OGH 14Os63/92-6

OGH14Os63/92-626.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Windisch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Roland R***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 27.Februar 1992, GZ 35 Vr 3355/91-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil - das im übrigen (einschließlich des Ausspruches über die Einziehung) unberührt bleibt - im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 SGG sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der Staatsangehörige von Trinidad und Tabago Roland R***** wurde (zu I des Urteilsspruches) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und (zu II) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem SGG wurde das sichergestellte Suchtgift und nach § 26 StGB der nachgemachte Reisepaß eingezogen.

Von der Anklage, eine größere als die vom Schuldspruch erfaßte Suchtgiftmenge eingeführt zu haben, wurde R***** hingegen freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Bekämpft wird vom Angeklagten nur der Schuldspruch I. Darnach hat er am 26.November 1991 in Innsbruck und Brenner den bestehenden Vorschriften zuwider, eine übergroße Menge Suchtgift, nämlich brutto 202,1 Gramm Heroin von der Türkei kommend über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingeführt, wobei die eingeführt Menge mehr als das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge betragen hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO wendet sich dagegen, daß das Erstgericht bei seinen Berechnungen von einem Reinheitsgrad des Heroins von 41,9 +/- 2,9 % ausgegangen und darauf gegründet eine übergroße Menge Suchtgift errechnet habe.

Der Angeklagte ist im Recht.

Der genannte Reinheitsgrad gründet sich auf eine Untersuchung der kriminaltechnischen Zentralstelle in Wien (ON 32), an die von der Bundespolizeidirektion Innsbruck insgesamt 14 Proben mit einem Gesamtnettogewicht von 6,8 Gramm, - ausgewählt aus der gesamten beschlagnahmten Heroinmenge - übermittelt wurden. Diese Proben stammten aber - ohne bestimmte Zuordnung und Unterscheidung - nicht nur aus der vom Schuldspruch sondern auch aus der vom Freispruch erfaßten Suchtgiftmenge.

Die kriminaltechnische Zentralstelle hat daher bei ihrer Befundung unter anderem ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ihre Beurteilung nur dann zutreffend ist, "sofern das zur Untersuchung übermittelte Untersuchungsmaterial aus einer repräsentativen Querschnittsziehung stammt". Dies ist jedoch nach den Feststellungen zum Freispruch nicht der Fall. Darnach läßt nämlich das vom Freispruch betroffene Heroin - welches das Schöffengericht in keinen (sicheren) Zusammenhang mit dem Angeklagten bringen konnte - trotz seiner Ähnlichkeit mit dem beim Angeklagten sichergestellten und vom Schuldspruch erfaßten, nur einen Rückschluß auf das Verpackungsgewicht zu (US 11). Der Urteilsfeststellung (US 7), daß die übergroße Menge an Reinsubstanz Heroin "im gegenständlichen Fall mit absoluter Sicherheit überschritten wurde", fehlt angesichts der Tatsache, daß das Schöffengericht ohne weitere Erklärung von einem Reinheitsgrad (41,9 % +/- 2,9 %) ausgegangen ist, obwohl bei dessen Ermittlung auch das vom Freispruch betroffene Heroin herangezogen wurde, eine tragfähige Grundlage. Der Schuldspruch I ist daher mit einem Begründungsmangel behaftet, weshalb er und der Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufzuheben und Verfahrenserneuerung in diesem Umfang anzuordnen war.

Nicht angefochten war der Schuldspruch II, er bleibt daher ebenso aufrecht wie der unbekämpfte Freispruch. Unberührt bleiben aber auch die Aussprüche über die Einziehung, und zwar nicht nur betreffend den nachgemachten Reisepaß (Schuldspruch II), sondern auch betreffend das Suchtgift, weil dieses jedenfalls (s. §§ 13 Abs. 1, 16 Abs. 3 SGG) einzuziehen ist.

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