OGH 14Os11/92-10

OGH14Os11/92-1026.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Windisch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Monika S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Monika S*****, sowie die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Alfred S*****, Helmut H***** und Ernst T***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.September 1991, GZ 6 d Vr 6477/91-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Monika S***** und Alfred S***** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch zum Urteilsfaktum Punkt C/ und demgemäß auch in den diese beiden Angeklagten treffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung beim Angeklagten Alfred S*****) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Monika S***** und Alfred S***** ebenso wie jene der Angeklagten Helmut H***** und Ernst T*****, diese jedoch zur Gänze, zurückgewiesen.

Der Angeklagte Alfred S***** wird mit seiner Berufung auf die Entscheidung über seine Nichtigkeitsbeschwerde verwiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Helmut H***** und Ernst T***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen diesen Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Monika S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen als Beteiligte nach den §§ 12, 207 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses als Beteiligte nach den §§ 12, 212 Abs. 1 StGB, Alfred S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1, teilweise auch als Beteiligter nach § 12 StGB sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB sowie Helmut H***** und Ernst T***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Es liegt ihnen zur Last, in Wien

A/ Alfred S***** in der Zeit von Sommer 1989 bis Mitte März 1990 in wiederholten Angriffen

1. seine am 27.Juni 1980 geborene Tochter Nicole S***** (erg: also eine unmündige Person) auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, indem er sie am Geschlechtsteil küßte, sie mit seinem Finger zumindest am Geschlechtsteil berührte und sein Glied in ihren Mund und ihren After steckte und

2. durch die zu 1. genannten Handlungen sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht zu haben;

B/ Helmut H***** und Ernst T***** die am 27.Juni 1980 geborene Nicole S*****, mithin eine unmündige Person, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, und zwar

1) Helmut H***** im Februar 1990 dadurch, daß er Nicole S***** fesselte, ihr sein Glied in den Mund steckte und dadurch, daß er jeweils mit dem Finger zumindest ihren Geschlechtsteil berührte;

2) Helmut H***** überdies im Herbst 1989 und Winter 1989/1990 in mehreren Angriffen dadurch, daß er ihren Geschlechtsteil küßte und mit seinem Finger ihren Geschlechtsteil berührte;

3) Ernst T***** in der Zeit von Sommer 1989 bis Mitte März 1990 in wiederholten Angriffen dadurch, daß er sie auf den Geschlechtsteil küßte sowie sein Glied ihr in den Mund und After steckte und mit dem Finger ihren Geschlechtsteil berührte; C/ Alfred und Monika S***** dadurch, daß sie Nicole S***** mit Ernst T***** alleine ließen bzw gestatteten, daß sie mit diesem mitgehe, obwohl sie wußten, daß sie zur Unzucht mißbraucht werde, zur Ausführung der zu Punkt B/3 genannten strafbaren Handlung beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen die jeweils sie treffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, wobei sich Monika S***** auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 10, Alfred S***** auf jene der Z 5 a und 10, Helmut H***** auf Z 5 und 5 a StPO und Ernst T***** auf Z 3, 4, 5, 5 a des § 281 Abs. 1 StPO stützen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

Monika S*****:

Die Angeklagte wendet sich zunächst dagegen, daß ihr die Beteiligung an den strafbaren Handlungen auch im Hinblick auf Helmut H***** angelastet werde. In der ursprünglichen Ausfertigung des angefochtenen Urteils war unter C/ des Urteilsspruches festgehalten gewesen, daß sie (und Alfred S*****) dadurch, daß sie ihre Tochter (neben Ernst T*****) auch mit Helmut H***** alleine gelassen bzw gestattet habe, daß diese mit ihm mitgehe, obwohl sie wußte, daß das Kind zur Unzucht mißbraucht werde, zu der in Punkt B/3 des Urteilsspruches angeführten strafbaren Handlungen beigetragen habe. Das Schuldspruchfaktum B/3 betrifft aber ausschließlich ein dem Ernst T***** angelastetes Verhalten. Die Aufnahme des Namens des Helmut H***** in den Punkt C/ des Urteilsspruches erfolgte, wie sich aus dem Berichtigungsbeschluß des Erstgerichtes vom 1.April 1992 (ON 42) ergibt, infolge eines Schreibfehlers. Dieser wurde in der Zwischenzeit rechtskräftig berichtigt. Die Beschwerdeausführungen wenden sich somit im Ergebnis nicht gegen das gefällte Urteil.

Hingegen macht die Mängelrüge (Z 5) mit Recht geltend, daß das Urteil mehrfach von formellen Begründungsmängeln betroffen ist, soweit es der Angeklagten anlastet, von Sommer 1989 bis Mitte März 1990 in wiederholten Angriffen zur Straftat des Ernst T***** beigetragen zu haben. Das Erstgericht stellt fest, die Beschwerdeführerin habe ihre Tochter in Kenntnis des Umstandes, daß T***** einschlägige Vorstrafen aufweise, diesem das Kind regelmäßig überlassen und damit gerechnet, daß er an dem Kind unzüchtige Handlungen vornehme, diesen Umstand jedoch in Kauf genommen (US 10). Begründet wird dies damit, die Angeklagte habe in ihrer ersten Vernehmung vor der Polizei angegeben (AS 83 f/I in 6 d Vr 3198/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), der sexuelle Mißbrauch des Kindes durch T***** sei ihr seit den Semesterferien 1990 bekannt.

Die entscheidungswesentlichen Feststellung zur subjektiven Tatseite über die Tatzeit von Sommer 1989 bis zu den Semesterferien 1990 sind somit nicht begründet. Das Urteil hat sich aber auch mit der für diese Frage zum Zeitraum Semesterferien 1990 bis Mitte März 1990 bedeutsamen Verantwortung der Angeklagten in keiner Weise auseinandergesetzt. Diese ging dahin, sie habe zwar schon von T***** gehört, daß er wegen ähnlicher Taten schon einmal eine Strafe verbüßte, er habe ihr aber geschworen, er mache so etwas nicht mehr. Aus Erzählungen des Kindes habe sie davon aber erst nach den Semsterferien 1990 kurz vor der Verhaftung ihres Gatten (19.März 1990) erfahren, danach sei das Kind nicht mehr alleine zu T***** gekommen (AS 461 bis 463/I in 6 d Vr 3198/90, wiederholt in der Hauptverhandlung, AS 103). Berücksichtigt man dabei, daß die Angeklagte ihre ursprünglich vor der Polizei abgelegte Aussage, sie habe in den Semesterferien 1990 vom Mißbrauch ihrer Tochter durch T***** erfahren, bereits vor dem Untersuchungsrichter dahin abänderte, dies sei nach diesen Ferien geschehen (AS 290/I im zit.Akt), ist das Urteil insoweit nichtig, weil das Schöffengericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen im Verfahren hervorgekommene Umstände mit Stillschweigen übergangen hat (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 61 und 62 zu § 281 Z 5).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Monika S***** war daher das Urteil im angefochtenen Umfang aufzuheben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred

S*****:

Der Angeklagte wendet sich zunächst mit seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen den ihn treffenden Urteilsvorwurf nach Pkt A/1 und 2 des Schuldspruches. Den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider stützten sich die Tatrichter dabei jedoch keineswegs ausschließlich auf das Gutachten des jugendneuropsychiatrischen Sachverständigen UnivProf. Dr. F***** und die schriftlichen Aufzeichnungen des Ernst T***** (AS 69 ff/I in 6 d Vr 3198/90).

Maßgeblich für die Wahrheitsfindung waren vielmehr, wie das Erstgericht betont (US 12), die Angaben der Nicole S***** bei ihrer zweiten Vernehmung vor dem Bezirkspolizeikommissariat Meidling (am 19.März 1990, AS 91 f/I im zit.Akt). Das Kind machte dabei zum Teil detaillierte Angaben auch über Unzuchtshandlungen ihres Vaters. Erhebliche Bedenken gegen entscheidende Urteilsannahmen vermag die Beschwerde auch unter Hinweis auf den Umstand nicht hervorzurufen, daß Nicole S***** in der weiteren Folge die in der zitierten Polizeivernehmung festgehaltenen, die Erstangeklagte belastenden Angaben bei einer späteren Exploration durch den Sachverständigen zurückgezogen hat (ON 159 des zit.Aktes). Das Kind hat dabei nämlich die den Angeklagten treffenden Angaben einerseits nicht widerrufen, andererseits aber erklärt, ihre Mutter habe von den Unzuchtshandlungen nur durch Erzählungen ihres Vaters Kenntnis erhalten (AS 211/II).

Soweit sich die Beschwerde mit der Rechtsrüge (Z 10, sachlich Z 9 lit a) gegen den Tatvorwurf nach Punkt C/ des Urteilsspruches wendet, führt sie jedoch zutreffend aus, daß im Urteil nicht festgestellt wurde, daß auch der Zweitangeklagte seine Tochter Nicole S***** mit Ernst T***** alleine ließ bzw gestattete, daß sie mit diesem mitgehe, obwohl er (ebenso wie seine Gattin) gewußt habe, daß sie zur Unzucht mißbraucht werde. Die Entscheidungsgründe enthalten zu dem Vorwurf, der Angeklagte Alfred S***** habe zu der in Punkt B/3 des Urteilsspruches umschriebenen Straftat des Ernst T***** beigetragen, weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Feststellungen, sodaß der Schuldspruch in diesem Punkt aufzuheben war.

Die Rechtsrüge (Z 10) ist jedoch insoferne verfehlt, als sie bestreitet, dem Angeklagten falle neben dem Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB auch das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB zur Last. Sie vernachlässigt dabei nämlich die ausdrücklichen Urteilsannahmen, daß der Angeklagte als Vater seiner am 27.Juni 1980 geborenen Tochter Nicole (US 9) diese Unmündige durch die im Urteil festgestellten Handlungen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht und dabei in der Absicht gehandelt hat, sich geschlechtlich zu erregen (US 16), wobei er dabei seine Autoritätsstellung als Vater gegenüber seinem minderjährigen Kind ausnützte (US 17). Unter Berücksichtigung der gesamten Urteilsannahmen findet daher auch der Schuldspruch wegen beider den Angeklagten angelasteten Straftaten in den Urteilsgründen Deckung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut

H*****:

Der Angeklagte wendet sich mit gemeinsam ausgeführten Mängel- und Tatsachenrügen (Z 5 und 5 a) gegen den ihn treffenden Teil des Schuldspruches (B/1 und 2); indes zu Unrecht.

Wenn sich auch diesbezügliche Urteilsfeststellungen (US 10) im wesentlichen mit der Umschreibung der Taten im Urteilsspruch decken, so ist die dem Angeklagten angelastete Tat jedenfalls ausreichend individualisiert, sodaß in dieser Hinsicht ein formaler Begründungsmangel nicht vorliegt.

Die in Punkt B/1 des Urteilsspruches umschriebenen Tathandlungen hat das Schöffengericht auf die schriftlichen Aufzeichnungen des Ernst T***** über die Erzählungen von Nicole S***** (AS 69 ff/I im zit.Akt) gestützt, die es ausdrücklich als richtig erachtet hat (US 15). Der Sachverständige hat zwar dargelegt, daß bei Kindern bis zum 8.Lebensjahr sexuelle Mißbrauchshandlungen nach sechs bis acht Wochen nur mehr schlecht bis nicht verwertbar wiedergegeben werden. Abgesehen davon, daß Nicole S***** auch schon zur Tatzeit älter war, hat der Sachverständige mit diesen Ausführungen im wesentlichen nur seine Darlegung bekräftigt, daß die ersten Angaben des Mädchens vor den Sicherheitsbehörden höherwertig zu beurteilen sind, als spätere Angaben (AS 495/I im zit.Akt). Eine dem tatsächlichen Erleben folgende Erinnerung einer Unmündigen an bereits länger als sechs bis acht Wochen zurückliegende Unzuchtshandlungen hat der Sachverständige keineswegs ausgeschlossen. Dazu kommt, daß Nicole S***** bei allen ihren Angaben sowohl vor der Polizei als auch in der Exploration durch den Sachverständigen stets erklärte, die Aufzeichnungen des T***** entsprächen vollständig der Wahrheit. Sie hat dies insbesondere auch bei der wiederholten Befundaufnahme durch den Sachverständigen Univ.Prof. Dr. F***** am 9.Juli 1991 getan, der ihr zu diesem Zeitpunkt einen wesentlichen Reifungsfortschritt attestierte (ON 159 im zit.Akt). Damit konnte sich das Erstgericht jedenfalls auf die Ergebnisse der Sachverständigenbegutachtung und die schriftlichen Aufzeichnungen des T***** stützen (US 14).

Der Schuldspruch zu Punkt B/2 ist ebenso durch den Hinweis des Erstgerichtes auf die im Sinne der Ausführungen des mehrfach zitierten Gutachtens als glaubwürdig erachteten Angaben des Kindes vor der Sicherheitsbehörde am 19.März 1990 (s.o.) sowie auf die in den entscheidenden Punkten übereinstimmenden Angaben der Angeklagten Monika S***** vor dem Untersuchungsrichter (ON 47 im zit.Akt) und des Angeklagten Ernst T***** (AS 63 f/I, ON 18 im zit.Akt), wonach das Kind ihnen bereits einige Zeit vor der Anzeigeerstattung unabhängig voneinander Mitteilung von den Unzuchtshandlungen des Helmut H***** gemacht hat, zureichend begründet.

Damit hat das Schöffengericht bei seiner Urteilsbegründung weder gegen Gesetze der Logik verstoßen noch gründet es seine Feststellungen auf den Denkgesetzen oder der Lebenserfahrung widersprechende Überlegungen. Der Angeklagte wendet sich demgemäß mit der Mängelrüge nur in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter, weswegen die Rüge versagen muß.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5 a) sind die Beschwerdeausführungen nicht berechtigt. Die Angaben der Nicole S***** zu den dem Angeklagten H***** vorgeworfenen Unzuchtshandlungen beruhen auf deren Aussage vor der Polizei, auf den schriftlichen Aufzeichnungen des Ernst T***** sowie ihre Bekundungen im Rahmen der Befundaufnahme vor dem jugendneuropsychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. F*****. Auch unter Bedachtnahme auf die dabei erfolgte Zurückziehung ihrer ursprünglichen Angaben in bezug auf ihre Mutter Monika S***** ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellungen entscheidender Tatsachen zur Schuld des Angeklagten. Das Tatopfer hat letztlich bei allen seinen Depositionen zur Sache über die Helmut H***** angelasteten Tathandlungen gleichlautend ausgesagt und ihre Angaben vor der Polizei sowie gegenüber Ernst T***** wiederholt vor dem Sachverständigen bekräftigt. Die Beschwerde vermag keine aus den Akten hervorgehenden Bedenken erheblicher Art gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über seine Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ernst

T*****:

Die Beschwerde rügt zunächst das Abweichen der schriftlichen Urteilsausfertigung im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten vom mündlich verkündeten Urteil. Das Erstgericht hat jedoch diese Abweichung zwischenzeitig durch Angleichungsbeschluß auf das verkündete Strafausmaß berichtigt. Der wegen Vorliegens eines Schreibfehlers zulässige Berichtigungsbeschluß vom 6. Dezember 1991 ist in Rechtskraft erwachsen (ON 37). Der Angeklagte ist daher in diesem Punkt nicht beschwert.

Die Verfahrensrüge (Z 4) beruft sich zunächst auf die Abweisung des Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß der Angeklagte nicht in der Lage wäre, sein Glied zu versteifen. Wenn auch die vom Erstgericht dafür gegebene Begründung, zur vorgeworfenen Straftat sei eine Gliedversteifung nicht vorausgesetzt, fehl geht, weil es dem Angeklagten auch Einführen seines Gliedes in den After des Kindes anlastet, so wurden durch die Abweisung dieses Antrages dennoch seine Verteidigungsrechte nicht verletzt. Aus dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. Heinz P***** (ON 152 im zit.Akt), welches durch Verlesung auch Urteilsgrundlage im vorliegenden Verfahren war (AS 105), geht hervor, daß beim Angeklagten weder eine nervöse noch gefäßbedingte oder anatomisch bedingte Insuffizienz und Mangelerscheinung eine Erektion des Gliedes verhindert. Auch die beantragte sexualpsychiatrische Untersuchung zum Nachweis des Umstandes, der Angeklagte wäre aus psychischen Gründen unfähig, eine Gliedversteifung zu erreichen, läßt für ihn nichts gewinnen, weil er dem medizinischen Sachverständigen gegenüber eindeutig kurzfristige Erektionen angegeben hat, die dieser als bloße Erektionsschwäche diagnostizierte. Damit ergeben sich jedoch keine Widersprüche zu den getroffenen Feststellungen, weil diese sehr wohl mit der diagnostizierten Erektionsschwäche vereinbar sind.

Auch die ergänzende Begutachtung von Nicole S***** durch den Sachverständigen Univ.Prof. Dr. F***** wurde vom Schöffengericht im Ergebnis zu Recht abgelehnt, ohne Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen. Damit sollte nachgewiesen werden, ob der Angeklagte mit dem Kind jemals allein in deren elterlicher Wohnung war und ob bei den ihm angelasteten Handlungen auch andere Personen (insbesondere zwei Söhne des Angeklagten H*****) anwesend gewesen wären. Wenn auch die vom Erstgericht für die Abweisung dieses Beweisantrages gegebene Begründung, diese Zeugin habe sich gemäß § 152 StPO der Aussage entschlagen, nicht trägt, weil sie zum Beschwerdeführer in keinem Angehörigkeitsverhältnis steht, ergibt sich aus den (diesfalls unbekämpft gebliebenen) ergänzenden Feststellungen der Tatrichter, daß es auch in der Wohnung des Angeklagten Ernst T***** zu Unzuchtshandlungen kam (US 19), weswegen es dem Beweisantrag schon an der nötigen Entscheidungsrelevanz fehlt.

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft den vom Schöffengericht festgestellten Tatzeitraum als offenbar unzureichend begründet, weil dem Urteil die Tatsachen, auf die es dabei seine Annahme stützt, nicht entnommen werden könne. Aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergibt sich jedoch, daß sich die Tatrichter zur gesamten Wahrheitsfindung maßgeblich auf die zweite Vernehmung von Nicole S***** vor der Sicherheitsbehörde gestützt haben (US 12 und 13; AS 91/II im zit.Akt). Auf dieser Grundlage kamen sie zur Überzeugung der Richtigkeit der Schilderungen des Kindes auch in der vom Angeklagten selbst angefertigten schriftlichen Aufzeichnung (US 14) sowie des Zutreffens der von T***** selbst aufgrund der Angaben des Mädchens erstatteten Anzeige, bei der er lediglich seine eigene Person weggelassen hatte (US 15), woraus sich aber auch für ihn der Schluß auf den relevanten Begehungszeitraum ziehen ließ (US 11). Der behauptete formale Begründungsmangel liegt somit nicht vor.

Aber auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist verfehlt. Die Anzeigeerstattung durch den (einschlägig vorbelasteten) Angeklagten selbst schließt eigene Unzuchtshandlungen keineswegs aus. Er wurde von Nicole S***** vor der Polizei in eindeutiger Weise belastet, ein Widerruf dieser Angaben erfolgte zu keinem späteren Zeitpunkt. Mit der Frage der fehlenden Reaktion des Mädchens auf die Nennung seines Namens durch den Sachverständigen im Gegensatz zu dessen Verhalten bei der Nennung anderer Täter und bei Kontrollfragen nach Phantasienamen haben sich die Tatrichter ausführlich beschäftigt und dies dem Umstand zugeschrieben, daß es der Angeklagte verstanden hatte, zu dem sozial verwahrlosten Kind ein besonderes Vertrauensverhältnis aufzubauen, weswegen es die Handlungen des T***** als nicht so störend empfunden hat (US 15). Soweit in diesem Zusammenhang ständig geänderte Angaben des Tatopfers behauptet werden, kann auf die im wesentlichen die ursprünglichen Angaben stets bestätigende Darstellung des Mädchens verwiesen werden. Damit vermag aber die Tatsachenrüge erhebliche, sich aus der Aktenlage ergebende Bedenken gegen die vom Erstgericht festgestellten den Beschwerdeführer betreffenden entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen nicht hervorzurufen. Darauf, daß das Tatgericht die Beweise bedenklich gewürdigt hätte, kann dieser Nichtigkeitsgrund nicht gestützt werden (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 4 zu § 281 Z 5 a).

Insgesamt war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Monika S***** und Alfred S***** zum Teil Folge zu geben und mit einer teilweisen Urteilskassierung vorzugehen, im übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden, jene der Angeklagten Monika S***** und Alfred S***** teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO), jene des Angeklagten Alfred S***** zum Teil wie jene der Angeklagten Helmut H***** und Ernst T***** zur Gänze als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) zurückzuweisen.

Der Angeklagte Alfred S***** war mit seiner Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen, über die Berufungen der Angeklagten Helmut H***** und Ernst T***** hat der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden (§ 285 i StPO).

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