OGH 11Os68/92

OGH11Os68/9230.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juni 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Rzeszut, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Lendl als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann S***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 29.Oktober 1991, GZ 12 Vr 1.121/89-105, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann S***** - im dritten Rechtsgang abermals - des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 21.Oktober 1987 in Moosbach an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht zu haben, und zwar

a) am landwirtschaftlichen Anwesen der Eheleute Josef und Marianne G***** dadurch, daß er am süd-westlich gelegenen Eck der Scheune an der hölzernen Scheunenaußenwand herausragendes Stroh mit einem Feuerzeug anzündete, und

b) am Anwesen der Rosina S***** dadurch, daß er im Wirtschaftstrakt Stroh entzündete.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 (lit.) a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt.

Soweit sich der Beschwerdeführer unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund durch die Ablehnung seines Antrages auf Einholung eines "neuerlichen und ergänzenden" Sachverständigengutachtens eines "Universitätsinstitutes für forensische Psychiatrie" beschwert erachtet, bieten weder die Antragsgründe noch die Rechtsmittelausführungen ein geeignetes Substrat für die Annahme einer entsprechenden Urteilsnichtigkeit. Befund und Gutachten der in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen Prof. Dr.Klaus J***** und Dr.Herbert S***** weisen - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat (S 259/III) - in der Beurteilung der psychophysischen Verfassung des Johann S***** bei seinen ersten Vernehmungen keine der in den §§ 125, 126 StPO bezeichneten Mängel auf; solche wurden bei der Antragstellung (S 244/III) auch nicht behauptet. Der Beschwerdevorwurf, daß der im dritten Rechtsgang als Gutachter tätig gewordene Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr.S***** die relevierte Frage nach einer endogenen Depression des Angeklagten im Zeitpunkt seines ursprünglichen Geständnisses der inkriminierten Tathandlungen letztlich nicht beantwortet habe, ist nicht aktengetreu (vgl. dagegen S 575 ff/II). Erachteten die Tatrichter den vernommenen Sachverständigen aber für befähigt, ein einwandfreies Gutachten abzugeben und ergeben sich - wie erwähnt - keine Bedenken der in den §§ 125 f StPO angeführten Art, liegt in der Abweisung des Antrages auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen ein Akt der Beweiswürdigung, der im Nichtigkeitsverfahren auch mit der nicht näher begründeten Behauptung der "Überforderung" des Sachverständigen nicht anfechtbar ist.

Mit dem im Ergebnis zutreffenden Hinweis, daß die Beurteilung der Frage der "Orientiertheit" des Angeklagten im Zeitpunkt der Unterfertigung seiner Vernehmungsprotokolle auf Grund des Schriftbildes seines Namenszuges nicht in das Aufgabengebiet eines Graphologen falle, nahm das Schöffengericht zu Recht auch von der Beiziehung eines Schriftsachverständigen Abstand. Abgesehen davon bezog es das Schriftbild der einzelnen Unterschriften ohnehin in seine Erwägungen ein und ging davon aus, daß sich der Angeklagte bei Leistung der fraglichen Unterschriften in einem psychisch belasteten Zustand befand (US 39).

Auch formelle Begründungsmängel des Urteils in der im § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bezeichneten Bedeutung vermochte der Angeklagten nicht darzutun:

Aus welchen Gründen das Schöffengericht die Verantwortung des in der Hauptverhandlung leugnenden Angeklagten verwarf, legte es ausführlich, denkfolgerichtig und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung formal mängelfrei dar. Hiebei bezog es sich insbesondere auf das vor der Gendarmerie abgelegte und auch bei einem gerichtlichen Lokalaugenschein aufrecht erhaltene Geständnis des Johann S***** und setzte sich mit der Beweiskraft dieser (zunächst) selbstbelastenden Angaben unter Bedachtnahme auf die von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten außergewöhnlich sorgfältig und gewissenhaft auseinander.

Alle Beschwerdeausführungen, die sich mit dem Inhalt der Gutachen befassen, sind darauf zu verweisen, daß die Beurteilung der Frage, ob die vorliegenden Expertisen ausreichend sind und von hiezu befähigten Sachverständigen abgegeben wurden, der Tatsacheninstanz - in freier Beweiswürdigung - vorbehalten bleibt.

Die der Rechtsmittelschrift im zweiten Rechtsgang beigelegten Schreiben des UnivDoz.Dr.Bernhard M***** und UnivProf.Dr.Gerhart H***** an die Verteidiger des Angeklagten (vgl. S 507 ff/II) waren nicht Gegenstand des Beweisverfahrens und wurden daher vom Erstgericht zu Recht im Rahmen der angefochtenen Entscheidung keiner näheren Erörterung unterzogen.

Die Behauptung, daß die Aussage des behandelnden Arztes Dr.Bernhard O***** im angefochtenen Urteil "nicht mehr erwähnt" werde, ist urteilsfremd.

Das Schöffengericht war entgegen der offensichtlichen Meinung des Beschwerdeführers auch nicht verpflichtet, sämtliche Verfahrensergebnisse im Detail zu erörtern und sich bei der Würdigung der einzelnen Beweismittel mit allen möglichen, erst nachträglich ins Treffen geführten Gesichtspunkten zu befassen.

Der Beschwerdeführer übersieht ferner, daß nicht nur zwingende, sondern - abgesehen von dem verwerteten ursprünglichen Geständnis - auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigten (Art der verwendeten Zündquelle, sexuell motiviertes Interesse an der Zeugin Marianne G***** etc.). Auf die sinngemäße Behauptung, daß die im Urteil gezogenen Schlüsse nicht zwingend seien und für den Angeklagten auch günstigere denkbar wären, vermag der formale Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht gestützt zu werden.

Die mit der Mängelrüge in Frage gestellte genaue Höhe des eingetretenen Schadens ist weder für die Lösung der Schuldfrage noch für den anzuwendenden Strafsatz von Relevanz.

Das Vorbringen der Mängelrüge erschöpft sich - unter Herauslösung von Begründungsbestandteilen - in der Erörterung des Wertes vorliegender Beweise und in einer Kritik an der Bedeutung, die das Schöffengericht einzelnen Verfahrensergebnissen beimaß. Damit wird aber letztlich nur unzulässig (und deshalb unbeachtlich) die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft.

Auch im Zusammenhang mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) gelangte der Oberste Gerichtshof nach eingehender Prüfung der Aktenlage zur Auffassung, daß sich gegen die Richtigkeit der von den Tatrichtern dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen keine erheblichen Bedenken ergeben.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entbehrt der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie - in die Behauptung von Feststellungsmängeln gekleidet - der Sache nach unter Wiederholung von Teilen des Vorbringens zu den formellen Nichtigkeitsgründen die erstgerichtlichen Feststellungen zur objektiven bzw. subjektiven Tatseite ignoriert und von einem Sachverhalt ausgeht, wie er nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers als erwiesen hätte angenommen werden sollen. Solcherart gelangt aber eine Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung ist das Oberlandesgericht Linz zuständig (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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