OGH 11Os56/92-9

OGH11Os56/92-923.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juni 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Horak, Dr. Hager und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lendl als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut H***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 3 und Abs. 3, zweiter Satz, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18.Februar 1992, GZ 10 Vr 3.580/91-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr. Raunig, sowie des Verteidigers Dr. Sauer-Nordendorf, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 9 (neun) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält - wurde der am 17.Mai 1971 geborene (zuletzt beschäftigungslose) österreichische Staatsbürger Helmit H***** des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 3 und Abs. 3, letzter Satz, StGB schuldig erkannt. Es liegt ihm zur Last, in der Nacht zum 21.Februar 1991 in Graz mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz Alkoholika, die der gesondert verfolgte Alfred B***** mit dem Josef G***** geraubten - sohin durch eine mit fünf Jahre übersteigender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung erlangten - Bargeld bezahlt hatte, durch Konsum an sich gebracht zu haben, wobei ihm der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Keiner der Nichtigkeitsgründe ist gegeben.

Nach den erstrichterlichen Urteilsannahmen verübte Alfred B***** am Abend des 20.Februar 1991 auf Josef G***** (den Lebensgefährten seiner Mutter) einen Raubüberfall und erbuetete hiebei rund 18.000 S. In der Folge sucht B***** in Begleitung des Angeklagten, dem er von der Raubtat erzählte, ein Grazer Nachtlokal auf, wo er mit dem erbeuteten Geldbetrag auch jene cirka 7.000 S beglich, die von der Zeche auf den Beschwerdeführer, der in Kenntnis der geschilderten Umstände war, entfielen (AS 324).

Das Schöffengericht stützte die Feststellungen über das Wissen (§ 5 Abs. 3 StGB) des Angeklagten um die Herkunft des für seine Zeche aufgewendeten Bargeldes auf die für überzeugend erachteten Depositionen des Zeugen Alfred B***** vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter (AS 25 f, ON 21), die ungeachtet der davon abweichenden Bekundung des Genannten in der Hauptverhandlung (AS 311 f) im Licht der übrigen Beweisergebnisse als verläßliche Urteilsgrundlage bewertet wurden (AS 325 f).

Im Rahmen der Mängel- wie auch eer Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) wendet sich der Angeklagte zu Unrecht zunächst gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere gegen die ihm angelastete Kenntnis der Vortat.

Die mit der bekämpften Annahme, wonach B***** ihm vor dem gemeinsamen Lokalbesuch von der Raubtat erzählt und den erbeuteten Geldbetrag vorgewiesen habe, formal unvereinbare Aussage des angeführten Zeugen vor dem erkennenden Gericht - der zufolge bloß davon die Rede gewesen sei, "etwas gedreht" zu haben - wurde - der Beschwerde zuwider - keineswegs mit Stillschweigen übergangen. Der Angeklagte vernachlässigt hiebei den Urteilsinhalt, wonach das Schöffengericht die relevierte Bekundung des Zeugen B***** ausdrücklich erörterte, dem diesbezüglichen Teil der Angaben jedoch mit zureichender Begründung den Glauben versagte (AS 325 f).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen fanden auch Feststellungen über die Verurteilung des Alfred B***** wegen der in Rede stehenden Raubtat in die Entscheidungsgründe Eingang (AS 324).

Mit der weiteren Behauptung, daß dem Angeklagten auf Grund der Beweisergebnisse - wenn überhaupt - nur das Wissen um einen Diebstahl als Vortat, nicht aber die Kenntnis von der Begehung eines (schweren) Raubes - und damit die Qualifikation des § 164 Abs. 3, dritter Fall, StGB - angelastet werden könne, bringt der Angeklagte die Beschwerde weder unter dem geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrund, noch unter dem Gesichtspunkt eines (auf das Vorliegen eines Tatbildirrtums abzielenden) allfälligen Feststellungsmangels (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil er erneut die angeführten Konstatierungen zur subjektiven Tatseite sowie die darauf bezogene Beweiswürdigung übergeht. Darüber hinaus übersieht er bei dem bezüglichen Einwand, daß die Verbrechensqualifikation der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 3, Satz 2, StGB im Fall der Ersatzhehlerei (Abs. 1 Z 3 leg. cit.) zwar Wissentlichkeit über die bemakelte Herkunft der Surrogatsache verlangt, für die Kenntnis der strafsatzändernden Umstände der Vortat hingegen schon bedingter Vorsatz genügt (Leukauf-Steininger StGB3 § 164 RN 77; Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 60, 61; Kienapfel BT II2 Rz 102; Liebscher WK Rz 47, je zu § 164). Die ein "haarscharfes" und "genaues" Wissen des Angeklagten um die näheren Modalitäten des Raubes reklamierenden Beschwerdeausführungen betreffen keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache.

Auch die Ausführungen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) sind im Licht der gesamten Aktenlage nicht geeignet, gegen die Richtigkeit der bekämpften Tatsachenannahmen des Schöffensenates erhebliche Bedenken zu erwecken.

Die auf die Ausschaltung der Qualifikation des § 164 Abs. 3 StGB abstellende Rechtsrüge (Z 9 lit. a, der Sache nach Z 10) entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie mit der Behauptung, der Angeklagte habe das für die Anschaffung der gegenständlichen Genußmittel verwendete Bargelöd irrig (bloß) als gestohlen angesehen, nicht an dem bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes bindenden Urteilssachverhalt festhält.

Soweit der Angeklagte abermals das Fehlen von Feststellungen über sein "alle Einzelheiten" der Vortat einschließendes Wissen reklamiert, ist er auf die ihm bereits zur Mängelrüge entgegegehaltenen Ausführungen sowie darauf zu verweisen, daß zur Verwirklichung der inneren Tatseite der nach dem dritten Fall des § 164 Abs. 3 StGB (qualifizierten Ersatzhehlerei in bezug auf die in einem Vermögensdelikt gelegene Vortat neben der "Faktenkenntnis nach Laienart" (Leukauf-Steininger aaO RN 25) schon das (konstatierte) Bewußtsein des (ebenfalls bloß laienhaft erfaßten) besonderen Gewichtes derselben (hier: Verbrechen des Raubes) genügt, ein Detailwissen des Hehlers hinsichtlich der näheren Umstände der Vortat bzw. die Kenntnis der in Betracht kommenden juristischen Qualifikationsmerkmale jedoch nicht erforderlich ist (Leukauf-Steininger aaO RN 27, 29 und - abermals - RN 77).

Ein sachlich substantiiertes Eingehen auf wesentliche Urteilsausführungen unterläßt der Beschwerdeführer auch, soweit er den erstgerichtlichen Subsumtionserwägungen, wonach die Surrogatsache (die gegen das geraubte Bargeld eingetauschten Geräte) als Gegenstand der Ersatzhehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 3 StGB beurteilt wurde, urteilsfremd die (hier nicht aktuellen) Kriterien der Sachhehlerei des § 164 Abs. 1 Z 2 StGB gegenüberstellt und aus dem Umstand, daß der Angeklagte kein Bargeld aus der Raubbeute an sich brachte, einen den bekämpften Schuldspruch widerstreitenden Aspekt abzuleilten sucht.

Schließlich geht der Beschwerdeführer auch mit seiner Auffassunf fehl, daß der Konsum der aus der Raubgeute angeschafften Alkoholika über Einladung des Vortäters bloß ein "passives Verhalten" darstelle und als solches nicht der Begehungsweise des "Ansichbringens" entspreche. Denn entscheidend für diese Tathandlung ist die Erlangung der Allein- oder Mitverfügungsgewalt, die auch durch die unentgeltliche Übernahme von Genußmitteln zum sofortigen Gebrauch (sowie durch "Mitgenuß") begründet wird (Leukauf-Steininger aaO RN 37; Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 44).

Das Erstgericht hat daher den mängelfrei festgestellten Sachverhalt rechtsrichtig iS des § 164 Abs. 1 Z 3 und Abs. 3 Satz 2 StGB beurteilt.

Die zur Gänze unbegründete und teils auch nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Helmut H***** nach dem § 164 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres.

Bei der Strafbemessung wertete es fünf auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen, den raschen Rückfall sowie die gegenüber rechtlich geschützten Werten "ablehnende oder gleichgültige" Einstellung des Angeklagten als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Alter unter 21 Jahren als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt Helmut H***** eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Die Berufung ist begründet.

Mißt man dem Alter des Angeklagten von 19 Jahren zur Tatzeit die ihm vom Gesetzgeber zugedachte Bedeutung (§ 34 Z 1 StGB) bei, läßt man weiters im Sinn der zutreffenden Ausführungen der Berufung nicht außer acht, daß Helmut H***** über Einwirkung des Vortäters Alfred B***** handelte, dessen Aufforderung zum gemeinsamen, aus der Raubbeute finanzierten Nachtlokalbesuch sich der Angeklagte nach den Erfahrungen des täglichen Lebens unter Umständen nicht ohne weiters entziehen konnte, dann erweist sich, daß das vom Angeklagten zu verantwortende strafgesetzwidrige Verhalten vom Erstgericht zu streng geahndet wurde. Die überhöhte Freiheitsstrafe war daher in Stattgebung der Berufung auf die im Spruch angeführte Dauer von neun Monaten zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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