OGH 13Os8/92-15

OGH13Os8/92-1520.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut G***** und andere wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach den §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Helmut G***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten Helmut G*****, Michael S***** und Anton K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.September 1991, GZ 1 b Vr 11.185/89-104, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten Helmut G***** und der Verteidiger Dr. Schön, Dr. Hartung und Dr. Leutgeb, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Michael S***** und Anton K***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Nichtigkeitsbeschwerden wird jeweils zum Teil Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch des Angeklagten Helmut G***** wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB (Punkt F./I. des Urteilssatzes), sowie im Freispruch dieses Angeklagten von der Anklage wegen des Verbrechens des verbrecherischen Komplotts nach dem § 277 Abs. 1 StGB laut Punkt C.I. der Anklageschrift und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Helmut G***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 8.April 1946 geborene, beschäftigungslose Helmut G***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der schweren Erpressung nach den §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 StGB (A. des Urteilsspruches), des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßig schweren (richtig: schweren und in bezug auf die Einbruchsbegehung gewerbsmäßigen) Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, zweiter Strafsatz, und 15 StGB (B/I/2 und II), des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB (D), des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (E), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB (F/I), des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB (G) und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs. 1 StGB (H) schuldig erkannt.

Des weiteren wurden mit diesem (auch einen Freispruch nach dem § 259 Z 2 StPO enthaltenden) Urteil der am 4.November 1964 geborene Bauhelfer Michael S***** des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, zweiter Strafsatz, und 15 StGB (B) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB (F/II) und der am 15.Dezember 1954 geborene Würstelverkäufer Anton K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 130, zweiter Strafsatz, StGB (B/I/3) schuldig erkannt.

Von der in zwei Fällen (Anklagefakten C./I und C./II) erhobenen Anklage des verbrecherischen Komplotts nach dem § 277 Abs. 1 StGB wurden die drei Angeklagten gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Helmut G***** bekämpft die ihn betreffenden Schuldsprüche mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wogegen sich die Anklagebehörde gegen die zum Vorwurf des verbrecherischen Komplotts ergangenen Freisprüche aller drei Angeklagten (vom Anklagefaktum C./II) und gegen den Freispruch des Angeklagten G***** (vom Anklagefaktum C./I) mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut G*****:

Nach dem angefochtenen Schuldspruch hat der Beschwerdeführer

A./ andere durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die jene an ihrem Vermögen schädigte, nämlich zur Auszahlung von Geldbeträgen, genötigt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit einer erheblichen Verstümmelung bzw auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung bzw einer Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und gesellschaftlichen Stellung drohte, und zwar:

I./ in Wien und Ziersdorf, indem er Franz F***** gegenüber erklärte, er werde dessen Chef mitteilen, daß F***** schon erhebliche Vorstrafen habe, wodurch dieser seinen Arbeitsplatz und sohin seine wirtschaftliche Existenzgrundlage verlieren werde, bzw er werde die Töchter des Bedrohten im Gesicht verunstalten, bzw verunstalten lassen, daß man sie nicht mehr erkennen könne, und zwar:

1./ entfällt; (s Faktum E./III);

2./ am 27.April 1990 zur Bezahlung von 900 S (für Waffe)

3./ am 18.Mai 1990 zur Überweisung von 3.000 S

4./ am 20.Mai 1990 zur Überweisung von 3.400 S

5./ am 22.Mai 1990 zur Überweisung von 2.500 S

6./ am 23.Mai 1990 zur Überweisung von 10.000 S

7./ am 20.April 1990 zur Übernahme einer Hotelschuld von 11.998 S

II./ am 25.Mai 1990 in Wien und Ziersdorf, indem er Franziska F***** gegenüber erklärte, er werde bei Nichtbezahlung deren in Haft befindlichen Ehemann Franz F***** bei seinen Aussagen dermaßen hineinziehen, daß er für Jahre hinter Gitter käme, zur Überweisung eines Geldbetrages von 1.000 S;

B./ als Mittäter mit Michael S***** anderen fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die schweren Diebstähle durch Einbruch jeweils in der Absicht begangen wurden, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

I./ weggenommen, und zwar:

2./ a.) am 23.April 1990 in St.Johann i.W. der Katharina K***** durch Einbruch in deren Gasthaus Bargeld im Gesamtwert von ca 15.000 S;

b.) am 15.April 1990 in Amstetten dem Werner und der Rosa S***** durch Einbruch in deren Wohnhaus Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von ca 22.700 S;

II./ wegzunehmen versucht, und zwar:

1./ b.) am 12.März 1990 in St.Johann i.W. dem Josef B***** durch Einbruch in dessen Gasthaus, Bargeld und andere verwertbare Sachen, 2./Anfang Mai 1990 in Amstetten einem nicht ausgeforschten Verfügungsberechtigten durch Einbruch in dessen Wohnhaus Bargeld und andere verwertbare Sachen;

D./ zu nachgenannten Zeiten in Wien andere dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, obwohl er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist, wobei die den Nachgenannten fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und zwar:

I./ am 11.Juni 1990 anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter durch den Untersuchungsrichter, den Josef B*****, indem er erklärte, dieser sei Mittäter beim Einbruchsdiebstahl zu Faktum B./I/2./b.) zum Nachteil des Werner und der Rosa S***** gewesen;

II./ am 23.Mai 1990 anläßlich eines Telefonates mit Jakob K***** den Franz F*****, indem er erklärte, dieser sei "Planer aller Straftaten und hätte ihm (G*****) auch einen gefälschten Reisepaß besorgt";

III./ am 11.Juni 1990 einem Polizeiinformanten gegenüber seine ehemaligen Haftgenossen Adolf C*****, Otto S***** und Oswald Ö*****, indem er erklärte, diese würden einen Mordanschlag gegen Jakob K***** planen;

E./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, die diese am Vermögen schädigte, verleitet, wobei er diesen einen 25.000 S übersteigenden Schaden zufügen wollte und in nachgenannter Höhe tatsächlich zugefügt hat, und zwar:

I./ am 18.April 1990 in Ammelreiching/OÖ dem Josef B***** durch die Erklärung, er müsse nur einen Geldbetrag von 30.000 S (den er diesem schuldete) abholen, zur Überlassung eines PKWs der Marke BMW 735i mit dem pol.KZ O 150.766 im Zeitwert von 284.000 S;

Restschaden 85.710 S;

II./ am 12.Mai 1990 und später in Wien in mehreren Angriffen dem Jakob K***** durch die Erklärung, er könne einen Überfall auf ihn verhindern, zur Auszahlung bzw Überweisung eines "Zundgeldes" von insgesamt 24.400 S;

III./ im März 1990 in Wien und Ziersdorf den Franz F***** durch die Erklärung, binnen weniger Tage samt hoher Verzinsung Rückzahlung leisten zu wollen, zur Gewährung eines Darlehens von 25.000 S;

F./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar:

I./ am 18.April 1990 in Ammelreiching, Salzburg und anderen Orten den Zulassungsschein und die Steuerkarte zum PKW BMW 735i der Pauline D***** mit dem pol KZ O 150.766 sowie die Reisepässe lautend auf Karl D***** und Pauline D*****;

G./ im Frühjahr 1990 (27.April 1990) den Franz F***** durch die gefährliche Drohung, er werde seine Existenz zerstören, indem er seinem Chef H***** von seinen erheblichen Vorstrafen berichte, sohin mit einer Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und gesellschaftlichen Stellung drohte, zu einer Handlung, nämlich zum Ankauf einer Waffe auf dessen Namen und unter Verwendung dessen Personalausweises genötigt;

H./ am 12.Februar 1991 in Wien einen zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, indem er einen Antrag auf Vorführung stellte und erklärte, falls man ihm behilflich wäre, Geld von der Zeitschrift B***** für ein Interview einzutreiben, würde er den Namen des Täters (eines Bundesheerangehörigen) nennen, welcher im Februar oder März 1990 einen bewaffneten Raubüberfall auf einen DM-Markt in Wien, 18. oder 19.Bezirk, begangen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängel- und die Tatsachenrüge sind unbegründet.

Zum Schuldspruch laut Punkt A./ des Urteilsspruchs:

Die Beschwerde releviert inhaltlich eine unvollständige Begründung für die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte den Zeugen Franz F***** bedroht hat. Sie vermag hiezu jedoch keine Verfahrensumstände aufzuzeigen, welche gegen diese Urteilsannahme sprächen und ungewürdigt geblieben wären. Die Verantwortung des Angeklagten wurde keineswegs übergangen, sondern in die Sachverhaltserwägungen einbezogen (US 26). Das Schöffengericht gelangte allerdings zur Überzeugung, daß die Darstellung des Angeklagten durch die Beweisergebnisse widerlegt ist. Die Aussagen der Zeugen Franz F***** und Franziska F***** stützen auch keineswegs die Version des Angeklagten, wonach es zu keinerlei Drohungen gekommen sei. Weder die Schilderung des Franz F*****, er habe die Geldüberweisungen "nicht ganz freiwillig" getätigt, noch die Darstellung der Franziska F*****, sie habe damals vermutet, daß der Telefonanruf vom Angeklagten kam, sprechen gegen die festgestellten Tathandlungen. Daraus läßt sich nicht folgern, der Angeklagte habe damals um Geld lediglich "gebeten". Die Zeugin Franziska F***** bestätigte keineswegs eine Bitte um Geld, sondern bekundete bloß, daß der Angeklagte im Zusammenhang mit seinem erpresserischen Verlangen (A./II) das Wort "bitten" gebrauchte (AS 165/II). Eine gegen den Nötigungscharakter dieser Äußerungen des Beschwerdeführers sprechende Charakterisierung seines Verhaltens durch die Zeugin ist darin nicht zu erblicken.

Ein Begründungsmangel liegt deshalb nicht vor.

Auch unter dem Aspekt einer Tatsachenrüge ist das Vorbringen nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die bekämpfte Urteilsfeststellung hervorzurufen.

Zum Schuldspruch laut Punkt B./I/2 und II. des Urteilsspruchs:

Die Hervorkehrung von Verfahrensergebnissen, wonach der Beschwerdeführer bei den einzelnen Diebstahlsfakten keine unmittelbaren Zugriffshandlungen gesetzt, sondern im Personenkraftwagen gewartet hat, läßt schon deshalb keine Zweifel an der maßgeblichen Urteilsfeststellung aufkommen, weil das Erstgericht (teils ausdrücklich, teils konkludent durch Hinweis auf die geständigen Darstellungen der Beteiligten) ohnehin von einem solchen Verhalten des Angeklagten G***** ausgegangen ist (US 13, 16, 17 und 18). Im übrigen begründen bereits Aufpasserdienste (US 13 und 16) die Haftung als Beitragstäter am Diebstahl (§ 12, dritter Fall, StGB). (Zufolge rechtlicher Gleichwertigkeit der drei Beteiligungsformen des § 12 StGB wird eine Nichtigkeitsbeschwerde durch die Behauptung rechtsirrtümlicher Beurteilung des Täterverhaltens als Ausführungshandlung (§ 12, erster Fall, StGB) statt richtig Beitragstäterschaft nicht zugunsten des Rechtsmittelwerbers ausgeführt.)

Die Tatrichter haben auf die Absicht des Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbrüchen eine (zumindest zusätzliche) Einkommensquelle zu schaffen, aus den einschlägigen Vorstrafen, dem raschen Rückfall, seinen Schulden, der Faktenvielzahl und der professionellen Tatbegehung geschlossen. Die Gewerbsmäßigkeit der Diebstahlsverübung ist damit in sachverhaltsmäßiger Hinsicht tragfähig begründet. Daher erübrigte es sich für das Schöffengericht, darauf einzugehen, daß der Angeklagte als Pensionsbezieher seinen Unterhalt auch redlich finanzieren konnte, unter den Fakten nur vier Diebstahlstaten waren, er als "Mittäter in untergeordneter Position" auftrat und einer der Fälle beim Diebstahlsversuch blieb, weil all diese Gegebenheiten mit seiner festgestellten Intention vereinbar sind, zur Erzielung einer fortlaufenden Einnahme wiederkehrend Einbrüche zu verüben. Insoweit liegt bloß ein unbeachtlicher Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichts vor.

Zum Schuldspruch laut Punkt D./ des Urteilsspruches:

Entgegen der Beschwerde ist aus den Urteilsgründen im einzelnen nachvollziehbar, auf Grund welcher Beweisergebnisse die Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, weil das Erstgericht die diesbezüglichen Grundlagen ausdrücklich bezeichnet. Mit den Behauptungen, daß der angenommene Urteilssachverhalt keinesfalls erwiesen und außerdem unzureichend sei, werden die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO nicht mit der vom Gesetz (§ 285 Abs. 1 und § 285 a Z 2 StPO) geforderten Deutlichkeit und Bestimmtheit dargestellt (vgl auch Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 12 und 74 zu § 281 Z 5).

Zum Schuldspruch laut Punkt E. des Urteilsspruches:

In der Tatsachenrüge zum Faktum E./I behauptet die Beschwerde, die Angaben des Zeugen Josef B***** sprächen gegen die Annahme eines auf Herauslockung des Personenkraftwagens gerichteten Willens des Angeklagten. Der Zeuge hat in Wahrheit die maßgebliche Darstellung des Angeklagten, das Fahrzeug sei ihm damals für längere Zeit leihweise zur Verfügung gestellt worden, nicht bestätigt und der Sache nach als unrichtig bezeichnet (AS 167, 168/II). Unter diesen Umständen ist seinen übrigen Angaben über das verläßliche Verhalten des Angeklagten in anderen Fällen und über das dem Angeklagten entgegengebrachte Vertrauen kein den konkreten Willensinhalt des Angeklagten bei der aktuellen Fahrzeugübernahme kennzeichnendes Beweisergebnis zu entnehmen. Welche Beweise über den Täterwillen im Tatzeitpunkt nach Ansicht des Beschwerdeführers aufzunehmen gewesen wären, wird zum Vorwurf einer diesbezüglichen Unvollständigkeit des Verfahrens nicht dargetan. Daß das Erstgericht insoweit zugängliche Beweismittel nicht ausgeschöpft hätte, ist überhaupt nicht ersichtlich. Die Rüge geht daher auch in diesem Punkt fehl.

Zum Faktum E./II ergibt sich weder aus der Verantwortung des Angeklagten oder aus der Aussage des Zeugen Jakob K*****, noch aus aktenkundigen Angaben des Rechtsanwalts Dr. K*****, daß der Angeklagte lediglich eine Warnung vor einem bevorstehenden Überfall ausgesprochen und einen Geldbetrag erhalten habe, ohne diese Leistung ausdrücklich verlangt zu haben. Die Beschwerde setzt sich insoferne auch zur Darstellung des Angeklagten in Widerspruch (AS 173/II) und zeigt damit keinen Begründungsmangel auf. Dieses Vorbringen ist vielmehr als unbeachtliche Neuerung zu werten.

Auch der Beschwerdeausführung zum Faktum E./III, es habe sich bei diesem Vorgang um eine Darlehensgewährung und nicht um Betrug gehandelt, die Urteilsfeststellung über die Motivation des Zeugen Jakob K***** zur Geldhingabe durch Zusage kurzfristiger Rückzahlung und hoher Verzinsung stoße auf erhebliche Bedenken, ist die prozeßordnungsmäßige Geltendmachung eines Begründungsmangels nicht zu entnehmen. Als Tatsachenrüge sind die lediglich ganz allgemein auf die Aussagen dieses Zeugen und die Verantwortung des Angeklagten hinweisenden Einwände nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

Zum Schuldspruch laut F./I des Urteilsspruches:

Die von der Beschwerde urgierte Feststellung, auf welche Art der Beschwerdeführer diese Urkunden unterdrückt haben soll, stellt sich im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens sachlich als Vorwurf unzureichender Begründung dar. Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer im Recht, weil die vom Erstgericht als Beweis für das festgestellte deliktische Verhalten des Angeklagten angeführten Verfahrensergebnisse für sich allein lediglich besagen, daß die betroffenen Urkunden im Handschuhfach des vom Angeklagten betrügerisch herausgelockten Personenkraftwagens (E./I) waren und seither verschwunden sind. Angesichts der sachverhaltsmäßigen Bestreitung des Vorwurfs der Urkundenunterdrückung durch den Angeklagten ist der bloße Hinweis auf die einschlägigen Verfahrensumstände weder eine tragfähige Begründung für eine bewußte Disposition des Angeklagten über die Urkunden, noch für die in objektiver und subjektiver Beziehung angenommene Unterdrückungshandlung.

Wegen dieses Begründungsmangels war der davon betroffene Teil des Schuldspruches aufzuheben und in diesem Umfang die Erneuerung des Verfahrens anzuordnen.

Zum Schuldspruch laut Punkt G. des Urteilsspruches:

Weder aus der diesbezüglichen Aussage des Zeugen Franz F***** (AS 161 ff/II) noch aus der Verantwortung des Mitangeklagten S***** ist erkennbar, daß der Zeuge nicht genötigt wurde. Zu diesem Vorbringen bleibt der Beschwerdeführer jede nähere Darlegung schuldig. Diese Behauptungen und die weitere Bezugnahme darauf, daß die Zeugenaussage der einzige Belastungsbeweis sei, sind auch unter Berücksichtigung des Akteninhalts nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO hervorzurufen.

Soweit die Beschwerde materiellrechtliche Nichtigkeit des Urteils nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit a und 10 StPO behauptet, wird sie in keinem einzigen Punkt prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil weder die Bestreitung der Richtigkeit der im Ersturteil enthaltenen Feststellungen (zu den Schuldsprüchen laut D. und E.), noch das Verlangen nach anderen erstgerichtlichen Aussprüchen (zur Gewerbmäßigkeitsqualifikation des Diebstahls nach dem Schuldspruch B.), noch auch die ohne jegliche rechtliche Argumentation vorgetragene Behauptung, der festgestellte Urteilssachverhalt erfülle nicht den angenommenen Tatbestand der strafbaren Handlung (zum Schuldspruch laut H.) den Mindestanforderungen für die gesetzmäßige Darstellung eines Rechtsmangels entspricht. Diese Rechtsrügen müssen nämlich vom gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt ausgehen und ein Vorbringen enthalten, dem entnommen werden kann, weshalb nach Meinung des Beschwerdeführers das Gesetz verletzt worden sein soll (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 39 zu § 281, ENr 6 zu § 281 Z 9 lit a, ENr 45 zu § 285 a). Die demgemäß prozeßordnungswidrig vorgetragenen Einwände sind einer näheren sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G***** ist daher lediglich, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Urkundenunterdrückung laut Punkt F./I. wendet, berechtigt. Darüber hinaus war sie als überwiegend nicht prozeßordnungsmäßig ausgeführt und im verbleibenden Teil als offenbar unbegründet zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Das Erstgericht gelangte gemäß dem § 259 Z 3 StPO zum Freispruch der Angeklagten Helmut G*****, Michael S***** und Anton K***** von der Anklage wegen verbrecherischen Komplotts nach dem § 277 Abs. 1 StGB, wonach sie die gemeinsame Ausführung eines Raubes verabredeten, und zwar

(Anklagefaktum C./I) im April 1990 die Ausführung eines Raubes "an der Malermeisterei" S*****, wobei sie bereits zwei Pumpguns, Klebefolien und Fesseln besorgt hatten und vereinbarten, die in den Büroräumlichkeiten anwesenden Personen mittels der Pumpguns in Schach zu halten, sie sodann zu fesseln, ihnen den Mund zu verkleben und die zur Lohnauszahlung bereitliegenden Bargeldbeträge zu rauben, sowie

(Anklagefaktum C./II) im Mai 1990, indem sie sich verabredeten, Jakob K***** und Brigitte B***** in ihrem Haus zu überfallen, sie mittels der Pumpguns in Schach zu halten sowie sie sodann zu fesseln und in getrennte Räume zu verbringen, wo sie sie, nachdem sie die Sparbücher an sich gebracht hatten, wechselseitig um die Bekanntgabe der Losungsworte zu diesen Sparbüchern nötigen wollten.

Das Erstgericht schloß bei beiden Raubkomplotten auf Straflosigkeit der Angeklagten nach dem § 277 Abs. 2 StGB. Dieser Strafaufhebungsgrund liegt vor, wenn der Täter freiwillig durch eine Mitteilung an die Behörde (§ 151 Abs. 3 StGB) oder an den Bedrohten oder auf andere Art die beabsichtigte strafbare Handlung verhindert. Unterbleibt die strafbare Handlung ohne Zutun des Täters, so ist er nicht zu bestrafen, wenn er sich in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich bemüht, die strafbare Handlung zu verhindern.

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit a (sachlich lit b) StPO zeigt die Anklagebehörde zutreffend auf, daß der vom Erstgericht zum Anklagefaktum C./I und über das Verhalten des Angeklagten G***** festgestellte Sachverhalt nicht ausreicht, um darin eine freiwillige Verhinderung der beabsichtigten strafbaren Handlung oder aber ein freiwilliges Bemühen um eine solche Verhinderung zu erblicken.

Nach den Urteilsfeststellungen (US 18 und 19) planten die drei Angeklagten im Detail einen Raubüberfall zum Nachteil des Malermeisters S*****. Am 3.Mai 1990 begaben sich die Angeklagten S***** und K***** plangemäß zum Tatort, während sich der Angeklagte G***** kurzfristig aus Angst vor Entdeckung entschloß, nicht mehr mitzumachen und sich für den Fall einer erfolgreichen Tatausführung einen Beuteanteil von 10 % (als Planungshonorar) zusichern ließ. In weiterer Folge nahmen die Angeklagten S***** und K*****, nachdem auch sie letztlich der Mut verlassen hatte, von der Tatausführung Abstand.

Damit steht kein Verhalten des Angeklagten G***** fest, welches die Tat verhindert oder einen Verhinderungsversuch dargestellt hat. Die bloße Aufgabe der Mitwirkungsbereitschaft nach Verabredung eines Komplotts ohne freiwillige Verhinderung der Tatausführung oder ohne Bemühung in dieser Richtung bei Unterbleiben der Straftat ohne Zutun des Täters stellt den Strafaufhebungsgrund nach dem § 277 Abs. 2 StGB noch nicht her.

Für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ist insbesondere bedeutsam, welche Rolle dem Angeklagten bei der Tatausführung zukommen sollte, wie er sein Zurückstehen den beiden anderen Angeklagten erklärte, insbesondere, ob diese Erklärung einen bestimmenden Einfluß darauf hatte, daß jene schließlich von der Tatausführung Abstand nahmen (sh dazu auch AS 104 in ON 7).

Da das Erstgericht einerseits bei Beurteilung der von ihm getroffenen Sachverhaltsfeststellungen von einer unrichtigen Rechtsansicht ausging, andererseits aber der Mangel an wesentlichen Feststellungen eine abschließende rechtliche Beurteilung der Handlungsweise des Beschwerdeführers nicht zuläßt, ist insoweit eine Aufhebung des Freispruches des Angeklagten G***** vom Anklagevorwurf C./I und eine Neudurchführung des Verfahrens unumgänglich.

Zum Freispruchfaktum II des Urteilssatzes (Raubkomplott zum Nachteil von Jakob K***** und Brigitte B*****) geht die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch ins Leere. Nach den insoweit unangefochten gebliebenen Urteilsfeststellungen ging der Tatplan dahin, nach gewaltsamem Eindringen in das Haus der Opfer diesen die dort verwahrten Sparbücher sowie deren Losungswörter abzunötigen und anschließend die Sparbücher einzulösen, wobei die erhoffte Beute ca 1 Million Schilling betragen sollte (US 8, 19 und 20). Auch der Anklagevorwurf ging bereits in diese Richtung (AS 484/I). Vinkulierte Sparbücher sind jedoch keine Wertträger (SSt 44/45 uva) und können solchermaßen auch nicht Gegenstand einer Raubtat und damit auch nicht eines Raubkomplottes sein.

Die Verabredung der Angeklagten war somit nicht auf einen Raub, sondern allenfalls auf schweren Hausfriedensbruch (§ 109 Abs. 3 StGB), schwere Nötigung (zur Herausgabe der vinkulierten Sparbücher mit Bekanntgabe der Losungswörter; §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 StGB) und anschließenden schweren Betrug (durch Täuschung des Bankangestellten; §§ 146, 147 Abs. 3 StGB) gerichtet. Mangels Verabredung eines Komplottdelikts lag nach den unbekämpften Feststellungen somit ein verbrecherisches Komplott im Sinne des § 277 Abs. 1 StGB nicht vor.

Ob im Hinblick auf eines der vorangeführten Delikte bereits das Versuchsstadium erreicht worden ist, kann mangels Anfechtung des Urteils in dieser Richtung nicht mehr geprüft werden (SSt 51/35).

In teilweiser Stattgebung beider Nichtigkeitsbeschwerden war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit seiner demnach gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte Helmut G***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

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