondere Strafausschließungsgrund des § 42 StGB nicht vor. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte das Fahrzeug für zwei Fahrten, einmal von Salzburg nach Freilassing zum Besuch einer Freundin, unbefugt benützt. Es konnte erst rund eine Woche später wieder sichergestellt werden. Nach dieser vom Erstgericht festgestellten konkreten Fallgestaltung mangelt es bereits an seiner geringen Schuld, weil das Gewicht der vorliegenden Straftat hinter dem in der Strafbestimmung des § 136 Abs. 1 StGB typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt keineswegs erheblich zurückbleibt.

Wegen des durch wiederholte Vermögensdelikte belasteten Vorlebens des Angeklagten, der nach dieser Tat rasch rückfällig wurde und zunächst noch in Salzburg (Punkt 1. des Schuldspruches) und in der weiteren Folge in Deutschland wiederholt Vermögensdelikte setzte, ist auch seine Bestrafung geboten, um ihn von allfälligen strafbaren Handlungen abzuhalten. Da der geltend gemachte Straflosigkeitsgrund das Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen erfordert, ist die rechtliche Beurteilung des Schöffengerichts frei von Fehlern.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten (unter Anrechnung einer Vorhaft) nach dem § 127 StGB unter Anwendung des § 28 StGB sowie unter Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtes Bremen vom 14.August 1990, 106 Ds 45/Js 23080/90, gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatzstrafe von drei Monaten. Gemäß § 369 Abs. 1 StPO wurde er dazu verurteilt, dem Privatbeteiligten Helmut O***** den Betrag von 5.000 S zu bezahlen.

Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend das Zusammentreffen von drei Vergehen (unter Berücksichtigung der Verurteilung durch das Jugendgericht Bremen) sowie einschlägige Vorstrafen, als mildernd das Teilgeständnis hinsichtlich des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen gewertet.

Mit seiner Berufung wendet sich der Angeklagte gegen die Höhe der Strafe sowie gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche.

Die vom Angeklagten in seiner Berufung gegen die Strafhöhe geltend gemachten weiteren Milderungsgründe liegen nicht vor. Eine besonders verlockende Gelegenheit ist in dem Umstand, daß das vom Angeklagten zweimal unbefugt in Gebrauch genommene Fahrzeug unversperrt war nicht zu erblicken, denn eine Gelegenheit, die in einem besonderen Maße die Möglichkeit nahelegt, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte, lag nicht vor (Leukauf-Steininger3, RN 14 und Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr 29 a, beide zu § 34). Daß aus der Tat kein besonderes, über die Gebrauchsentziehung und die Benzinkosten hinausgehender Schaden entstanden ist, kann beim Vergehen nach § 136 StGB nicht als mildernd gewertet werden. Entgegen den Berufungsausführungen hat sich der Angeklagte seit den nunmehr abgeurteilten Taten nicht wohlverhalten. Er hat vielmehr in der weiteren Folge jene strafbare Handlung begangen (Aufbrechen eines PKW gemeinsam mit einem Mittäter, um ihn zu einer Überlandfahrt zu benützen), für die er mit jenem Urteil bestraft wurde, auf das im vorliegenden Verfahren Bedacht zu nehmen war.

Eine Reduktion der vom Erstgericht schuld- und tätergerecht ausgemessenen Zusatzstrafe kann daher nicht erfolgen.

Die Berufung wegen des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche erschöpft sich in der Bestreitung des im Urteil festgestellten Diebstahlsvergehens und der dazu festgestellten Schadenshöhe. Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens konnte das Erstgericht jedoch zu Recht die Zahlungsverpflichtung des Angeklagten auf der Grundlage seiner Deliktshaftung (§§ 1294, 1295, 1323 ABGB) aussprechen.

Dem unbegründeten Rechtsmittel konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

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