Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes ON 8 wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.018,24 (darin S 503,04 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 6.623,04 (darin S 603,84 an Umsatzsteuer und S 3.000 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Urteil des Erstgerichtes vom 20.12.1990, 3 C 1384/90-x-8, bestätigt mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 15.5.1991, 5 R 60/91-12, wurde der nunmehrige Kläger schuldig erkannt, das Befahren eines näher bezeichneten Servitutsweges im Rahmen seines Gewerbebetriebes des Beförderungsgewerbes mit Personenkraftwagen, hinsichtlich seines Gewerbes der Benützung von Mietwagen und für Autobus- und Gelegenheitsverkehr zu unterlassen.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 27.6.1991, E 5159/91-2, wurde dem nunmehrigen Beklagten auf Grund dieses Urteils die Exekution nach § 355 EO bewilligt und über den nunmehrigen Kläger eine Geldstrafe verhängt, weil er an bestimmten Tagen dem Urteil zuwider gehandelt habe.
Mit der vorliegenden Klage nach § 36 EO begehrt der Kläger die Unzulässigerklärung der am 27.6.1991 bewilligten Exekution. Der Kläger fahre mit seinen Kraftfahrzeugen - einem VW-Bus und zwei PKW - von seiner Wohnung über den Servitutsweg auf einer Strecke von rund 100 m zum öffentlichen Straßennetz. Für diesen Teil der Fahrten erhalte der Kläger keine Entschädigung; sie stellten daher keine gewerbliche Tätigkeit dar.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der Kläger habe im Bereich des Servitutsweges nicht nur sein Wohnhaus, sondern auch seinen Gewerbestandort und führe von diesem aus sämtliche Fahrten mit dem Taxi bzw Mietwagen durch.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen.
Der Kläger betreibt seit 1988/89 ein Taxi- und Mietwagengewerbe. Sein Wohnhaus ist auch Standort seines Gewerbes. Die vom Kläger verwendeten Fahrzeuge, ein VW-Bus und zwei PKW, werden auf seinem Grundstück geparkt, wenn sie nicht gerade eingesetzt werden. Der Kläger hat sein Verhalten gegenüber jenem im Titelverfahren nicht geändert. Er befährt den Servitutsweg während der Schulzeit jeweils von Montag bis Samstag mit dem VW-Bus mindestens viermal täglich, um von der Ortschaft K***** weg in einer Rundfahrt Schüler aufzunehmen, zur Schule zu bringen und wieder heimzuführen. Dem Kläger werden diese Schulbusfahrten ab K***** bezahlt. Bei der Rückfahrt nimmt der Kläger Kindergartenkinder bis Kö***** mit und wird ab Kö***** entlohnt. Für die Anfahrt von seinem Standort bis K***** und die Rückfahrt von Kö***** bis zu seinem Standort erhält der Kläger keine Entlohnung. Der VW-Bus wird vom Kläger an Freitagen und Samstagen auch als "Disco-Taxi" eingesetzt. Er fährt dann über den Servitutsweg nach V***** und von dort Touren über B*****, Kö*****, P*****, R***** und wieder nach V***** zurück. Gegen fünf Uhr früh ist dieser Dienst beendet und der Kläger fährt wieder über den Servitutsweg zu seinem Standort zurück.
Im Bezirk V***** gibt es einen Taxibereitschaftsdienst, wobei sich mehrere Taxiunternehmer wochenweise abwechseln. Der Kläger hat jede fünfte Woche in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr Nachtdienst. Es werden dann alle Anrufe wegen Anforderung eines Taxis zu ihm nach Hause umgeleitet und er fährt immer über den Servitutsweg bis zu dem Ort, an dem der Anrufer aufzunehmen ist, und nach der Fahrt über den Servitutsweg wieder nach Hause zurück.
Für Taxifahrten wird vom Kläger zumeist ein PKW Mazda benützt. Während der Schulzeit holt die Hausangestellte des Klägers, Anita G***** täglich die Kinder des Klägers morgens ab und bringt sie zum Bahnhof bzw in den Kindergarten. Sie fährt mit ihrem eigenen PKW von ihrem Wohnort zum Kläger und benützt für die Weiterfahrt den PKW Mazda, bei dem sie seit April oder Mai 1991 über Anweisung des Klägers das Taxischild vor dem Befahren des Servitutsweges abmontiert.
Anita G***** fährt, nachdem sie die Kinder des Klägers "abgeliefert" hat, in ihre Wohnung zurück und führt von dieser aus Taxifahrten durch, wenn Anrufe wegen Taxifahrten zu ihr umgeleitet werden.
Um 13.00 Uhr oder 14.00 Uhr holt Anita G***** die Kinder des Klägers wieder ab, bringt sie mit dem PKW Mazda zum Haus des Klägers, in dem sie dann meist noch im Haushalt hilft, und fährt mit ihrem eigenen PKW in ihre Wohnung zurück. Vom Haus des Klägers aus hat Anita G***** noch nie Taxifahrten durchgeführt. Die Fahrten mit dem PKW Mazda zwischen dem Haus des Klägers und ihrer Wohnung trägt Anita G***** seit April oder Mai 1991 über Weisung des Klägers als Privatfahrten ein; bis dahin wurden sie als gewerbliche Fahrten ausgewiesen.
Anita G***** bekommt für Taxifahrten ein Entgelt; für die Fahrten in den Kindergarten und die Arbeit im Haushalt des Klägers wird sie extra entlohnt.
Auf dem Servitutsweg selbst werden vom Kläger im Rahmen seines Gewerbes keine Personen befördert. Er befährt den Weg jedoch mit dem VW-Bus oder dem PKW Mazda mehrmals täglich, um dann im Stadtgebiet von V***** Personen aufzunehmen. Seinen Kunden verrechnet der Kläger die Fahrt bis zur Stadtgrenze von V***** schon seit jeher nicht, weil er sonst gegenüber der Konkurrenz zu teuer wäre.
Der Kläger faßt alle Fahrten über den Servitutsweg, auch nach telefonischer Anforderung eines Taxis, als Privatfahrten auf, weil er dafür kein Entgelt bezieht.
Im Zeitraum 10.6. bis 4.7.1991 sind der Kläger und Anita G***** sowohl mit dem VW-Bus als auch mit dem PKW Mazda teilweise mehrmals täglich über den Servitutsweg gefahren und haben anschließend Schulbus- oder Taxifahrten durchgeführt.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Kläger habe sein Verhalten, das Anlaß zu dem Titelverfahren gegeben habe, in keiner Weise geändert und unternehme auf dem Servitutsweg weiterhin mehrmals täglich Fahrten mit den von ihm im Rahmen seines Gewerbes benützten Fahrzeugen. Der Umstand, daß der Kläger für die Anfahrt bis ins Stadtgebiet von V***** keine Entlohnung von seinen Kunden begehre, nehme den Fahrten nicht den Charakter einer gewerblichen Fahrt. Es sei im Titelverfahren nicht gemeint gewesen, daß der Kläger "eigentliche Taxifahrten" über den Servitutsweg zu unterlassen habe, über diesen Weg also keine Personen befördern dürfe, sondern daß er mit den von ihm als Taxi- und Schulbus verwendeten Fahrzeugen den Servitutsweg überhaupt nicht befahren dürfe, wenn daran eine "gewerbliche Fahrt" anschließe.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Ansicht, es bestehe Grund zur Annahme, daß die gewerbliche Tätigkeit des Klägers erst mit dem Einsteigen des Fahrgastes in das Fahrzeug beginne und mit dem Verlassen durch ihn nach Erreichung des Fahrzieles ende. Ob Fahrten vom Standort des Gewerbetreibenden zum Einstiegplatz und vom Ausstiegplatz zum Standort zurück im Rahmen des Gewerbebetriebes erfolgen, sei zumindest zweifelhaft, weil damit weder ein Ertrag, noch ein wirtschaftlicher Vorteil verbunden sei. Dem Exekutionstitel könne nicht ausdrücklich entnommen werden, daß der Kläger den Servitutsweg bereits dann nicht mehr befahren dürfe, wenn er unmittelbar davor oder im Anschluß daran Personen gegen Entgelt im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung befördere. Art und Umfang der Unterlassung des Befahrens des Servitutsweges würden daher durch den Titel nicht eindeutig bestimmt. Es bestehe vielmehr Unklarheit darüber, ob das im Exekutionstitel angeordnete Verbot auch das durch das Erstgericht festgestellte Verhalten umfasse. Derartige Unklarheiten aber gingen zu Lasten der betreibenden Partei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist berechtigt.
Richtig ist, daß nur ein Verhalten des Verpflichteten, das eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt, Exekutionsschritte nach § 355 EO rechtfertigt (ÖBl 1978, 75), und daß etwaige sich aus dem Exekutionstitel ergebende Unklarheiten bezüglich des Umfanges der geschuldeten Leistung zu Lasten der betreibenden Partei gehen (SZ 62/177), doch dürfen (im Zweifel) auch die Entscheidungsgründe für die Auslegung der Tragweite des Spruchs herangezogen werden (SZ 38/128; Heller-Berger-Stix 187 f).
Nach dem Exekutionstitel ist der Kläger schuldig, das Befahren des (näher bezeichneten) Servitutsweges im Rahmen seines (näher bezeichneten) Gewerbebetriebes zu unterlassen. Anlaß für das Titelverfahren war das mehrmals tägliche Befahren des Servitutsweges durch den Kläger mit mehreren PKW im Rahmen seines Taxigewerbebetriebes, und eben dies wurde auch festgestellt und als unzulässige Erweiterung der seinerzeit begründeten Dienstbarkeit angesehen.
Der vorliegende Exekutionstitel ist völlig klar. Eine Tätigkeit wird nach § 1 Abs 2 der Gewerbeordnung gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Der Kläger selbst hat die Entscheidung des BGH vom 6.5.1935, Slg. 449A, zitiert, wonach Handlungen eines Gewerbetreibenden, die der Erreichung des mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dienen, schon durch diese Zweckverbundenheit gewerbsmäßigen Charakter erlangen, soferne sie ihrem Inhalt nach eine gewerbliche Tätigkeit darstellen. Es ändere daran nichts, daß sie nicht für sich einen abgesonderten Ertrag liefern; das treffe für jeden Aufwand und für jede Tätigkeit zu, die der Gewerbetreibende zur Erbringung seiner gewerbsmäßigen Leistung entfalte. Auch in anderen Entscheidungen des VwGH wird hervorgehoben, daß die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit kein essentielles Erfordernis ist, und daß Gewerbsmäßigkeit schon bei der Absicht gegeben ist, einen "sonstigen", insbesondere auch einen bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (E vom 13.6.1980, Slg NF 10.160/A). Alle Handlungen eines Gewerbetreibenden im Rahmen seines Gewerbes stellen eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 der Gewerbeordnung dar (VwGH 17.11.1976, Slg NF 9.183/A).
Der Versuch des Klägers, den Exekutionstitel dadurch zu umgehen, daß er die im Rahmen seines Betriebes mit dem Taxi, Schulbus, Discobus und dgl unternommenen Fahrten in "private" Fahrten während des Fahrens auf dem Servitutsweg und "gewerbliche" Fahrten, die daran anschließen, unterteilt, scheitert schon daran, daß der Kläger ohne die Fahrt über den Servitutsweg - fährt er von zu Hause weg - gar nicht bis zu der von ihm als "gewerbliche" Fahrt bezeichneten Strecke käme. Es ist vielmehr ganz selbstverständlich, daß bei einem Beginn der Taxi- oder Schulbusfahrt und ähnlicher Fahrten vom Standort des Klägers aus die Strecke des Servitutsweges und die daran anschließende Strecke eine Einheit bilden, ganz gleichgültig, ob der Kläger auch für diesen Streckenteil ein Entgelt erhält oder nicht. Gewerbsmäßigkeit ist schon bei der Absicht gegeben, einen Ertrag oder einen sonstigen, auch bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (VwGH 12.1.1953, Zl 2761/50). Der Kläger kann doch nicht ernstlich behaupten, er habe die Absicht, bei einer Taxifahrt einen Ertrag zu erzielen, nicht bereits von seinem Standort weg, sondern erst nach Befahren des Servitutsweges. Daß sich ein Taxi auch "außer Dienst" befinden kann, wie die zweite Instanz ausführt, ist schon richtig - doch ist es nicht möglich, ein Fahrzeug in Betrieb zu nehmen, um eine gewerbliche Fahrt zu unternehmen, es dann auf einer Strecke von 100 m "außer Dienst" zu stellen und erst dann wieder "in Dienst" zu nehmen; es hat sich vielmehr auch während der genannten Strecke "in Dienst" befunden.
Mit Recht hat deshalb das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen, sodaß seine Entscheidung wiederherzustellen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)