OGH 14Os30/92-8

OGH14Os30/92-823.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juni 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Liener als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann K***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1, 2 und 3 SGG und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Johann K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Juli 1991, GZ 6 b Vr 2405/91-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge zumindest das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmachte und in der darauf beruhenden rechtlichen Unterstellung der in den Punkten A/1. bis 3. des Schuldspruches angeführten Taten auch unter die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG und demgemäß auch in den Strafaussprüchen nach dem Suchtgiftgesetz und dem Finanzstrafgesetz (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Ausspruch über die Einziehung des sichergestellten Suchtgiftes wird aus der angefochtenen Entscheidung übernommen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Mit seiner Berufung wird er auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann K***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1, 2 und 3 SGG und 15 StGB sowie wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Es liegt ihm zur Last, in der Zeit von 1984 bis Ende 1988

A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen

Menge aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt bzw in Verkehr zu setzen versucht zu haben, indem er

1. insgesamt zumindest rund 30 Kilo Haschisch aus den Niederlanden nach Österreich einführte;

2. eine nicht mehr feststellbare Menge Haschisch im Bereich von 20 bis 25 kg in Wien an Unbekannte bzw an die abgesondert verfolgten Roman Z*****, Markus K*****, Christian G*****, Harald S***** und Herbert F***** verkauft bzw überlassen, sowie

3. bis Jänner 1989 4,5 kg Haschisch zum Zwecke des Weiterverkaufes bereitgehalten hat,

wobei er diese Taten gewerbsmäßig mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen hatte, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmachte;

B) zugleich durch das zu A/1. beschriebene Vorgehen gewerbsmäßig

eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Diese ist jedoch nur zum Teil berechtigt.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich zunächst dagegen, die erstgerichtliche Feststellung, der Angeklagte habe an den Zeugen S***** 3 kg Haschisch weitergegeben, entbehre einer zureichenden Begründung. Diese Urteilsannahme findet jedoch in den Angaben dieses Zeugen vor der Polizei (AS 421/I f), die er entgegen den Beschwerdeausführungen nach einem anfänglichen Bagatellisierungsversuch auch in der Hauptverhandlung nicht widerrufen hat (AS 178/III), ihre aktenmäßige Deckung.

Ob der Angeklagte, wie die Beschwerde ferner ausführt, Haschischmengen im Gramm- oder im Dekabereich an Christian G***** verkauft hat, ist unerheblich, weil beide Annahmen mit der Feststellung einer Gesamtverkaufsmenge von 20 bis 25 kg Haschisch vereinbar sind.

Die Urteilsannahme, der Angeklagte habe die in seinen Räumlichkeiten sichergestellten 4,5 kg Haschisch zum Zweck des Weiterverkaufs bereitgehalten (US 5 und 6), gründet sich logisch vertretbar und denkrichtig auf dessen Verantwortung, der seine ursprüngliche Behauptung, diese Menge "eigentlich zum Eigenbedarf" behalten zu haben, dahin abschwächte, daß er die Möglichkeit einer Weitergabe an Bekannte einräumte (AS 175/III). Dazu kommt, daß das Erstgericht insgesamt (gestützt auf die Aussagen von Rosa K*****, AS 257/I f und Franz E*****, AS 283/I f) feststellen konnte, daß der Angeklagte insgesamt einen schwunghaften Suchtgifthandel betrieb (US 7).

Die weitere Konstatierung des Schöffengerichtes, der Angeklagte habe durch den Suchtgiftschmuggel und -verkauf sein Einkommen als Graphiker aufzubessern versucht (US 5) steht zu seiner Verantwortung, damit sei nicht sehr viel Geld zu verdienen gewesen, und er habe sich durch diese Taten "mit dem Zoll und dem Herrn K***** günstig zu stellen" gesucht (AS 175/III) nicht im Widerspruch. Die gewerbsmäßige Absicht wird weder durch eine relativ geringe, jedenfalls aber die Bagatellgrenze übersteigende Höhe der Einkünfte aus den Straftaten noch durch das Vorhandensein eines allfälligen weiteren Motivs für die Tatbegehung ausgeschlossen.

Daß beim Angeklagten Verpackungsmaterial vorgefunden wurde, das auf eine Gesamtmenge von etwa 20 kg Suchtgift schließen ließe (AS 255/I) läßt der weiteren Mängelrüge zuwider keinen Schluß auf ein diese Menge übersteigendes Gesamtausmaß der vom Angeklagten zu verantwortenden jahrelangen Suchtgifteinfuhr zu, sondern ergibt lediglich Hinweise auf die Entwicklung dieses Geschäftes bis zu einem wengistens zuletzt beträchtlichen Umfang.

Letztlich konnte das Erstgericht mit dem Hinweis auf das Ausmaß allein der von mehreren Abnehmern des Angeklagten zugegebenermaßen bei ihm erworbenen Suchtgiftmengen in Verbindung mit der bei ihm sichergestellten Menge ohne Verletzung von Gesetzen der Logik oder von Denkgesetzen auf einen Gesamtumfang seiner Suchtgiftgeschäfte schließen, der das von ihm selbst zugegebene Ausmaß übersteigt (vgl US 6).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) kann erhebliche, aus dem Akteninhalt hervorgehende Bedenken gegen die Richtigkeit der der Schuldentscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Tatsachen nicht hervorrufen. Das Erstgericht hat ausführlich begründet, weswegen es trotz des Umstandes, daß der Zeuge Roman Z***** wegen Verleumdung rechtskräftig verurteilt worden ist, auf dessen Depositionen als Entscheidungsgrundlage zurückgriff, weil nämlich dieser Zeuge sich mit seinen den Angeklagten belastenden Mengenangaben auch zugleich selbst belastete und kein logischer Grund im Verfahren dafür hervortrat, weswegen er dies der Wahrheit entgegen getan hätte (US 7). Es bestehen auch der Tatsachenrüge zuwider keine wesentlichen Abweichungen zwischen dessen Angaben vor der Polizei und in der Hauptverhandlung über die Mengen des dem Angeklagten abgenommenen Suchtgiftes (AS 199/III f; AS 35 bis 37/I). Die Tatsachenrüge beschränkt sich vielmehr darauf, nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung auf die Möglichkeit hinzuweisen, aus den Verfahrensergebnissen bei Zurückgreifen auf seine eigene Verantwortung für ihn günstigere Schlußfolgerungen in bezug auf den Sachverhalt zu ziehen.

Die Rechtsrüge wendet sich zunächst gegen die Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach § 12 Abs. 2 SGG (Z 10). Soweit sie einwendet, die Urteilsfeststellungen würden diesbezüglich nicht ausreichen, vernachlässigt sie die diesbezüglichen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit. Denn die Beschwerdeausführung, der Angeklagte habe selbst angegeben, daß er den Schmuggel und die Verkäufe getätigt habe, um dadurch Geld zu verdienen und sein Einkommen als Grafiker aufzubessern, was nicht ausreiche, um darauf eine Verurteilung gemäß § 12 Abs. 2 SGG zu gründen, übergeht die Urteilskonstatierung, daß der Angeklagte all dies im Rahmen eines schwunghaften Suchtgifthandels unternahm (US 7). Damit hat das Tatgericht jedoch in ausreichender Weise auch die zur gewerbsmäßigen Tatbegehung vorausgesetzte Absicht des Angeklagten festgestellt, sich durch die wiederkehrende Begehung sowohl des Suchtgiftverbrechens als auch des Finanzvergehens eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Indem die Beschwerde diese Feststellungen unberücksichtigt läßt, gelangt die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Rechtsrüge ist aber insoweit zutreffend, als sie sich gegen die Annahme der Qualifikation nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG richtet und geltend macht, daß es einer Feststellung der THC-Konzentration, also des Wirkstoffgehalts an Tetrahydrocannabinol, der gegenständlichen Haschischmenge bedurft hätte. Ausgehend von einer diesbezüglichen Grenzmenge von 20 Gramm beträgt die sogenannte übergroße Menge des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG 500 Gramm. Um den zur Deliksverwirklichung nötigen Wirkstoffgehalt zu erreichen bedürfte es bei der vom Erstgericht angenommenen Gesamtmenge von 30 Kilogramm Haschisch (Cannabisharz) einer Konzentration von 1,67 %, welche innerhalb der gewöhnlich bestehenden Grenzen des bekanntermaßen stark schwankenden THC-Gehaltes von Haschisch liegt

(vgl Foregger-Litzka, SGG2, S 226, Schwankungsbreite des THC-Gehalts bei Cannabisharz 1-12 %).

Obwohl somit die Klärung des THC-Gehaltes des gegenständlichen Cannabisharzes geboten gewesen wäre, hat das Erstgericht diese Frage im Beweisverfahren vernachlässigt. Es wurden auch keine Schlußfolgerungen aus den bereits vorhandenen Verfahrensergebnissen gezogen. Diese, allerdings äußerst spärlich vorhandenen, Hinweise deuten eher darauf hin, daß das vom Angeklagten eingeführte und vertriebene Haschisch nur in vereinzelten Fällen von schlechter Qualität war (vgl AS 33 und 35/I; AS 93/I; Testergebnisse AS 273/I über die Untersuchung einer 15 Gramm betragenden Menge, die nach AS 45/I beim Angeklagten sichergestellt wurde; siehe auch AS 461/I über eine bei einem Dritten sichergestellte Haschischmenge von zwei Kilogramm, dessen Herkunft vom Angeklagten allerdings nicht urteilsmäßig festgestellt ist). Die abschließende Beurteilung, ob die zur dem Angeklagten auch angelasteten Qualifikation nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG vorausgesetzte Übermenge erreicht ist, kann daher abschließend nicht beurteilt werden.

Zur Klärung des Wirkstoffgehalts erweist sich also die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Verfahrenserneuerung in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß als erforderlich.

Im übrigen war jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), teils aber als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) sofort zurückzuweisen.

Die im angefochtenen Urteil enthaltenen Strafaussprüche waren aufzuheben, weil trotz Strafenkumulierung nach verschiedenen Gesetzen auch in den Fällen der in einem gerichtlichen Urteil zusammengefaßten Bestrafung wegen Finanzvergehen und anderer strafbarer Handlungen für die Strafbemessung die Gesamtwürdigung der Straftaten maßgebend ist (AB 1548 Blg NR 13.GP, 2; mitgeteilt in Dorazil-Harbich, FinStrG, Anm 3. zu § 22).

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