OGH 10ObS116/92

OGH10ObS116/9226.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Karl Heinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Eckner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Augustin Z*****, vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Jänner 1992, GZ 31 Rs 5/92-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21. August 1991, GZ 33 Cgs 149/89-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 26.5.1989 lehnte die beklagte Partei den Antrag des am 13.10.1946 geborenen Klägers vom 27.2.1989 auf Invaliditätspension mangels Invalidität ab.

Die dagegen rechtzeitig erhobene, auf die abgelehnte Leistung im gesetzlichen Ausmaß "ab Anfallstag gemäß § 86 ASVG" gerichtete Klage stützt sich im wesentlichen darauf, daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen den überwiegend ausgeübten angelernten Beruf als Betonbauer nicht mehr ausüben könne.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, weil der Kläger zB noch in seinem erlernten Tischlerberuf tätig sein könne.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Nach seinen Feststellungen hat der Kläger 1963 eine Tischlerlehre abgeschlossen und dann bis 1.5.1977 als Tischler gearbeitet. Von 1977 bis 1984 war er bei verschiedenen Baufirmen als Bauzimmerer bzw Betonbauer beschäftigt. Seither ist er nicht mehr berufstätig. Trotz seines Gesundheitszustandes sind ihm (leichte und) mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in der üblichen Arbeitszeit zumutbar, wobei solche, die mit ständigem Bücken verbunden sind, zu vermeiden sind. Deshalb kann der Kläger den in den letzten 15 Jahren überwiegend ausgeübten Beruf eines Schalungsbauers, aber auch die verwandten Berufe eines Betonwarenzeugers, Maurers, Wärme-, Kälte- und Schal(l)isolierers sowie Zimmerers nicht mehr ausüben, in denen auch Schwerarbeiten vorkommen. Als einziger Verweisungsberuf des Schalungsbauers verbleibt der eines qualifizierten Retuscheurs im Fertigteilbau, durch dessen Ausübung der diesbezügliche Berufsschutz nicht verloren geht.

Wegen dieser Verweisungsmöglichkeit erachtete das Erstgericht den Kläger nicht als invalid (iS des § 255 Abs 1 ASVG).

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge.

Es verneinte die behaupteten Verfahrensmängel und vertrat die Rechtsmeinung, daß sich der Kläger auf die Tätigkeit eines Nachbehandlers in der Betonwarenerzeugung verweisen lasse müsse und deshalb nicht invalid iS des § 255 Abs 1 (und 2) ASVG sei.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, die angefochtene Entscheidung "des Erstgerichtes" (richtig das angefochtene Urteil) im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder allenfalls aufzuheben.

Die nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit).

Der Kläger war nach den maßgeblichen Feststellungen während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag, also im Zeitraum vom 1.3.1974 bis 28.2.1989, zunächst bis 1.5.1977 in seinem erlernten Beruf als Tischler und dann bis 1984 als (angelernter) Bauzimmerer bzw Betonbauer beschäftigt.

War ein Versicherter - wie der Kläger - während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in mehreren erlernten (angelernten) Berufen tätig, gilt er nach § 255 Abs 1 ASVG nur dann als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe herabgesunken ist, also nicht nur im zuletzt oder während der genannten Frist überwiegend angelernten Beruf als Bauzimmerer oder Betonbauer, sondern auch im während der ersten Jahre dieser Frist ausgeübten erlernten Beruf als Tischler (so auch SSV-NF 4/143 und 5/65).

Daß die Arbeitsfähigkeit des Klägers für die weitere Ausübung seines erlernten Berufes als Tischler ausreicht, wurde bereits im rechtskräftigen Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Niederösterreich in Wien vom 29.10.1986, 9 C 301/86-16, in dem das auf eine Invaliditätspension ab 1.7.1985 gerichtete Klagebegehren bei im wesentlichen gleicher Arbeitsfähigkeit des Klägers abgewiesen wurde, zutreffend ausgesprochen. Diesbezüglich wird auch auf die zu SSV-NF 2/93 genannten Verweisungsmöglichkeiten eines gelernten Tischlers auf bestimmte Sparten dieses Lehrberufes verwiesen.

Schon deshalb ist der Kläger nicht invalid iS des § 255 Abs 1 ASVG, weshalb die Klage von den Vorinstanzen jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde. Damit erweist sich auch die Rechtsrüge als erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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